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  1. #31
    ME FRPG only Avatar von Kate Devereaux
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    Die unendlichen Weiten der Galaxie: PSY Sharons Desire

    „Ich bleibe beim Whiskey“, entgegnete Kate. „Man soll ja nicht mischen.“ ‚Schon gar nicht, wenn man sich nicht aller Sinne berauben will.‘ Die Biotikerin nutzte die kurze Pause, um sich den Gesamtplan nochmals in den Kopf zu rufen. Sie überlegte, wie lange Nika wohl benötigen würde, um ihren Job zu erledigen. Vermutlich nicht lang, aber je mehr Zeit Kate ihr zuspielen könnte, umso sicherer würde das Ganze sein. Ein paar Minuten waren sie ja nun schon unterwegs, aber Nika würde ebenfalls ein paar Minuten warten müssen, bevor sie sich in die Yacht schleichen konnte. ‚Ich gebe ihr so viel Zeit möglich, ohne das es mir zu unangenehm wird.‘ Zwar machte ihr das Rumflirten Spaß, aber sie hatte kein wirkliches Interesse an James und darum wäre ihr allzu intensiver Kontakt unangenehm. Es galt einen schmalen Grad zu beschreiten und vor allem Jim abgelenkt zu halten, darum wechselte sie das Thema zu etwas anderem.
    „Jim, was hast du eigentlich zu dem Zeitpunkt gemacht, als die Citadel von den Geth angegriffen wurde?“, fragte sie den ehemaligen Admiral.

  2. #32
    Newbie Avatar von James Herlock
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    James Herlock
    Tag 6, 09.04.2184, 22:04 Uhr
    Zum Geburtstag...


    „Während des Angriffes?“, fragte Jim erstaunt. Er hatte mit vielen Fragen gerechnet aber nicht mit solch einer. Er hob eine Augenbraue und sah Mia einige Sekunden verwundert an. In seinem Kopf ratterte es. Er suchte nach einer passenden Antwort, um von diesem für ihn unangenehmen Thema abzulenken, doch Mia ließ nicht locker. Ihr Blick verharrte in seinen Augen und zwang ihn zur Aufgabe. Jim atmete tief ein. Es war ihm sichtlich unangenehm davon zu sprechen.
    „Ich stand vor den Trümmern meines Lebens.“, begann er leise.
    Er stellte sein Glas auf den Tisch ab, stand auf und ging zum Fenster. Sein Blick schweifte über die kargen Wände der Citadel-Andockbuchten. Vergeblich suchte er einen Fixpunkt dort draußen. Wieder musste er aufgeben. Schließlich entdeckte er sein schemenhaftes Spiegelbild in der Scheibe. Er hing sich daran auf. Seine Augen glitten über seine Gesichtszüge. Tasteten jeden Winkel seines Blickes ab.

    „Meine Frau...“, wieder ein Moment ruhe: „Sharon und meine Eltern sind ein paar Jahre zuvor gestorben. Die drei haben zusammen mit meiner Schwester dieses Unternehmen geleitet. Ich fing das trinken an. Zunächst nur gelegentlich. Dann aber exzessiv. Ich wusste nicht was ich tun sollte. Gott sei Dank, hatte ich gute Freunde. Einige Male betrunken zum Dienst erschienen. Das hätte böse enden können, wären meine Freunde nicht gewesen. Ich quittierte meinen Dienst bei der Flotte und versank vollends im Suff. Ich war zu nichts mehr zu gebrauchen. Bis meine Lilly mich rettete. Sie zwang mich zur Entziehung und zum Besuch bei den Anonymen Alkoholikern...“
    Seine Stimme zitterte leicht. Wohl wissend, dass sie nur nach dem Angriff gefragt hatte und nicht seine Lebensgeschichte hören wollte erzählte er weiter: „Irgendwie hab ich es dann doch geschafft vom Dämon los zu kommen. Kacy, meine Schwester, nahm mich in die Firma auf und übertrug mir die Geschäfte unseres Vaters.“

    Als wenn er neuen Lebensmut geschöpft hätte, fand er zu seiner kräftigen Stimme zurück. Er drehte sich um und lehnte sich an das Fenster.
    „Ich musste lernen, wie es in der freien Wirtschaft läuft. Es machte Spaß. Vor allem, da es dem führen einer ganzen Flottille ähnelte. War also keine wirklich große Umstellung für mich.“ Ein lächeln huschte über sein Gesicht. Seine Augen fanden im selben Moment ein neues Ziel. Er fixierte Mia, die geduldig seiner Geschichte lauschte.
    „Kurz vor dem Angriff auf die Citadel, entdeckte ich dann die Akte zu diesem Schiff im Archiv der HYC. Du musst wissen, dass bis zu dem Zeitpunkt, keine Schiffsakte digitalisiert war. Alles wurde von Hand notiert und gepflegt. Und genau das machte den Erfolg der HYC aus. Wir waren und wir sind noch immer einzigartig.“ Sein Stolz war kaum zu verkennen. Er blühte jetzt richtig auf.
    „Ich war Zuhause auf der Erde, als ich davon erfahren hatte. Ich lief direkt zum Terminal und kontaktierte die Allianz. Wollte meine Hilfe anbieten. Doch dann erkannte ich, dass meine Zeit hinter mir lag und ich den Jungen den Vortritt lass musste. Ich wartete also auf die erlösende Nachricht aus der Zweigstelle hier und wurde nicht enttäuscht. Die Citadel existiert noch und die HYC verkauft seit dem besser denn je. Also hatte der Angriff, für mich, sogar was gutes. Auch wenn es makaber klingt aber so ist das nun mal. Und du, Mia? Wo warst du?“


  3. #33
    ME FRPG only Avatar von Kate Devereaux
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    Die unendlichen Weiten der Galaxie: PSY Sharons Desire

    Kate hatte nicht gedacht, dass ihr Frage – eine Frage, die vermutlich schon jedes Lebewesen auf der Citadel mehrmals beantwortet hatte – den ehemaligen Admiral so aus der Bahn warf. So verwundert sie darüber war, so nützlich war dies natürlich als Ablenkungsmanöver, wenn zu diesem Zeitpunkt Nika hoffentlich den essentiellen Teil ihres Jobs erfüllte. Dann schien er sich jedoch so weit gefasst zu haben, dass er antworten konnte. Er erzählte von seiner Familie und dass er zum Alkoholiker wurde, dass er seinen Dienst zu jener Zeit quittierte und seine Tochter ihm wohl das Leben – im übertragenen Sinne – gerettet hatte. Kate konnte jedoch nicht zuordnen, ob das vor dem Angriff war oder ob der Citadel-Blitz genau in jener Zeit stattfand. Doch Jim fuhr fort und klärte auf, dass er noch vor dem Angriff die Führung bei HYC übernahm. Insgeheim musste Kate zugeben, dass die Geschichte nicht uninteressant war, denn mit solchen Menschen hatte sie normalerweise nichts zu tun. Natürlich kannte sie auch Unternehmer, aber diese waren meist Vorstehende von irgendwelchen Söldnertruppen oder maximal in der Mittelschicht. Schließlich kam Jim zum genauen Zeitpunkt des Angriffs, der dann verhältnismäßig unspektakulär ablief. Anschließend stellte der Ex-Admiral die Gegenfrage.

