Ergebnis 1 bis 9 von 9

Hybrid-Darstellung

Vorheriger Beitrag Vorheriger Beitrag   Nächster Beitrag Nächster Beitrag
  1. #1
    Newbie Avatar von Javert
    Registriert seit
    28.05.2013
    Beiträge
    48

    Standard Forschungsschiff Nephthys

    Fakten zum Schiff

    Die Nephthys, benannt nach der altägyptischen Göttin des Südens, ist ein modernes aber im Vergleich eher ein mittelgroßes Forschungsschiff. Die Besatzung und die Technik an Board ist dafür ausgelegt und spezialisiert Planeten zu erkunden. Die Routen der Nephthys wird von der System Allianz meist vorgegeben. Um so die Erforschung besser zu koordinieren. Die Krankenstation ist auf dem modernsten Stand der für Menschen verfügbaren Technik.

  2. #2
    Newbie Avatar von Jean-Luc Javert
    Registriert seit
    02.06.2013
    Beiträge
    15

    Standard

    Tief blickt er ihr in die hellblauen Augen, während sie mit beiden Händen sein Gesicht hält. So zart und warm ist die Berührung, dass alles andere in Vergessenheit gerät.
    „Ich…“, beginnt sie, doch beendet sie ihren Satz nicht.
    „Wie geht es ihm?“, fragt sein Vater.
    „Mir geht es…“, beginnt er seine Antwort, doch wird von seiner eigenen Mutter unterbrochen.
    „Hervorragend. Er sollte bald aufwachen.“
    Verwirrung steigt in ihm auf.
    „Von wem redet ihr? Was ist los?“
    Bevor eine Reaktion auf seine Frage kommen konnte, verändert sich die Örtlichkeit. Weg von dem kargen Gang mit den Neonröhren, befindet er sich nun wieder in dem alten Haus in Afrika. Verängstigte Kollegen und bewaffnete Sicherheitskräfte um ihn herum. Die meisten verletzt und alle erschöpft.
    „Das sind gute Neuigkeiten“, spricht einer von ihnen leicht außer Atem.
    Noch immer steht sie vor ihm und hat ihre Hände an seinen Wangen. Sie steht vor ihm, obwohl sie nie an diesem Ort gewesen war.
    „Javert“, sagt sie.
    Bevor er noch einmal fragen konnte was hier los sei, wirbelt eine Explosion staub durch die Fenster. Alle versuchen in Deckung zu gehen. So gut sie können. Als er sie nun fragen wollte ist sie verschwunden. Das letzte was er hört sind ihre Worte, die aus der Staubwolke zu kommen schienen.
    „…liebe dich.“


    Wie nach einer gewöhnlichen Nacht öffnete Javert seine Augen. Nur war der Schlaf, von dem er erwachte, nicht gewöhnlich. Er wusste nicht wo er war und ließ seine Augen durch das Zimmer streifen. Weiße karge Wände, mit einem großen Bildschirm auf der Gegenüberliegenden. Zu seiner Rechten sah er weitere, kleinere Bildschirme, die unter anderem seinen Herzschlag anzeigten. Die Maschinen die er sah konnte er nicht zuordnen, doch vermutete er bereits, dass er in einem Krankenhaus sei. Damit lag er gar nicht mal so falsch, wie er später noch erfahren sollte. Eine der Maschinen, der Neuroscanner, erfasste das Erwachen von Javert durch die erhöhten Hirnfunktionen. Diese Information gab das medizinische Gerät an das Büro der Krankenabteilung weiter. So wusste Frau Dr. Cole sofort Bescheid, dass ihr Patient aufgewacht war. Sofort machte sie sich auf den Weg zu ihm. Mit einem Tablet unterm Arm betrat sie den Raum. Javert, der nicht wusste wo er war oder wer da gerade hereinkam, drehte seinen Kopf zu ihr. Doch er fühlte sich noch zu schwach um zu sprechen, weshalb er einfach abwartete.
    „Hallo“, begann die 51-Jährige. „Mein Name ist Doktor Cole. Sie befinden sich auf einer Krankenstation. Wie fühlen sie sich?“
    Mit schwacher Stimme und trockenen Lippen antwortet Javert ganz ruhig.
    „Scheiße.“
    „Ok“, schmunzelte sie. „Sie haben sicher Hunger und Durst.“
    „Ja.“
    „Das wird sich geben. Meine Kollegin wird ihnen nachher etwas bringen.“
    Währenddessen setzte sich die Doktorin auf einen kleinen Hocker, der an der linken Seite des Bettes stand.
    „Was ist passiert?“
    „Nun, das würden wir gern von ihnen wissen.“
    Beide schauen sich für einen Moment an. Doch Javert, der gern etwas sagen würde, wusste nicht was er sagen sollte.
    „Ich habe einige Fragen an sie um ihre Identität zu klären und ihr Gedächtnis zu testen.“
    „Gut.“
    Sie zückte das Tablet und begann zu fragen.
    „Wie ist ihr Name?“
    Bevor er antworten konnte, stellt er fest, dass er sich nicht sicher sei.
    „Ja…“, begann er. „Javert.“
    „Gut. Und ihr Vorname?“
    Suchend schaute er im Zimmer umher, doch fand er keine Antwort. Dr. Cole wollte ihn auf die richtige Spur bringen. Von den wenigen Informationen die man hatte, wusste man immerhin den ersten Teil seines Vornamen.
    „Jean.“
    „Luc“, gab Javert schnell zur Antwort.
    „Gut. Sehr gut. Sie scheinen sich zu erinnern“, sprach sie lächelnd, während sie die Daten auf ihrem Tablet vervollständigte.
    „Können sie mir sagen wo sie geboren wurden?“
    Jean-Luc überlegte und überlegte, doch fand keine Antwort.
    „Bordeaux.“
    „Ja. Jetzt wo sie es sagen.“
    Sie schmunzelte noch einmal.
    „Haben sie eine Freundin, eine Frau?“
    „Ich glaube ja.“
    „Können sie mir ihren Namen sagen?“
    Wieder überlegte er.
    „Ich glaube der hört mit A auf.“
    „Ja. Weiter. Sie schaffen das.“
    Er schüttelte den Kopf.
    „Sie haben auf ihrem Rücken eine große Tätowierung. Da steht Victoria.“
    „Das ist sie. Sie ist blond. Sie... sie hat blaue Augen. Hellblau.“
    „Das ist gut. Weiter.“
    „Mehr fällt mir nicht ein.“
    „Ok. Haben sie Kinder?“
    „Ich glaube nicht.“
    „Was ist das letzte woran sie sich erinnern können?“
    „Wie sie vor mir steht und mein Gesicht hält. Sie sagt, dass sie mich liebt.“
    „Wo war das?“
    „Keine Ahnung.“
    „Jetzt noch eine letzte sehr wichtig Frage. Danach können sie sich erst einmal wieder ausruhen. Später kommt die Kollegin mit Essen und etwas zu trinken.“
    Sie holte noch einmal tief Luft bevor sie die Frage stellte.
    „Können sie mir ihr Geburtsdatum nennen?“
    Sie behielt diese Frage bis zum Schluss, da die Daten die sie hatte, den Monat und vor allem das Jahr, anscheinend fehlerhaft waren. Wieder schüttelte Javert den Kopf nachdem er wieder im ganzen Raum nach der Antwort suchte. Die Frau Doktor gab ihm einen Denkanstoß.
    „Januar.“
    Nach einigen weiteren Sekunden des Überlegens fand er die Antwort.
    „2040. 26. Januar 2040.“
    „Sind sie sicher?“
    „Ja. Warum?“
    Ein weiteres Mal holte die Doktorin tief Luft.
    „Hören sie mir jetzt genau zu und bewahren sie Ruhe.“
    „Was ist los?“
    „Jean, sie waren weit über 100 Jahre eingefroren.“
    „Was?“
    „Wir haben sie in einem Kryobehälter gefunden. Wir haben das Jahr 2184. Das sind 144 Jahre nach ihrer Geburt.“
    Geändert von Jean-Luc Javert (22.06.2013 um 17:21 Uhr)

