Im Sudan haben Demonstranten die deutsche Botschaft gestürmt. Die deutsche Fahne wurde heruntergerissen und die Islamistenfahne gehisst. Der Krisenstab des Auswärtigen Amts tagt. Die Menge riss das Emblem der deutschen Vertretung nieder und hisste die islamische Flagge, wie Augenzeugen berichteten. Sie warfen Fensterscheiben ein und legten vor dem Haupttor Feuer. Zuvor hatten rund 5000 Menschen vor der deutschen und der britischen Botschaft gegen den Schmähfilm über den Propheten Mohammed protestiert und versucht, in die Gebäude einzudringen. Aus der Menge wurden Steine geworfen, berichteten Augenzeugen. Die Polizei habe Tränengas eingesetzt. Seit Tagen kommt es in zahlreichen islamischen Ländern zu Protesten, vier US-Diplomaten wurden dabei bisher getötet.
Außenminister Westerwelle erklärte am Nachmittag: "Die deutsche Botschaft in Khartum ist zur Zeit Ziel von Attacken durch gewaltbereite Demonstranten. Der sudanesische Botschafter wurde bereits heute morgen einbestellt und unmissverständlich auf die Pflicht seiner Regierung zum Schutz diplomatischer Einrichtungen hingewiesen.” Die Botschaftsangehörigen befinden sich laut Westerwelle in Sicherheit. Der Krisenstab des Auswärtigen Amtes tage und stehe in Kontakt mit der Botschaft. Angesichts der gewalttätigen Proteste gegen den islamfeindlichen US-Film "Unschuld der Muslime" hatte die Bundesregierung zuvor die Sicherheitsvorkehrungen an deutschen Botschaften und Konsulaten in islamischen Ländern verschärft. Westerwelle hatte sich am Vormittag besorgt um deutsche Beamte geäußert. "Wir Deutsche machen uns natürlich auch Sorgen um unsere eigenen diplomatischen Vertretungen in den betroffenen Ländern", sagte der FDP-Politiker im ARD-"Morgenmagazin". Sicherheitsvorkehrungen seien bereits getroffen worden. Der Außenminister lobte die Bedeutung des Internet für die Revolution in arabischen Ländern. "Es gibt aber auch einen Fluch des Internets – nämlich, dass auch die verrücktesten und fanatisch verblendetsten Menschen ihr dümmstes Zeug ins Internet stellen können und dabei leider auch die Gefühle von vielen Menschen verletzen. "Manche Menschen in der arabischen Welt wüssten nicht, dass dies nicht repräsentativ für die Einstellung im Westen sei. "Sie glauben, dass das in irgendeiner Form regierungsamtlich gebilligt wird.
Der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime in Deutschland, Aiman Mazyek, verurteilte die Gewalt gegen die deutsche Botschaft im Sudan "aufs Schärfste". "Wir fordern die Muslime im Sudan auf, die Integrität der deutschen Botschaft sofort wiederherzustellen", sagte Mazeyk der "Welt". Er erinnerte daran, dass der Gast eine besondere Stellung im Islam einnehme. "Botschaften genießen dieses islamische Gastrecht, das von den Botschaftsstürmern regelrecht mit Füßen getreten wird."
Ali Kizilkaya, Vorsitzender des Islamrats, sagte: "Was dort geschieht, ist mir völlig unverständlich. Ich begreife auch nicht, was damit bezweckt wird. Dafür gibt es keinerlei religiöse Begründung." Kizilkaya erinnerte in diesem Zusammenhang an die Rolle der muslimischen Autoritäten in Ägypten, die während der jüngsten Proteste zur Besonnenheit gemahnt hätten. Den Islamisten im Sudan riet er: "Wir Kritik wegen eines Films üben will, der soll friedlich demonstrieren. Gewalt ist keine Mittel des Meinungsstreits, Gewalt schadet dem Islam."
Das in den USA produzierte Amateur-Video stellt den Propheten Mohammed als Homosexuellen, Kinderschänder und Schürzenjäger dar. Bei gewaltsamen Ausschreitungen von Muslimen, die ihre Religion durch den Film beleidigt sehen, waren in den vergangenen Tagen in Libyen vier US-Diplomaten getötet worden. Es kam zu Angriffen auf US-Einrichtungen in Libyen, Ägypten und dem Jemen. Bereits 2006 war es nach der Veröffentlichung von Mohammed-Karikaturen in einer dänischen Zeitung zu einem weltweiten Gewaltausbruch gekommen. Damals kamen im Nahen Osten, Asien und Afrika mindestens 50 Menschen ums Leben.
Auch in Ägypten und im Jemen gingen die Proteste gegen den Schmäh-Film weiter. In Kairo bewarfen Demonstranten Polizisten mit Steinen. Die Sicherheitskräfte stellten sich den aufgebrachten Menschen in den Weg, um die wie eine Festung gesicherte US-Botschaft zu schützen. In Erwartung weiterer Unruhen nach den Freitagsgebeten blockierten Sicherheitskräfte auch in der jemenitischen Hauptstadt Sanaa die Straßen zur US-Botschaft.