    Logischerweise konnte Kate nicht erzählen, dass sie sich zu dieser Zeit auf Omega aufgehalten hatte, genauer gesagt, einem übereifrigen Taschendieb die Seele aus dem Leib geprügelt hatte und überhaupt erst am Tag nach dem Angriff davon erfuhr, also musste sie sich eine neue Geschichte ausdenken. Doch ihre Tarnidentität verschaffte ihr eine passende Möglichkeit.
    „Ich war gerade auf Bekenstein mit Freunden unterwegs, als die tragische Nachricht eintraf. Sofort wurde die Musik abgedreht und Nachrichten gezeigt. Wir saßen ewig, ich weiß gar nicht wie lange, wie gebannt vor den Displays und hofften, dass es gut ausginge. Bekenstein ist ja sehr nahe der Citadel und wir fürchteten, dass wir die nächsten sein konnten, wenn die Geth-Flotte nicht zurückgeschlagen werden konnte. Glücklicherweise kam es dann ja nicht so.“
    Kate schüttelte sich kurz. „Es muss ein Horror für die Menschen auf der Citadel gewesen sein. Stell dir vor, du sitzt gerade in einem Bistro und plötzlich tauchen diese furchtbaren Maschinen auf, schießen, es brennt, Leute schreien, Panik und man selbst ist mittendrin. Hilflos. Denn was kann man gegen die Maschinen schon ausrichten.“

  4. #34
    Rookie Avatar von Nika Violet Duran
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    UWG – Sharons Desire

    Nika blickte ihrer Partnerin, Mia, oder auch Kate Devereaux, und dem sekundären Zielobjekt, James Herlock, hinterher. Während die zwei sich der Yacht immer mehr näherten, blieb sie zurück und somit war es nur eine Frage weniger Sekunden, bis sich zwischen den kühlen Gedanken an ihren Auftrag und ihrer Abneigung gegen die meisten der Gäste weitere Gedanken mischten. Ich bin ja nun allein., wurde es der Agentin plötzlich bewusst, was unweigerlich dazu führte, dass sie sich flüchtig und ein wenig verunsichert umsah.
    Die Szenerie hatte sich jedoch in den wenigen Minuten des Gesprächs nicht großartig verändert.
    Dezente Dekoration und eine Masse aus Gästen in den ansehnlichsten Kleidern und Uniformen prägten noch immer das angemessene Bild, das die Feier von sich gab. Nika verglich diesen Eindruck und vor allem die Kleider anderer, junger Frauen einige Momente lang mit sich selbst. So wie sie nun da stand, ihren Cocktail mit beiden Händen haltend und prüfend an sich herabsehend, wie eine partnerlose, verunsicherte Streberin auf der Prom einer High School, war es also wohl kein Wunder, dass es nicht lange dauerte, bis sie jemandem auffiel.
    „Mister Hurlock scheint ja doch seniler zu sein, als er aussieht, wenn er Sie hier einfach so stehen lässt.“, Nika war sich nicht sicher, ob die Aussage ein Scherz, Missachtung oder eine Mischung aus beidem war und behielt somit eine doch eher neutrale Miene, als sie den Lieutenant Commander ansah. Hübsch, aber Allianz, also hässlich. Außerdem habe ich keine Zeit.
    „Mister Herlock ist ein guter und beliebter Freund meiner Familie.“, entgegne Nika mit einem bissigem Unterton und einem absichtlich gespielt aussehendem Lächeln. Die Gestik, sowie das Gespräch, beendete sie anschließend auch schon mit dem nächsten Atemzug. „Guten Abend.“, verabschiedete sie sich kurzerhand von dem Soldaten, der zu dem Zeitpunkt noch immer versuchte, aus dem Fettnäpfchen zu kommen, in das er vermeintlich getreten war.

    Nika hatte die Feier seit einigen Metern – und zu ihrer Zufriedenheit ohne weitere Störungen - hinter sich gelassen und stand nun vor der Luftschleuse der Sharons Desire. Feines Mädchen., quittierte sie in Gedanken, als sie eben diese Schleuse ohne irgendwelche Probleme passierte.
    Was sich der Agentin nun für ein Anblick bot, war durchaus ansehnlich und wuchs, mit jedem vorsichtigen Schritt, den sie in den Wohnbereich der Yacht tat, zu einem beeindruckend heran. Dabei blieb es jedoch auch, denn im Endeffekt war die Sharons Desire ein Luxusschiff wie jedes andere. Der klassische Holz-Look war in den letzten Jahren zwar wieder in Mode gekommen, doch genau so schnell hatte er auch schon wieder ausgedient und wirkte einfach nur noch gewöhnlich, statt in irgendeiner Weise besonders oder teuer. Zumindest war das Nikas Meinung, die sie just in diesem Augenblick aber verwarf, um sich auf wichtigere Dinge zu konzentrieren.
    Als erstes befreite sie sich von den doch eher hinderlichen Damenschuhen und ließ anschließend nochmal einen schnellen Blick über die Umgebung schweifen. Zwar wäre ein Raumplan der Yacht nun hilfreich gewesen, auf der anderen Seite hatten private, speziell für eine bestimmte Person gebaute, Luxusyachten aber meistens einen großen Vorteil – sie waren nicht besonders komplex.
    Von dem Wohnbereich, der Lounge, dem Wohnzimmer – wie auch immer man es nennen wollte – war bereits ein breiter Zugang zum nächsten Raum zu erblicken, der sich vollkommen von dem eher schmalen und vergleichsweise spröden Durchgang auf der anderen Seite abhob. Da Nika nicht vermutete, dass jemand wie James Herlock seine geschäftlichen Angelegenheiten in einem Maschinenraum tätigte, entschied sie sich daher dafür, den wichtiger aussehenden Gang zu nehmen.
    Die Vermutung erwies sich als richtig und als Belohnung dafür fand sich die Agentin im Schlafzimmer des Millionärs wieder. Der Gedanke erfreute sie auf Anhieb nicht wirklich, er hatte aber ohnehin keine Zeit, sich zu irgendwelchen Überlegungen weiterzuentwickeln – Nika konzentrierte sich und ihre Sinne dann doch lieber darauf, mögliche Störenfriede zu entdecken. Sehr zu ihrer Ermunterung schien es jedoch auch hier ruhig zu sein. Offensichtlich macht Kate ihre Sache gut., mit einem Mal weiteten sich ihre Augen in purem Schock. Hoffentlich nicht zu gut.
    Sie schüttelte entschieden den Kopf, als einen verzweifelten Versuch, sich von den sehr eindeutigen Bildern zu befreien, die ihre Fantasie da grade zusammenmalte. Fest entschlossen, ihrer Partnerin weiterer solcher Leidhaftigkeiten zu ersparen, schlich sie tiefer in den dunklen Raum hinein. Der persönliche Arbeitsplatz von Herlock war nicht besonders schwer zu entdecken - Groß und teuer, genauso wie der Rest des Schiffes. Als Ausgleich dafür diente hier aber wohl die persönliche Note, die er dem schweren Schreibtisch verliehen hatte, wenn auch nur durch das einzelne Bild einer älteren Frau, die – wenn man eben das Alter mal außen vor ließ – sehr an seine Tochter erinnerte. Nika widmete sich der Fotografie nur mit ein paar nebensächlichen Gedanken, bevor sie sich dem Terminal widmete. Das wird dann wohl die verstorbene Liebe sein. Und jetzt macht er sich an Mädchen ran, die jünger als sein eigenes Kind sind. Typisch für so reiche, alte Säcke.

