Und mein zweiter Kommentar seit langer Zeit! Elex habe ich gerade ja eher negativ bewertet, nun zu Kingdom Come und eins vorweg: Es ist einfach großartig!

Auch dieses Spiel habe ich am Anfang links liegen lassen, da ich nicht genügend Zeit hatte, zudem waren die Reviews ja gespickt von Hinweisen auf technische Probleme und Bugs. Das ist inzwischen alles weitgehend bereinigt, technisch gibt es sicherlich Verbesserungsmöglichkeiten, mein Rechner ist aber nun auch schon sechs Jahre alt und bekommt im Verlaufe des Jahres eine Verjüngungskur, deshalb fielen manchmal die Ladesequenzen in Dialogen auf, die irgendwie unpassend waren, aber mit entsprechend schnellerem PC machen die sich ja vielleicht nicht so bemerkbar.

Die Welt ist wirklich schön gestaltet, was habe ich Stunden damit zugebracht, am Fluss entlang zu wandern oder reiten und meditativ die Atmosphäre aufzusaugen. Die Umgebung wird auch schön in Quests eingebettet (die weitgehend richtig gut designt sind, wie ich finde), wenn man z.B. Kräuter für einen Alchemisten sammeln soll und dann aufgrund der Beschreibungen aus dem Herbar an den Orten suchen muss, ohne dass ein Marker und blinkend hervorgehobene Objekte mir zeigen, dass ich genau dorthin rennen muss, um sie zu pflücken. Man muss sie wirklich anhand des Aussehens entdecken. Ähnlich bei einer Hasenjagd, bei der man im Wald erstmal die Hasen vor dem Hintergrund finden muss (geschweige sie mit dem Bogen zu treffen), aber es macht in diesem Fall Spaß, weil es stimmig in die Umgebung eingebaut ist. Eine Jagd dauert eine Weile, also wartet man, während man suchenden Auges durch das Waldgebiet streift
Generell das Questdesign finde ich gelungen, die Personen und ihre Anliegen sind glaubwürdig. Es sind nicht Stereotype, die einfach gut oder böse handeln, in der Regel fühlen sich die Gespräche mit NPC irgendwie natürlich an. Die Beziehung zu Theresa (einer Jugendfreundin könnte man sagen) aufzubauen, hat mir richtig Spaß gemacht, weil es etwas von schüchterner Liebe hatte und eine Weile brauchte (nicht wie in anderen Spielen, wo solche "Romantik" eher ein Abhaken von Punkten ist und Zack landet man in der Kiste). Alles in allem passte da vieles, fand ich, und wer Freude an gut geschriebenen Dialogen und Charakteren hat, dem ist dieses Spiel allein deshalb ans Herz zu legen.
Das Kampfsystem ist ... gewöhnungsbedürftig. Aber es ist nicht unfair. Man muss es wirklich üben, da verstehe, dass das nicht für jeden was ist (ich kann z.B. mit Dark Souls nichts anfangen, was im Prinzip ja auch das Verinnerlichen des Kampfes und des Levels darstellt), aber wenn man sich darauf einlässt, kriegt man nach und nach ein Gefühl dafür, wie es klappen kann. Und irgendwie passt es auch, dass ein Kampf gegen mehrere Gegner auch auf höherem Level schwierig bleibt, da es realistisch ist, dass ich selbst in Rüstung Probleme bekomme, wenn ich in die Mangel genommen werde.
Es hat ja den Vorwurf der Simulation bekommen, aber ich finde, dass die Grenze eigentlich immer gewahrt bleibt, sodass es nicht zu sehr in Mittelalter-Sim umkippt, sondern so wie es ist, gekonnt die Grenzen aufzeigt.

Ich wiederhole also: Absolute Empfehlung von mir für Spieler, die auf eine konsistente Erzählung und Welt stehen. Ein ums andere Mal habe ich mich gefreut über die Ideen, die drin verarbeitet sind (z.B. Tagesablauf im Kloster wird schlüssig integriert) und Tätigkeiten, die einen lediglich beschäftigen sollen, aber keine Quest an sich sind, sind als solche markiert, sodass man sie außer acht lassen kann, wenn man auf solcherlei "Grind" nicht steht.
Es schreit nach einem zweiten Teil und ich wünsche den Warhorse Studios da nur das Beste. Hoffentlich kriegen sie es dann zum Release in einen fertigen Zustand, jetzt mit den entsprechenden Patches ein wirklich tolles Erlebnis!