  3. #3
    Newbie Avatar von Jean-Luc Javert
    Registriert seit
    02.06.2013
    Beiträge
    15

    Standard

    „Nein“, Jean-Luc holt tief Luft. „Nein!“
    Dr. Cole wusste, dass eine solche Nachricht niemand leicht aufnehmen würde. Sie streckte kurz ihre Hand nach ihrem Patienten aus, war sich aber unsicher ob sie ihn sacht berühren sollte, um ihn zu beruhigen. Javert begann leicht zu hyperventilieren und seine Blicke streiften wild im Zimmer umher. Er erwartete, dass der Raum, wie in einem Traum, zusammen fallen würde und er erwache.
    „Nein!“
    Im Gesicht der Doktorin stieg Beunruhigung auf. Atmung, Puls und Hirnaktivität stiegen an. Dem medizinischen Monitor über dem Bett von Javert, konnte Dr. Cole die Werte genau entnehmen. Sie hoffte mit ein paar Worten den Zeitreisenden zu beruhigen.
    „Jean, Jean. Es ist alles gut.“
    „Das kann nicht sein. Sowas geht nicht.“
    „Es ist alles gut.“
    Zuvor war die Stimme der Doktorin sehr warm und angenehm. Ein Segen für jeden Patienten. Doch nun hörte man die Besorgnis, welche man zuvor nur in ihrem Gesicht erkennen konnte.
    „NEIN!“
    Javert versuchte aufzustehen. Noch bevor er seinen Oberkörper richtig heben konnte, hielt die Ärztin ihn an beiden Armen und drückte diese aufs Bett. Kalt war das schwarze karbonähnliche Material, aus dem Jeans Arme teils bestanden. Er wehrte sich. Heftig schüttelte er seinen Kopf hin und her und hob immer wieder seine Schultern um sich zu befreien. Spucke fiel umher und hing ihm aus dem Mund, während er weiterhin, auch innerlich, kämpfte.
    „Es wird alles… alles gut.“
    Auch die Anstrengungen, den jungen Mann ins Bett zu drücken, stand ihr nun im Gesicht. Sie ließ einen der beiden kalten Oberarme los, um Druck auf eine seiner Schultern auszuüben. Doch bevor sie seine Schulter greifen konnte, gelang es Javert sie wegzustoßen. Um nicht zu stürzen ging Dr. Cole wenige Schritte zurück. So konnte sie ihre Balance halten, stieß aber den Hocker hinter ihr um. In seinem unkontrollierten Anfall schob Jean-Luc seinen Körper mit den Armen und nur ein wenig mit seinen, im Moment, schwächlichen Beinen vom Bett. Er fiel auf den kalten hellgrauen Fussboden. Tränen liefen seinem Gesicht hinunter und tropften auf den Boden. Ein Faden Spucke ebenso. Sein Puls sank langsam wieder in den Normalbereich. Noch immer atmete er etwas schwerer. Javert blickte starr vor sich hin.

    Mit beiden Händen hält sie sein Gesicht. Beide schauen sich tief in die Augen. Hinter ihr drei an die Wand gekoppelte Kryobehälter. In allen drei liegt ein Mensch eingefroren. Menschen ohne Gesichter. Er nimmt ihre Hände von seinem Gesicht, geht an ihr vorbei und auf die großen Behälter zu.
    „Javert.“
    Javert blickt nach rechts. Mit dem Sturmgewehr auf dem Schoß, in Wüstentarnkleidung, Blut das unter seinem Helm hervor läuft und Dreck im Gesicht, sitzt ein Soldat auf dem Boden. Er ist geschafft. Mit schwachem Blick schaut er Jean an und nickt.
    „Wachen sie auf“, spricht er mit kraftloser Stimme.
    „Ich hab ihn erschossen“, antwortet Javert.
    „Wach auf. Es war richtig.“
    Eine Explosion wirbelt staub in den Raum. Die Sicht verringert sich auf wenige Zentimeter. Auch Javert sitzt nun auf dem Fussboden. Die Kryobehälter werden vom Dreck verschluckt und verschwinden. Javert wendet sich ab und schließt seine Augen. Nach ein paar Sekunden öffnet er sie ein wenig. Noch immer liegt der dichte, gelbe Dreck in der Luft.
    „Ich bin schwanger“, ertönt es aus dem stickigen Nebel.
    Schüsse erschallen im Hintergrund. Geschrei. Plötzlich kniet sie vor ihm und wieder hält sie mit beiden Händen sein Gesicht.
    „Javert, Javert.“
    Mit Kraft in der Stimme schreit sie ihn fast an. Schüttelt ihn.
    „Es ist alles gut.“
    Jean-Luc atmet immer schneller. Tränen bahnen sich ihren Weg.
    „Es war ok. Es war richtig so.“
    „Ich hab ihn erschossen“, entgegnet Javert.
    „Lieber er als du.“
    „Wach auf“, wirft der Soldat ein.
    Immer schwieriger wird es Luft zu bekommen. Er atmet hastig. Seine Atemwege verschließen und Javert ist am ersticken. Ein letztes Mal holt er tief Luft. Seine Arme gehen wild umher. Suchend nach greifbarer Hilfe. Seine Sicht verschwimmt. Es wird Dunkel.


