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  1. #61
    ME FRPG only Avatar von ME-NPC 1
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    Name: Oliver Williams/Frank Schneiderholm
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    Die Schritte eines einzelnen Mannes waren das einzige, die diesen Abschnitt des Zellentraktes mit Leben füllten. Wie ein einsames Glühwürmchen kämpfte das Licht des Streichholzes gegen die übermächtige Dunkelheit an, durch die diese Gestalt alleine ging und sich dabei immer wieder umsah. Nicht hektisch oder nervös, sondern eher neugierig und nach etwas bestimmten suchend. Wie ein Forscher, der ein Archiv auf der Suche nach Antworten durchwühlte, einzig und allein geleitet von dieser kleinen Funzel in seiner Hand, die kaum genug Licht spendete, um die eigenen Stiefel zu sehen. Dann, als ob ihn eine Eingebung gepackt hätte, blieb er stehen. Er wusste, dass er auf dem richtigen Weg war. Woher? Ungewiss, doch daran verschwendete er auch keinen Gedanken. Er hob vielmehr das Streichholz an und starrte auf das, was sich vor ihm auftat: eine gigantische Türe, die einen Durchmesser von mindestens eineinhalb Manneshöhen hatte und die ein einziges Zeichen zeigte, das mit einer nicht näher spezifizierten Flüssigkeit darauf geschmiert worden war: Theta, der achte Buchstabe des griechischen Alphabets. Als er sie über das beinahe zerstörte Terminal öffnete, tat sich dahinter ein sehr kleiner Korridor auf, der vielleicht ein Dutzend Zellen beinhaltete. Sie alle waren leer und der Boden, sowie die Wände waren blutverschmiert oder mit irgendwelchen wirren Phrasen verziert, doch Leichen waren keine zu sehen. Als er den ersten Schritt über die Schwelle tat und die Stiefelabsätze geräuschvoll auf das Metall trafen, durchzuckte ein einzelner Puls den Raum und es war, als ob sich etwas darin regte. Ein Geräusch erklang, so kurz und unbestimmt, dass er keinen Ursprung dafür vor seinem inneren Auge finden konnte. Ihm lief ein Schauer den Rücken hinunter, den er so noch nie gespürt hatte. Ihm war, als ob die Temperatur in diesem Raum wesentlich kühler war, als draußen und die Luft auch anders zusammengesetzt war. Sie fühlte sich… leerer an. Ihr fehlte der Charakter von Schweiß, von Speichel, von Lärm, von Hitze, kurz von Leben, den es im Rest des Schiffes und vor allem im Zellentrakt davor dank des revolutionären Chaos gegeben hatte. Hier, in diesem Abschnitt war es fast so, als ob sämtliches Leben entrissen wurde. Als ob Gevatter Tod selbst hier am Werke gewesen wäre und diese Kälte die Überreste seines Wirkens waren.

    Zögerlich und nachdem er den Ersteindruck des Raumes auf sich wirken gelassen hatte, betrat der Mann auch mit dem zweiten Fuß den Raum und sah sich um. Die Zellentüren waren alle entriegelt, die meisten sperrangelweit offen, ein paar gerade so weit geöffnet, um die dahinter hausende Gestalt in die süße Freiheit entlassen zu können. Sie alle waren völlig dunkel – alle, bis auf jene, die direkt gegenüber der Eingangstür lag und deren Tür nur einen Spalt breit offen war, um gerade so einen einzelnen Lichtstrahl hinaus in den Korridor zu schicken. Langsam und vorsichtig bewegte er sich auf das Licht zu. Der Raum war so gespenstisch still und doch lag da etwas in der Luft. Eine Art Hintergrundrauschen, das sich anhörte wie leises Geflüster tausender Stimmen, doch es war so Leise, dass es auch nur eine Vermutung sein könnte; ein Trick seines wirren und müden Geistes, um mit der vertrauten Fremde des Raumes fertig zu werden. Das Rauschen wurde mit jedem Schritt lauter, den er näher zu der geöffneten Tür kam. Es wurde immer unerträglicher, bis ihm schließlich der Schweiß auf der Stirn stand und er sich mit einer Hand die pochende Schläfe hielt. Sein Kopf dröhnte, doch er ging weiter. In Armreichweite zur Tür war es schließlich so grauenhaft, so verstörend, dass er nicht mehr klar sehen konnte und es ihm so vorkam, als ob seine Augen hinter einem diffusen Schleier aus dunklen Rauchschwaden verhüllt waren. Er stolperte und hielt sich gerade noch an der Türe fest, um einen unangenehmen Sturz zu verhindern. In jenem Moment, als seine Hand den kalten Stahl berührte, verschwand das Rauschen im Zuge eines einzigen Wimpernschlags und verwirrt richtete sich der gebeugte Mann wieder auf. Wo war er?
    Er zog an der Tür, die sich mit einem lauten Quietschen öffnen ließ und dahinter kam ein gänzlich weißer Raum zum Vorschein, dessen Sauberkeit keinen deutlicheren Kontrast zum Rest des Schiffes bilden konnte. Sie war gänzlich leer und in ihr stand nur eine einzelne Person. Es war das mysteriöse Mädchen, das der Mann bereits einmal getroffen hatte. Ihr Haar trug sie nun offen, sodass es in langen Strähnen an ihr herabfiel. Endlich hatte er sie gefunden. Obwohl er nicht wusste, wer sie war oder wie sie hieß, so huschte ein Lächeln über seine Lippen; unterbewusst und auch ein klein wenig zu seiner Verwunderung, wieso er ob ihres Anblicks so reagierte. Diesen Vorgang schien sie auch in seinem Gesicht deuten zu können und so kam es, dass ihr Lächeln zu einem nicht unbedeutenden Teil durch Trauer und vielleicht sogar so etwas wie Enttäuschung getrübt wurde.
    „Du bist gekommen“, sagte sie leise, die Arme vor der Brust verschränkt.
    „Ich hatte keine Wahl“, erwiderte der Mann, doch warum er genau das sagte, wusste er nicht so genau. Es kam ihm vor, als ob er eigentlich etwas anderes hätte sagen sollen, wie ein Schauspieler, der den falschen Text gelernt hatte.
    „Ich hatte Angst, du würdest mich nicht finden. Ich hatte Angst, er wäre schon zu tief in deinem Kopf drinnen.“
    „Was redest du da?“
    Sie seufzte und drehte sich zu der Wand hinter ihr um. Ein paar Wörter waren darauf geschrieben, sowie zwei Zeichnungen. Waren sie schon die ganze Zeit dort gewesen?
    „Es ist also schon schlimmer, als ich gedacht hatte“, flüsterte sie und betrachtete das Gekritzel an der Wand nachdenklich, ehe sie sich wieder umdrehte, „aber ich bin mir sicher wir kriegen dich wieder ganz.“
    Sie lächelte. Er zuckte. Ihr Lächeln versteinerte sich und erstarb dann. Während sie die Stirn runzelte und sich fragte, was los sei, überkam es ihn für einen Moment. Es war ein kurzer Moment, aber er war da. Für den Bruchteil einer Sekunde hielt er ihn in den Händen, wie einen glitschigen Fisch, der sich regte und wehrte gegen den Fischer, bevor er seinem Griff wieder entkam und zurückfand in die rettende See. Ein Lichtblitz tat sich auf und Gelächter war zu hören. Nur kurz und gerade so laut, dass man den Swing, der das Gelächter begleitete, hören konnte. Zögerlich griff er in die Innentasche seiner Jacke und holte etwas hervor, worauf er seit seiner Verwundung stets mit einer nachdenklichen Melancholie gestarrt hatte. Es war das Foto. Er betrachtete es jetzt genauer und aus einem anderen Blickwinkel. Die Frau vor ihm erkannte er als eine der Personen darauf. Verwirrt blickte er auf und als sie das Foto ebenfalls erkannte, lächelte sie, kam näher und strich für einen Moment nachdenklich darüber.
    „Du hast es also noch behalten… schön.“
    „Wer bist du?“, fragte er verwirrt, doch sie fand als Antwort nur ein tröstendes Lächeln, das nicht mehr war, als eine Änderung der Mundwinkel.
    „Das kannst du nur alleine herausfinden“, erwiderte sie, „ich kann dir die Richtung nur deuten. Gehen musst du selbst.“
    Er sah sie verwirrt an und verlor sich dabei in ihren Augen, die ihn wie schon zuvor in den Bann zogen. Als ob er die Antwort auf seine Fragen in ihnen finden würde, doch so kam es leider nicht. Ihm fiel vielmehr das Gekritzel an der Wand hinter ihr auf.
    „Was meintest du damit, als du sagtest, er sei schon zu tief in meinem Kopf? Wer soll das sein?“
    „Du weiß, wen ich meine. Es ist Er, dessen Namen wir nicht aussprechen wollen. Nicht mehr, nachdem er uns das angetan hat.“
    „Ich verstehe nicht.“
    „Ich weiß. Das will Er auch. Aber du wirst bald verstehen. Ich weiß es. Ich vertraue dir. Wie ich dir schon immer vertraut habe.“
    Der Mann grübelte einen Moment. Sie konnte nur den Doktor meinen und er wühlte in seinem Gedächtnis nach Dingen, die er getan haben könnte. Natürlich, die Gespräche mit ihm waren anstrengend und meist war er dabei nicht er selbst, doch war niemals Gewalt im Spiel gewesen. Hatte er ihm etwas verheimlicht? Sofort begann er ihn zu hassen und zu misstrauen. Er hatte ihn getäuscht und vermutlich noch ganz andere Dinge. Er musste ihn finden, diesen Xavier. Plötzlich tat es einen Knall und der ganze Raum bebte. Ein ohrenbetäubendes Brummen erklang und der Mann ging in die Knie, stöhnend und schreiend.
    „Du musst aufhören!“, schrie das Mädchen, „denke Ihn nicht mehr!“
    Doch das Brummen wollte nicht aufhören. Es kam in Schüben, immer und immer wieder. Ein Halbtakt des Schmerzes. Nach einigen Momenten legte sich der Schmerz wieder, doch gerade so viel, dass er wieder klar denken konnte und ihre Worte verstand, ohne dass ihr Geschrei dazu notwendig war. Das Pulsieren seines Hinterkopfes, dort wo die hässliche Narbe war, vernebelte dennoch seine Gedanken und sie schnalzte mit der Zunge.
    „Dafür wird Er büßen. Wir werden dafür sorgen. Doch du musst jetzt gehen.“
    Er wollte sie gerade fragen, weshalb, als eine Detonation alles erschütterte und mit ihr auch das rhythmische Brummen wieder kam. Ein erstickter Schrei entkam seiner Kehle.
    „Geh jetzt wieder zurück und denke immer daran, wenn du unten bist: du musst mich finden. Hörst du? Finde. Mich. Alles andere ist unwichtig.“
    „Komm… mit mir“, brach es aus ihm heraus, als er es geschafft hatte, sich aufzurichten, doch sie schüttelte nur sanft den Kopf.
    „Ich nehme einen anderen Weg nach unten“, sagte sie, „aber ein Teil von mir ist immer bei dir, vergiss das niemals.“
    Er schüttelte den Kopf und brabbelte zwischen den vor Schmerz zusammen gekniffenen Zähnen etwas hervor, das sich so anhörte, als ob er sie von diesem Ort nicht alleine gehen lassen würde. Sie lächelte wieder so zauberhaft und gutmütig, wie sie es immer tat, wenn sie mit ihm sprach und merkte, dass er mehr im Dunkeln tappte als sie das offensichtlich tat. Sanft lehnte sie sich nach einem Moment nach vorne, sodass ihre Lippen direkt neben seinem Ohr lagen und sein Blick wieder auf die Wand freigelegt war, auf der nunmehr zwei einzelne Worte standen.
    „Ave Maria.“

