Mein Review gibt es doch schon heute. Achtung, Spoiler.
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Uncharted 3 hat viele Probleme. Das ist der traurige Satz, zu dem ich gekommen bin, nachdem ich drei Tage überlegt habe, was ich vom Singleplayer des dritten Teils halte. Es sind nicht unbedingt viele Probleme, aber eben sehr große.
1. Uncharted 3 ist der Nachfolger von Uncharted 2. Und das gilt für mich als das Spiel, das am nächsten an der Perfektion der Videospielindustrie liegt. Von Anfang bis Ende bot Among Thieves eine mitreißende Story, tolle Charaktere und ein flüssiges, fast perfektes Gameplay. In allen drei Punkten muss Drake's Deception leider herbe Kritik einstecken.
Ich fange mit der Story an, die erst ab ziemlich genau der Hälfte an Qualität gewinnt. Alles, was davor passiert, ist zwar nett, aber weder mitreißend noch wirklich unterhaltend. Man wird wie in einer Kurzgeschichte mitten ins Geschehen geschmissen. Das muss nichts Schlechtes sein, ist hier aber nicht gut gelöst. Die Motivation hinter den ersten Szenen wird im Lauf des Spiels zwar aufgeklärt. Ich persönlich halte die ganze Geschichte aber für an den Haaren herbei gezogen. Das liegt daran, dass die Entwicklung in meinen Augen falsch herum von statten ging. Denn: Zuerst wurden die Schauplätze festgelegt. Erst dann machte sich Amy Henning an das Schreiben der Geschichte. Und das merkt man dem Spiel zu absolut jeden Zeitpunkt an.
Auch die Charaktere sind alles andere als gut gelöst. Nate Drake und Sully sind im Grunde die einzigen zwei, an denen nicht ins Negative herum geschraubt wurde. Elena Fisher, mein Lieblingscharakter aus dem gesamten Uncharted Universum, wurde beispielsweise auf ganzer Linie versaut. Und das schreibe ich beabsichtigt so in aller Härte. Ihr Äußeres wurde "asiatisiert" (asiatische Augen, höhere Wangenknochen etc.) und sie ist völlig im Hintergrund verloren gegangen. Sie war zwischenzeitlich sogar mit Drake verheiratet (verlobt?), darauf wird aber kaum bis gar nicht eingegangen. Und insgesamt ist ihre Rolle nur noch auf das nötigste beschränkt. Bis auf eine Ausnahme, die gleichzeitig die mit Abstand beste Szene des gesamten Spiels ist. Aber dazu später mehr.
Neben der Rückkehrerin Chloe, die auch ordentlich verändert wurde, schaffte es auch ein neuer Charakter ins Team: Charlie Cutter. Über den kann ich nicht mal viel schreiben, weil er komplett blass bleibt und durch einen x-beliebigen Charakter ersetzt werden könnte. Zur Handlung trägt er ebenfalls nur sehr aufgesetzt bei.
Schlussendlich sind da noch die zwei Gegner: Talbot und Marlowe. Fangen wir mit Marlowe an. Im Vorfeld wurde über keinen zweiten Charakter so gesprochen wie über die berühmt berüchtigte Katherine Marlowe. "Drakes schlimmste Gegenspielerin. Meisterin der Psychospielchen." - Nein. Schlichtweg nein. Absolut nicht. Die Frau hat vielleicht drei große Szenen. Und nur eine davon (nämlich ihr erster Auftritt) ist überhaupt erinnerungswürdig. Ich ziehe mal einen Vergleich zu Lazarevic aus Uncharted 2. Das war ein Gegner. Furchteinflößend und brutal. Man musste in jeder Sekunde damit rechnen, dass irgendein Unschuldiger oder liebgewonnener Charakter von ihm umgebracht wird. Der Typ zeigte den uneingeschränkten Willen, das zu bekommen, was er will und ging dabei über hunderte von Leichen. Marlowe hingegen? Nein... einfach nein.
Gleiches gilt für ihren "Handlanger" Talbot. Ihn machen genau zwei Dinge aus. Zum einen hat er Stil, zum anderen scheint er übernatürliche Fähigkeiten zu haben. In einer Szene wird er nämlich (definitiv) angeschossen, in der nächsten spaziert er topfit durch das Bild. Und zwischen diesen Szenen lagen lediglich ein paar wenige Minuten. Ansonsten stellt aber auch er keinen ernstzunehmenden Gegner dar. Im Gegenteil. In regelmäßigen Abständen flieht er und man selbst wird dazu gezwungen, ihm jedes Mal hinterher zu rennen. Diese Abschnitte sind, wie auch der gesamte Rest des Spiels, bombastisch inszeniert. Aber sie tragen nicht dazu bei, einen ordentlichen Antagonisten zu präsentieren.
Zu guter Letzt ist da noch das Gameplay. Das schwammige Zielen ist vermutlich das einzige und gleichzeitig größte Problem der Steuerung. Viel entscheidender ist aber der nahezu identische Ablauf des Spiels, wenn man es mit Teil 2 vergleicht:
Kurzer Prolog (hier eine Barschlägerei) -> Ein Einbruch in ein Museum -> ein Bisschen hiervon, ein Bisschen davon -> vom Auto auf ein fahrendes Fahrzeug springen (hier Flugzeug, in UC2 der Zug) -> der Konvoi -> das letzte Kapitel in Iram -> Alles stürzt ein und man rennt um sein Leben.
Das ist das Spiel in aller Kürze. Und so in etwa lief auch Uncharted 2 ab.
Und jetzt kommt noch das zweite Problem. Uncharted 3 will ein "Sommer-Blockbuster auf Hollywood-Niveau" sein. Und genau hier liegt dieses Problem. Das Spiel ist zu viel des Guten. Erinnert ihr euch noch an die (guten) alten Zeiten, in denen man kurz im Dschungel, dann für den Großteil des Spiels auf einer Insel und am Ende auf einem Frachtschiff war? Keinen hat's gestört, weil es unglaublich gut gepasst hat. Oder auch in Uncharted 2, wo es zwar mehr wurde, aber immer noch ging: Vom türkischen Museum nach Borneo, dann nach Nepal und von da aus im fliegenden Wechsel in den Himalaya und nach Shambhala. Auch das hat wunderbar funktioniert. In Uncharted 3 ist es aber schlichtweg viel zu viel: London, Kolumbien, Frankreich, Syrien, Jemen, Ozean, Wüste, Iram. Vielleicht liegt es auch daran, dass dadurch so viele Zeitsprünge erzwungen wurden und keine flüssige Erzählung zustande kam. Aber mir hat das nicht gefallen. Manchmal ist weniger eben doch mehr.
Nach dem ganzen Meckern kann ich aber auch Gutes über Uncharted 3 sagen. Alles, was passiert, passiert mit so viel fantastischer Inszenierung, dass man über gewisse Schwächen hinweg sieht. Die Optik ist grandios - obwohl es hin und wieder heftige Verzögerungen beim Laden der Texturen gab. Das Steuern ist größtenteils gelungen (Zielen ausgenommen) und die letzten Szenen des Spiels lassen einen mit einem guten Gefühl zurück. Und hier sind wir wieder bei den Hollywood Blockbustern. Eine gut durchdachte Story mit tiefgründigen Charakteren musste einer bombastischen Inszenierung weichen. Das ist ein Opfer, das ich als jemand, der die meisten Spiele nur wegen den Geschichten spielt, nur ungern mache.
Aber es gibt sie doch. Diese eine Szene, die mir den Atem genommen hat. Diese eine Szene, durch die ich erkannt habe, dass es trotz allen Schwächen und Enttäuschungen "mein" Uncharted ist. Diese eine Szene, von der ich auch jetzt gerade, während ich über sie schreibe, so eine Gänsehaut kriege wie selten zuvor. Ich spreche von dieser einen Szene nachdem Nate von dem sinkenden Kreuzfahrtschiff entkommen ist und an den Strand gespült wird. Kurze Zeit später gelangt er völlig KO zu Elena, die ihn sofort aufnimmt und zeigt, dass sie immer noch Gefühle für ihn hat. Dann folgt dieses eine Gespräch, das ich meine. Nate liegt auf Elenas Schoß, greift nach ihrer Hand, schließt die Augen und sagt, dass ihm das alles leid tut. Diese Szene hat mich so berührt, dass mir augenblicklich Tränen in die Augen stießen. Diese Szene fand den Weg zurück auf das Niveau von Uncharted 2 (wenn auch nur für ein paar Sekunden) und zeigte mir, dass sich die 150 Euro für die Explorer Edition (Review dazu folgt) doch noch gelohnt haben.
Hier noch ein kurzes Fazit: Die Story ist die mit Abstand schwächste der drei Teile. Die Inszenierung hingegen die beste. Aber wie gesagt: Ich bin jemand, der Spiele wegen ihren Geschichten spielt, weshalb Uncharted 3 insgesamt zwar besser ist als Uncharted 1, aber einen Rückschritt von Uncharted 2 gemacht hat, über den auch die von mir beschriebene Szene leider nicht hinwegtäuschen kann.