    Noch immer auf dem Boden liegend, in Rückenlage, kam Jean wieder zu sich. Frau Dr. Cole war über ihn gebeugt.
    „Hören sie mich?“
    Ein kurzer Blick auf den Bildschirm des Neuroscanners verriet ihr, dass er wieder bei Bewusstsein sein musste.
    „Sie müssten mich hören“, sprach sie mehr zu sich als zu Javert.
    „Ja“, antwortete er leise.
    Ein kleines Lächeln überkam ihr.
    „Das ist gut.“
    Sie holte tief Luft, während sie kurz überlegte wie sie ihn wieder ins Bett bekommt.
    „Ich hole kurz meine Kollegin. Dann heben wir sie wieder ins Bett.“
    „Ok.“
    Es wirkte als würde Javert, dass im Moment nicht interessieren. Als wäre es ihm egal gewesen auf dem Boden zu liegen.
    „Ich komm gleich wieder", sprach Dr. Cole mit einem Lächeln.
    Bevor sie aufstand und den Raum verließ, klopfte sie leicht mit der Hand auf seinen Bauch. Sie wollte ihm so wohl ein gutes Gefühl vermittelten. Javert genoss es währenddessen schon fast wieder normal zu atmen. Ruhig ließ er seine Blicke wieder an der Decke entlang, durch das karge Zimmer streifen. Er dachte nicht darüber nach ob er es allein wieder ins Bett schaffen würde. Es viel ihm auch schwer einen richtigen Gedanken zu fassen. Konzentriert über seine Vergangenheit oder seiner Situation zu denken, war ihm einfach nicht vergönnt. Das einzige was ihm in diesen Moment zu seiner Lage einfiel, sagte er leise vor sich hin.
    „Scheiße.“
    Geändert von Jean-Luc Javert (22.06.2013 um 17:18 Uhr)

  4. #4
    Newbie Avatar von Jean-Luc Javert
    Registriert seit
    02.06.2013
    Beiträge
    15