    Quasi unmittelbar, nachdem sie diese Worte ausgesprochen hatte, erschütterte es erneut das Schiff und es schleuderte ihn rabiat umher, als ob er einen kräftigen Haken kassiert hatte, sodass er auf die Knie fiel und sich mit den Händen auf dem Boden abstützen musste. Keuchend nach Luft ringend sog er die Luft des Zellentraktes ein. Nach ein paar Augenblicken hatte er sich gefangen und festgestellt, dass er sich nicht mehr in der Zelle befand, sondern in dem Korridor davor, die große Theta-Pforte noch immer geöffnet.
    „Lauf.“
    Es war eine Stimme ohne Gesicht, die sich aus seinem tiefsten Inneren meldete und ihm diesen simplen, eindeutigen Befehl gab. Schlagartig beruhigte sich seine Atmung und Frank erhob sich, um ohne zu zögern loszulaufen. Bevor er die Pforte passierte, kam er jedoch nicht umhin, noch einen Blick zurück zur Zelle zu werfen.

    Sie war geschlossen.

  2. #62
    ME-FRPG Avatar von Ikarus Vanderlyle
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    Schneller als gedacht, brutaler als befürchtet. Der Anschlag der Allianz-Raketen versetzte die Asylum innerhalb weniger Minuten in anhaltende explosive Starre; es wurde zerrissen in seine Einzelteile, das Feuer und der Tod des Alls gleichermaßen drohten zur größten Gefahr aller an Bord zu werden. Es waren nur zwei Schiffe, die im Umkreis patrouilliert hatten, aber der Funkspruch des Navigators reichte aus, um das Urteil der Asylum zu besiegeln. Für die Warlords würde es kein Durchkommen, keine Ankunft auf dem Tharkad geben, nicht auf einem intakten Schiff. Nahezu im selben Moment der Durchsage, als der Captain noch davor warnte zu fliehen, brach ein Ansturm auf die Rettungskapseln aus. Von denen gab es viele, denn in weiser Voraussicht hatten die finsteren Mächte hinter den Patienten eine solche Exit-Strategie als beinahe unvermeidbaren Plan B etabliert. Schließlich wussten auch sie, dass der eigentliche Plan, so ambitioniert er sich auch präsentierte, wohl immer an der Realität scheitern musste. Ja, gar nicht anders konnte als zu scheitern.

    Während die Heerschar an Irren der Asylum und Crew der Asylum gleichermaßen gen Kapseln strömte und somit sich die Zeit und die damit verbundenen Überlebenschancen für Vanderlyle unweigerlich drastisch rasch verringerte, sprintete der Mann unbeirrt durch den Gefangenentrakt. Sicherlich tat ihm noch die Hüfte weh, der innere Schmerz verschwand nur langsam. Die Rippen waren immer noch so irgendwie zerquetscht? Ach, selbst die Sohlen auf den Füßen maulten bei jedem zweiten Schritt. Aber hier ging es ums Überleben. Da konnte er den Schmerz, allen Schmerz, unterdrücken so viel er wollte. Er würde durchbeißen und presste die Zähne zusammen und rannte schneller.

    Er wollte Frank suchen, das wollte er wirklich. Aber die Zeit war zu gering, die Chancen verschwanden. Doch wiederrum musste er Frank nicht einmal suchen. Die zwei waren für einander bestimmt, schien es, als Vanderlyle andere Schritte vernahm. Wider seines besseren Gewissens hielt er an und versuchte sie zu lokalisieren. Würde es Frank sein, könnte sie zusammen fliehen. Das war er dem armen Tropf schuldig; quit pro quo. Frank hatte ihm das Leben gerettet. Mit einem Seufzen rannte er eine falsche Abzweigung entlang, unter dem tosenden Lärm drang nun bereits Feuer in den Gefangenentrakt als eine Explosion das vordere Ende des Trakts zerriss. Wild gewordenes Rumpeln machte es schwer die Balance zu halten, wenn man rannte, aber: Glück für Vanderlyle, es war nicht das erste Mal, dass er von einem sterbenden Raumschiff fliehen musste. Nicht einmal in diesem Jahr um genau zu sein.

    „Frank!“, schrie er seinem Leidensgenossen zu. Da lief der Mann, beeindruckt von der Explosion hatte er wohl die Richtung geändert. Er konnte durch die Dunkelheit nicht Franks Gesichtszüge deuten, aber die Kontur sprach klar, der Mann war froh ihn zu sehen. Er winkte Frank herbei und checkte sein Omni-Tool noch mal; „Wir müssen hier entlang“, er deutete auf das vordere Ende des Trakts. Auf Franks fragenden und dann bald ablehnenden Blick, bestätigte Vanderlyle die Vermutung seines Gegenübers: „Ja, genau… durch das Feuer. Wir schaffen das, komm jetzt!“ Ohne groß weiter reden zu schwingen, sprintete er los. Die Luft wurde langsam dünn zum Atmen hier unten, eventuell ein Leck irgendwo. Wie sollte sich erst Frank fühlen. Er drehte den Kopf und sah ihn an. „Gut, dass du noch lebst… jetzt heißt es vom Kahn runterzukommen…“ Nur um auf dem Tharkad dann ums Überleben zu kämpfen…

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  3. #63
    ME FRPG only Avatar von ME-NPC 1
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    Mit einem beherzten Satz schwang sich Frank durch die Flammen, die an seiner Uniform leckten und ihm den Schweiß auf die Stirn trieben. Überall brannte es und das reinste Chaos herrschte im Lager. Eigentlich war das der Moment, um die Freiheit zu ergreifen und zurück zur Einheit zu stoßen, dachte sich Frank und warf einen prüfenden Blick zu Herrn Vanderlyle, seinem Begleiter. Er entschied sich dagegen, irgendwelche Spielchen zu spielen. Er genoss die Gesellschaft irgendwie sogar. Herr Vanderlyle war ein außergewöhnlicher Sowjet, vielleicht sogar gar kein Russe. Der Name klang nicht so. Stalin hätte ihn auch in irgendeiner Spelunke aufgreifen können, diesen Mann, ihn in die Lumpen seiner Armee schmeißen und dann ab an die Front.
    „Gut, dass du noch lebst… jetzt heißt es vom Kahn runterzukommen…“
    „Gleichfalls“, erwiderte Frank und meinte es ehrlich. Inmitten dieser Vorhölle, die die Wachen in ihrem Jargon wohl als Kahn bezeichneten, ein freundliches Gesicht zu sehen, eines auf welches man sich verlassen konnte, das war viel wert.
    „Wie machen wir jetzt weiter?“, fragte der Offizier und richtete sich die Schirmmütze, „riskieren wir den Weg zum Fuhrpark? Wir könnten einen eurer LKW stehlen, damit sind wir schneller unterwegs.“

  4. #64
    ME-FRPG Avatar von Ikarus Vanderlyle
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    "Ja äh.." Seufzen. Augenrollen. Okay, dann halt eben so: "Genau dorthin wollen wir. In den Fuhrpark." Herr je, Vanderlyle konnte durch das Fegefeuer watten und trotzdem konnte er noch die Zeit aufbringen, Frank bisschen mit sarkastischer Aussprache zu irritieren. Aber natürlich hatte Frank recht, auch wenn er es wie ein unbelehrbarer Schüler nicht faktisch richtig im Test angab. Fuhrpark meinte er ein Fluchtshuttle und ein Fluchtshuttle war hier zwar bestimmt nicht mehr erreichbar für die zwei Typen, aber Notfallkapsel, das ginge sich wohl aus.

    Vorraugesetzt, sie beeilten sich.

    Ohne groß zu zögern oder weiter zu tratschen, wussten beide dass es Zeit war zu sprinten und zu hüpfen, auszuweichen und Mut zu beweisen. Der runkelnde Kahn Asylum war ihm untergehen begriffen, eine weitere Salve der Allianz traf das Schiff und alles drehte sich für einen kurzen Moment. Vanderlyle verlor die Bodenhaftung, schlug gegen die Wand an. Beide richteten sich aber auf im ersten Augenblick der sich ihnen bot; sie wussten, es ging ums Überleben. Wann würde dann die Schwerkraft aussetzen, wann drehte sich das Schiff gefährlich und manipulierte ihre Wahrnehmungen?