    Was Mister Herlock jedoch in seine Yacht und sein persönliches Auftreten investiert hatte, hatte er wohl bei anderen Bereichen eingespart. Der Sicherheit seines Arbeitsplatzes beispielsweise. Nika hatte nur wenige Minuten gebraucht, um sich Zugang zu verschaffen – hauptsächlich hatte sie das zwar nicht ihren überragenden Fähigkeiten, sondern eher denen der Softwareentwickler zu verdanken. Trotzdem gönnte sie sich ein gedachtes Yay!, als sie James‘ E-Mail-Account für die geplante Schandtat verwendete. Wie für Cerberus üblich, wusste die Agentin selber nicht genau, warum sie eigentlich tat, was sie tat. Das einzige was sie sah war ein ausführlicher Unfallbericht zu einer Kollision zweier Flugkörper, wobei wohl ein besonderes Augenmerk auf die Antriebstechnik eines der Flugkörper gelegt wurde. All das ging sie nichts mehr an. Ihr Auftrag war so gut wie erledigt und somit gab es nun nur noch eine Sache, auf die sie sich konzentrieren musste – das Abhauen.
    Läuft ja alles perfekt., dieser kurze, gedachte Satz sollte sich sofort als verlorenes Spiel mit dem Feuer entpuppen. Ein plötzliches, anhaltendes Klingeln signalisierte, dass es einen Anruf auf dem Communicator gab und Nika war sich sicher, dass weder der Anrufer noch der möglicherweise gleich auftauchende Mister Herlock sie hier erwarteten. Noch während ihr das Ich brauch ein Versteck! durch den Kopf schoss, sperrte sie das Terminal wieder – und brachte es damit in seinen Urzustand – und sah sich eiligst um. Zwei Verstecke waren ihr bei einer vorherigen, beiläufigen Inspektion aufgefallen, das erste war unter dem Bett, das zweite war der große Wandschrank. Nika – unter dem Einfluss der eiligen Schritte, die sie nun vernahm – entschied sich kurzerhand für den Klassiker und suchte im Schrank Deckung.

  5. #35
    Newbie Avatar von James Herlock
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    James Herlock
    Tag 6, 09.04.2184, 22:06 Uhr
    … eine Entführung


    Jim lauschte den Ausführungen von Mia interessiert. Es war ein Thema, das jeden anging. Angst selbst dazuzugehören. Selbst eines dieser zahllosen Opfer zu werden. Das beschäftigte jeden während des Blitzes. Aber Jim beschäftigte diese Frage schon früher.
    „Ich weiß wie das ist. Ich hab selbst schon im Krieg gekämpft. Zwar nicht als Soldat an vorderster Front, sondern als Navigator auf der Anchorage im Erstkontaktkrieg, aber ich weiß was du meinst, Mia.“ Er ergriff sein Glas und genehmigte sich einen Schluck, ehe er das penetrante Klingeln seines Terminals vernahm. Es war aber nicht das Signal der geschäftlichen Leitung sondern das der privaten. Also konnten es nur seine Leute vom Schiff, seine Schwester, ihr Sohn oder seine Tochter gewesen sein. Halt Leute, an denen Jim etwas lag. Kacy hatte er heute schon gesprochen und Lilly würde den direkten Kontakt suchen, solange sie beide auf der Citadel waren. Zu Jonah hatte Jim schon lange keinen Kontakt mehr. Also war davon auszugehen, dass es sich um eines seiner Crewmitglieder handeln musste und dass würde bedeuten, dass es Probleme gab. Jim sprang auf.
    „Bleib sitzen, warte hier.“ Seine Stimme schlug ins ernste über. Keinesfalls böse oder sauer. Eher besorgt. Jim hetzte nach unten und durch die breite Tür in sein Schlafzimmer. Alles war am blinken. Es sah aus, wie kurz vor einem Flugzeugabsturz, bei dem alle Warnleuchten wie wild aufleuchteten, um nur einen Bruchteil einer Sekunde später wieder in der Dunkelheit zu verschwinden.
    „Entgegennehmen“, befahl der ehemalige Rear Admiral. Es war eine reine Audioübertragung.
    „Admiral! Wir haben Mist gebaut.“, ertönte die andere Stimme.
    „Leg los, Julia. Was ist?“
    „ Es geht um Li-Ann...“ Jims kräftige Gesichtsfarbe wich einem fahlen blassen Ton. Allein diese paar Worte reichten aus, um ihn wieder die Angst spüren zu lassen, jemand geliebtes verloren zu haben.
    „... sie haben sie mitgenommen.“
    Jim schluckte schwer: „Was soll das heißen?“
    „Sie wurde entführt, Sir. Der Major ist hinter ihnen her, konnte sie aber nicht mehr aufhalten. Es tut mir leid.“
    Ruhe. Eine beängstigte Stille entstand.