    Standard

    Nach nicht mal zwei Minuten betraten Frau Dr. Cole und Cassandra, eine junge Krankenschwester, mit schwarzem Haar und grünen Augen, den Raum.
    „Na los. Heben wir sie auf“, sprach die 51-Jähige und beugte sich zusammen mit ihrer Kollegin nach unten. Javert griff mit der linken Hand nach dem Bettgestell, um sich mit hinauf zuziehen. Schwester Cassandra hob seine Beine und Dr. Cole Jeans Oberkörper hoch. Nach dem Kraftakt der beiden Frauen, schüttelte die Schwester noch das Kopfkissen durch und deckte Javert wieder zu.
    „Warum hab ich keine Kraft in meinen Beinen?“
    Die Frau Doktorin antwortete auf seine Frage, während sie den Hocker wieder ans Bett stellte und sich hinsetzte.
    „Die meisten Muskeln müssen sich erst wieder an eine Belastung gewöhnen. Es sollte…“
    Cassandra unterbrach sie.
    „Brauchen sie noch etwas?“
    „Nein, danke.“
    „Es... Mit der richtigen Physiotherapie sollte es nicht lange dauern. Dann sollten alle Muskeln wieder belastbar sein. Die Muskeln sind nicht abgeschlafft. Sie waren eingefroren. Man könnte sagen konserviert. Ihre Arme betrifft das natürlich…“
    „Warum kann ich mich nicht richtig erinnern?“
    Wieder wurde die Doktorin unterbrochen. Leise vollendete sie noch ihren Satz, leckte sich kurz die Lippen und antwortete erneut auf Javerts Frage.
    „Soweit ich weiß, können Gedächtnisstörungen ein Nebeneffekt von der Kryostase sein. Das gibt sich meist aber wieder.“
    „Es wird also alles wieder zurück kommen.“
    In dem Blick, den Jean-Luc der grauhaarigen Frau zu warf, erkannte sie seine Hoffnungen. Diese musste sie jedoch schmälern.
    „Es ist wahrscheinlich. Kann aber lange dauern. Und der Behälter, in dem wir sie fanden, war ziemlich beschädigt. Und laut dem Neuroscann, haben sie eine leichte Gehirnerschütterung erlitten, die womöglich das Langzeitgedächtnis ebenfalls beeinflusst hat.“
    Javerts Blick barg nun auch ein Funken Traurigkeit.
    „Ich denke schon, dass sie ihr Gedächtnis zu, so in etwa 95 %, wieder erlangen. Nur wird dies wohl sehr lange dauern.“
    Er atmete tief durch und versuchte auch diese Nachricht zu verarbeiten.
    „Wir müssen noch einige medizinische Untersuchungen machen. Nur um zu sehen ob wirklich alles in Ordnung ist. Das meiste konnte wir auch schon, während sie geschlafen hatten untersuchen. Zumindest das Physische.“
    „Ok.“
    „Wollen wir gleich beginnen?“
    „Irgendwas Schmerzhaftes dabei.“
    Dr. Cole lächelt und zieht einen kleinen Stift hervor.
    „Nein.“
    Die Ärztin stand auf, begab sich zum Fußende des Bettes und schlug die Decke um.
    „Fangen wir gleich mit ihren Beinen an. Wackeln sie mal mit den Zehen.“
    Ohne Anstrengungen konnte Javert Folge leisten.
    „In welchem Krankenhaus bin ich eigentlich? Also in welcher Stadt?“
    Die große schlanke Frau schaute ihn an und holte kurz Luft.
    „Wir sind auf der Nephthys.“
    „Auf der? Ein Schiff?“
    „Ja.“
    „Ein Raumschiff?“
    Diese Information war für Javert wesentlich leichter zu verarbeiten.
    „Spüren sie das?“ fragte die Doktorin zwischendurch als sie mit dem medizinischen Stift über seine Fußsohle fährt.
    „Na klar. Ja. Ja“, reagierte er nebenbei auf die Frage und fuhr fort. “21… was war's?“
    „84.“
    „Genau. 2184.“
    „Anspannen.“
    „So?“
    „Ja. Gut so.“
    Danach untersuchte Dr. Cole die Waden und drückte dabei mit dem Stift auf verschiedene Punkte. Javert ließ das Ganze über sich ergehen. Auch wenn er nicht verstand, was genau sie untersuchte, fragte er nicht nach. Fragen hatte er dennoch einige.
    „Wir fliegen jetzt gerade durch den Weltraum?“
    „Ja.“
    In Javert stieg Begeisterung auf.
    „Das ist ja sowas von cool. Warum hab ich eigentlich kein Fenster?“
    Wieder lächelte Dr. Cole.
    „Daneben befinden sich nur weitere Räumlichkeiten. Die Krankenstation ist doch recht Zentral gelegen. Wir haben hier keinen einzigen Raum mit Fenstern. Da müssen sie später zum Beispiel in die Kantine gehen.“
    „Kantine? Essen klingt jetzt gar nicht schlecht. Hoffentlich gibt’s noch was, was ich kenne.“
    „Sieht gut aus. Alle Beinmuskeln die ich getestet habe geben Gegendruck, wenn ich sie belaste.“
    „Super. Also, Kantine?“
    „Nein“, antwortete sie erneut mit einem Lächeln. „Noch nicht. Soll ich was holen lassen?“
    „Das wär mal was.“
    Javert gelang es nicht weiter drüber nach zudenken, dass er über 100 Jahre in Kryostase sich befand. Das ermöglichte ihn sich auf andere wichtige Aspekte bzw. Fragen zu konzentrieren. Dazu kam noch der Hunger der langsam immer größer wurde. Doch vor allem konnte er unbeschwerter mit der Situation umgehen, solange er nicht direkt darüber nachdachte.
    „Ich komm gleich wieder.“
    „Jap.“
    Erneut verließ die 51-Jährige den Raum. Javert viel in dem Augenblick ein, dass sie nicht besprachen, was er essen wolle. Er setzte dazu an sie zu rufen, entschied sich aber anders. Es dauerte wieder nur wenige Minuten bis sie zurück kam.
    „Ist unterwegs.“
    „Super. Und was gibt’s?“
    „Was Gesundes.“
    „Hab's befürchtet“, scherzte Jean-Luc, dessen mentale Verfassung sich langsam besserte.
    Die Doktorin schlug die Decke wieder über die Beine und das Deckenende vom Oberkörper zurück.
    „Ich muss jetzt ihren Oberkörper untersuchen.“
    „Ok.“
    Sie öffnete den Patientenkittel an der Seite und zog ihn unter der Decke hervor, wodurch sie freie Sicht auf Javerts Bauch und Brust bekam.
    „Wir haben sicher auch schon andere Planten besiedelt, oder?“
    „Anspannen.“
    Wieder drückte sie mit ihrem Stift, um die Muskeln zu belasten.
    „Gut so. Ja, haben wir.“
    „Und…“
    Frau Dr. Cole unterbrach ihn.
    „Wir müssen sie jetzt rum drehen. Schaffen sie das mit dem Oberkörper? Dann helf ich bei ihren Beinen.“
    „Ja. Können wir so machen.“
    Während Javert sich auf seinen rechten Arm stützte, zog die grauhaarige Ärztin seine Beine nach.
    „Was ich fragen wollte. Hab wir intelligentes Leben entdeckt?“
    „Wenn es nur das wäre, was wir entdeckt haben.“
    Javert machte große Augen und war neugierig auf Mehr.
    „Also da draußen gibt’s wirklich andere intelligente Arten, so wie wird. In etwa.“
    Für Dr. Nancy Cole waren Außerirdische nichts Besonderes. Erst im zweiten Augenblick wurde ihr wieder bewusst, dass es zu der Zeit ihres Patienten, Mitte des 21. Jahrhunderts, noch keinen Kontakt zu Aliens gab.
    „Ja. Wir haben sogar welche an Bord.“
    „Echt?“
    „Ja.“
    Nachdem sie gemeinsam Javert wieder herumdrehten, zog sie ihm den Kittel an und deckte ihn wieder zu. Zur selben Zeit betrat Cassandra mit einem Tablett das Zimmer.
    „Wie sehen sie aus?“
    „Das werden sie noch sehen“, antwortete Dr. Cole während sie ein kleines Schränkchen mit integrierten Tabletthalter heranzog.
    Schwester Cassandra stellte das Essen ab, wünschte „Guten Appetit.“ und verließ wieder den Raum.
    „Guten Hunger.“ wünschte die Doktorin und wollte ebenfalls das Zimmer verlassen.
    „Warten sie. Ich hab noch ein Haufen Fragen.“
    „Jetzt wird erst mal gegessen. Einverstanden?“
    „Ja“, nickte Javert und schaute sein essen an. „Was ist das?“
    „Bauernfrühstück. Das müssten sie doch kennen.“
    „Ja, das meint ich auch nicht“, und deutete auf das Glas dunkelgrüner Flüssigkeit. „Ich meinte das.“
    „Das ist salarianisch und sehr lecker. Vor allem aber gesund.“
    „Sala… das ist nicht von diesem Planeten. Unserem Planeten.“ Korrigiert Javert sich selbst.
    Die Doktorin lächelt.
    „Nein. Aber es ist wirklich lecker. Probieren sie einfach. Und wenn es nicht schmeckt lassen sie es stehen.“
    Noch skeptisch nahm Javert ein Schluck. Er war überrascht. Die Doktorin hatte recht.
    „Stimmt.“
    Erfreut nickte Nancy Cole ihm zu und verließ den Raum, während Jean begann hastig zu essen.
    Geändert von Jean-Luc Javert (22.06.2013 um 17:37 Uhr)

  5. #5
    Newbie Avatar von Jean-Luc Javert
    Registriert seit
    02.06.2013
    Beiträge
    15

    Standard

    Javert holte tief Luft. Sein traurig wirkender Blick schweifte erneut durch das Zimmer.
    “Ok, und was nun? Was mach ich dann?“
    Er hielt einen kurzen Moment inne mit seinen Gedanken und fuhr dann fort.
    “Victoria. Victoria.“
    Krampfhaft versuchte er sich an sie zu erinnern. An ihr blondes Haar und ihre blauen Augen. An ihre zarte Haut und ihr Stimme, die er immer wieder in seinen Träumen hörte.
    “Victoria.“
    „Oh, das sieht doch gut aus.“
    Javert bemerkte nicht, dass Dr. Cole inzwischen den Raum betrat.
    „Was?“
    „Sie haben fleißig aufgegessen“, und deutete auf den leeren Teller und das leere Glas.
    „Hatte auch Hunger. Das grüne Zeug schmeckt wirklich.“
    „Hab ich ihnen doch gesagt“, antwortete die Doktorin mit dem gelockten grauen Haar. „Bereit für ein bisschen Sport?“
    „Was genau?“
    „Wir stellen sie aufs Laufband.“
    „Ok.“
    Dr. Cole schob das kleine, weiße Schränkchen mit dem Tablett wieder in die Ecke und verließ den Raum.
    „Gleich wieder da“, rief sie noch, während sie durch die, sich automatisch öffnende Tür ging.
    Kaum ein Augenblick später kam die Doktorin, zusammen mit Schwester Cassandra samt einem Rollstuhl, wieder herein.
    „Wirklich?“
    „Ja“, entgegnete die Ärztin.
    Gemeinsam hoben die beiden Frauen Javert in den Rollstuhl. Während Cassandra ihn über den Gang fuhr und Dr. Cole nebenher lief, fing Jean-Luc wieder an Fragen stellen. Verständlich, in seiner Situation.
    „Sind wir weit von der Erde weg?“
    „Nein“, antwortete die 26-Jährige Krankenschwester, bevor es ihre Vorgesetzte tun konnte.
    „Bringen sie mich dann wieder zur Erde?“
    Auch Cassandra schaute die Doktorin fragend an.
    „Das Allianz-Kommando weiß von ihnen. Die werden sich darum kümmern, dass sie zur Erde kommen. Ich glaube nicht, dass die Nephthys vom Kurz abweichen wird. Ihre Rückreise allerdings, müssen sie mit dem Captain klären.“
    „Stopp!“, rief Javert.
    Die beiden Frauen erschraken und hielten sofort an. Sie waren für einen Moment irritiert.
    „Die Person war blau.“
    Der schwarzhaarige Patient deutete auf eine Tür in einem Quergang. Damit wollte er zeigen wo die gemeinte Person sich hin begab.
    „Das war sicher eine Asari.“
    Sie setzten sich wieder in Bewegung.
    „Asari?“
    „Ja, wir haben zwei von ihnen an Bord. Wissenschaftlerinnen.“
    An dem interessierten Blick von Javert konnte Dr. Cole erkennen, dass er mehr über die Asari wissen wollte.
    „Die Asari sind ein Frauenvolk.“
    Javert machte große Augen.
    „Ein Frauenvolk?“, fragte er nach.
    „Ja. Sie pflanzen sich durch eine Art Parthenogenese fort.“
    „Parth...eno…genese?“
    „Ja.“
    „Ok, das schlag ich später nach.“
    Die beiden Frauen schmunzelten und Cassandra fuhr für Frau Dr. Cole mit dem Gespräch fort, während sie Javert mit dem Rollstuhl in den medizinischen Fitnessraum schob.
    „Sie können bis über 1.000 Jahre alt werden.“
    „Wow.“
    „Sie sind eine der fortschrittlichsten Spezies in unser Galaxis.“
    „Ich komm mir vor wie einem Science Fiction-Film“, lächelte Javert.
    Mit seinen Armen hielt er sich an den beiden Griffschienen, links und rechts des Laufbandes, und zog sich hoch. Auf beiden Armen abstützend lief er langsam, Schritt für Schritt, vorwärts bis er mittig auf dem Laufband stand.
    „Können sie sich halten?“, fragte Dr. Cole nach.
    „Ja. Kein Problem.“
    „Gut. Ich schalte es nun an und sie werden einfach versuchen ein Schritt nach den anderen zu setzten. Aber halten sie sich fest. Ihr Beine tragen sie noch nicht.“
    „Ok.“
    Die Doktorin schaltete das Laufband in der geringsten Geschwindigkeitsstufe an. Javert folgte den Anweisungen seiner Ärztin und schaute dabei auf den Bildschirm vor ihm, wo er unter anderem seinen Puls verfolgend konnte.
    „Wo haben sie eigentlich ihre Arme her?“
    Nachdem er kurz zu Dr. Cole schaute, als sie ihm die Frage stellte, schaute er seine Arme an und musste nur kurz überlegen bis er ihr eine Antwort geben konnte.
    „Keine Ahnung. Sind aber im Moment sehr praktisch.“
    „Nicht einmal ein Ansatz von Erinnerungen?“
    Er schüttelte den Kopf, während er langsam weiter ging und sich auf seine Arme abstützte.
    „Ein…“, begann er und überlegte weiter, während ihn Bildfetzen vor sein geistigen Auge erschienen. „Ein Krieg oder sowas.“
    Sicher war er sich nicht.
    „Waren sie vielleicht Soldat?“
    Javert blickte vor sich ins Nichts und versuchte sich intensiv zu erinnern. Sein Blick wurde immer leerer.