    Ikarus und Frank waren schnell und so entkamen sie dem Gefangenentrakt in berauschender Manier; angefeuert von ihrer eigenen Leistung war auch das Fegefeuer kurz darauf, nichts was sie abschreckte. Der vorherige Bereich, in dem Vanderlyle so übel aufs Maul bekam von dem Biotiker Raven und Frank für einen der Irren gehalten wurde, stand nun komplett unter Flammen. Explosionen hatten offensichtlich alles zerrissen, was jemals von Nutzen war, das Flammenmeer wurde lediglich dadurch aufgehalten, dass der Torbereich aus dem sie kamen widerspenstig und alleine auf weiter Flur, fleißig seine Feuerlöscher betrieb. So regnete es nun auf sie hinab, während die lodernden Flammen eine Symbolik des Fegefeuers erzeugten, durch welches sie nun watten und schreiten mussten. "Mach deine Kleidung ganz nass!", forderte Ikarus Frank auf und ließ sich selbst keine Zeit groß nachzudenken. Sie musste durch das Feuer hier hindurch, auf die andere Seite... keiner sah das Ende von ihnen, aber es galt zu beten, dass es den eines gab. Es musste eines geben.

    Als Ikarus nass genug war, blickte er Frank ein letztes Mal an. Er gab ihm einen gut gemeinten Klaps auf die Schulter. Mit den Worten "Man sieht sich auf der anderen Seite", verschwand er in der höchsten Stichflamme des Schiffes.

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  5. #65
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    „Man sieht sich auf der anderen Seite.“
    Mit diesen Worten verabschiedete sich Herr Vanderlyle von Frank, um dann im Flammenmeer zu versinken. Er schluckte. Der Wachsoldat verfügte über einen hochwertigen Schutzanzug, während er nur seine Uniform hatte, deren Stoff sich langsam mit dem Wasser der Löschanlage vollsog. Innerlich betete er, das Foto würde nicht in Mitleidenschaft gezogen werden und bevor er sich ebenfalls daran wagte, durch die leckenden Flammenzungen zu waten, holte er ein Taschentuch aus Stoff hervor, das er ebenfalls im Wasser tränkte und sich um den Mund band.
    „Gott stehe mir bei“, flüsterte er und stolperte los, sprang über Trümmerteile, Leichen und andere Dinge, deren Form er nicht erkannte, die allerdings das Feuer schürten. Die Hitze schlug ihm ins Gesicht, brannte auf der Haut und machte das Atmen schwer. Frank hustete und torkelte weiter durch das Flammenmeer wie ein betrunkener Landser auf dem Weg zurück zur Stube. Das nasse Tuch vor seinem Mund bewirkte fast nichts, nahm der rauchigen Luft nur ein klein wenig von ihrer bissigen Schärfe, doch gab ihr nicht den ersehnten Sauerstoffgehalt, nach dem seine Lungenflügel so flehend verlangten. Ihm wurde dunkel vor Augen und wieder stolperte der Offizier.
    „Nach rechts“, hörte er und sah verwirrt auf, das nasse Tuch über Mund und Nase gepresst. Wer war das? Er kniff die Augen zusammen und schüttelte den Kopf, in der Hoffnung, das eigene Sichtfeld wieder etwas zu klären. Vor ihm stand eine kleine Gestalt inmitten der Flammen, völlig unbeeindruckt von ihnen. War sie wirklich da? Stand sie in den Flammen oder war sie dahinter, unter dem schützenden Schirm der Sprinkleranlage, die sich dort befand? Er hustete erneut. Es war das Mädchen, das er im Zellentrakt gesehen hatte. Sie zeigte nach rechts und Frank sah dort nichts außer Flammen, die in die Luft schlugen.
    „Schnell!“
    Er gehorchte. Zu mehr war sein vernebelter Geist nicht mehr fähig. Er stolperte und fiel beinahe hin, konnte sich gerade noch fangen, ehe ihn eine Hand ergriff und zu sich zog. Es war Herr Vanderlyle, der ihn irgendetwas fragte, vermutlich ob alles in Ordnung war, und Frank nickte zögerlich.
    „Ja, es ist nur… ich habe da…“, er wandte den Blick ab, zurück zu der Stelle, wo er das Mädchen gesehen hatte, doch sie war weg. Hinfort gegangen in die Dunkelheit, die der Gang hinter den Flammen preisgab.
    Herr Vanderlyle gab ihm zu verstehen, dass sie weiter mussten. Die Rettungskapseln waren nicht mehr weit. Inmitten der Hölle schmunzelte Frank darüber, was für lustige Namen die Russen ihren Lastwägen gaben.

  6. #66
    ME-FRPG Avatar von Ikarus Vanderlyle
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    Als er drei Schritte dort drinnen war, schon tief gefangen im berstenden Feuer, war sein Gedanke bloß so: Fuck fuck fuck...

    Zugegeben, er hätte den Mantel Frank geben sollen oder eventuell seinem Begleiter versichern, er würde zurückkommen mit einem Feuerlöscher und paar Keksen. Aber ihnen lief die Zeit davon, wenn sie hier heil raus kommen wollte. So hüpfte er in die Stichflamme hinein. Am ganzen Körper nass. Ein nasser Boxsack. Hier um vom Feuer gebruzelt zu werden. Augenblicklich taten ihm die Augen weh trotz Visier; das Licht griff unter der Haube an, der Rauch drang tief in die Kehle trotz Schutzmaske...
    So sprintete er durch die Flammen, seine Hände schützend vor das Gesicht haltend. Er war nass, sein Mantel war nass und beide fingen sie Feuer; das Brennen wurde dadurch einigermaßen gelindert. Auch war er schnell, ließ die Flammen nicht nach ihm greifen. So gingen viele ins Leere, versinkten unter der Geschwindigkeit seines Laufes um die Zeit und ums Überleben. Alle griffen sie nach ihm, keiner konnte ihn fassen. Nicht dass er nicht trotzdem den Schmerz spürte, aber die ersten paar Schritte hier hinein und die nächsten paar, das wurde alles irgendwie erträglich.. und so schöpfte er bald Mut, das Ziel zu sehen. Um hier lebend rauszukommen. Zuerst aus den Flammen. Dann von der Asylum. Zuguterletzt, aus diesem verdammten scheiß System...

    Er hielt sich gerade aus, schnurstracks. Er war sogar so determiniert nicht an die Seite abzuweichen, er sprang über Rohre, Leichen und Gewehre. Ihm blieb keine Zeit um all die Eindrücke aufzunehmen; wie viele Tote hier lagen, wie viele seiner Crew wohl darunter waren... wie viele unschuldige Seelen dem Wahnsinn anheim fielen und hier und heute ihr Leben ließen. Auch er gehörte zu jenen, die den Tod hier verteilten als handelte es sich hierbei um Gegner in einem Krieg. Dies waren keine feindliche Soldaten. Kein Auftrag. Sinnloser Mord war es Ikarus, und dafür hättest du in der Hölle schmorren sollen statt hier durch ein seichtes Flammenmeer zu sprinten.

    Der Schmerz fasste ihn kurz vor Ende des Bereiches. Er hatte es rausgeschafft! Hatte sich nicht verirrt in einer der Nebengassen oder Zellen. Wie ein Dressur-Pferd hüpfte er mit einem großen Satz durch die letzte Flamme hindurch, vorbei an das Tor. Auf eisigem Boden kam er auf, genügend Feuerlöschermaterial wurde hier verteilt um die Flammen zu stoppen. Von wem, möglicherweise die Irren selbst. Man brauchte nur einen mit Verstand, dachte er sich und rekelte sich in der weißen Suppe. Wie Balsam wirkte das Ding durch seine Kleidung hindurch. Er roch und hörte wie er noch leicht nachbrannte und hier dampfte. Wild dampfte. Aber Moment, er konnte sich nicht ausruhen. Auch wenn er kurz in einen Sekundenschlaf gefallen war. Mit einer selbstauferlegten Ohrfeige holte er sich zurück und sprang auf; er legte seinen Mantel ab und füllte ihn mit dem kühlen Schaum. "Frank! Frank!", schrie er in die Flammen hinein. Doch fürs Erste sah er nichts.

    Erst als eine Kontur zu sehen war, wie sie die Richtung änderte und bald in seine Nähe kam, war er erleichtert, dass der Mann es schaffen würde. Er musste es schaffen. Vom Feuer zerfressen werden, war keine Art zu sterben für Leute wie sie. Durch die orange Wand flackerten immer wieder kleine offene Stellen, wenn er Glück hatte, erkannte er dann Frank. Wie er litt, der Arme. Kurz vor dem Ausstieg schien er dann noch mehr zu leiden, war dabei hinzufallen. Vanderlyle wäre jetzt losgerannt und hätte ihn hundert Meter weit geschleppt, aber es reichte nur ein paar Sätze rein zu machen und ihn rauszuziehen. Mit geballter Kraft. Sie hatten es beide geschafft.

    Er legte seinen Mantel um Frank. Der Arme trug Brandnarben im Gesicht. Augenblicklich holte Vanderlyle eine Tube Medi-Gel raus und schmierte sie ihm aufs Gesicht und auf die Hände. "Das sollte helfen." Es dauerte nicht mehr als eine Minute, aber die musste man sich gönnen. Solche Dinge gehörten frisch behandelt, dann hatte man eine Chance dauerhaften Schaden fürs Erste zu limitieren. Für alle ernstere Dinge brauchte es ohnehin einen Arzt. Apropos, Arzt, dachte sich Vanderlyle. Was wohl mit Doktor Xaver los war. Als Frank mit dem Keuchhusten fertig war, um seine Hals und seine Lunge wieder zu reinigen, rannten sie weiter.

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  7. #67
    ME-FRPG Avatar von Ikarus Vanderlyle
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    Zügig kamen sie voran. Meistens war Vanderlyle vorne, bewegte sich vorwärts in einer Mischung aus Joggen und Schleichen und Intervall-Sprints. Die Asylum bebte am ganzen Leib und man musste vorsichtig sein, die Balance, Orientierung und sein Leben zu behalten. Noch waren sie guter Dinge die Rettungskapseln zu erreichen, irgendwie. Die Korridore knarzten unter dem Druck des Weltraums unterdessen im unteren Bauch der Asylum, eine weitere Salve der Allianz sorgte für die Zersprengung des Zellentrakts. Die einfache Schiffs-AI spie Warnung, Warnung aus. Asylum unter Beschuss. Gähnender Tod durchzog den Zellentrakt und riss alles aus der Verankerung des Schiffs. Sie waren gerade noch um ein paar Minuten entkommen. Mehr Vorsprung hatten sie ohnehin nie gehabt.