    „Niemand zuhause?“
    Seine Schlüssel warf er in die Schale auf der Anrichte im Flur. Das klimpern erklang im ganzen Haus für einige Sekunden. Er schloss die Eingangstür hinter sich.
    „Hallo?“
    Suchend ging er durch die Räume. Es war heiß und als er nach einigen Minuten niemanden antraf, ging er davon aus, dass doch niemand da sei. Jim ging zum Kühlschrank und suchte nach seinem Apfelsaft.
    „Hab ich dich.“, flüsterte er leise. Er drehte den Verschluss auf. Doch bevor er sich einen Schluck genehmigen konnte, vernahm er wohlbekannte Laute aus dem Garten. Übrigens der einzige Ort an dem er nicht nachgeschaut hatte. Die Flasche in der Hand haltend ging er durch das abgedunkelte Wohnzimmer. Tatsächlich stand die Terrassentür einen Spalt weit offen. Er öffnete sie weiter und schob den schweren Vorhang bei Seite. Das helle Licht blendete ihn einige Sekunden.
    „Daddy!“ kreischte die quirlige Kinderstimme. Jim musste einige Male blinzeln, ehe er seine Tochter im Pool ausfindig machen konnte. Er winkte ihr zu.
    „Na du? Da bin ich wieder. Wo hast du Mom versteckt?“
    Jim ging auf den Pool zu. Es war ein größeres Becken, dass im Boden eingelassen war. Das azurblaue Wasser spiegelte die Sonne und harmonierte mit dem satten Grün des Rasens. Li-Ann schwamm vergnügt zwischen ihrem Wasserspielzeug hin und her und Jim erkannte nun auch Sharon. Sie lag auf einer der beiden Liegestühle und war eingeschlafen. Ihr Sommerhut bedeckte ihr Gesicht und schützte es so vor der Sonne. Lilly erreichte den Rand und flüsterte: „Psst, Mommy schläft.“
    „Oh?“, entgegnete Jim ihr mit einem Augenzwinkern. „Dann wollen wir sie mal nicht aufwecken, nicht wahr?“ Er kniete sich hin. Lilly musste sich das Lachen verkneifen, als sie verstand, was gleich passieren würde. Sie verschloss mit den Händen ihren Mund, als würde sie versuchen, sich selbst zu knebeln. Jims Hände glitten unter Sharons Körper auf ihre andere Seite. Er hob sie an und trug sie behutsam Richtung Pool.
    „Hey, hallo Sharon. Aufwachen.“
    Ein verträumtes Gesicht blickte ihm entgegen: „Huch? Oh, Gott. Ich muss eingeschlafen sein. Jim!“
    Als sie ihn erkannte, leuchteten ihre Augen auf, „Du bist zu Haus!“
    „Ja, mein Schatz, das bin ich und du bist gleich ganz nass.“
    Das Grinsen konnte er sich nicht verkneifen und als Sharon realisierte, wo sie sich letztendlich befand, wurde sie auch schon von ihrem Mann in das kühle Nass geworfen.
    Schallendes Gelächter. Die Kleine hatte ihren Spaß.
    „Hier.“ Jim bot seiner Frau die Hand an und wollte sie hinaus aus dem Pool ziehen, doch die nun nasse Wassernixe dachte gar nicht daran, seine Hilfe anzunehmen. Im Gegenteil. Sie ergriff seine Hand und zog ihn ebenfalls hinein ins kühle Nass. Jim wünschte sich, dass der Moment ewig dauern würde. Er umschloss seine geliebte Frau mit beiden Armen und küsste sie im Nacken. Dann kam auch schon das kleine Mädchen: „Ich auch. Ich auch“, bettelte sie.
    „Für dich gibt es erst einmal eine Dusche. Luft anhalten!“ Das Kind tat wie ihr befohlen und schnappte einmal tief nach Luft. Jim fasste ihr auf den Kopf und drückte sie leicht unter Wasser. Schabernack hatte die Kleine viel im Kopf. Beim auftauchen spuckte sie das eingesogene Wasser auf ihren Vater und auch Sharon begann mit den Wasserspielen. Jim sah sich zwei zu eins unterlegen und kapitulierte schlussendlich. Er ergab sich seinem Schicksal als Delfin das kleine Mädchen durch den Pool zu ziehen. Es machte nicht nur ihr Spaß. Jim genoss jede Sekunde mit seiner Familie. Doch dann siegte die Vernunft über Sharon: „Komm JJ. Deine Klamotten.“
    Jim verstand. Gemeinsam begaben sie sich zum Beckenrand. Die beiden Großen kletterten raus und nahmen auf den Liegestühlen platz. Jim griff nach einem Handtuch und legte es seiner Frau um.
    „Los geh rein und crem` dich ein. Du bekommt einen guten Sonnenbrand, Sharon.“
    Sie schaute an sich herunter und entdeckte dann ihre krebsroten Gliedmaßen.
    „Hach und ich steh doch nicht so auf Bikinistreifen.“ Jim dafür umso mehr.
    Er zog sein Hemd aus. Kurz darauf folgte seine Hose. Das nasse Zeugs warf er auf einen Haufen neben der Liege.
    Plötzlich ein Schrei. Aus Richtung Pool. Jim blickte auf. Es war ein panischer Schrei. Mark erschütternd. Eines der Gitter für die Wasserfilteranlage hatte sich gelöst als Jim beim Herausklettern versehentlich dagegen getreten war und Lilly war nun mit dem Fuß dort hinein geraten. Jim zögerte nicht. Er sprang auf und hechtete zum Pool. Mit einem Kopfsprung, wie ihn nur die besten Schwimmathleten vollbringen konnten, tauchte er ein. Binnen Sekunden erreichte er die Kleine und zog ihren Fuß aus der verhängnisvollen Falle.
    An der Oberfläche wartete Sharon schon. Sie nahm ihre Tochter entgegen. Voller Sorge kniete sie am Beckenrand. Jim kletterte hinaus und atmete erst mal tief ein. Dann umarmte er seine Mädels.
    „Zeig mal her, deinen Fuß.“, bat er Li-Ann.
    Sie hielt ihm den Fuß entgegen und Jim nahm ihn behutsam in die Hand. Er drehte ihn vorsichtig und untersuchte ihn auf größere Verletzungen. Das Kind war tapferer als es aussah. Es weinte nicht einmal.
    Verletzungen waren nicht zu sehen und auch das Schmerzempfinden war nicht da. Sonst hätte sich das Mädchen schon gemeldet.
    „Wenn überhaupt, bekommst du einen blauen Fleck.“, diagnostizierte der Hobbyarzt. Jim küsste ihren Knöchel und gab den Fuß dann wieder frei.
    „Der macht alles wieder gut. Versprochen.“
    „Danke.“, kam es kleinlaut zurück. Noch immer keine Tränen. Jim war erstaunt.
    „Du machst Sachen, Prinzessin. Einen Moment lang hatte ich richtig Angst um dich.“, wahre Worte. Als er den Schrei vernahm, setzte sein Hirn aus. Die Angst Lilly zu verlieren übernahm sein Handeln und ließ ihn nur noch reagieren. Zum Glück.


    „Sir? Sir, sind sie noch da?“
    Jim fasste sich an die Stirn. Er rieb sich durchs Gesicht. Unwissend, was er nun machen sollte, stand er regungslos im Raum. Dann erblickte er Mia, die im Türrahmen stand und er wusste, was er zu tun hatte. Jim riss die Schranktür auf und kramte nach dem Safe im oberen Regal. Der Safe kam noch aus dem vorangegangenen Jahrtausend. Ein uraltes Teil. Aber Lowtech schlägt bekanntlich Hightech. Viele Diebe würden sich an der mechanischen Verriegelung wahrscheinlich die Zähne aus beißen und genau das nutzte Jim zu seinem Vorteil. Die Kombination war schnell eingegeben. Die entriegelte Tür klackte laut und sprang einen Spalt weit auf. Jim griff hinein und holte seinen Revolver heraus.
    „Es tut mir leid, Mia aber ich muss gehen.“ Jim wusste nicht, wie lange sie schon dort wartete oder was sie sogar alles gehört hatte und es war ihm auch egal. Dennoch wollte er jetzt nur los. Raus auf dieses unnatürlich große Gebilde, namens Citadel, um seine Tochter zu suchen. Doch soweit kam es nicht. Die Luftschleuse zischte laut. Mike, Julia und Linnéa betraten das Schiff.
    „Jim, wo bist du?“, schallte es von seinem besten Freund.
    „Ah, da. Die waren gut organisiert. Haben uns total überrascht. Drei Fahrzeuge. Eins haben wir auseinander genommen. Die haben abgewartet bis Lilly die Party verlassen hatte. Die C-Sec ist schon informiert. Das durfte nicht passieren.“
    „Genau, Mike und deshalb gehe ich jetzt los und hol sie zurück.“ Jim legte einen harten Schritt ein, doch Michael legte seine Hand auf Jims Brust, spürte seinen hart pulsierendes Herz. Er hielt ihn fest.
    „Du gehst nirgendwo hin, mein Freund.“, befahl er dem grau melierten Mann. „Nicht in deiner Verfassung. Das letzte was wir jetzt brauchen können, sind Kurzschlusshandlungen.“
    „Ich gehe.“, keifte Jim. Er schlug die Hand seines Freundes von seiner Brust und versuchte ihn an die Seite zu schieben.
    „Ich habe das schon mal durchgemacht und nun bin ich hier. Dieses mal kann ich es ändern, Mike. Ich gehe.“
    „Nein, wirst du nicht. Hör zu, ich weiß wie du dich fühlen musst. Ich hab zwar noch keines meiner Familienmitglieder verloren. Aber mein Team gehört zu meiner Familie.“
    „Jora und Lilly sind zwei ganz unterschiedliche Themen, Michael. Mach endlich den Weg frei!“
    „Nein, mein Freund. Es tut mir leid.“
    Mike ballte die Faust und holte aus. Er traf Jim mit einem harten Schlag am Unterkiefer. Jim geriet ins straucheln, konnte sich aber auf den Beinen halten. Er griff sich an das schmerzende Kinn. Eigentlich sollte der Schlag, seinen alten Freund wieder zur Besinnung bringen aber aus Angst jetzt auch den Rest seiner Familie zu verlieren, aus Angst seine Tochter zu verlieren, sein eigen Fleisch und Blut, richtete Jim seine Waffe gegen seinen besten Freund.
    „Was machst du da, Jim? Leg die Waffe weg.“
    „Ich sagte, lass mich hier raus.“, pfiff er durch die blutenden Lippen.
    „Tut mir leid, Jim. Das kann ich nicht machen. Bitte, leg die Waffe weg. Mann! Ich versuche dir doch nur zu helfen! Siehst du das nicht?“
    Mike trat auf ihn zu. Langsam. Mit bedacht. Doch Jim dachte nicht daran. Sein Verstand setzte aus. Es ging ihm nur noch um Lilly. In einer Sekunde, in der Jim nicht aufpasste, schlug Mike ihm die Waffe aus der Hand. Doch anders als erwartet, konterte der alte Rear Admiral und schlug seinerseits auf seinen Freund ein. Eine wilde Prügelei entstand. Plötzlich fühlte Jim nur noch wie er den Boden unter den Füßen verlor und gegen die Wand schleuderte. Er wollte schreien, doch der Aufprall presste die Luft aus seinen Lungen, sodass der Schrei zu einem leisen, schmerzverzerrten Seufzer verkam. Er öffnete die Augen und erkannte, das auch Mike an der Wand klebte.
    „Kommt wieder zu euch, ihr alten Streithähne. Seht ihr denn nicht, dass das keinem von euch beiden gut tut?“ Es war Linnéa. Ihre Biotik hob die beiden Männer an und presste sie mehr oder weniger unsanft gegen die Wand.
    „Wir haben eine Notsituation. Ihr müsst zusammenarbeiten und euch nicht gegenseitig den Gar ausmachen.“ Sie ließ die beiden wieder frei.
    „Oh, Gott, Li-Ann. Warum?“ Über Jim brachen seine Gefühle herein. Angst um seine Tochter war der beherrschende Tonus. Mike griff Jim unter die Arme und half ihm auf.
    „Komm, mein Freund. Ich bin bei dir.“ Er brachte ihn ins Bad und schloss die Tür ab.
    „Ich kümmere mich um die Ausrüstung.“ gab Julia bekannt und Linnéa wandte sich an Mia.
    „Es tut mir leid, dass Sie das gerade mit ansehen mussten.“ Sie schien noch ein wenig erschöpft von der biotischen Aktion gerade eben, doch überspielte sie das mit einer Professionalität, die man nur selten sah.
    „Kommen Sie. Ich bringe sie hinaus.“


  6. #36
    ME FRPG only Avatar von Kate Devereaux
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    Die unendlichen Weiten der Galaxie: PSY Sharons Desire

    Während Jim erzählte, dass er während des Erstkontaktkriegs auf der Anchorage eingesetzt war, meldete sich sein Terminal mit einem Klingeln. Plötzlich änderte sich sein Gesichtsausdruck und er sprang auf. ‚Nika wird doch wohl nicht entdeckt worden sein!‘, schoss es Kate durch den Kopf und sie wollte ebenfalls aufspringen, wäre da nicht das Sitzenbleiben von Jim gewesen, das sie im ersten Moment mal davon abhielt. Aber nur bis er den Raum verlassen hatte. Schnell stellte sie ihr Glas ab und machte sich lautlos an die Verfolgung. Wenn mit der Mission etwas schiefgegangen war, dann lag es an ihr, Jim davon fernzuhalten. Das Schlafzimmer war sein Zielort und Kate blieb an der Tür stehen, spähte nur kurz hinein. Nika war zum Glück nicht zu sehen. Die Erkenntnis ließ Kate erleichtert aufatmen und sie lauschte mit wachsender Spannung dem Gespräch.

    Li-Ann, James‘ Tochter, die sie eben noch in der Andockbucht kennenlernen durfte, wurde entführt. So hinterhältig der Gedanke auch war, kam die Biotikerin nicht umhin, dass dieses Ereignis ihrer Mission in die Hände spielte. Es würde dafür sorgen, dass alle abgelenkt waren und Nika ihren Job problemlos erledigen konnte, wenn sie es nicht schon getan hatte. Vielleicht war es sogar Teil des Plans, ohne dass Kate etwas davon wusste. Als es vollkommen still wurde, warf Kate einen weiteren Blick in das Schlafzimmer. War James zusammengebrochen? Doch er stand nur apathisch da. Plötzlich blickte er auf, noch bevor sie sich zurückziehen konnte. Aus irgendeinem Grund schien ihn das wieder zu beleben und er holte eine Waffe aus dem Schrank. Nicht irgendeine Waffe, wenn Kate richtig sah, sondern ein uraltes Teil. ‚Was will er denn damit oder ist es nur ein Retro-Design?‘

    Im nächsten Moment rauschte der Ex-Admiral schon entschuldigend an ihr vorbei und sie nahm erneut die Verfolgung auf. ‚Ganz schön flott für einen alten Mann.‘ Doch schon vor der Luftschleuse kamen sie zum Stopp, denn drei von James‘ Leuten betraten soeben die Yacht und gaben einen kurzen Statusreport. Daraufhin bestand Jim die Verfolgung aufzunehmen, während Micheal ihn nicht gehen lassen wollte. Es dauerte nicht lange, bis die ersten Fäuste flogen. Anschließend bedrohte der Ex-Admiral Micheal mit der Uraltwaffe. Doch die Show war schnell vorbei, als die Asari einschritt und beide wehrlos biotisch an die Wand nagelte. Die Aktion war erfolgsgekrönt und beide Männer rissen sich wieder zusammen, bevor sie das Schlachtfeld verließen. Kate blieb mit neutralem Gesichtsausdruck stehen und wartete ab, was jetzt passieren würde. Wenn man sie vergaß, konnte sie vielleicht nochmals auf eigene Faust die Yacht durchforschen. Doch dem war nicht so.

    „Es tut mir leid, dass Sie das gerade mit ansehen mussten.“, meinte die Asari zu ihr. „Kommen Sie. Ich bringe sie hinaus.“.
    „Es muss schrecklich für ihn sein.“, entgegnete Kate wieder zurück in ihrer Rolle und folgte der blauen Dame durch die Luftschleuse nach draußen. Diese nickte, ging aber nicht weiter daraufhin ein.
    „Wenn Sie mir Ihre Kontaktdaten geben, dann wird Jim sich bestimmt bei Ihnen melden.“
    Kate überlegte einen Moment. Ihr Job war erledigt, also gab es keinen Grund, Kontaktdaten zu hinterlassen. Doch sie war neugierig. Würde sich der Ex-Admiral wirklich melden und was würde er ihr sagen? Außerdem konnte er mit den Daten nichts anfangen, da sie mehr oder weniger anonymisiert waren. Schlussendlich siegte die Neugierde und sie gab der Asari die Informationen.
    „Vielen Dank!“, entgegnete sie. „Es war nett Sie kennen zu lernen und ich möchte mich nochmals für den Zwischenfall entschuldigen.“

    Die Citadel: Zivile Andockbuchten ----->
    Geändert von Kate Devereaux (15.03.2012 um 19:56 Uhr)

  7. #37
    Rookie Avatar von Nika Violet Duran
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    UWG – PSY Sharons Desire

    Ein sachtes Seufzens entglitt Nikas Lippen, die sich daraufhin zu einem ebenso sachten Lächeln fügten. Sie hatte die Sharons Desire grade erst durch die Luftschleuse verlassen und erkannte zufriedenstellend, dass die Feier von dem kleinen Familiendrama, welches sie persönlich auf dem Schiff hatte bezeugen dürften, noch ahnungslos war. Es erwies sich als knifflig, sich von Bord der Yacht zu schleichen – zwar waren Herlock und einer seiner Freunde schnell verschwunden, doch es hatte noch immer die Asari gegeben, der sie hatte ausweichen müssen. Ein paar Minuten Geduld hatten aber auch diese Komplikation beseitigt - Minuten, die sie Kate jedoch hatte warten lassen - und das sah man ihr an. Die Frau stand wenige Meter von der Luftschleuse entfernt, genug abseits der Menge, dass man sie schnell erblicken konnte, aber noch nicht weit genug weg, um auffällig zu wirken. Ihr Blick zeugte von einer strafenden Mischung aus Unruhe und Ärger, als sie zu der Agentin herübersah.

    Nika legte die Distanz zwischen sich und ihrer Partnerin vollkommen ruhig zurück, denn jeglicher Versuch, irgendwie verdeckt oder unscheinbar zu wirken sorgte im Regelfall eher dafür, dass man umso verdächtiger wirkte. „Entschuldige.“, konterte sie einen möglichen Vorwurf, bevor er überhaupt ausgedrückt werden konnte und kam dabei vor Kate zum Stillstand. „Ich hoffe, ich habe nicht zu lange gebraucht.“, gab sie anschließend von sich, wobei ein gewisser Ton, gepaart mit dem richtigen Hintergrundwissen, die wahre Bedeutung dieser Aussage erst zur Geltung brachte.
    Der äußerlich ruhige und höffliche Schein trog jedoch - ein Teil von Nikas Gedanken lag bei der Angelegenheit, die sie eben erledigt hatte, während ein anderer Teil wiederum bei der Entführung der Herlock-Tochter und der Frage, ob ihr Tun etwas damit zu tun hatte, lag. Noch ein paar weitere Überlegungen gingen an das, was sie nun tun sollte. Die manchmal eher locker beschriebenen und festgesteckten Vorgehensweisen waren etwas, woran sie sich in den Jahren eigentlich gewöhnt hatte, doch trotzdem ließ es sie von Zeit zu Zeit in einer verwirrten Dunkelheit tappen.
    Geändert von Nika Violet Duran (14.03.2012 um 16:26 Uhr)

  8. #38
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    James Herlock
    Verwundete Beute
    [1/2]


    Fest umschloss er sie, sog ihren betörenden Duft ein. Die langen braunen Haare kitzelten ihn in der Nase und glänzten in der heißen Abendsonne. Ihr langes, hochgestecktes Haar, mit den herabfallenden Strähnen, umspielte ihr Gesicht frech und dennoch elegant. Sie sah umwerfend aus. Das enganliegende dunkelblaue Kostüm mit den niedlichen, goldenen Knopfapplikationen auf der Brust und den Ärmeln kleidete sie hervorragend. Ihr Rock endete kurz über ihren Knien und gab so den Blick auf die seidenmatte Haut ihrer schier endlos langen Beine frei. Die Highheels taten ihr übriges. Durch die hohen Absätze wurde ihr Bein noch weiter gestreckt und die Endlosigkeit eben dieser in Unendlichkeit verlängert. Sie war die Leiterin der Abteilung Forschung und Entwicklung der HYC und offensichtlich kam sie gerade von einem Verkaufsgespräch, in dem wohl die „Technik“ über ein abschließendes „Ja“ entschied.
    Die Umarmung dauerte an. Jim kam von einem langen Einsatz zurück nach Hause und vermisste Sharon schmerzlich. Noch am Landesteg fielen sie sich in die Arme. So verharrten sie mehrere Minuten lang. Seine Hände pressten ihren Körper fest an den seinen. Sie wiederum legte ihre Hände um seinen Hals und zog seinen Kopf langsam zu sich ran. Sehnsucht lag in ihren Augen. Die lange Zeit, die sie von ihm getrennt war, steigerte nur ihr Verlangen nach ihm. Sie wollte ihn endlich wieder daheim haben. In seinen starken Armen liegen. Die Zeit schien still zustehen. Nichts, weder Geräusche noch sonstiges Übel drang zu ihnen durch. Die Welt bestand nur noch aus ihrem Duft und der Hitze ihres Körpers. Ihre Zungen umspielten sich langsam. Ihr Geschmack war atemberaubend und hätte Jim dies nicht gemusst, hätte er sie niemals wieder losgelassen. Durch ihr enges Kostüm spürte Jim ihre Rundungen fast genauso gut, als würde sie auf ihm liegen. Ihr ganzes Auftreten erregte ihn. Sein Herz pochte und auch ihr Herz schlug schneller als normal. Scharon presste ihre Hanf auf seine Brust und fühlte die zig Schläge pro Minute. Sie lächelte und presste in Anschluss ihren Kopf gegen seine Brust, hörte und fühlte wiederum den Takt seines vor Aufregung schlagenden Herzens.
    Die Tür war noch nicht einmal halb geschlossen, da riss Sharon ihrem Ehemann schon die Uniform vom Körper. Sein Brust glänzte in dem fahlen Licht des Flurs. Mehrfach küsste sie ihn. Jede seiner Naben wurde mit einer leichten, sinnlichen Berührung ihrer Lippen bedacht. Keine wurde ausgelassen. Er genoss den Augenblick. Jim griff entlang ihres Rücken hinab zu ihrem Po und öffnete ihren Rock, lies ihn langsam zu Boden gleiten und richtete seine Frau dann wieder auf.
    Bei Männern bekam man im Allgemeinen das, was man sah. Frauen waren da anders. Sie waren allesamt Mogelpackungen. Überall wurde vertuscht, verpackt und kaschiert. Es gab keine perfekte Frau, außer seiner Sharon. Doch auch sie bediente sich des öfteren der einen oder anderen Mogelei. Als sie ihre Highheels abstreifte, war sie mit nur einem Schritt gleich um einen halben Kopf gen Boden gewachsen. Jim lächelte, gab ihrer leckeren Kehrseite, die nur noch von ihrem ihrem schwarzen Spitzenslip und der cremefarbenen Feinstrumpfhose, der Mogelei, die ihren endlos langen Beinen einen seidenmatten, ebenen Glanz verschafften, bedeckt wurde einen herausfordernden Klaps, den Sharon nur all zu gern erwiderte. Voller verlangen blickten sich die beiden Wiedervereinten in die Augen. Ihre haselnussbraunen Augen stachen dabei besonders heraus und stahlen seinen tiefblauen Augen jede Show. Gierig wanderten seine Blicke über ihren Körper. Langsam öffnete er ihre Bluse. Knopf für Knopf arbeitete er sich vor und als er sie endlich von ihren Schultern schieben konnte, war die Aussicht auf ihren schwarzen Push-Up-BH, der ihre ohnehin schon wohlgeformte Oberweite maximierte, frei. Sharon streichelte seine Hüften und öffnete blitzschnell seinen Gürtel, zog ihn aus der Hose und warf ihn in irgendeine Ecke hinter sich. Ein klirren, zeugte von der zerstörten Vase, doch die beiden Liebenden scherten sich nicht. Jim schlüpfte aus den glänzenden, schwarzen Lackschuhen, die perfekt mit seiner dunkelblauen Uniform harmonierten heraus und schob sie beiseite. Ihre Hände schoben zwischen seinen Hosenbund und seinem Fleisch. Er spürte ihre Berührung, als sie ihn an seiner intimsten Stelle massierte. Ihre Atemfrequenz erhöhte sich. Ihr Kinn auf seiner Brust abgestützt schaute sie ihm ins Gesicht und lachte verlangend. Langsam zog sie ihn hinter sich her, entledigte sich dabei ihrer übrigen Kleidung und setzte ihn dann auf die Wohnzimmercouch. Blicke sagten mehr als tausend Worte und dann stürzte sich Sharon schon wieder auf seine Lippen.
    „Ich will dich.“, stöhnte sie ihm ins Ohr und Jim folgte der Einladung.
    Um einige blaue Flecken reicher ging das Ehepaar ans Werk. Sharon kümmerte sich um Jims Härte während er ihre südlichen Regionen erkundete. Hitze und feuchtwarmes Klima strömte von beiden aus. Lange hatten sie sich nicht mehr gesehen und noch länger nicht mehr berührt. Die Endorphine und ein gefährlicher Cocktail aus weiteren berauschenden Hormonen durchströmten ihre nach Aufmerksamkeit verlangenden Körper. Jeder einzelne Nerv war empfindlich und löste bei Berührung ein Feuerwerk der Gefühle aus. Langsam fuhr Jim ihre Silhouette entlang, verharrte für einen Moment bei ihren Brüsten und massierte sie sanft im Takt der leise im Hintergrund laufenden Musik. Sharon übernahm die Kontrolle über die weiteren Schritte und führte so Jim als auch sich selbst in das Land der Ekstase. Nichts konnte sie nun bremsen. Sharon spürte Jim in sich arbeiten und ihr ganzer Körper bebte vor Verlangen. Jim gab sein bestes um seiner Frau nicht den Sieg zu nehmen und unterdrückte seinen Höhepunkt von Sekunde zu Sekunde immer weiter. Es war schwer. Er wollte, doch Sharon war noch nicht so weit. Leidvoll prügelte er sich auf den langen Weg der Lust und gab sich vollends seiner über alles geliebten Frau hin. War es vor einigen tausend Jahren nur ein notwendiger, instinktiver Trieb zur Fortpflanzung, war Sex in diesen Zeiten mehr als nur das. Es war die Vereinigung zwischen zwei Menschen. Der Punkt, in dem sich ihre Seelen berührten und mehr noch: Kein Zwang, keine Etikette, keine Zurechtweisungen, es war pure Leidenschaft. Selten kam man einem Menschen so nah wie beim Sex. Dort waren alle Menschen, alle Individuen, sie selbst. Niemand konnte sich verstellen. Viele versuchten es, doch niemanden gelang es wirklich. Sex war für viele Menschen der Inbegriff der Freiheit.
    Ihre Hüfte bewegte sich immer heftiger und langsam presste sie ihre Beine zusammen. Ihr Busen wippte im Takt auf und ab. Sie hatte sich in seiner Brust festgekrallt und schien wie in Trance. Ihre Knie stießen in seine Rippen. Es schmerzte ihm ein wenig, doch Jim empfand diese Art Schmerz als betörend. Er umgriff ihr Becken und spürte so ihre Bewegungen noch intensiver und mit einem Male ließen sich beide fallen. Zusammen erreichten sie ihren Höhepunkt. Sie lagen aufeinander. Erschöpft kreiste Sharon noch einige Male mit ihren Hüften um die ihres Partners, ehe sich Jim aus ihr zurückzog. Ohne Worte verstand sich das Ehepaar. Jim fing sie auf und der Länge nach lagen sie nun umarmend aufeinander. Der heiße Schweiß schimmerte im Licht des Vollmondes auf ihrer makellosen Haut. Sinnliche Küsse wurden ausgetauscht, der andere Körper gestreichelt. Das sie an diesem Abend ihr einziges Kind zeugten, zeigte sich erst neun Monate später.

    „Druckausfall auf den Decks Sieben und Acht, Sir. Wir haben eine volle Breitseite kassiert!“, brüllte einer der taktischen Offiziere von seiner Steuerkonsole aus. „Noch so einen Treffer und wir können das Schiff vergessen.“
    Das Überraschungsmoment war voll auf der Seite des Feindes. Die Anchorage war in einen Hinterhalt geraten. Seine Anzeigen flimmerten für einige Sekunden. Hektik brach aus, doch er blieb ruhig. Er musste ruhig bleiben und die Situation analysieren. Seine Hände umschlossen fest die Haltegriffe am Terminal. Das Projektil durchschlug die kinetische Barriere als wäre sie aus Papier. Es drang an der Steuerbordseite buglängs ein und hinterließ eine Schneise der Zerstörung ehe es das Schiff Achtern wieder verließ. Die Notfallkraftfelder waren leider nicht schnell genug online. Die Atmosphäre entwich also ohne Gegenwehr. Statusberichte trafen ein. Opferzahlen, die er sogleich zur Seite schob. Opfer interessierten ihn in diesem Moment nicht. Es ging ihm darum, das Schiff mehr oder weniger heil aus dieser Misere zu manövrieren.
    „Sir, wie lauten Ihre Befehle?“, wurde er mehr angefaucht, statt gefragt. Er blickte auf. Seine Statusmeldungen hatten volle Einsatzbereitschaft signalisiert. Abgesehen von den betroffenen Decks natürlich. Jetzt waren sie diejenigen, die die Oberhand hatten. Das feindliche Schiff war ein größerer batarianischer Bomber. Er war ihnen zwar Waffentechnisch unterlegen, aber was Wendigkeit anging, waren sie erheblich im Vorteil. Doch nun versteckten sie sich. Warteten auf einen glücklichen Moment für einen weiteren Angriff. Allerdings konnten sie darauf lange warten. Sie hatten sich verraten und ein Asteroidenfeld war kein gutes Versteck. Schon mal gar ein Gesteinsgürtel, bestehend aus hauptsächlich magnetischem Kobalt. Sie hatten wohl geübte Schützen an Bord, keine Frage. Wie sonst hätten sie solch einen guten Schuss platzieren können? Doch jetzt, wo ihre Sensoren nichts mehr außer weißes Rauschen von sich gaben, waren sie leichte Beute.
    „Backbordschilde aufladen, 180° Rolle und Feind kampfunfähig machen!“
    Er befahl absichtlich keine Zerstörung. Sie waren zwar Feinde aber er war noch immer Soldat, kein Monster.
    Unmerklich vollführte die Anchorage die Rolle. Die Steuerdüsen, dabei entgegengesetzt wirkend, leisteten hierbei die ganze Arbeit. Die beschädigte Steuerbordseite war dem Feind nun abgewandt. Einige dumpfe Schläge hallten durch das Schiff. Die Projektile waren nun auf ihrem langen Weg durch die eisige Kälte des Alls. Einige kollidierten mit den Felsbrocken, andere wurden durch die Magnetfelder abgelenkt. Doch der Rest fand sein Ziel. Eine quälend lange Sekunde wartete der Captain auf die Bestätigung.
    „Gegnerische Antriebe und Waffensysteme außer Gefecht gesetzt, Sir.“
    Ein kollektives Aufatmen ging durch die Reihen. Nun rief er die Meldungen über die Opfer auf.
    Zwölf mutige Männer und Frauen hatten bei diesem Angriff ihr Leben verloren, dem letzten Einsatz der Anchorage während der Anti-Piracy-Campaign.
    Der Captain verzog das Gesicht als er jeden einzelnen Namen laut vorlas:
    „Abraham, Nicole, Serviceman 3rd Class.
    Alberts, Jonas, Serviceman 3rd Class.
    Cirus, Michael, Lieutenant.
    Forza, Yasmin, Corporal.
    Gordon, Jasper, Gunnery Chief.
    Herlock, Sharon, Leiterin F&E.
    Ignazius, Roberta, Mess Sergant.
    Jackson, George, Serviceman 1st Class.
    Jackson, Thomas, Major.
    Jin, Yu, Service Chief.
    Konstantin, Mara, 2nd Lieutenant.
    Phillips, David, Lieutenant Commander.
    Zane, Laura, Corporal.“
    Ihm liefen die Tränen über die Wangen. Er fühlte sich Schuldig an den Tod seiner Besatzung. Ein Salut sollte seine Anerkennung ausdrücken. Die ganze Brückenbesatzung folgte seinem Beispiel. Für eine Minute war es totenstill auf der Brücke. Der Feind war Kampfunfähig und hatte bei weitem anderes zu tun, als sich um den Gegner zu kümmern. Er blickte in die einzelnen Gesichter der Anwesenden. Viele wurden sich erst in diesem Moment bewusst, dass sie einen oder mehrere gute Freunde verloren hatten. Aber alle waren sich im Klaren darüber, dass die Allianz gute Leute verloren hatte, das er gute Leute verloren hatte.
    Er, Captain der Allianz und kommandierender Offizier der SSV Anchorage, James Herlock...
    „Schickt Bergungsteams da raus und macht die Jäger startklar. Bringt das Schiff auf. Wir nehmen sie gefangen.“
    „Aye Aye, Sir.“
    Er ging durch die Korridore, um die Schäden zu begutachten. Einige Gänge waren von der Wucht des einschlagenden Projektils so stark verformt worden, dass Jim sich bücken musste um sie zu passieren. Bedrohliches Knarzen und brechende Streben untermalten die Kulisse der Zerstörung. Mehrfach hielt er den Atem an.
    Ein Schott öffnete sich und er betrat das erste der zwei zerstörten Decks. Kabel hingen von der Decke. Überall blitzte und krachte es. Blut klebte an den Wänden. Verstreut lag die eine oder andere Leiche herum. Zerfetzt von der Energie des Einschlages. Ein schrecklicher Anblick. