Die Dalish versuchte, beinah verzweifelt, die Fassung zu wahren. Auch wenn sie es nie freiwillig zugegeben hätte, hatte sie sich doch an die beiden Shemlen gewöhnt, genauso an den Gedanken, zumindest eine Weile mit diesen zu reisen.
Sie schluckte hart, blickte langsam von dem einen zur anderen. Die Gesichter starrten ihr undeutbar entgegen, sie hatte nicht den Hauch einer Ahnung wie die beiden Menschen sie sahen. Dass Juliette die Vertrauensfrage löste, war aber im Nachhinein nur berechtigt, hatten die beiden doch bereitwillig ihre Geschichten erzählt, nur Leirâ hatte bisher geschwiegen. Ob vor sich selbst oder vor den Rosenohren war ihr selbst nicht ganz klar. Sie holte tief Luft.
Vir Bor'Asan. Breche nicht, Vir Assan, geh deinen Weg erhobenen Hauptes. Und nun hatte dieser Weg sie zu diesem Moment geführt, wo es an der Zeit war, ihre Geschichte zu enthüllen. Sie zwang sich, den beiden im Wechsel in die Augen zu schauen.

"Ich wurde nicht verbannt. Das ist es doch, was euch Sorgen bereitet, nicht wahr?", sie reckte herausfordernd das Kinn vor, deutete dann auf die Spitzen ihrer Ohren. "Ihr müsstet euch schon mit den Händen unterhalten, wenn ich nicht hören soll, was ihr sagt." Sie schaute einen Augenblick lang in die Leere, ehe sie fort fuhr:
"Ich bin keine Verbrecherin oder Verstoßene. Ich bin....", die Jägerin biss sich auf die Unterlippe, suchte nach den richtigen Worten,
"...Na ja, eine Gesandte, würde man wohl sagen:

Die Klingen des Langen Weges, mein Klan, verfolgen seit einigen Wintern einen Weg, der nur in ihren Untergang führen kann. Ràsahla, unsere Hüterin, zeigte mehr und mehr Anzeichen von Besessenheit, jeden Shemlen anzugreifen dem wir gewahr werden konnten." Langsam glitt ihr Blick ab, Bilder von Tod und Blut flammten auf, schlugen ihr Flammen gleich entgegen.
"Vor drei Wintern geschah es, dass eine Schar gepanzerter Shemlen über uns herfiel. Sie kamen, verdeckt vom Mantel der Nacht. Ich wachte von den Schreien auf. Sie töteten die Alten, die Kinder....", sie schluchzte, als ihr Gesicht vor ihr auftauchte, "meine Mutter.", ein tiefer Atemzug, das Brennen in der Kehle ließ nach, wenn auch eine Träne über ihre Wange floss.
"Seitdem trieb Ràsahla uns immer weiter an, die Dörfer eures Volkes zu suchen, sie anzugreifen. Vor wenigen Wochen erst fasste sie den Entschluss, wieder eure Hauptstadt, Denerim zu ziehen. Sie wollte unsere versklavten Vettern befreien, mit einem Klan, der kaum noch mehr als vierzig Dalish zählte, beinah die Hälfte zu alt oder zu jung um zu kämpfen."
Ihr Blick wurde wieder klarer, nun sah sie die beiden wieder an, auch wenn sie immer noch nicht schlau aus deren Gesichtern wurde. Ihre Stimme gewann wieder etwas an Kraft:
"Nanashi, mein Vater, hatte seit Dyalas Tod mehr und mehr Zweifel an Ràsahlas Entscheidungen und vor zwei Tagen weckte er mich des Nachts. Er sagte mir, dass die Geschichte unseres Klans überleben müsse. Und ich, als Tochter des Bewahrers, bin die Einzige die neben ihm genug über unsere Geschichte weiß um diese zu bewahren.", wieder musste sie Schluchzen. Alrik öffnete gerade den Mund, als sie ihm mit der Hand das Wort abschnitt.
"Er gab mir zum Abschied noch ein Geschenk." Sie zog das Schwert.
"Eine Klinge eures Volkes, zur Erinnerung an ihn und dass...."
...'Dass du dich stets daran erinnerst, dass es auch unter den Rosenohren solche mit Ehre gibt. Bleibe stets offen im Geiste, sonst erkennst du einen Gefährten nicht, wenn er vor dir steht.'

"...Und dass...?", hakte Alrik nach. Auf seinem Gesicht hatte die Strenge ungebändigter Neugierde platz gemacht. Die Dalish sah ihn lange an, dann berührte sie sanft seine Wange.
"Ich habe nur versucht, euch auf eurer Reise weiter zu helfen. Dass es für uns solche Probleme bedeuten würde, dass ich diesen Hornochsen da drüben niederschlage wusste ich nicht." Doch zu einer Entschuldigung konnte sie sich nicht durchringen, dazu fühlte sie sich zu sehr im Recht. Auf Alriks Gesicht stahl sich ein rötlicher Farbton, dann nickte er. Leirâ nickte auch. Es war nicht ihre, zugegebenermaßen überstürzte Tat, die sie so aus der Fassung gebrach hatte, mehr das Misstrauen ihrer Weggefährten. Sie hoffte, dieses nun zumindest fürs Erste aus der Welt geschaffen zu haben. Sie blickte Juliette an, die nur undefinierbar zurückstarrte. Und dann meinte...