Seite 12 von 20 ErsteErste ... 21011121314 ... LetzteLetzte
Ergebnis 111 bis 120 von 197

Thema: Bannorn

  1. #111
    DA-FRPG only Avatar von Rhaego Alcaryen
    Registriert seit
    31.10.2011
    Ort
    Zirkel der Magier, Ferelden
    Beiträge
    75

    Standard

    Juliette wollte kein Mitleid. So hatte sie es gesagt, und von Rhaego hätte sie sowieso keins bekommen. Aber was war das für ein komisches Gefühl, das langsam in ihm aufstieg? Verständnis?
    Nein! Sie hatte ihn belogen – hatte sie alle belogen! Mitgefühl war eine Schwäche, war das nicht die zentrale Lektion im Zirkel gewesen? Und trotzdem hatte sie ihm das Leben gerettet, in letzter Sekunde. Nun ja, immerhin hatte sie ihn erst in Gefahr gebracht. Und doch konnte er ihr das nicht ganz verübeln, denn hätte sie nicht getan, was sie glaubte tun zu müssen, säße er noch immer im Turm fest.
    Schweigend musterte er die Umgebung, während die anderen Juliette ihr Verständnis ausdrückten. Wieso konnten sie ihr einfach so vergeben, ihrer aller Leben in Gefahr gebracht zu haben? Immerhin hatte Juliette ihnen nicht das Leben gerettet, eher andersherum, wenn er an den dicken Qualm dachte.
    Nein. Nein! Er würde sich jetzt nicht damit beschäftigen, was er ihr schuldete. Er wollte nicht daran denken, sich nicht mit ihr auseinandersetzen. Wütend kniff er die Augen zusammen und wandte sich ab.
    Endlich beendete Leirâ das Gespräch: "Fâr zu. Wir mûssen so vîl weg wî môglich zwischen usn und dîse Lête bringen."

    Das Rumpeln des Wagens wurde stärker, als der Bär noch etwas beschleunigte. Rhaego ignorierte es jedoch und bewegte sich zu der blinden Händlerin hinüber, ohne Juliette noch eines weiteren Blickes zu würdigen. Beinahe wäre er gestürzt, als der Karren über eine besonders große Unebenheit holperte, doch er fing sich gerade noch und hielt sich für die nächsten Schritte am Rande des Wagens fest. Er glaubte, die Blicke der beiden Frauen in seinem Rücken zu spüren, während er sich schließlich äußerst unelegant neben die Händlerin plumpsen ließ.
    „Lasst uns über Euren Stab reden“, eröffnete er das Gespräch, während die Händlerin ihn fragend ansah. Es verwirrte ihn jedes Mal, dass die blinde Frau ihm immer in die Augen blickte. Als ob sie genau wüsste, wo diese waren. Er schüttelte sich leicht, ehe er fortfuhr: „Könnt Ihr mit noch etwas mehr darüber erzählen? Es könnte sein, dass es einen größeren Zusammenhang zwischen ihm und unserem Vorhaben gibt, als es auf den ersten Blick erscheint.“ Er zögerte einen Moment, doch ihm blieb eigentlich keine Wahl. Wenn Adriana irgendetwas wusste, dann war das wichtig. „Diese Rune zum Beispiel, die in das Holz eingegraben ist – wisst Ihr, was sie bedeutet?“

  2. #112
    DA-FRPG ONLY Avatar von Adriana-Sarunu Vedeejs
    Registriert seit
    26.08.2011
    Beiträge
    19

    Standard

    Adriana fasste über die eingelassene Rune. Ihre Finger fuhren die Einkerbungen entlang und zeichneten das Bild anstelle ihrer Augen. Sie konnte die Rune sehen - im übertragenen Sinne.
    "Ich habe nie Nachforschungen angestellt. Es war mir bislang auch nicht wichtig. Der Stab war ein Geschenk eines Händlerkollegen aus Orzammar. Ein Zwerg namens Odwick überließ ihn mir aus Dank. Die Rune, so sagte er es mir, bedeutet Fährtenführer. Eine zwergische Legende die besagt, dass sie durch die Tiefen Wege führen soll. Doch dafür muss man aufhören mit den Augen zu sehen."
    Sie lächelte. Diese kleine Anekdote war eine ihrer liebsten.
    "Odwick meinte, da ich nicht mit meinen Augen sehe, würde der Stab mir wohl gute Dienste leisten, also überließ er ihn mir."
    Was sie den anderen nicht erzählte war, dass sie ihm den Stab mehr oder weniger bei einer Wette abluchste. Sie überredete ihn einen Bären dazu zu 'überreden' ihn auf sich reiten zu lassen. Der langen Geschichte kurzer Ausgang war natürlich so einfach wie vorhersehbar. Odwick fiel vom Rücken Boomers, genauso wie Adriana ihr Wohlgefallen erhielt. Das zwergische selbstgebraute Bier war im Nachgang also um einiges schmackhafter und Odwick gab zu, dass er es hätte kommen sehen müssen. Die beiden verband dadurch eine enge Freundschaft und der Zwerg, der an der Oberfläche lebte und seine Angst in den Himmel zu fallen überwunden hatte, arbeitete gerne mit der blinden Frau zusammen.

    Der Tag wurde kürzer. Vor einigen Stunden hatte Adriana der Gruppe noch angeboten zusammen soweit zu reisen, wie es Boomer vermochte und sich dann zu trennen, um ihnen zum Einem einen halbwegs guten Vorsprung zu verschaffen und zum Anderen Boomer wieder zu entlasten. Die Bärin war zwar stark, doch eine solche Belastung konnte selbst sie nicht auf Dauer ableisten können. Innerlich war Adriana zerrüttet. Sie wusste nicht so richtig, was sie erwartete. Doch sie war sich gewiss, dass dieses eines der interessantesten Abenteuer werden würde. Die letzen Sonnenstrahlen krochen über den Bergkamm und erhellten die verwehten Wege mit einem rot schimmernden Licht. Adriana bemerkte, dass ihre Antwort wohl nicht die erhoffte war und sah dem Magier nach, wie er wieder zurück in den Wagen kroch, als sie von der mit einem oraisanischen Akzent unterlegten Stimme angesprochen wurde.
    Geändert von Adriana-Sarunu Vedeejs (25.10.2013 um 16:37 Uhr)

  3. #113
    DA-FRPG only Avatar von Juliette de Ludin
    Registriert seit
    30.10.2011
    Beiträge
    94

    Standard

    Rumpelnd fuhr der Wagen über unebene Wege, die kaum mehr als breite Trampelpfade waren, vorbei an der so langsam in herbstliche aber immer noch kräftige Farben wandelnden Landschaft des Bannorns. Ein kühler Wind wehte und verlieh dem Land nur noch mehr des Charakters der den meisten Fereldenern gemein war, sogar ihr Aussehen wiederspiegelte: Kühl, ursprünglich (um nicht zu sagen primitiv) und vor allem stark bewachsen. Mehrere Stunden waren sie durch mal lichtere, mal dichtere Wälder unterwegs nachdem sie den Winhorn umgebenden Wald hinter sich gelassen hatten. Tunlichst vermieden sie es leichter befahrbare Wege zu bereisen, wie den kaiserlichen Hochweg, da es ihren berittenen Verfolgern sonst ein Leichtes gewesen wäre sie einzuholen.

    Unter gewöhnlichen Umständen hätte Juliette gemeint das Lecerc sie auch auf unebeneren Wegen leicht einholen könne, ein Wagen wie dieser war schließlich nicht für das Befahren solcher erdacht und noch weniger für Verfolgungsjagden. Doch der weiße Bär überraschte alle mit seiner Kraft und Ausdauer und zog den Wagen meilenweit in einem Tempo das Zugpferde bei dieser Strecke schon früh erschöpft hätten.
    Juliette, nah am Rande des Wagens und des noch immer bewusstlosen Alriks sitzend, blickte besorgt auf die unübersehbaren Spuren die sie hinter sich ließen. Selbst ein Blinder hätte ihnen folgen können.
    Normalerweise wäre sie schon früh dafür gewesen sich von der Händlerin, ihrer Gehilfin und dem schnaufenden Tier zu trennen, doch durch Alrik, dem sie nun einen kurzen Blick zuwarf, blieb ihnen nichts anderes übrig. Nur sie wäre wohl stark genug gewesen den Burschen zu tragen aber verletzt und ohnmächtig wie er war, hätte sie ihn sich nicht einfach wie einen Sack Kartoffeln über die Schulter werfen können, ohne zu riskieren seine Verletzung noch zu verschlimmern. Nun lag er gebetet auf mehreren Lacken, Decken und Mänteln und seinem Kopf auf Leirâs Schoß um ihn so gut wie möglich zu polstern. Diese holprige Fahrt war auch kaum besser aber wenigstens kamen sie schnell voran.
    Um es ihren Verfolgern dennoch nicht zu leicht zu machen, entschlossen sie sich, soweit sie der Bär zu ziehen vermochte zu fahren, sich einen geeigneten Lagerplatz oder gar Unterschlupf für die Nacht zu suchen und sich dann früh morgens zu trennen.

    Langsam wanderte ihr Blick von dem Bewusstlosen im Schoß der Elfe hoch zu eben jener. Die Erschöpfung des Kampfes in Winhorn hatte sie alle gezeichnet, so auch Leirâ. Müde blickte sie in die vorbeiziehende Landschaft nur um ab und an auf den jungen Fereldener zu blicken, fast so als wundere sie sich selbst über diese Nähe zu ihrem friedlich schlafenden Mitreisenden, der unter anderem Umständen wohl ihr Feind gewesen wäre.
    Nicht zum ersten Mal, fragte sich Juliette, wie ihr Leirâ bloß so schnell verzeihen konnte, obwohl die Söldnerin sie alle in Gefahr gebracht hatte. Verstand sie einfach nicht, welche Tragweite Juliettes eigensüchtiges Handeln für sie alle hatte? Dass sie nun den gefährlichsten Bluthund ihres mächtigen Vaters auf den Fersen hatten?
    Dass er die Flüchtige nach all den Jahren selbst hier in diesem zurückgebliebenen Hinterwälderland wieder aufgespürt hatte, sprach für Leclercs Verbissenheit bei der Jagd.
    Oder war sich die Dalish dessen wirklich bewusst und würde es trotzdem für Juliette auf sich nehmen und das ohne das die Adlige ihr dafür etwas gab oder es schlicht zweckmäßig war? Sie wäre seit langer Zeit die Erste. Seit so langer Zeit, dass Juliette das Gefühl jemand um sich zu haben der einen beistand, so ungewohnt vorkam und fast schon als unbekannt war nahm.
    Erneut schämte sich Juliette, als sie sich fragte, ob sie das überhaupt wert sei. Aber, unerwünscht, stellte sie fest, war dieses warme, beruhigende Gefühl nicht…

    Irgendwie schien die Elfe ihren Blick bemerkt zu haben und blickte zurück zu der Söldnerin, welche fast schon beschämt und zu sehr von Schuldgefühlen geplagt um zu sprechen, den Blick wieder abwandte, sich zugleich darüber aber ärgerte. Sie hoffte bloß das Leirâ das jetzt nicht missverstand, wagte es aber dennoch nicht wieder zu ihr zu blicken.
    Stattdessen blickte sie einfach wieder zu Boden, wie sie es schon vor Stunden getan hatte, als sie die Schuldgefühle noch stärker geplagt hatten. Die ganze Fahrt über hatte Juliette nicht viel geredet, hatte sich auch nicht angemaßt zu bestimmen wohin sie nun gehen sollten und meist nur kummervoll geschwiegen. Wäre sie allein gewesen oder hätte man sie, für die Gefahr die sie sie über alle gebracht hatte, beschimpft hätte sie der Kummer wohl noch mehr gepackt, doch das Ausbleiben dessen und die Zuwendung von Leirâ und auch Adrianna halfen ihr letztendlich doch noch gerade ausreichend darüber hinweg.

    Die Händlerin, welche vorne auf dem Kutschbock mit ihrer elfischen Gehilfin tuschelte, war es die sich dafür ausgesprochen hatte, sie so weit wie möglich zu fahren, sich dann zu trennen und ihre Verfolger damit vielleicht sogar auf die falsche Fährte locken zu können. Juliette war überrascht über diese Hilfsbereitschaft, die diese Frau, einer Gruppe von Fremden entgegenbrachte. Und obwohl sie damit sowohl sich selbst als auch ihre elfische Freundin Gefahr bringen konnte hatte sie kein Wort darüber verloren dass sie eine Gegenleistung erwartete.
    Auch bei ihr fragte sich Juliette, die ihr über die Schulter einen Blick zuwarf, warum diese Frau das auf sich nahm. Bei einer Händlerin hätte sie erwartet dass diese sogleich den Preis für ihre Hilfe verlangte, zumindest war jeder Händler den Juliette bisher getroffen hatte so, aber sie nicht. Tat sie es vielleicht aus irgendeiner Form der Ehrerbietung? Schließlich hatte sie Juliette respektvoll, beinahe schon ehrfürchtig, beim Titel genannt und um Vergebung gebeten sie angesprochen zu haben, falls der Adligen das missfallen hatte. Unterbewusst hätte Juliette das zwar geschmeichelt, hätte sie gerade nicht mit einem ganzen Schwarm von Schuldgefühlen, gekämpft aber dennoch wollte sie nicht dass sich diese arme Frau glaubte ihr helfen zu müssen, obgleich sie sich damit in Gefahr brachte.
    Wäre ihre Gemütsverfassung besser gewesen, hätte sich die Söldnerin schon früh neben die Händlerin niedergelassen, gleich nachdem der Magier, mit dem sie über irgendwelche Runen auf Stöcken geredet hatte, sich erhoben hätte. Gedankt hätte sie ihr, für ihre Güte ihnen zu helfen und vergewissert dass sich die Frau nicht dazu gezwungen fühlte, doch nun brachte sie es nicht über sich, schwor sich aber, es nachzuholen.

    Aus den Augenwinkeln, sah sie auch den Magier, welcher sich scheinbar enttäuscht über den Verlauf des Gesprächs mit Adrianna wieder hinter den Kutschbock auf die Ladefläche gesetzt hatte. Er hingegen würdigte sie keines Blickes. Rhaego war somit der einzige der ihr nicht einfach so vergab und das obwohl die Söldnerin zweimal zwischen ihn und seinen sicheren Untergang getreten war und ihr eigenes Wohl für ihn riskierte hatte. Tatsächlich aber konnte sie es ihm nicht verdenken. Ohne sie, wäre er gar nicht erst in solch eine Situation geraten.
    So oder so wusste sie dass sie auch noch ihm reden und sich bedanken musste. Ihre Ehre gebietete es ihr, auch wenn es ihr davor scheute. Auch er hatte sie schließlich vor Schaden bewahrt, indem er den Armbrustschützen der auf sie gezielt hatte verbrannte, doch sollte sie, als Gläubige, wirklich dafür dankbar sein, dass der arme Mann solch eines schrecklichen Todes starb?
    Noch immer sah sie das verkohlte Fleisch deutlich vor ihrem inneren Auge und roch den beißenden Gestank des Feuertodes. Sie hoffte inbrünstig dass der arme Kerl nicht hatte leiden müssen und er nun an der Seite des Erbauers saß. Somit ein weiterer Unbekannter für dessen Seelenheil die Söldnerin beten würde. Es wurden immer mehr.
    Ob der Magier ähnliche Gedanken hegte? Sie warf ihm einen weiteren, wie sie hoffte, unbemerkten Blick zu. Wenn Rhaego sein ganzes Leben lang im Turm verbracht hatte, war es dann vielleicht möglich, dass dies der erste Mann gewesen war der durch seine Hand starb?
    Falls ja, wäre es ein weiterer Grund mit ihm zu sprechen. Ob er wollte oder nicht. Niemand sollte nach solch einer belastenden Tat alleine sein und niemanden zum Reden haben. Juliette hatte damals niemanden gehabt und litt noch heute darunter. Und sollte er wirklich Schuld empfinden, wäre es doch tatsächlich ein Beweis dafür dass er eben doch kein Monster war.

    Es verging noch einige Zeit bis Juliette sich über ihre Scham hinwegsetzen konnte, um überhaupt wieder den Mund aufmachen zu können. Noch immer fuhren sie, doch kam der weiße Bär seinen Grenzen immer näher. Lange, schätzte die Adlige, würde er wohl nicht mehr durchhalten ehe er ruhen musste. Dann würden sie vermutlich ein Lager aufschlagen oder nach einen Unterschlupf suchen. Spät war es inzwischen. Rot schimmernd bahnten sich die letzten Strahlen der Sonne zwischen den Ästen der Bäume ihren Weg. Wer weiß ob sie heute noch die Gelegenheit bekäme sich angemessen bei der Händlerin zu bedanken?
    So setzte sie sich über ihre restlichen widersprüchlichen Gefühle hinweg und kletterte näher zu der Händlerin.
    „`ändlerin.“, sprach Juliette die andere Frau diplomatisch und angemessen freundlich an, einen freundlicheren Ton brachte sie momentan nicht zu Stande. „Isch möschte eusch in Namen meiner Begleiter und mir selbst dafür danken das i`r uns so ge´olfen `abt. O`ne eusch `ätten unsere Verfolger uns bestimmt bereits einge`olt. Wie können wir eusch dafür danken?“

  4. #114
    DA-FRPG ONLY Avatar von Adriana-Sarunu Vedeejs
    Registriert seit
    26.08.2011
    Beiträge
    19

    Standard

    Adriana überlegte. Nicht zu lange, aber auch nicht zu kurz. Dann lächelte sie sanft. Wohl wissend, dass sich auch Lady De Ludin ausmalen konnte, dass Adriana nichts umsonst macht. So war Adriana nun einmal. Der Schutz ihrer Familie stand an erster Stelle und direkt danach folgte der Profit. Doch aus irgendeinem Grund, sie konnte nicht genau definieren, woran es lag, entschied sie sich dieses Mal anders.
    "Ihr schuldet uns nicht mehr, als dass ihr diese Hetzjagd übersteht, Milady. Nichts kann so ungewiss sein, wie Sicherheit."
    Unfreiwillig erinnerte sie sich an ihre Vergangenheit. Schreckhaft zuckte sie zusammen.
    "Haltet euch immer eine Option der Hinterhand."

  5. #115
    DA-FRPG only Avatar von Juliette de Ludin
    Registriert seit
    30.10.2011
    Beiträge
    94

    Standard

    Unwillkürlich zogen sich Juliettes zarte Augenbrauen ein Stück zusammen, als die Händlerin ausgesprochen hatte. Der Söldnerin gefiel nicht was sie hörte.
    In den Augen dieser Frau war nicht zu lesen. Starr und stumpf blickten sie, bar von Gefühlen die die Adlige hätte erkennen können. Sie war wirklich ohne Zweifel blind, aber das machte sie nicht weniger gefährlich.
    Auch ihre Mine gab nicht preis ob sie aufgesetzt oder ehrlich war. Kurz hatte sie gezuckt, wie als ob sie vor etwas erschrak, doch zu mutmaßen wovor, käme Rätsel raten gleich und dafür war nicht die Zeit. Diese Adriana, wäre sie von edlerem Geblüt, wäre sicher eine gute Spielerin im Spiel des Adels in Orlais, befand Juliette. Und als solche würde die Adlige sie nun auch behandeln.

    „I´r sprescht rescht, Mademoiselle.“, antwortete Juliette zustimmend, ihre eigentliche Absicht verbergend. „Als Söldnerin ist mir das nur zu gut bekannt.“
    „Unsere Zünfte `aben tatsäschlisch me`r gemein als die meisten ane`men.“, fuhr die Söldnerin scheinbar im Plauderstimmung fort und setzte auch ein freundliches Gesicht auf, gleich ob ihr Gegenüber sie sehen konnte oder nicht. „Isch `andle auch wie i`r. Nur biete isch natürlisch keine Waren feil sondern stelle ich mich in die Dienste des Meistbietensten.“

  6. #116
    DA-FRPG ONLY Avatar von Adriana-Sarunu Vedeejs
    Registriert seit
    26.08.2011
    Beiträge
    19

    Standard

    Adriana lauschte den Worten der Orlaisianerin. Sie tat viel, um ihre Zweifel und ihr Gemüt zu überspielen. Aber Adriana hatte gelernt anhand von kleinen Nuancen in der Stimmlage Gefühle anderer wahrzunehmen. Gar war sie sogar geneigt, ihr Angst zu unterstellen. Doch dieses wagte sie nicht, denn wenn es so war, so war bedeutete es Scham für eine Adlige, die ihr gesamtes Leben im Schauspiel der Politik agierte, von einer Blinden ihrer wahren Gefühle überführt worden zu sein. Also lächelte sich kurz, ob der Bemerkung Juliettes.
    "Ja, ich glaube, wir haben auch noch mehr gemein, Milady."
    Sie schwieg kurz. Dann fuhr sie mit gedämpfter Stimme fort: "Was habt Ihr nun vor, Milady?"
    Geändert von Adriana-Sarunu Vedeejs (05.02.2014 um 16:27 Uhr)

  7. #117
    DA-FRPG only Avatar von Juliette de Ludin
    Registriert seit
    30.10.2011
    Beiträge
    94

    Standard

    Juliette hatte geahnt dass diese Frage fallen würde. Sie hatte es regelrecht gespürt, ebenso wie sie spürte dass die Antwort auf diese Frage Folgen haben würde. Welche und ob sie sich vermeiden ließen, würde sich noch zeigen.
    „Wir werden weiter zie`en. Gen Süden. Nach Redcliffe. Wir `offen dort ein Schiff für unsere weitere Reise zu finden.“, antwortete Juliette auf die Frage der Händlerin. Es würde Sinn für Flüchtige machen so schnell wie möglich so viel Raum wie Möglich zwischen sich und die Verfolger zu bekommen und wie würde man dies schneller erreichen als mit einem Schiff?
    Man könnte vom Lake Calenhad aus in See stechen und von dort weitersegeln, vielleicht sogar Ferelden über den Seeweg verlassen um in der Sicherheit fremder Länder zu verschwinden. Nicht in allen Ländern von Thedas waren Orlaisianer so verhasst wie in Ferelden. Angesichts ihres flüchtigen Magiers wäre Tevinter ein nahe liegendes Ziel, hatten dort sowohl weder die Kirche, noch die Templer, noch das orlaisische Reich Macht.
    Eine Rettung versprechende Möglichkeit.
    Einzig und allein das, für Verfolgte, noch viel zu weit entfernte Redcliffe schien dabei von Unlogik behaftet. Waren doch die Docks des Calenhads Sees viel näher und wenn sich dort kein Schiff fände vielleicht noch der Hafen von West Hill.
    Bewusst streute die Adlige scheinbar verräterische Nuancen in ihre Worte, die Schwäche, Unsicherheiten, fast schon Angst bedeuten mochten auch wenn sie nichts davon verspürte. Fast schon so als hielte sie ihr Gegenüber, vielleicht aufgrund ihrer Blindheit, für leicht zu übertölpeln, dass sie die Nervosität der Worte nicht erkennen würde.
    Kurz darauf, nachdem sie sich erneut im Namen der Gruppe bei der Händlerin bedankt hatte, zog sich Juliette wieder zurück auf die Ladefläche des Wagens, als befürchtete sie zu viel gesagt zu haben und schwieg für den Rest der Fahrt. Nur Alriks Zustand überprüfte sie noch rasch, doch er war unverändert.

    Schließlich, die Nacht war schon fast angebrochen, entschied die Händlerin dass der Bär rasten müsse und man hielt bald darauf an einer Lichtung in einem dichten Wald. Leirâ brach schon gleich auf um nach einen geeigneten Rastplatz in der umliegenden Umgebung zu suchen, während der Rest der Gruppe ihre verbliebenen Habseligkeiten packte. Sorgenvoll blickte Juliette auf den noch immer bewusstlosen Alrik. Wenn er nicht bald aufwachte würden sie ihn doch noch tragen müssen. Sie hoffte bloß dass sich sein Zustand dadurch nicht verschlechtern würde, ehe sie ihn vom Wagen der Händlerin hob um ihn so behutsam wie möglich vorerst auf den Boden zu legen.
    Ein paar stille Minuten vergingen in denen keiner ein Wort sprach, als wenn keiner die Stille als erster brechen wollte. Als schnürten ihnen alle die Erinnerungen an Ereignisse des Tages die Luft ab, derweil alle sich auf die Nacht vorbereiteten. Während Rhaego und Juliette ihre Sachen packten machte sich die Händlerin samt ihrer Dienern und dem weißen Bären, ihren Wagen im nächsten Gebüsch unter einer Plane zu verstecken.

    Während Juliette noch auf den bewusstlosen blickte, bemerkte sie wie der Magier sich seinen Rucksack auflud. Er schien sie immer noch keines Blickes zu würdigen, vielleicht war er aber auch schlicht in Gedanken versunken. Womöglich war er ihm Geiste immer noch in Winhorn, wo dieser Mann so grausam durch ihn starb.
    Vielleicht war jetzt der Zeitpunkt gekommen um mit ihm zu sprechen, auch wenn es ihr Unbehagen bereitete in der Nähe dieser Fremden, die sich als klare Gefahr entpuppt hatte, mehr zu reden als unbedingt nötig.
    Gerade hatte sich über ihre reuige Scheu hinwegsetzen können um den Mund zu öffnen und Luft zu holen, da kehrte die Elfe fast lautlos zurück. Die späte Zeit tat Not, so hatte sie den nächstbesten Rastplatz ausgewählt und führte sie nun durch den Wald, fort von dem Trampelpfad der sie hierher geführt hatte.

    Nach kurzer Zeit kamen sie auf eine weitere Lichtung, einen kleinen Hain wie es aussah. Knorrige alte Bäume, überwachsen mit Moos ragten in die Höhe und ließen nur vereinzelt den Schein der Gestirne durch ihre Kronen leuchten. So war es obwohl der Mond hell leuchtete, dunkel in der kleinen Lichtung, sodass wohl nur Leirâs Blicke ungetrübt waren.
    In aller Eile errichteten sie ihr Lager, vermieden es jedoch ein Lagerfeuer zu entfachen, trotz der Dunkelheit, um es ihren Verfolgern nicht einfacher zu machen.

    Nachdem der immer noch bewusstlose Alrik auf mehreren Decken weich gebettet lag, entschied die Elfe sich etwas umzusehen. Sie sagte zwar nichts über ihr Befinden, die Dunkelheit und die Unkenntnis elfischer Emotionen taten ihr Übriges, aber Juliette kam nicht umhin zu vermuten, das Leirâ beunruhigt schien. Wahrscheinlich, vermutete die Adlige, hatte es mit ihren Verfolgern zu tun. Dieses Gefühl kannte sie nur zu genüge.
    Nachdem die Elfe verschwunden war entschied sich die Orlaisianerin es nicht mehr länger aufzuschieben und mit dem Magier ein paar Worte zu wechseln.
    Nach einem letzten Moment der Überwindung trat sie neben den Magier, welcher eben erst sein Gepäck durchsucht hatte. Es lag keinerlei Herablassung mehr in Juliettes Stimme oder Gesicht als sie sich fast schon behutsam an ihn wandte.
    „Magier…Rhaego.“, verbesserte sie sich nach einem Augenblick. „`abt i`r einen Moment? Isch finde wir sollten, über das was `eute gesche`en ist spreschen.“
    Sie sah seinen abgeneigten, mürrischen Blick und fügte hinzu: „Und das nischt als Feinde, sondern als Gefä`rten. Zivilisierte Menschen.“

  8. #118
    DA-FRPG only Avatar von Leirâ Ven
    Registriert seit
    13.11.2011
    Beiträge
    93

    Standard

    Leirâ zuckte zusammen. Sie war kurz eingenickt. Aber wieso auch nicht? Das ewige Geruckel des Wagens, das allgemeine Schweigen, nur selten von kaum mehr als zwei Sätzen unterbrochen. Darüber hinaus das Pochen in ihrem Schwertarm, die wirbelnden Gedanken in ihrem Kopf und die Müdigkeit. Letztere war nicht von der Hand zu weisen. Tage des ewigen Weiterziehens und nicht zuletzt die letzten beiden Tage forderten selbst von der erfahrenen und Entbehrungen gewöhnten Jägerin ihren Tribut. Hinzu kam das Schwinden der Sonnenstrahlen...
    "Va-dà!" Schon wieder eingenickt. Sie schnaubte kurz, dann veränderte sie behutsam die Lage von Alriks Kopf. Allmählich schliefen ihr die Beine ein. Ab da dauerte es kaum noch einen Augenblick, bis der Wagen hielt und diese Adrianna meinte, die Bärin sie am Ende ihrer Kräfte.
    Na, wenn du das beurteilen kannst, Shem. Die Arroganz der Rosenohren verblüffte sie immer wieder. Dennoch war sie dankbar, dass sie endlich hielten. Und kaum dass Alriks Haupt von ihren Schenkeln verschwunden war, war sie vom Wagen gesprungen. Sie massierte das Gefühl zurück in ihre lahmen, schmerzenden Glieder.
    "Ich werde ênen Lagerplatz suchen.", meinte sie leise und entledigte sich ihres Bogens und des Köchers. Ohne ihren linken Arm waren die sowieso nutzlos. Mantel, Decke, Schwert, Tasche und Wasserschlauch lies sie ebenfalls zurück. Das Dar'Misu würde reichen müssen. So verschwand in den sich ausbreitenden Schatten.
    Selbst den großen, lichtempfindlichen Augen des Volkes waren Grenzen gesetzt und so musste die Dalish sich vor allem auf ihr Gehör verlassen. Mythal sei Dank konnten die spitzen Ohren Geräusche mehr als zuverlässig ausmachen.
    Leirâ huschte zunächst den Trampelpfad ein Stück zurück, den sie gekommen waren. Es konnte nicht schaden, ihre Spuren zumindest ein Stück weit zu verwischen. Sie war desweiteren ganz froh, wieder in Bewegung zu sein. Und für sich. In ihrem Kopf wirbelte ein Chaos an Gedanken und Gefühlen umher:
    Zum Einen das allgegenwärtige Heimweh, die Sehnsucht nach den Armen ihres Vaters. Rhaeogs gar nicht so unattraktives Gesicht. Die Sorge um Alrik. Die Gesichter der Männer, die sie heute verletzt oder gar getötet hatte. Verdammt, es war der Lauf der Dinge, zu töten um nicht selbst zu sterben. Doch die Lebensgefahr steckte ihr noch in den Knochen. Und die Frage nach ihrer Zugehörigkeit: Sie hatte mit Shemlen gegen Shemlen gekämpft.
    Sie seufzte.
    Dirthamen, wann ist alles nur so verwirrend geworden?
    Sie wischte den Gedanken und ihre Spuren bei Seite. Die Sonne war verschwunden, der Mond stand am Himmel. Es wurde Zeit, sich nach einem geeigneten Lagerplatz um zu sehen. Wenig später hatte sie eine Lichtung gefunden. Doch etwas wollte da nicht passen...
    Üblicherweise flößten ihr solche Orte inmitten der Natur Ruhe und Geborgenheit ein. Dieser jedoch nicht. aus irgendeinem Grund stellten sich ihr die Nackenhaare auf, kaum dass sie den kleinen Hain betreten hatte. Sie zuckte mit den Schultern und verzog das Gesicht ob der Schmerzen im linken Arm.
    Mir fehlt die Zeit, einen anderen Platz zu suchen. Ich hole die Anderen.
    Geändert von Leirâ Ven (16.06.2014 um 23:23 Uhr)

  9. #119
    DA-FRPG only Avatar von Rhaego Alcaryen
    Registriert seit
    31.10.2011
    Ort
    Zirkel der Magier, Ferelden
    Beiträge
    75

    Standard

    Als der Karren endlich hielt, stieg Rhaego wortlos herab und begann die vereinzelten Sachen, die er während der Reise hervorgezogen hatte, wieder hinein zu stopfen. Seine Glieder waren nach der langen Fahrt steif, doch er beachtete dies nicht. Im Turm war es ihm nach langen Studien bis tief in die Nacht ähnlich ergangen. Er wünschte sich, dass jemand etwas sagen würde – weshalb sprach Juliette nicht mit der Händlerin, oder weshalb wechselte die Händlerin nicht einige Worte mit ihrer Gehilfin? Irgendetwas, was ihn von seinen Gedanken ablenken würde, die ihn schon die ganze Fahrt über beschäftigten. Denn obwohl er müde und erschöpft war, hatten ihn das unaufhörliche Rumpeln und Schaukeln des Karren –und seine eigenen Gedanken – die gesamte Reise über vom Schlaf abgehalten, nicht einmal ein wenig eingedöst war er. Auch die Spekulationen über die merkwürdige, so bekannte Rune auf dem Stab der Händlerin hatten die finsteren Erinnerungen nicht lange ferngehalten.

    Irgendwie hatte er es sich immer anders vorgestellt, wenn er den Zirkel endlich verlassen hätte. Freiheit – allein dieses Wort hatte ihn in vielen Nächten zum Träumen gebracht. Wenn er frei war, dann würde alles wundervoll sein. Er musste nur den Zirkel verlassen und sein Leben wäre perfekt – davon war er immer überzeugt gewesen.
    Doch nun? Er war frei – zumindest relativ. Offiziell hatte er noch immer die Aufgabe, Leirâ und Juliette zu begleiten, doch wer würde ihn dazu zwingen können, nachdem auch der Templer tot war? Doch trotz seiner Freiheit fühlte er sich miserabel. Die Freiheit, wie er schon nach kurzer Zeit festgestellt hatte, war dreckig, kalt und von erschreckender Brutalität. Allein dieser Gedanke rief in ihm die Erinnerung an den Geruch verbrannten Fleisches hervor, das Gefühl der Macht, die in ihm geströmt war, durch ihn hindurch in diese Welt als beissende, heisse Flammen. Und er hatte das Richtige getan; er hatte Juliette vor dem Tod bewahrt, auch wenn sie es vielleicht –nach all ihren Lügen; immerhin war sie diejenige, die sie in diese Gefahr gebracht hatte – nicht verdiente. Doch eine leise, innere Stimme widersprach ihm bei diesem letzten Gedanken. Allein die Idee, Juliette leblos neben sich zu sehen – wie den anderen Kadaver, verbrannt, stinkig... er zwang sich, zu sienem ursprünglichen Gedanken zurückzukehren – allein die Idee, Juliette leblos neben sich zu sehen, bereitete ihm Unwohlsein. Sie war eine arrogante, ausländische Adelige mit einer irrationalen Abneigung gegen alle Magier – und sie hatte ihm das Leben gerettet.

    Es war für ihn eine fast körperlich spürbare Erleichterung, als Leirâ zurückkehrte und sie alle zu dem Platz führte, den sie für die Nacht gefunden hatte. Während er stolpernd seinen Gefährten durch die hereingebrochene Dunkelheit folgte, war er wenigstens von anderen Gedanken abgelenkt. Sein Fuss verfing sich wieder in ein von der Nacht verborgenen Wurzel und er fing sich gerade noch. Mit zwei holprigen Schritten erlangte er sein Gleichgewicht zurück und verkniff sich einen Fluch. Alles, auch das, war besser als Denken.

    Auf der Lichtung angekommen, kümmerten sich die beiden Frauen um Alrik. Rhaego warf einen Blick auf die bewusstlose Gestalt und fragte sich, ob er vielleicht noch einmal versuchen sollte, ob er ihn heilen konnte. Doch er kannte sich mit solchen unsichtbaren Verletzungen nicht aus und abgesehen davon verspürte er keine sonderlich grosse Lust, mit dem Nichts in Verbundung zu treten und seine Kräfte zu nutzen. Mit einiger Mühe verbannte er die Erinnerungen an das, was am Nachmittag geschehen war – was er angerichtet hatte - wieder aus seinen Gedanken.
    Kurz danach verschwand Leirâ wieder in der Nacht und Rhaego widmete sich seinem Rucksack und suchte in dem achtlosen Durcheinander nach den Sachen, die er für die Nacht benötigen würde.
    „Magier…Rhaego.`abt i`r einen Moment? Isch finde wir sollten, über das was `eute gesche`en ist spreschen.“ Er hatte nicht bemerkt, dass Juliette neben ihn getreten war. Und er hatte nicht sonderlich viel Lust, mit ihr – oder irgendjemandem sonst – zu sprechen. Sie musste seine Abneigung gespürt haben, denn sie fügte hinzu: „Und das nischt als Feinde, sondern als Gefä`rten. Zivilisierte Menschen.“
    „Ihr seid nicht meine Feindin“, antwortete er brüsk. Eigentlich wollte er es dabei belassen. Doch irgendetwas – vielleicht war es die ruhige Stimme Juliettes, oder ihr beherrschtes Auftreten – oder vielleicht die Tatsache, dass sie ihn bei seinem Namen genannt hatte – brach einen Damm in ihm und er konnte nicht verhindern, dass die Gedanken, die ihn den ganzen Nachmittag beschäftigt hatten, aus ihm herausströmten.
    „Ihr habt lediglich über mich – über uns alle – einen Verfolger gebracht, der nicht nur imstande war, uns ohne Probleme aufzuspüren, sondern uns auch noch absolut überlegen ist, sodass wir fast unser Leben verloren haben und nur haarscharf entkommen konnten – und nur mit weiterer Hilfe. Und dass alles ohne ein Wort der Warnung!“ Bitterkeit färbte seine Stimme, bis sie fast nicht mehr nach ihm klang. Mit einiger Mühe stoppte Rhaego die Worte, die aus seinem Mund flossen. Er konnte ihre Miene nicht lesen – selbst wenn das Mondlicht heller durch die Blätter gedrungen wäre, er hatte fast immer Probleme, die Stimmung der Orlaisianerin zu erraten. Es war nicht gerecht, was er sagte, und er wusste das. Er zwang sich hinzuzufügen: „Ihr habt heute mein Leben gerettet – vermutlich sollte ich Euch dafür danken – ich habe Euer Leben ge...“ Beissender Rauchgestank, ein lauter Schrei, der grausam langsam verklang. Die Erinnerung wollte sich einfach nicht verdrängen lassen. „Ihr habt keine Ahnung – Ihr könnte Euch das nicht vorstellen... diese Kraft, die durch Euch fliesst und dann freigesetzt wird... ein Teil von Euch, der all diese schrecklichen Sachen anrichten kann...“, brach es aus ihm heraus. Nein. Nein, es war nicht richtig, ihr das so zu erklären, es klang fast, als wäre es willkürlich geschehen, doch diesmal nicht, nein, er hatte es gewollt, er hatte es geplant, es war total unter seiner Kontrolle gewesen...
    Und im Grunde genommen ging das die Orlaisianerin auch gar nichts an.
    „Ach, vergesst es“, fügte er gereizt hinzu und wandte sich wieder seinem Rucksack zu.

  10. #120
    DA-FRPG only Avatar von Leirâ Ven
    Registriert seit
    13.11.2011
    Beiträge
    93

    Standard

    Nachdem sie ihren Gefährten geholfen hatte, ein Lager auf zu schlagen, und sie davon abgehalten hatte ein Feuer zu entzünden, zog sich Leirâ die Kapuze ihrer Gugel tief ins Gesicht. Dieser Ort gefiel ihr nicht. Wie ein unliebsamer Gedanke im Hinterkopf hielt sich dieses Gefühl.
    "Ich will mich noch einmal umsehen.", sagte sie den Anderen und verschwand auf dem Pfad, den sie gekommen waren. Zunächst galt es, erneut, ihre Spuren zu verwischen. Und sich darüber klar zu werden, was dieses ungute Gefühl auslöste. Sie hockte sich auf eine dicke Wurzel und lauschte. Erkennen vermochte sie ohnedies kaum noch etwas.
    Ihr scharfes Gehör machte zirpende Grillen und dunkle Schreie ausstoßende Eulen aus. Sie hörte es Rascheln im Unterholz und es knirschen auf den Wegen. aber etwas stimmte nicht. Ihre Nase zuckte, ihr Instinkt wollte sie auf irgendetwas aufmerksam machen.
    Aber was? Andruil, was?
    Sie riss die Augen auf. Natürlich! Das war es. Sie erhob sich und lief durch den Wald zurück zum Hain. Dabei lief sie auf dem Pfad der Jäger, machte nur gerade so viele Geräusche wie nötig.
    Die Geräusche der Nacht, sie kommen alle von weiter weg. Rund um unseren Lagerplatz hört man kein einziges Tier. Kein Leben. Warum mied das Leben diesen Ort? Leirâ hielt außer Sichtweite ihrer Gefährten. Sie lagen im Kreis, die Fremden an den Bären gekuschelt, während Juliette und Rhaego miteinander sprachen. Alrik lag, auf eine Decke gebahrt, neben ihnen. Dahinter erhoben sich nur stumme, schwarze Bäume. Die Lichtung steig leicht an, und im hellen Mondenschein meinte die Dalish, auf der Kuppe etwas erkannt zu haben. Doch sie musste näher heran. Sie wählte den weg um das Lager herum. Ihre Gefährten mochten ein leises Rascheln oder das Knacken eines Astes gehört haben, doch zu Gesicht bekamen sie die Jägerin nicht. Die hatte schließlich die Findlinge erreicht:
    fünf Steine, verwittert und halb herunter gerieselt, standen in einem Sternenmuster hier. Leirâ kauerte im Schatten und beäugte die Stelle misstrauisch.
    Ich erkenne diese Symbole nicht. Sie sind nicht vom Volk, keines darunter, das Vater mich lehrte. Vorsichtig schlich sie näher heran. Jetzt hätte sie einen der Steine mit ausgestrecktem Arm berühren können. Doch sie tat es nicht. Und sie betrat die Mitte nicht. Die Spitzen ihrer Ohren zuckten kaum merklich.
    Ich verstehe das nicht. Als würde Stille über den Steinen liegen... Vielleicht sollte sie Rhaego zu Hilfe holen. Er war in den Wegen des Jenseits bewandert, im Gegensatz zu ihr. Vielleicht war hier Magie am Werk. Und nach allem, was Leirâ über die Kunst der Künste wusste, war Magie immer so mächtig wie sie alt war. Und diese Steine waren alt.
    Kein Grund, die Anderen zu beunruhigen. Es ist schließlich nicht sicher, dass hier Magie am Werke ist. Sie entschied, sich zuerst noch weiter um zu sehen. Sie umrundete die Steine, und wäre im Dunkeln beinah den Abhang hinabgestürzt.
    Als hätte jemand den Hügel mit einem gewaltigen Beil abgeschnitten fiel dieser schroff einige Schritt in die Tiefe. Eine Kälte kroch der Dalish Rücken empor. Eine Kälte, die vom Fuße des Hügels aufzusteigen schien. Sie schluckte. Schüttelte sich kurz.
    Und machte sich an den Abstieg.

Seite 12 von 20 ErsteErste ... 21011121314 ... LetzteLetzte

Berechtigungen

  • Neue Themen erstellen: Nein
  • Themen beantworten: Nein
  • Anhänge hochladen: Nein
  • Beiträge bearbeiten: Nein
  •