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Baum-Darstellung

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  1. #29
    Newbie Avatar von James Herlock
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    James Herlock
    Erinnerungen


    Seit über vier Stunden nun, stand Jim am Fenster des Lofts und starrte in die Citadel. Beobachtete die kleinen Ameisen, die ihrer Arbeit nachgingen. Die Menschen, die hektisch versuchten ihren Anschlusszug zu erwischen. Die Keeper, wie sie unbeirrt ihre nicht nachvollziehbare Arbeit verrichteten. Die Stege, die an der Decke entlang liefen. Die Monirail, die einmal die Stunde am Eingang zur Dockingbucht hielt. Er beobachtete die ein- und ausfliegenden Schiffe auf der anderen Seite der Bucht. Verfolgte die Shuttles, die kreuz und quer durch die Citadel jagten. Kurzum, Jim wartete. Er wartete darauf, endlich in das Café zu gehen. Erst jetzt fiel ihm auf, dass Tomasz Grezkowczic keine genaue Zeit genannt hatte. Auf der Notiz war lediglich gegen Abend geschrieben. Jim wurde sich langsam bewusst, dass es wieder nur eine Falle sein würde, in die er hineinlaufen würde. Doch er ging recht in der Annahme, dass Mike das schon lange Durchschaut hatte. Er und das Team waren bereits aufgebrochen, um den Schauplatz auszukundschaften. Sie gingen bereits jetzt in Stellung. Mike war wieder voll in seinem Element. Und was konnte Jim tun? Nichts und das wurmte ihn. Er nahm auf der Couch platz. Sein Blick fiel ins Leere. Außer ihm, war nur noch Callhan an Board. Mike vertraute ihr. Eigenartig, denn sie war erst einige Tage bei ihnen. Das zeugte von großem Respekt, den sie sich binnen kürzester Zeit verdiente. Linnéa diente jetzt als Vermittlerin zwischen dem Delta-Team und der C-Sec. Bei ihr liefen alle Fäden zusammen.