    Er atmet schwer. Sitzt auf den Boden im Dreck, während er sich an eine Steinsäule lehnt. Hektisch gehen Javerts Blicke umher. Um ihn herum sitzen und liegen Soldaten, Sicherheitskräfte und Zivilisten. Teils verwundet und alle erschöpft. In seinem Gesicht ist diese Erschöpfung gut zu erkennen. Ebenso gut wie seine mittlerweile getrockneten Tränen und wie sie ihre Bahnen durch den Dreck in seinem Gesicht zogen. Ein Soldat kommt auf ihn zu gelaufen.
    „Ok, wir müssen weiter. Nimm sie und komm!“
    Javert schaut zu seiner Rechten, auf den Boden und sieht eine Maschinenpistole unter seiner Hand im Dreck liegen.
    „Los Leute! Los! Los! Los!“, ruft der Soldat durch den ganzen Raum.
    Derweil ist das laute Geräusch eines Helikopters zu hören, während gleichzeitig auch Schüsse zu vernehmen sind.
    Im nächsten Moment ist Javert schon draußen und rennt unter dem von Säulen gehaltenen Vordach eines anderen Gebäudes entlang. Während der Helikopter Staub aufwirbelt und Kugeln an ihm vorbei fliegen und die Hauswand sowie in die Steinsäulen einschlagen. Eine große Explosion lässt alles im Staub und Rauch verschwinden, durch den sich noch ein Schrei bohrt.
    „JAVERT!“


    „Javert?“, sprach die Doktorin ihn ein weiteres Mal an.
    Sein Blick wieder mit Leben erfüllt, schaute er suchend umher.
    „Sie waren wohl weggetreten. Ist alles in Ordnung?“
    „Ja, glaub schon“, antwortete er noch etwas irritiert.
    „Ist ihnen etwas eingefallen?“
    „Wie ich gesagt hab.“
    Dr. Cole nickte.
    „Ich würde eine Stufe hoch stellen. Es sieht bisher gut aus. Soll ich?“
    „Ja. Können sie.“
    „Ich vermute, dass sie ihre Augen und die Narbe ebenfalls da her haben.“
    Er musste kurz überlegen. Erinnerte sich aber recht schnell daran, dass seine Augen nicht echt waren und er eine sechs Zentimeter lange Narbe am Kopf hat.
    „Ich glaube ja.“
    „Ok“, antwortete die Medizinerin und vermutete, dass selbst wenn sich ihr Patient daran erinnern würde, er wohl nicht darüber reden möchte.
    Mittlerweile bei Stufe 3 angekommen, gewöhnten sich Javerts Beinmuskeln wieder an die Belastung. Um sich von diesen unangenehmen Erinnerungen nicht auffressen zu lassen, versuchte Jean-Luc sich auf aktuellere Dinge zu konzentrieren.
    „Sie haben vorhin was von Allianz erzählt.“
    „Die menschliche Allianz meinen sie?“
    „Denk ich mal.“
    „Die Länder der Erde haben eine Allianz gegründet.“
    Bevor sie weiter sprechen konnte unterbrach Javert die Ärztin.
    „Wann?“
    „Vor mittlerweile 35 Jahren. 2149.“
    „Ziemlich spät find ich. Hab immer gehofft, dass wir unser mein-Land-dein-Land-System endlich mal über den Haufen werfen.“
    Er holte tief Luft und fragte weiter.
    "Und die ersten Außerirdischen?“
    „Oh, ich glaube das war…“, sie musste kurz überlegen. „58. Oder 57.“
    „158?“
    „Ja. Irgendwann um 2158“
    „Und wie viele Arten gibt es?“
    „Außerirdische Arten? Keine Ahnung. Einige. Ich hab sie noch nicht gezählt.“
    „Zumindest sind es nicht nur zwei oder drei.“
    „Nein. Das sind schon definitiv mehr.“
    Inzwischen konnte sich Javert immer mehr auf seine Beine abstützen.
    „Ich glaube es geht wieder.“
    „Ok. Wollen sie es probieren?“
    „Ja“, blickte er sie an.
    „Wenn sie merken, dass es nicht geht dann stützen sie sich wieder ab.“
    Jean-Luc nickte bevor er langsam versuchte sich von allein auf den Beinen zu halten.
    „Ok. Etwas wacklig.“
    „Langsam.“
    „Ja“, lachte er. „Klappt.“
    „Super“, freut sich auch Dr. Cole. „Versuchen sie mal zu gehen. Aber vorsichtig.“
    „Ja.“
    Ein Fuß vor dem anderen, begann Javert langsam und vorsichtig sich zu bewegen und sich auf den Beinen zu halten.
    „Sieht gut aus.“
    „Hätte nicht gedacht, dass das so schnell wieder geht.“
    „Wie ich sagte. Ihre Muskeln waren nur eingefroren nicht abgeschlafft. Die mussten auch erst mal wieder aufwachen und sich nicht erst wieder entwickeln.“
    Die Doktorin war zufrieden, was man ihr auch sofort ansah.
    „Gehen sie noch ein Stück. Ich sag dem Captain kurz Bescheid.“
    „Ok.“
    Javert schaute der Doktorin zu wie sie aufstand und zu einer Kommunikationseinheit an der Wand ging. Sie drückte ein paar Tasten und jemand von der Brücke meldete sich.
    „Hier ist Dr. Cole aus der Krankenstation. Unser Patient ist wieder auf den Beinen.“
    „Das klingt sehr gut“, Sprach eine leicht maschinell verzerrte Männerstimme.
    „Noch ein paar Übungen und dann werd ich ihn auf die Brücke bekleiden.“
    „Haben sie vielen Dank Doktor.“
    „Ok“, beendete sie das Gespräch.
    Geändert von Jean-Luc Javert (22.06.2013 um 17:54 Uhr)

  6. #6
    Newbie Avatar von Jean-Luc Javert
    Registriert seit
    02.06.2013
    Beiträge
    15

    Standard

    Dr. Cole begab sich zurück zu Javert, der noch immer auf dem Laufband stand.
    „Wie fühlen sie sich?“
    „Gut soweit.“
    „Ich schalt jetzt ab.“
    Mit einem Tastendruck kam das Laufband langsam zum stehen. Jean-Luc war in der Lage sich ohne Abzustützen auf beiden Beinen zu halten.
    „Glauben sie, sie können mit meiner Hilfe bis zu ihrem Bett laufen?“
    „Warum Bett? Wie wär‘s mit Kantine?“
    „Haben sie etwa schon wieder Hunger?“
    Javert überlegte kurz. Hunger hatte er keinen mehr. Und einen Außerirdischen konnte er sicher auch wo anders begegnen.
    „Dann zur Brücke?“
    Die Ärztin schmunzelte.
    „Sie sollte sich erst einmal ausruhen. Und soweit sollten sie vielleicht noch nicht alleine laufen.“
    Nur noch ein wenig wackelig, verließ Javert ohne fremde Hilfe das Laufband. Er blickte dabei auf den Boden und seinen Füßen, um zu sehen ob er in der Lage wäre wieder normal zu gehen.
    „Sieht doch gut aus.“
    „Das Risiko gehe ich aber nicht mit ihnen ein.“
    Javert seufzte.
    „Bett, Schlafen und dann können wir ein Rundgang machen.“
    „Sie hören sich an wie meine Mutter.“ Entgegnete Jean-Luc scherzhaft und ohne zu überlegen.
    Darüber nachgedacht, wie seine Mutter war, hatte er nicht. Als er den ersten Schritt tätigte, um zu seinem Zimmer zu laufen, fiel ihm dies selber auf. Doch bevor er anfangen konnte nun zu überlegen und sich womöglich an seine Mutter zu erinnern, spürte er wie Dr. Cole nach ihm griff. Er erschrak kurz.
    „Was…?“
    „Ich will sie nur stützen.“
    „Warum?“
    „Wollen sie es wirklich allein probieren?“
    „Ja sicher.“
    Die Doktorin zog ihre Arme zurück und sah zu wie Javert ein Schritt nach dem anderen ging. Zum Glück folgte sie ihm, da er nach nur wenigen Metern etwas ins Straucheln kam. Schnell reagierte Nancy Cole und konnte ihn vor einem Sturz bewahren.
    „Ok. Vielleicht haben sie recht.“
    „Ganz so schnell geht es dann wohl doch nicht.“
    An dem Blick, welchen Javert ihr zu warf, konnte sie erkennen wie er ein Funken Hoffnung verlor. Vielleicht war es aber auch die Enttäuschung, dass es alles nicht so schnell voran ging wie er sich es womöglich erhofft hatte.
    „Ich bring sie in ihr Zimmer. Na los. Ganz in Ruhe.“
    Unter dem Arm stützend half Dr. Cole ihm bis zu seinem Zimmer. Sie redeten kein Wort, während Javert Ausschau hielt, um mit etwas Glück einen Außerirdischen zu sehen. Ohne Erfolg. Angekommen setzte sich der junge Mann auf das Bett. Er ist doch etwas erschöpft gewesen, wie er sich gegenüber zugeben musste.
    „Brauchen sie noch irgendetwas?“
    Javert schüttelte mit gesenktem Blick den Kopf, bevor die ältere Frau sich von ihm abwandte und dabei war den Raum zu verlassen.
    „Dr. Cole?“
    „Ja?“
    Er hob seinen Blick während die Ärztin wieder auf ihn zu kam.
    „Wie… wie ist es heute auf der Erde?“
    Die Doktorin erkannte in seinen traurigen Augen, Jeans Hilf- und Ziellosigkeit. Bevor sie antwortete schluckte sie. Immerhin musste sie sich genau überlegen was sie sagen sollte. Obwohl sie geübt im Umgang mit Patienten war, viel es ihr nie leicht, derartig sentimentale Gespräche zu führen.
    „Es ist wunderschön auf der Erde. Wie es schon immer war.“
    Javert setzte an, doch wusste er nicht was er darauf sagen sollte.
    „Seit Jahren steigt wieder der Baumbestand. Es gibt viele Naturschutzgebiete“, überlegte sie weiter. „Große moderne Städte.“
    Nicht viel war es, was der Doktorin einfiel.
    „Ich weiß nicht was ich dann machen soll.“
    Mit Schwermut in der Stimme und in den Augen, wünschte er sich etwas Hoffnung zu bekommen.
    „Ich…“, schüttelte er den Kopf. „Weiß nicht wo ich hin soll.“
    Mittlerweile neben ihm sitzend, legte Nancy Cole ihre Hand zum Trost auf seine Schulter.
    „Die Allianz wird ihnen dabei helfen. Sie wird ihnen Möglichkeiten zeigen, die sie wahr nehmen können. Und vielleicht kann man ihnen auch helfen Verwandte zu finden. Sie könnten wieder nach Bordeaux gehen.“
    Mit einer Träne, die sich über seine Wange abrollte, nickte Javert zustimmend. Er fand diesen Funken Hoffnung wieder.
    „Ok“, antwortete er und wischte sich die Träne vom Gesicht. „Danke.“
    „Alles gut?“
    „Ja“, lächelte er. „Mir war grad danach,“ versuchte Javert zu scherzen.
    Die Doktorin erwiderte sein Lächeln.
    „Ok. Und jetzt wird geschlafen.“
    „Ja.“
    Dr. Cole stand auf, sah noch kurz wie Javert sich hinlegte und zudeckte, bevor sie den Raum verließ. Es dauerte noch einige Momente bis Jean-Luc einschlief. Diese Minuten verbrachte er damit wieder an die Decke zu starren. Gedankenlos lag er da bis die Müdigkeit ihn überkam.

    „Javert“, sagt der kleine afrikanische Junge in seinem roten dreckigen Shirt und seiner hellbraunen ebenso dreckigen, kurzen Hosen.
    „Javert“, wiederholt er.
    Als Javert ihn sieht und erkennt, läuft eine Träne über sein Gesicht. Ihn zu sehen irritiert ihn.
    „Ich…“, setzt er an.
    „Ja, ich“, antwortet der Junge.
    „Ich hab…“
    „Und warum?“
    Einige Neonröhren in dem kalten Gang, begannen zu flackern.
    „Du… du bist doch selber schuld.“
    „Ach ja?!“
    Plötzlich hielt der Junge, in einem ungefähren Alter von 11, eine Pistole in der Hand. Er hebt seinen Arm und zielt genau in Javerts Gesicht.
    „Nein.“
    Die Angst in seiner Stimme ist nicht zu überhören.
    „Selber schuld“, sind die letzten Worte des Jungen bevor eine Explosion ihn verschwinden lässt.
    Es wirbelt Staub auf. Die Scheiben des Autos hinter dem Javert nun steht zerbrechen. Der Versuch sich abzuwenden ließ ihn nun auf den Boden schauen, bringt allerdings nicht so viel Schutz wie er hofft. Ein Fragment des explodierten Fahrzeugs streift ihn am Kopf. Langsam kroch das Blut an seinem Haupt hinunter. Die ersten Tropfen fallen schon zu Fußboden. Plötzlich spürt er wieder ihre warmen Hände, die seinen Kopf hoben. Noch immer schwebt Dreck und Rauch in der Luft. Kleine Teile die von der Explosion in den Himmel geschleudert wurden, vielen ringsherum zu Boden.
    „Ich bin schwanger.“
    Wortlos stierte er sie an. Es vergeht ein langer Moment bis sich Javert plötzlich in einem Saal voller Studenten befindet.
    „Javert“, sprach der Professor ihn an.
    Noch immer war die rechte Seite seines Kopfes von Blut überströmt. Es scheint nur niemanden zu interessieren.
    „Sie wollen mich wohl wieder blamieren?!“
    „Ich hab ihn umgebracht.“
    „Das ist keine Ausrede“, sprach der Professor, während er wieder langsam die Treppe hinunter zu seinem Tisch läuft.
    „Hey“, flüstert Javerts Sitznachbar.
    Er wendet sich zu ihm.
    „Der will anderen Leuten schaden. Das sieht man ihn doch an. Der will jemand killen.“
    Der junge Mann neben ihn deutet währenddessen auf die große Leinwand, die mit dem Bild eines Mannes mittleren Alters, von einem Beamer beworfen wird.
    „Er will sich umbringen“, entgegnet Jean-Luc, der noch immer blutet.
    „Lassen sie uns an ihrem Gespräch teilhaben?“, warf der weißbärtige Professor ein.
    „Er will sich umbringen“, sagt Javert lauter.
    „Sieht das noch jemand so?“, fragt der Professor in den ganzen Saal hinein.
    Wieder flüsterte der junge Mann neben ihm.
    „Nein, ich glaube der will jemand umbringen. Wahrscheinlich mit einem Messer.“
    „Was?“, fragte Javert während er sich zu seinem Nachbarn wendete und plötzlich ein Mann auf ihn zu rennen sieht.
    Mit einem Buschmesser schlägt er nach Jean-Luc. Der nun plötzlich wieder in dem alten Haus in Afrika sitzt. Die Steinsäule hinter ihm. Der Dreck auf dem Boden. Javert sitzt nur da und starrt vor sich in die Leere. Bewaffnete Soldaten und Sicherheitskräfte schießen aus den Fenstern oder bringen Verletzte in den Raum. Große Hektik überall. Schüsse und Schreie bilden Lärm. Einige Stellen im Haus sind schon nach wenigen Sekunden vom Blut Verletzter und Toter gedrängt. Wenn ein Schuss in eine Mauer schlägt wirbelt Dreck auf. Wenn er in einen Menschen einschlägt spritzt das Blut umher. Geduckt rennt ein Soldat in den Raum, kniet vor Javert, packt mit beiden Händen seinen Kopf und schreit ihn an.
    „Javert! Javert!“
    Aus der Starre befreit fließen schnell Tränen Javerts Gesicht hinunter. Er hyperventiliert. Ist in Panik. Wild schaut er umher, doch findet keine Ruhe in dem Chaos. Der Soldat schüttelt ihn.
    „Es ist alles gut. Es war richtig so.“
    Javert schaut noch immer panisch und weinend in das dreckige, unrasierte und markante Gesicht des Soldaten.
    „Ich hab ihn erschossen.“
    „Lieber er als du“, entgegnet der Soldat mit rauer, hektischer Stimme.
    „Ich…“
    „Du musst dich zusammen reißen.“
    „Ich hab ihn umgebracht.“
    Die Nase zu und mit immer neuen Tränen verzieht Javert heulend das Gesicht.
    „Ich hab dir gesagt, ich hol dich hier raus. Aber dabei musst du mir helfen“, sagt der Soldat in seiner straffen Art.
    Er lässt das Gesicht los und legt seine Hände auf Javerts Schulter. Noch immer blutet Javert am Kopf. Da wo ihn der Soldat mit seiner linken hielt. Diese ist nun ebenso vom Blut überströmt. Aber eben von Jean-Lucs Blut.
    „Haben wir uns verstanden?“
    Nur mit einem leichten Kopfschütteln reagiert Javert, noch immer schwer atmend und mit rot unterlaufenen Augen, auf die Frage. Der Soldat stand auf und ging zu einem der Fenster um das Feuer zu eröffnen. Javert will ihm hinterher schauen, als plötzlich der kleine afrikanische Junge mit der gezogenen Pistole vor ihm steht. Rundherum waren alle weiter in großer Hektik, doch es wurde Still. Nur sehr dumpf waren einschlagende Kugeln und Menschengeschrei noch zu hören.
    „Mörder“, ist sein letztes Wort bevor er abdrückt.
    Ein lauter Knall durchschneidet die Stille und alles wird dunkel.


    Javert öffnete seine Augen. Er blickte kurz durch das noch immer karge Zimmer. Tief Luft geholt, leckte er kurz seine Lippen und schluckte. Noch immer fühlte er sich müde und blieb einfach im Bett liegen.
    Geändert von Jean-Luc Javert (22.06.2013 um 18:11 Uhr)

Berechtigungen

  • Neue Themen erstellen: Nein
  • Themen beantworten: Nein
  • Anhänge hochladen: Nein
  • Beiträge bearbeiten: Nein
  •