    Vanderlyle kannte zum Glück den Weg gut genug, um sie zu navigieren. 2-3 tote Wachsoldaten waren ihnen auf dem Weg begegnet, einer aufgespießt von der Aslyum selbst. Die anderen entstellt von den Insassen des Schiffs. So oder so, die Asylum fand Wege an diesem Tag, ihren Blutzoll im Untergang zu fordern. Kurz darauf vernahm Vanderlyle Schüsse; ob sonst noch etwas zu hören war, konnte man durch den Lärm des Schiffs schwer sagen. Er wollte Frank deuten, er solle hier warten, aber sein Companion wäre schön blöd hier zu bleiben. Also winkte er Frank bloß herbei. "Das ist meine Shotgun!", schrie er Frank zu, während eine weitere Salve die Hälfte seiner Wörter schluckte.

    Er ließ Frank keine Zeit Einspruch zu erheben, stattdessen öffnete er bloß die angrenzende Tür: Es war ein Eintritt in den Wartungsbereich der Asylum. Nicht, denn den Vanderlyle bevorzugt hätte, schließlich hatte er schon vermutet, dass diese Bereich überrannt sein würden. Doch hier waren sie, nur Leichen der Insassen. Die wacker die Stellung stürmten, und der Reihe nach starben. Sein Omni-Tool piepste und gab damit zu erkennen, dass seine Waffen tatsächlich in der Nähe waren. "Frank, hier geht es in den hinteren Schiffsbereich.. Wartungstunnels, Maschinenraum, Shuttlebucht.. Notfallkapseln." Der Mann nickte und verstand was auch er immer darunter verstehen wollte. Vermutlich, das hier der Fuhrpark und die Benzintanks.

    Es war ein breiträumiger Korridor, zahlreiche Leichen am Boden. Dazu noch eine letzte Figur, die wacker atmete und den Bereich sauber hielt. Ihn beschützte. "Argh, ihr Bastarde..." zischte sie. Es war der Oberwärter und er hatte die Asylum zumindest an diesem Punkt wohl sicher gehalten. An anderen Checkpoints in den Wartungsbereich waren die Insassen wohl durchgebrochen und schon auf dem Vormarsch in den Wartungsbereich. Vanderlyle schritt zu ihm. Der Mann tat so als würde er mit der Shotgun auf ihn schießen, aber die Thermoclips waren alle... Click, Click... Unter der Blutmasse und den Wunden erkannte er bloß noch die Konturen. Ein Insasse lag auf dem Oberwärter, dessen Gehirnmasse auf dem Gesicht des Wärters verteilt. "Verdammte Schweine", raunzte er. "Dann bringt es halt zu Ende!"

    "Ich bin es", sinnierte Vanderlyle und nahm ihm die Shotgun aus der Hand. Seine Shotgun. In der näheren Umgebung lagen auch noch die anderen beiden Waffen herum, Frank brachte sie ihm. Jetzt war er wieder männlich ausgestattet. Zwar hatte Ikarus den Mantel nicht mehr an, der war noch umschlungen um Frank, aber seine Abenteuerer-Kleidung war trotzdem für den Oberwärter ein unvertrauter Anblick.
    "Aha." Vanderlyle wischte ihm die Gehirnmasse vom Gesicht. "Aaah... ist wohl bisschen nützlicher als unsere Schlagstöcke und die billige Allzweckskleidung..." Der Oberwärter hustete schwer, er rang mit dem Leben und war kurz vor dem Sterben. "Vanderlyle, was ist da unten passiert?"
    "Der alte Captain", begann er nach kurzem Überlegen. "Und eine ganze Meute an Warlords. Cohortis Exscartio. Scheinbar war die Asylum schon länger eine Rekrutierungsmaschine für den Tharkad, nun da die Meuterei vor einiger Zeit stattfand, sahen sich die Warlords gezwungen, die Asylum ein letztes Mal für ihre Zwecke zu missbrauchen."
    "Im großen Stil", witztelte er dann und fügte hinzu: "Vanderlyle, die haben eine Bombe oder so etwas mit sich. Halte sie auf. Die werden probieren mit dem einzigen Shuttle abzuhauen. Halte sie auf."
    Er war irritiert. Von einer Bombe hatte er nichts gesehen, aber möglicherweise war sie an einem anderen Ort als im Zellentrakt untergebracht. Erneut dachte er an den möglichen Maulwurf. Bald schwammte es ihm aber, dass schlichweg die Inkompetenz der Crew ausschlaggebend war. Das waren weder Soldaten noch Söldner, keine erfahreren Trupps, sondern gelangweilte Wärter und Techniker. Eine unmotivierte, inspirationslose Crew, die nie eine Chance gegen die Killer der Asylum hatte. Er erinnerte sich daran, wie leicht die Crew im ersten Schritt betäubt wurde. Paar Pillen in die Kaffeemaschine. Schon dösten sie alle weg.

    "Eine Bombe also", wiederholte Vanderlyle und sah kurz zu Frank. Das klang nach Untergang. Eventuell müssten sie sich trennen, aber dann sollte zumindest Frank noch eine Chance haben von diesem Kahn runterzukommen, bevor er als Weltraumfriedhof verendete. "Haben die eigentlich an etwas nicht gedacht?!" Aber natürlich. Es war die letzte große Aktion der Asylum. Wohl war es immer als solches von ihnen geplant gewesen. Warum sollten sie es nicht probieren, eine Bombe auf den Tharkad zu schmuggeln. Hop oder Flop. Entweder sie gewannen im großen Stil oder gingen gleich unter. Wenn man gegen die Allianz antrat, gab es für solche Leute keine halben Sachen. Was lustig ist, denn für Vanderlyle war die Allianz immer das Idealbeispiel für eine halbe Sache.

    "Vanderlyle...", räusperte sich der Mann. "Der Geschäftsführer und der Navigator, die... ich wusste nicht, dass sie den alten Captain noch an Bord hatten." Nun waren sie also dort angelangt, er griff nach der Hand des Oberwärters. Die letzten Worte. Es lag in der Luft. Sogar Frank trat ein paar Schritte näher. "Die wollten ihn wohl verkaufen. An die Warlords. Und sind sauber in eine Falle getappt. Ich wusste von nichts. Oje, ich hab' so dermaßen versagt..."
    "Nein, nein... keinesfalls. Schau dir den Berg dort an.. du hast alles gegeben. Hättest nicht mehr tun können.."
    "Ich hab probiert, meinen Fehler zu korrigieren... hehe.. bin mit Teilen der Crew, Elena, dem Doc aufgebrochen.. und dann hier die Stellung gehalten. Der Captain ist zuerst zu der Brücke vorgestoßen, dadurch hatten wir ein wenig Zeit.. Hat dort die Brücke belagert, vielleicht halten sie noch Stand, vielleicht sind sie schon.."
    "Du wusstest, dass ihr keine Chance hattet. Das war die richtige Entscheidung." Sein Herz flammte kurz auf, als er hörte dass Elena wohl noch am Leben war. Oder die entfernte Chance bestand. Ebenso ging es vielleicht Frank, aus anderen Gründen, als er vom Doktor hörte. Von dem her, wenn Elena dadurch überlebte, war es immer die richtige Entscheidung.
    Der Oberwärter nickte noch schwach, dann fielen ihm die Augen zu. Noch einige wenige Atemzüge und es würden keine mehr folgen. Im tosenden Krawall der Asylum war dem Oberwärter ein stiller Tod vergönnt.

    Nach ein paar Sekunden des Sich-Sammelns griff Vanderlyle nach dem Omni-Tool des Mannes, er kopierte rasch alle Dateien. Aber vor allem interessierte ihn die Kommunikationseinheit. Er erhoffte sich dadurch später Kontakt zu den anderen Crewmitgliedern herstellen zu können. Er selbst hatte es leider.. äh runtergelöscht. Zu viel Gruppenchatkommunikation für seinen Geschmack. Jedenfalls hatte er sie jetzt wieder. Schnell eine Minute verschwendet. Er richtete sich auf, blickte zu Frank indifferent durch seine Schutzbrille- und Maske.
    "Vielleicht gelingt es mir, das Verladen der Bombe aufs Shuttle zu stoppen. Wir müssen für dich aber eine Notfallkapsel organisieren.." Eine weitere Salve. Diesmal traf es den Frontbereich der Asylum. Fast schon symptomatisch krachte es an allen Ecken und Enden. Der Kopf der Asylum war abgeschlagen worden, aber die Party im Hinterteil war im vollen Gange.

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  8. #68
    ME-FRPG Avatar von Ikarus Vanderlyle
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    Der zuständige Allianz-Kreuzer beendete mit der letzten Salve den Beschuss auf die Asylum. Schließlich leistete die Asylum keinen Widerstand, war zu schwach, als dass sie je etwas gegen die mächtigen Waffen der Allianz ausrichten hätte können. Schon jetzt trieb sie wie ein ausgehöhltes Fass im Weltraum über dem Tharkad; fast chirurgisch hatten die Geschosse zuerst den Antrieb und die externen Steuerungsmodule entfernt, anschließend den Beschuss auf den Zellentrakt eröffnet um die Warlords zu besiegen und zu guter letzt eine Salve auf die Brücke, als klar war, die Crew hatte die Kontrolle über die Asylum verloren. Geschäftsführer und Navigator hatten die Allianz anfangs informiert, dass die Warlords an Bord bald die Kontrolle übernehmen würden. Diese Information alleine reichte aus, um das Feuer in der gegenwärtig angespannten Lage auf die Asylum zu eröffnen. Durch diese Nachricht meinte man, sie hätten das Todesurteil für alle an Bord unterzeichnet. Der ehemalige Captain und seine Warlord-Verbündeten waren zu diesem Zeitpunkt aber schon lange in ihren Plänen fortgeschritten, die Allianz feuerte auf die falschen Bereiche.

    "Besatzung der Asylum", kam es aus der Funkanlage, eine rauhe Stimme, die Ehrfurcht gebot, bekam die Aufmerksamkeit geschenkt aller Lebenden an Bord. "Euer ehemaliger Captain hat laut unseren Informationen euer Schiff gekapert und gemeinsame Sache mit den Feinden der Allianz gemacht. Leistet Widerstand... --- knarz --- "
    Die Funkverbindung wurde abgebrochen, vermutlich von den Warlords persönlich. Der kurze Hack der Allianz reichte aber aus, um Vanderlyle über die gegenwärtige Situation zu begeistern. Er hoffte inständig, dass das Ende des Beschusses bedeutete, dass ihnen mehr Zeit zur Flucht blieb. Dass sich ihre Überlebenschancen gehörig vergrößern sollten. Aber er konnte sich nicht darauf verlassen. Schon gar nicht wenn Leute wie Sheridan an Bord waren, manipulative Kill-Maschinen. Das erklärte er auch Frank so, sein Companion kaufte ihm das nicht ganz ab, aber okay, er willigte ein. Für den musste die Allianz sowieso gleichbedeutend mit den Allierten sein. Für Vanderlyle änderte sich sowieso nichts, zuerst galt es die Bombe nun zu stoppen. Aber Frank hatte nun eine Chance auf einen gemütlichen Ausweg, vielleicht. Der verneinte es aber schon mit seinem Blick. Vanderlyle meinte es in seinem Blick zu kennen; die Chance die Pläne der Warlords zu durchkreuzen, die Bombe sicherzustellen, Leute zu retten. Unschuldige auf dem Tharkad. Franks Ambition und Ehre als Soldat und Offizier war wohl gefragt an dieser Stelle und überstimmte den rationalen Teil, der empfahl auf eine mögliche Vielleicht-Rettung zu warten. Vielleicht-Rettung war das richtige Wort. Niemand wusste was die Allianz plante, Vanderlyle wollte und konnte nicht darauf vertrauen, gerettet zu werden. Noch immer war er es schon so, dass sich Vanderlyle stets am eigenen Schopfe aus dem Schlamassel zog. Heute würde das nicht anders sein. Das würde er nicht zulassen.

    Unglücklicherweise blieb Vanderlyle also nach wie vor bloß eine Option der Flucht, sollte es klappen mit dem Entschärfen der Bombe. Der Mann war keineswegs in der selben Kategorie wie die Warlords an Bord der Asylum, was Skrupellosigkeit, Gewalt und moralischen Abyss anging, aber es hatte zudem seine Gründe, weshalb er vorzugsweise unter dem Deckmantel der Anonymität reiste. Sie entfernten sich von dem Blutbad des Oberwärters und wandelten nun bald auf einem Level des Maschinenraums und der Shuttle-Buchten. Frank war hinter ihm, er hatte sich wohl eine Pistole von paar Insassen ergattert, und beide blickten ungewiss die Korridore entlang, unsicher, was sie dort erwarten würde.

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  9. #69
    ME-FRPG Avatar von Ikarus Vanderlyle
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    Raumschiff Asylum, Im Orbit des Tharkads - Shuttlebucht

    Die Shuttlebuchten der Asylum boten zwar geräumig viel Platz für zügige Verladungen, von Proviant bis zu neuen Insassen oder ganzen Zellencontainern, aber dennoch war in dieser Bucht bloß ein richtiges Shuttle vorhanden. Die wenigen Rettungskapseln waren alle schon weg, aber die Kapseln waren sowieso quer über die Asylum verteilt, um eine Massenevakuation im Notfall über mehrere Kanäle zu bewerkstelligen. Und nun, dieses klapprige Gestell, ehemals vielleicht mal ein stolzes Shuttle, wurde gerade so sehr umgarnt von den Insassen der Asylum, dass sich die alte Dame wohl wie die schickste Fregatte diesseits des Systems vorkommen musste. Wie kleine Winsel tummelten sie um das Shuttle, so zum Beispiel werkelte gerade noch ein Mechaniker ein wenig an der Unterseite herum. Was der da wohl wieder zu suchen hatte. Um die zwanzig Insassen befanden sich hier in der Bucht. Raven, der Captain und die Bombe. Alles war hier.

    Und Vanderlyle und Frank waren nicht allzu weit entfernt. Sie versteckten sich hinter einigen Säulen, als sie sich nahe genug herangepirscht hatten. Sie waren von oben herabgekommen, folgten dem Korridor lange genug, um nun hier zu Helden zu werden. Zumindest das versprach Vanderlyle seinem Companion. Helden würden sie werden. Das heißt: Zuerst mussten sie zur Tat schreiten. Viel zu viele Ganoven waren hier noch anwesend, seelenruhig verluden sie ihren Kram, während die speziellste Fracht noch in der Mitte der Bucht wie auf einem Präsentierteller von zwei besonders aufmüpfigen Muskelbergen beschützt und vermutlich auch verladen wurde.

    "Nun, meine Herren, die Allianz ist im Anflug, also Beeilunge!", forderte der Captain und schritt heran. In seiner Hand baumelte ein Revolver, mittlerweile war seine Uniform ganz blutverschmiert, und seine Mütze hatte er auch irgendwo verloren. Raven wirkte hingegen so als hätte er jemanden den Kopf abgebissen. Vermutlich war das sogar der Fall. Vanderlyle inspizierte noch ein wenig weiter die Umgebung. Es war ein guter Ort für einen Showdown. Um mit Feuer und Granaten unterzugehen. Der große Tankkanister hätte für ein passendes Angriffsmanöver sorgen können, aber Vanderlyle wusste, wie schwer solche Dinger zu knacken waren. Tresore waren ein Spaziergang dagegen. Einige Fässer hätten eventuell so etwas wie Brennmaterial beherbgen können. Genauso gut konnte er aber seine Kugeln an Wasserfässer verschwenden. Der Kran in der Shuttlebucht war derzeit noch unbenannt, aber einer der Insassen machte sich gerade daran, die Leiter empor zu klettern und so eventuell noch etwas Fracht zu verladen, die bestimmt bald kommen würde.

    Allesamt waren sie an die Zähne bewaffnet, die Warlords hatten keine Kosten und Mühen gescheut, um möglichst ein vollständiges Arsenal ihren Neuankömmlingen zu bieten. Ein Haufen Irrer, die Kohorte der Verfluchten. Bald würden sie auf dem Tharkad laden, wenn Vanderlyle nicht bald etwas einfallen würde sie zu stoppen.

    "Frank", meinte er dann. "Eine Etage höher sind die Konsolen. Schau' ob es dir vielleicht gelingt, die Schleuse zu schließen, und dann haust du ab. Verstanden? Wenn sie nicht wegkommen, gibt es für mich auch keinen Grund den Heldentod zu sterben, nicht wahr?" Natürlich hatten weder er noch Frank Lust auf dieses Szenario, aber sie wussten beide, dass es möglicherweise die letzte Option war. Vanderlyle fügte noch hinzu: "Keine Sorge, du wirst entkommen..." Er warf die interne Navigationskarte der Asylum an, das Hologram platzierte sich in 3D vor Franks Nase. "Von der Konsole aus, kannst du dem oberen Gang folgen. Dort geht es in den Maschinenraum. Halte dich dort an die linke Seite, es ist sehr verwinkelt dort. Viele Maschinen, viel Lärm. Sollte ausreichen, um unentdeckt durchzuschlüpfen in den hintersten Bereich der Asylum. Dort ist der Großteil der Rettungskapseln."

    "Noch Fragen?", meinte Vanderlyle, aber Frank hatte nur diesen Blick in den Augen. Als wollte er jetzt nicht gehen, ihn nicht zurück lassen. Offiziersehre. Kameradschaft. So hätte es Vanderlyle interpretiert, nicht, dass er je sonderlich darauf etwas gegeben hätte. Aber es war gut jemanden an seiner Seite zu wissen. "Wenn ich das ganze überstehe, werde ich dich einholen. Und jetzt los - ich werde für genügend Ablenkung sorgen!" Er zauberte zwei Granaten hervor, aktivierte sie und warf sie wie einen Frisbee durch die Gegend. Als er wieder in Deckung ging und auf die Explosion wartete, war Frank schon die Stiege hoch.

    "Lock and Load." Er schnalzte mit der Lippe. Die heftige Explosion donnerte über ihn hinweg. Also waren es doch Fässer mit Brennmaterial drin. Das infernale Feuer kostete er wenigstens für den Moment so aus, dass er die Augen schloss. Die Maske vibrierte, sein HUD meldete Gefahr. Er genoss noch den Moment vor dem Augenblick. Dann wenn sie sehen würde, dann sie ihn noch nicht erledigen hatten. Dass er zurückgekommen war. Für Payback und die gute Sache. Für ein Hurra der speziellen Sorte. Und eine Menge blauen Bohnen mit sich brachte. Fokus!
    Geändert von Ikarus Vanderlyle (25.09.2015 um 00:36 Uhr)

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  10. #70
    ME FRPG only Avatar von Nadeschda W. Sokolowa
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    Einstiegspost

    Die zerklüftete, karge Oberfläche des sich langsam im All drehenden, riesigen Gesteinsbrocken trat etwas deutlicher zum Vorschein, als sich das Schiff in die Kurve legte.
    Nadja reckte den Hals, um über den Kopf ihres Sitznachbarn hinweg etwas Genaueres erspähen zu können, aber Details konnte sie durch das winzige, beschlagene Seitenfenster nicht erkennen. Die zusammengepferchten Insassen des Transportshuttles, darunter die Ex-Soldatin, näherten sich rasch ihrem endgültigem Ziel. Anders ausgedrückt: sie kamen ihrem Fatum entgegen, denn laut den Gerüchten, die unter den Sklaven auf Khar'shan im Umlauf waren, kam niemand jemals zurück, der in der batarianischen Mine schuften 'dürfte' - und es waren schon Hunderte, die dorthin im Laufe der Jahre geschickt worden sind.
    Es waren die absurd hohen Vorkommen an Beryllium und Palladium, die den Asteroiden mit der Katalogbezeichnung LPL-58775, von allen nur 'Deathmaker' genannt und am Rande des skyllianischen Sektors vor sich hin trudelnd, so wertvoll machten. So einen Fund gab man nicht freiwillig wieder her und die Batarianer beschäftigten eine kleine, jedoch bestens ausgestattete und ausgebildete Freiwilligenarmee, um den Asteroiden zu sichern – nicht nur vor den Angriffen von außen, sondern auch vor den dort beschäftigten 'Arbeitern', da es in der Vergangenheit schon einige Male zu Aufständen wegen den unbarmherzigen Arbeitsbedingungen gekommen ist.
    Die Mine, tief in den harten Fels gehauen, beherbergte auf dutzend Ebenen an die sechs Tausend Seelen: Techniker, Ingenieure, Wärter, Versorgungsteams, Soldaten und Söldner - und natürlich die Sklaven, die diversen Spezies angehörten. Bis auf die obligatorischen Spezies, wie Turianer, Asari, Salarianer, Menschen und vereinzelt Batarianer, waren dort sogar ein paar Elcor anzutreffen, die als besonders wertvolle Sklaven galten, da sie stark und extrem widerstandsfähig waren. Der Verschleiß an den zuerst genannten Rassen war extrem hoch. Die Struktur des Asteroiden erlaubte es nicht die üblicherweise zum Einsatz kommenden schweren Bergbaugeräte zu verwenden, so dass fast alle Arbeitsschritte unter Mühe manuell durchgeführt werden mussten, was immer wieder in schweren und oft tödlichen Unfällen mündete. Die durchschnittliche Lebenserwartung eines Sklaven betrug gerade mal ein Jahr, und da musste man schon eine gehörige Portion Glück haben...


    Nadja lag angezogen auf dem schmalen Bett und starrte die helle Decke ihrer Zelle an. Sie hatte wohl Glück gehabt... Wobei von Glück konnte man nicht wirklich sprechen, eher von der Verkettung günstiger Umstände. Kaum auf dem Asteroiden angekommen lernte sie schnell und auf eine sehr schmerzhafte Art und Weise, wie die Hierarchie unter den Sklaven funktionierte. Es war klug von ihr, nicht nachgegeben zu haben - auch wenn der selbsternannte 'Anführer' der Sklaven auf ihrer Ebene, ein Turianer namens Telk, es mehrfach probierte. Als nach dem vierten Versuch mal wieder ein paar seiner Männer unter gebrochen wahlweise ausgerenkten Gliedmaßen zu leiden hatten, gab er endlich Ruhe. Als Turianer wusste er, wann es genug ist. Er war allerdings nur einer von vielen, mit denen sich die ehemalige Lieutenant Commander auseinandersetzen musste - und nicht immer behielt sie die Oberhand.
    Sie schloss die Augen, rollte auf die Seite, zog die Beine eng an den Körper an und umfasste sie mit den Armen. Sie schlug die Augen wieder auf. Ihr Blick kam auf der Tür zum Ruhen, aber so wirklich nahm sie ihre Umgebung nicht wahr. Die Erinnerungen drängten sich immer weiter auf, nie ließen sie sie los, nicht einmal im Schlaf. Nein, dort waren sie noch wesentlich schlimmer, denn dort konnte sie nicht kontrollieren, was sie verdrängen musste, und fast jede Nacht wachte sie schreiend auf, mit pochendem Herzen.
    Zwanghaft ratterte das Gehirn weiter, quälte sie unaufhörlich.

    In der Mine einzutreffen sah sie schon fast als einen Glückstreffer an, denn alles war besser, als auf dem Heimatplaneten der Batarianer zu bleiben und dort irgendwann elendig zu krepieren.
    Die ehemalige Soldatin wurde von ihrem 'Herren' noch brutaler und erbarmungsloser behandelt als die anderen seiner Sklaven. Dafür gab es einen einfachen Grund: er gehörte zu denjenigen, die den Großteil der von der Allianz abgefangenen Waffenlieferung hätten erhalten sollen. Da dies nicht eingetroffen war, aus bekannten Gründen, machte ihn natürlich mehr als nur sauer – er hatte diverse Ressourcen eingesetzt, um an diesem Deal beteiligt zu werden. Als Haster ihn darüber informierte, was vorgefallen ist, war der Sklaven- und Waffenhändler, der sich nur Loshg nannte, völlig außer sich und brachte Nadja, die nun sein Besitz war, fast um. Als die Frau dem Tode schon nah war, besann sich Loshg eines Besseren und hörte auf. Er ließ einen Mediziner kommen, der sich bestens mit der menschlichen Physiologie auskannte, und ließ ihn Nadja aufpäppeln. Und dann fing Loshg wieder von vorne an. Dieses 'Spiel', welches ihm Spaß bereitete, wie er oftmals begeistert betonte, trieb er so oft, wie es ihm seine kostbare Zeit erlaubte – zwischendurch musste Nadja Sachen machen, die sie am liebsten auf der Stelle aus ihrem Gedächtnis löschen würde.
    Die Intervalle zwischen ihren 'Behandlungen' zogen sich im Laufe der Zeit immer mehr in die Länge, bis Loshg gar nicht mehr kam. Von einem anderen für sie zuständigen Aufseher erfuhr sie, dass sie Loshg langweilig geworden ist – denn brechen konnte er ihren Willen nicht, auch nicht nach fast zwei Jahren andauernder Folter. Also wurde sie einer neuen 'Aufgabe' zugeteilt: eben der in der Mine, in dem Wissen, dass es von dort kein Zurück gab...


    Immer noch lag sie bewegungslos auf der Seite, während ihre Gedanken hin und her irrten, als plötzlich die Tür leise zischte. Die Augen der ehemaligen Soldatin zogen sich misstrauisch zu engen Schlitzen zusammen und langsam richtete sich Nadja auf, ließ die Beine über die Kante gleiten, blieb jedoch noch sitzen, zum schnellen Aufspringen jederzeit bereit. Eine sich öffnende Tür bedeutete meist, dass gleich jemand reinkommt – zum Beispiel Doktor Xaver, der mittlerweile gelernt haben sollte, dass zwei Begleiter nicht ausreichend waren, um ihr irgendwelche Mittelchen oder Injektionen verabreichen zu wollen.

    Nachdem sie beim ersten Arztbesuch einen Wärter ausknockte, als dieser sie angefasst hatte und dem anderen die Nase und dann den Arm brach, um sich dann grinsend dem Arzt zuzuwenden, nahm Xaver Reißaus, von Nadjas Kichern begleitet. Die Ex-Soldatin wartete, bis der noch bewegungsfähige Wärter seinen bewusstlosen Kollegen heraus schleifte - der auf recht wackeligen Beinen stehende Mann unternahm keinerlei Versuche mehr, auch nur in ihre Nähe zu kommen -, und schlug die Tür hinter ihnen zu.

    Und nun starrte sie nach wie vor die offene Tür an. Einige Minuten vergingen, aus einer gefühlten Viertelstunde wurde eine gefühlte halbe, und da wusste sie, dass niemand durch die Tür kommen wird. Langsam erhob sie sich und näherte sich sachte der Tür, blieb mit dem Rücken zur Wand stehen und spähte durch den Spalt nach draußen auf den Korridor, lauschte unter angehaltenem Atem und hörte... nichts. Sie schloss die Augen, horchte intensiver auf verräterische Geräusche, das Durchladen einer Waffe, den unterdrückten, nervösen Atem, aber... Nein. Nichts als das leise, elektrische Summen der Beleuchtung, das Brummen der Maschinen, die üblichen Laute eines sich im Weltall bewegenden Raumschiffes. Noch eine Weile wartete sie, mittlerweile recht ungeduldig – tja, früher war Geduld immer ihre Stärke gewesen, wobei manche sie stur schimpften und sie gleichzeitig deswegen bewunderten, für etwas, was für sie selbstverständlich in dem Beruf eines Soldaten war -, aber es passierte immer noch nichts. Sie atmete tief durch und schob mit dem ausgestreckten Arm die Tür vollständig auf, ohne ihre Position an der Wand zu verlassen. Eine Minute des Wartens – und Nadja trat mit zwei entschlossenen Schritten auf den Flur hinaus. Automatisch nahm sie eine Abwehrhaltung ein, völlig überflüssig eigentlich, denn weit und breit war niemand zu sehen. Alles wirkte wie ausgestorben, als sei sie die einzige Passagierin an Bord der Asylum. Aber etwas stimmte nicht und das ganz gewaltig: alle Zellentüren standen offen, manche nur einen Spalt breit, andere wiederum sperrangelweit. Vorsichtig, auf Zehenspitzen, näherte sich die Ex-Soldatin der benachbarten Zelle, umfasste fest den Türgriff und riss ruckartig die Tür auf. Leer. Bei zwei weiteren Zellen machte sie exakt das Gleiche und auch diese Räume entpuppten sich als leerstehend. Es waren keine Patienten außer ihr da, merkwürdigerweise war in einem der Zimmer die Matratze aufgeschlitzt worden und in den anderen sah es aus, als hätte jemand wütend die paar vorhandenen Einrichtungsgegenstände zertrümmert. Sehr merkwürdig... Wo, zum Teufel, waren die anderen? Nicht nur, das keiner ihrer Leidensgenossen da war, es fehlte auch jegliche Spur von den Wärtern, die hier hätten sein müssen, denn das war schließlich ihrer verdammter Job!

    Immer einen Schritt nach dem anderen schob sich Nadja den Flur entlang, schaute sich immer um dabei, blickte auch nach oben, die Lampen flackerten unruhig, und immer noch war außer ihr niemand im Patiententrakt anzutreffen, allerdings deckte ihr Spaziergang nur einen kleinen Teil der geschlossenen Station ab. Sie sog tief die Luft in die Lungen hinein, was keine gute Idee war, denn es stank hier erbärmlich. Ein Kribbeln breitete sich in ihren Eingeweiden aus, das Altbekannte, wie vor einem Kampf. Sie schaute an sich herunter. Sie brauchte dringend andere Sachen, eine Panzerung, und sie brauchte Waffen, vorzugsweise Messer, eine Pistole oder eine MP. Aber zwei Messer würden fürs Erste mehr als genügen. Darüber sinnierend, welche Ausrüstung am Nötigsten war, kam sie zu einem Fahrstuhl und verzog unwillig den Mund – natürlich brauchte sie eine Zugangskarte, um ihn betätigen zu können, war ja nicht anders zu erwarten, und natürlich besaß keiner der Patienten eine Keycard, schließlich waren sie ja alle 'komplett irre', wie sich ein Wärter mal zu einem seiner Kollegen geäußert hatte, als er dachte keiner der Insassen der Asylum kann ihn bei einem der Freigänge hören.

    Finster blickte sie das Steuerungspaneel mit dem Ziffernblock an, streckte dann die Hand aus, um die Abdeckung zu entfernen – und hielt mitten in der Bewegung inne. Sie dachte scharf nach, vor ihrem inneren Auge lagen die Schaltkreise fast zum Greifen nah, aber... Plötzlich war alles weg und sie wusste nicht, was sie tun sollte. Wut stieg in ihr auf, denn sie hätte es wissen müssen, zwingend, früher gehörte es zu ihrem täglich Brot, aber... Das war eben früher. Ihre Hände ballten sich unwillkürlich und die Fingernägel gruben sich tief in die Handinnenflächen ein.
    "Tschjort pabiri!", fluchte sie und hieb mit beiden Fäusten kräftig gegen die Fahrstuhltür, wohl wissend, dass das gar nichts brachte. Dennoch schlug sie nochmal dagegen, einfach aus Frust. Dann stand sie da und beäugte mit gesenktem Kopf kurz die verschlossene Tür, bevor sie sich umdrehte, um sich umzuschauen.
    Denk nach, Nadja... Denk nach!, ermahnte sie sich immer wieder, zwang sich praktisch dazu. Wenn die anderen nicht hier sind, wo sind sie dann hin? Sollte sie sie suchen? Wohl eher nicht, die Patienten waren alle, nun ja, nicht mehr ganz dicht, und Wächter wollte sie nicht unbedingt um sich haben. Gab es vielleicht einen schiffsweiten Alarm, den sie verschlafen hatte? Aber bis auf die völlige Abwesenheit von irgendjemand war es ruhig auf der Asylum.
    Hat Xaver ihr womöglich irgendwelche Drogen ins Essen gemixt und sie halluzinierte jetzt einfach? Nachdem sie beim gemeinsamen Mittagessen einen anderen Patienten fast umgebracht hatte, musste sie die faden Mahlzeiten alleine zu sich nehmen - ach ja, und Auslauf war auch gestrichen. Aber was packt der Kerl sie auch an? Selbst schuld, sie hatte ihn gewarnt - einmal – und dann hatte sie seinen Kopf solange gegen den Boden gedonnert, bis etwas laut knackte und der Schädel einen unregelmäßigen, blutigen Abdruck bei jedem neuerlichen Schlag hinterließ. Erst zu viert ist es den Wächtern gelungen, sie von dem Mann herunter zu zerren, und auch die Wachen haben einiges abbekommen, wie sie den empörten Schmerzenslauten entnahm. Da sie für eine Beruhigungsspritze selbstverständlich nicht still halten wollte, mussten sie sie niederschlagen, die Beule am Hinterkopf war immer noch leicht zu spüren, obwohl es schon einige Tage zurück lag... Nein... Sie hatte keine Halluzinationen, trotzdem packte sie die Wand mit beiden Händen an, um deren Kälte zu spüren.

    Sie lehnte gegen die Wand neben dem Anzug und legte den Kopf schief, ihr Blick wanderte nach oben. Lüftungsschächte... Interessant. Jetzt musste sie noch fliegen können, dann wäre das Problem erledigt. Sie kicherte, löste sich von der Wand und schlenderte unter eines der Gitter, die den Schacht abdeckten. Den Kopf im Nacken gelegt starrte sie hoch. Nicht ohne weiteres erreichbar.

    So stand sie da, als sie plötzlich eine Bewegung hinter sich vernahm, ein leises Schlurfen und Tapsen auf dem Boden. Sie erstarrte für eine Sekunde, bevor sie herumwirbelte. Ein nackter Mann stand in etwa fünf Metern Entfernung vor ihr, das Einzige, was er anhatte war eine schwarze Wollmütze. In der rechten Hand hielt er eine Kettenrohrzange, die er langsam hin und her schwang. Sie hob die Augenbrauen hoch, als er sie dämlich angrinste, etwas Unverständliches vor sich hin brabbelnd, und mit der Zange über dem Kopf wedelte. Fast erwischte er sich selbst, denn die Kette flog surrend durch die Luft. Sie hatte ihn schon mal gesehen, bei einem der Freigänge. Ein bedauernswerter Irrer, der mit Wänden und unsichtbaren Freunden redete. Sie wusste nicht mal, wie er hieß, es war auch völlig unbedeutend.
    "Heeeey ho!", sagte der Kerl und rannte blitzschnell auf sie zu, aus dem Stand, die Zange wild herum wedelnd.
    Nadja wich ihm aus und der Typ rannte gegen die Wand. Er stieß sich ab, drehte sich um und starrte sie kichernd und sabbernd an, um den Mund und die Nase waren seltsame rötliche Spuren zu sehen. Blut? Nein. Eher ein Pulver. Sehr merkwürdig... Weiter kam sie mit ihren Überlegungen nicht, denn der Irre griff sie erneut an. Sie packte den Arm mit der Zange, verdrehte ihn auf dem Rücken und zwang den Kerl, seine provisorische Waffe loszulassen. Begleitet von einem markerschütterndem Schrei, spürte und hörte sie, wie das Schultergelenk ausgekugelt wurde, und brach ihm mit einem eingeübten Griff das Genick. Der Mann sackte leblos auf dem Boden zusammen. Nadja blinzelte. Ups. Schnell blickte sie sich um, kamen noch mehr von diesen Verrückten aus ihren Löchern gekrochen, oder war der Tote alleine? Sie packte den Kerl unter den Achseln, schleifte ihn in die erstbeste Zelle und schlug dann die Tür hinter ihm zu. Die Rohrzange nahm sie mit.

    Jetzt starrte sie wieder das Gitter in der Decke an, während sie ihrem Geist freien Lauf ließ, der nach Möglichkeiten zur Flucht suchte, sprunghaft, ohne wirkliches Ziel, völlig intuitiv – aber das hatte bei ihr schon immer gut funktioniert. Vor ihrem inneren Auge spielten sich Szenen des täglichen Lebens auf der geschlossenen Station ab, als sie sich noch einigermaßen frei bewegen konnte: vor sich hin brabbelnde, schreiende Patienten, Xaver, der wie von einer Tarantel gestochen in einem der Behandlungszimmer verschwand, ein Wächter mit einem Eimer und einem Wischmob, um die Kotze von irgendjemand aufzuwischen, der dann in einer kleinen Kammer... Moment mal. Eine Kammer? Nadjas Augen verließen das Gitter und sie drehte sich abrupt um. Sofort setzte sie sich in Bewegung. Nach kurzer Suche fand sie tatsächlich eine Besenkammer, wie das Schild an der Tür besagte, die etwas separat von den anderen Räumen in einer Nische lag. Schnelle Untersuchung zeigte: es war eine stinknormale Tür, keine Sicherheitstür, was sollte man da auch sichern? Seife und Windeln? Sie rüttelte an der Tür. Natürlich verschlossen. Nadja verzog die Lippen zu einem breiten Lächeln – und trat dann einmal brachial gegen die Tür, direkt neben der Klinke. Es knirschte und die Ex-Soldatin trat noch heftiger zu. Das Türmaterial gab nach und brach auf. Nadja lachte triumphierend auf und stieß die Tür vollständig auf. Diverse Regale kamen zum Vorschein, beladen mit Handtüchern, Kosmetika, Reinigungsmitteln und noch anderem Zeug. In einer Ecke stand ein großer Werkzeugkoffer. Nadja machte ihn auf und fand zwei große, lange Schraubenzieher. Sofort steckte sie sie beide hinter den Bund der Hose ein. In Ermangelung einer besseren Waffe... Sie zuckte mit den Schultern, schaute sich um und entdeckte den besagten Wischmob. Seine untere Hälfte interessierte sie nicht, aber der Stiel war lang und relativ schwer, aus irgendeinem robusten Plastik hergestellt. Sie trennte den Stiel von dem Kopf, packte den Ex-Wischmobstiel in der Mitte und führte einige Schläge und Hiebe aus. Auf ihm Gesicht klebte die ganze Zeit ein breites Grinsen.
    Und nun? Du sitzt immer noch fest.
    Sie blickte sich genauer um, die Besenkammer war groß und lang. Das Licht reichte gerade so aus, um den gesamten Raum in ein Dämmern zu tauchen. Entschlossenen Schrittes bewegte sich die Frau vorwärts, ihre Augen tasteten systematisch die Wände ab, und da! Sie schmunzelte fast, als sie ein Gitter direkt in Bodenhöhe entdeckte – nun, Irren hatten in einer Besenkammer nichts zu suchen, der Lüftungsschacht hier musste nicht in einer Decke enden, das war auch angenehmer für die Leute, die ihn warten mussten. Sie kicherte erneut, zuckte einen der Schraubenzieher und drehte schnell alle vier Schrauben an den Ecken des Gitters auf. Das Gitter fiel krachend zu Boden und Nadja steckte den Kopf in den Schacht hinein: es war dunkel, recht eng und es roch nach... Besser, nicht darüber nachdenken. Sie stand wieder auf und fummelte an ihrem Omnitool. Hatte das verfluchte Ding auch eine Taschenlampe? Das gehörte heutzutage zur Grundausstattung. Plötzlich fand sie, was sie suchte und es wurde erheblich heller in dem halbdunklen Raum. Wunderbar, so war es schon viel besser! Sie schob sich in den Schacht hinein und stützte sich auf den Ellbogen ab. Der Stiel des Wischmobs war ziemlich hinderlich bei dem Vorwärtskriechen, dennoch ließ sie ihn nicht zurück, denn er gab einen recht guten Schlagstock ab.

    So bewegte sie sich immer weiter, bis zu einer Abzweigung. Jetzt musste sie eine Entscheidung fällen. Sie drehte sich auf den Rücken um und dachte nach. Von dem jetzigen Schacht gingen drei weitere ab: nach rechts, links und nach schräg oben. Auf einmal hatte sie sich entschieden - nach oben, auf eine andere Ebene der Asylum -, und begann wiederum zu kriechen, als sie plötzlich wieder erstarrte. War das gerade ein Schuss gewesen? Sie blickte hinter sich, den Weg zurück, den sie gekommen ist, sah aber rein gar nichts. Es stand außer Frage, jemand schoss, sie identifizierte eindeutig ein Schrottgewehr, zu welchem sich kurze Zeit später ein schnelles... SMG-Feuer dazugesellte? Und noch irgendwelche keifende Pistole. Was, zur Hölle, war auf diesem Schiff eigentlich los? Sollte sie zurückgehen, nachschauen? Augenblicklich schalt sie sich selbst. Eine grandiose Idee, bei einer Schießerei mit zwei Schraubenziehern aufzukreuzen! Echt clever, Nadja! Sie kicherte leise. Nun, sie hatte schon wesentlich verrücktere Sachen gemacht.
    Langsam schob sie sich nach oben, der Ersatz-Schlagstock verkeilte sich zwischen den Wänden und nur mit Mühe und sich fast den Rücken verrenkend kriegte sie ihn wieder frei. Egal, weiter geht's!
    Noch mehr Schüsse, die gedämpft zu ihr durchkamen. Nadja schaute sich nicht mehr um, bloß schnell weg von dieser Ebene. Vielleicht ist es auf den anderen Ebenen nicht besser, schoss es ihr plötzlich durch den Kopf, denn ihr Instinkt sagte ihr, oder eher brüllte ihr mittlerweile lautstark zu, dass auf der Asylum etwas vor sich ging, was der Gesundheit mehr als abträglich war. Runter von dem Schiff, runter von dem Schiff, runter von...! Wie ein schlechtes Mantra.

    Sie beschleunigte ihre Kriecherei, soweit es ging. Der enge Tunnel wurde wieder waagerecht, die Ex-Soldatin sah schon den Ausgang vor sich, wieder ein Gitter. Irgendwie gelang es ihr sich in dem Schacht zu drehen, mit den Füßen voran, und dann trat sie einmal kräftig aus. Das Gitter knarzte laut, sie trat nochmal und nochmal – und da polterte die Abdeckung herunter. Nadja schob sich fast vollständig aus dem Tunnel heraus und sprang ins Ungewisse herunter, landete leichtfüßig auf dem Boden und drückte sich sofort gegen die Wand, den Stock fest umklammernd. Jetzt galt es herauszufinden, wo genau sie sich befand.

    Schnell lief sie weiter. Das Schiff war alt, ein Transporter, modulare Bauweise. Nadja rief sich das typische Schemata solcher Raumschiffe ins Gedächtnis, Capitäns Quartiere oben, daneben die ranghohen Offiziere. Mittlerer Bereich: die Mannschaftsquartiere, die Brücke und der Maschinenraum. Auf der Asylum war unten der medizinische Bereich untergebracht. Die Rettungskapseln waren im gesamten Schiff strategisch verteilt, damit man sie im Notfall zügig erreichen konnte, egal wo man sich gerade befand. Also sollte sie sich jetzt auf der Ebene mit den Mannschaftsquartieren befinden, falls das Schiff nicht völlig umgebaut wurde. Ausrüstung! Wo war die Besatzung dieses Schiffes hin? Crewmänner, Techniker? Alles war wie ausgestorben.
    Weiter!
    Hinter der nächsten Kurve änderte Nadja ihre Meinung: jemand in einer Panzerung beugte sich gerade über jemand, der in der Kluft eines Wächters steckte, und zog ein langes Messer aus dessen Kehle. Wie angewurzelt blieb sie stehen, in der einen Hand den Wischmobstiel und in der anderen die Zange haltend. Der Gepanzerte drehte sich um und starrte sie an, aber Nadja verlor keine Zeit, sondern schleuderte ihm sofort die schwere Zange entgegen, die ihn am Kopf traf. Völlig überrascht torkelte er gegen die Wand. Die Ex-Soldatin ließ den Stock los und zauberte einen der Schraubenzieher aus ihrer Hose, während sie auf den Mann zu rannte. Bevor er wusste, was ihm geschah, rammte sie ihm die Klinge in die dünnere Verbindung zwischen dem Helm und der Schulterpanzerung hinein, riss schnell die provisorische Klinge heraus und versenkte sie vorsichtshalber noch zwei Mal in dem Hals des röchelnden Mannes. Er starb in ihren Armen.
    Zügig begann sie ihn zu entkleiden und die Panzerung mit ihr unbekannten Hoheitszeichen auf der Schulter und der Brust anzulegen. Der Kerl war etwas größer als sie gewesen, aber wer wird schon wählerisch sein? Sofort fühlte sie sich deutlich besser. Dass sie die Panzerung durchlöchert hatte, bereitete ihr kein Kopfzerbrechen, normalerweise setzten dort die Selbstreparatursysteme an und so groß waren die Löcher nun auch wieder nicht. Sie überprüfte die Schilde: funktionstüchtig! Prima. Die zahlreichen Taschen wurden ebenfalls durchgecheckt: Medigel, Brandgranaten, Munition, Thermoclips. Nadja kicherte und steckte das auf dem Boden liegende, blutige Kampfmesser in die Halterung ein. An ihrer Hüfte hing eine schwere Pistole, sie zog sie heraus und inspizierte sie fachmännisch: eine M-5 Phalanx, sehr nett. Schnell durchgeladen und fertig.
    Nadja drehte sich um, über beide Ohren breit grinsend, und ging davon auf der Suche nach einer Rettungskapsel.

    Weit kam sie allerdings nicht.

    "Leider hat mein... ehemaliger Freund, Navigator Preston, die Allianz verständigt. Deshalb... oh ja, da kommt es schon... Jungs und Mädels, es wäre unser Sieg gewesen."

    Nadja stoppte abrupt. Allianz?
    Eine Warnung folgte, das Schiff schnellstmöglich zu verlassen. Sie starrte etwas perplex den Lautsprecher über ihrem Kopf an. Wem gehörte nun das Schiff? Sie verstand überhaupt nichts mehr. Gleich verstand sie noch weniger, denn es krachte gewaltig und Nadja flog gegen die Wand. Trotz der Panzerung machte ihre Schulter eine äußerst schmerzhafte Bekanntschaft mit der Wand, und die ehemalige Soldatin fluchte.
    "Schto sa huinja...?!"
    Erneuter Einschlag. Sie wurden beschossen, eindeutig. Von der Allianz? Aber warum denn?? Nadja torkelte, fiel auf alle Viere, rappelte sich schwerfällig auf und fiel der Länge nach hin bei einem erneuten Treffer. Die Asylum knarzte, das berstende Metall stöhnte laut, irgendwo über ihr brach irgendetwas unter lautem Getöse, ein mächtiges Zittern lief durch den Boden und Nadja verlor erneut das Gleichgewicht. Klüger geworden richtete sie sich nur noch halb auf und lief in der geduckten Haltung weiter. Die Lichter gingen aus und wieder an und wieder aus und an und so weiter. Irgendwo brannte es wohl, denn die Löschanlage ging plötzlich an und machte alles pitschnass.
    Wiederrum ein harter Einschlag, hinter ihr brach die Wand entzwei, zischendes Geräusch, welches immer lauter wurde – nicht gut! Nadja beschleunigte und schaffte es gerade noch so, hinter das sich schnell schließende Notfallschott zu gelangen. Das Zischen hörte auf. Sie musste kurz Halt machen um zu verschnaufen, dann setzte sie sich wieder in Bewegung. Das Schiff fiel auseinander, fast spürte sie es unter ihren Füßen, es schaukelte und ächzte an jeder Ecke.
    "Besatzung der Asylum", kam es aus den Lautsprechern, eine andere Stimme, rau und befehlsgewohnt. "Euer ehemaliger Captain hat laut unseren Informationen euer Schiff gekapert und gemeinsame Sache mit den Feinden der Allianz gemacht. Leistet Widerstand..." Knarzend endete die Durchsage.
    Bloß weg hier! Nadja bog um die Ecke und rannte geradewegs in die Arme von jemand, der exakt die gleiche Panzerung wie sie trug.
    "Hey, wo zum Teufel warst du, man??", brüllte ihr Gegenüber und ließ sie los.
    Nadja starrte den Typen an, und tippte plötzlich gegen ihren Helm, als ob ihr Funk ausgefallen wäre.
    "Ach, darauf geschissen – wir müssen weg von diesem Kahn!" Der Mann setzte sich in Bewegung und lief vor ihr los. "Die ganze Kacke fliegt uns gleich um die Ohren!", warf er im Rennen über die Schulter. "Verfickte Allianz! Wie haben die bloß Wind davon bekommen?!", regte er sich auf.
    Nadja hörte ihm genauestens zu, auch wenn sie nicht den blassesten Schimmer hatte, wovon er da redet. Der Kerl bog zu einem Korridor ab, von dem drei kleinere abgingen. Rettungskapseln.
    Sie stoppten beide und der Mann drehte sich zu Nadja um. Er setzte zum Sprechen an, aber es kam kein Ton heraus, weil er wie erstarrt in den Lauf der Waffe blickte, die die Ex-Soldatin in einer perfekten Pose auf ihn richtete.
    "Danke für Ihre Kooperation."
    Nadja grinste und erschoss ihn.
    Geändert von Nadeschda W. Sokolowa (25.09.2015 um 21:24 Uhr)

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