    Callhan betrat das Loft. Sie hatte zwei Sandwiches dabei. Eines für Jim, eines für sich selbst. In der Mitte des Sandwiches thronte ein Zahnstocher mit einer erdolchten Olive. Der Belag bestand aus Schinken, Ei, Remoulade, Eisbergsalat und Tomaten. James kannte diese Sandwiches. Seine Mom hatte sie gern gemacht, als er noch klein war.
    „Danke.“, flüsterte er fast ungehört. Sie sah betroffen aus. Ihren Gesichtsausdruck konnte er nicht wirklich einordnen.
    „Ein altes Rezept meiner Mom.“, begann sie das Gespräch: „Ein guter Mitternachtssnack und ein guter Aufhänger für Gespräche.“
    Ein Lächeln begleitete ihre Worte.
    „Wollen sie mir von ihr erzählen?“
    „Nicht wirklich...“, zögerte Jim. Er erzählte eigentlich gern von sich und seiner Familie. Auch wusste er, dass er im Extranet nicht Inkognito unterwegs war, also kam man mit ein bisschen Suchen auch so an Informationen über ihn und seine Familie, aber er wollte einer wildfremden Frau nicht sein Herz ausschütten.
    „Verstehe.“
    Sie genehmigte sich einen Happen und verschluckte sich prompt. Jim stand auf, half ihr so gut es ging und schließlich würgte sie den Krümel dann doch durch die Speiseröhre herunter. Er ging zur Bar. Sich goss er einen seiner heißgeliebten Whiskey ohne Alkohol ein, ihr einen Cognac. Abgefüllt im Jahr 2012..
    „Hier, bitte. Ein guter Jahrgang.“
    Daina hustete ein paar mal, nahm das Glas dankend an und nippte kurz daran, um das Unbehagen herunter zu spülen.
    „Passt aber nicht gerade zum Sandwich, Boss.“
    Sie lächelte. Jim nippte ebenfalls nur kurz an seinem Drink, ehe er ihr etwas sarkastisch antwortete, dass der Brandwein überall zu passte, wenn man sich die Mühe machen würde, sich des Geschmacks anzunehmen. Er schwenkte seinen Whiskey und hielt das Glas gegen das Licht.
    „Es gab eine Zeit, da habe ich mich mit billigstem Fusel abgeschossen.“
    Er wusste nicht, warum er es ihr erzählte. Bis auf Li-Ann, kannte so gut wie niemand diese Geschichte.
    „Kurz nach dem Tod meiner Frau, versuchte ich meine Sorgen in billigem Alkohol zu ersaufen. Dummerweise musste ich feststellen, dass die Biester verdammt gute Schwimmer sind. Ich habe versucht alles zu vergessen. Das sie nicht mehr da war, riss ein riesiges Loch in mein Leben. Ich wusste, was auch immer ich dort draußen erlebt oder getan habe, Zuhause wartet meine Frau auf mich und würde Verständnis haben. Doch plötzlich war sie weg. Nicht mehr da. Alles was mir von ihr geblieben war, war ihr Ring.“
    Er griff sich an den Hals. Sharon machte sich nie wirklich viel aus Schmuck. Sie besaß nur eine kleine Auswahl. Zu besonderen Anlässen lieh sie sich immer welchen, von Jims Mutter.
    „Ich war völlig fertig mit der Welt. Während meines Landurlaubs habe ich zuerst die Bar daheim geplündert und anschließend den Supermarkt um die Ecke. Mir war egal was es war. Hauptsache es knallte.“
    Bedauern schwang mit seiner Stimme mit. Callhan hörte interessiert zu. Sie schwieg, schwenkte ihren Brandwein und genehmigte sich hin und wieder einen Bissen ihres Sandwiches.
    „Ich war in einer Todesspirale gefangen. Bin betrunken zum Dienst erschienen. Ich hab schon so manchen Alkoholiker vom Dienst suspendieren lassen. Nie hätte ich gedacht, einmal selbst so zu sein. Aber...“, Er überlegte lang.
    „Aber?“, wollte sie wissen.
    „Aber ich kann mittlerweile gut verstehen, was einen Großteil der Leute dazu bewegt hatte. Und glauben Sie mir, die Grenze dahin ist schmal. Doch dann kam Li-Ann.“
    Ein lächeln bildete sich auf Jims Gesicht. Seine Mundwinkel fingen langsam an, gen Himmel zu reisen.
    „Ich habe mich selbst dazu entschieden, den Dienst zu quittieren. Ich merkte, Gott sei Dank, früh genug, dass es nicht mehr ging. So konnte ich eine unehrenhafte Entlassung umgehen. Wahrscheinlich hätte ich mich zu Haus nur weiter in Alkohol eingegraben und niemanden mehr an mich ran gelassen. Doch meine Lilly war hartnäckig genug, mir diesen Entzug und die Besuche bei den Anonymen Alkoholiker aufzuzwingen. Sie nervte mich Tag ein Tag aus damit. Solange bis ich endlich nachgab. Sie tat es aus Liebe. Nicht unbedingt für mich, soweit will ich nicht gehen. Wahrscheinlich eher für ihre Mom. Sie wusste, das Sharon niemals gewollt hätte, das ich mich selbst zu solch einem Wrack verkommen ließ. Sie ist bemerkenswert. 'Das Leben geht weiter.', sagte sie immer, 'Mom hätte nicht gewollt, dass du aufhörst zu leben.'. Diese Sprüche führten mich zurück. Sie rettete mich.“
    Stille. Keiner traute sich etwas zu sagen.
    „Sie ist...“, das 'ist' betonte er auf eine beängstigend ernste Art und Weise, „die Tochter meiner Frau. Ich bin Stolz auf sie. Wussten Sie, dass ihr Team drei mal hintereinander Virgina State Champignon im Volleyball war? Oder das sie Silber bei der Climb 'n' Fight Northern Conference geholt hat? Wussten Sie, dass sie einen Notendurchschnitt von 1,9 auf dem Collage hatte, keine 2. 1,9! Oder das sie das fliegen fast so sehr liebt, wie ich die Sterne?“
    „Nein, wusste ich nicht. Sie scheint ja sehr begabt zu sein, Sir.“
    „Das ist sie... Und all das, was sie hier sehen, verdanke ihrem Einsatz, mich zu retten.“
    Er hielt noch immer das Glas in der Hand.
    „Wissen sie, was eine Flasche dieses alkoholfreien Whiskeys kostet und warum ich diesen überhaupt trinke?“
    Callhan schüttelte den Kopf: „Nein, tut mir leid.“
    „430 Credtis die Flasche und ich trinke ihn, weil ich es ihr schuldig bin. Ich habe es ihr versprochen.“
    Jim wurde ruhig. Er stellte das Glas ab und suchte wieder einen Punkt außerhalb des Schiffes, den er fixieren konnte. Callhan verstand, dass er allein sein wollte. Er war ihr dankbar fürs zuhören. Jim wusste es nur nicht. Daina schon. Es tat jedem Menschen gut, sich auszusprechen.
    „Weil ich es ihr schuldig bin.“, wiederholte er leicht flüsternd.
    „...schuldig...“
    Den Blick nicht vom Fenster genommen, stand er langsam auf und tätschelte nach seinem Whiskey. Er gönnte sich nochmals einen Schluck.
    „Weil ich es ihr schuldig bin!“, fing er an zu brüllen.
    Das Glas zersprang in tausende Scherben, als es das undurchdringliche Sicherheitsglas der Scharons Desire versuchte erfolglos zu durchdringen. Jim warf es voller Wut dagegen. Tränen füllten seine Augen und ein leises Schluchzen den Rest des Schiffes.

    ---> Die Citadel: Das Präsidium
    Geändert von James Herlock (10.08.2012 um 21:09 Uhr)


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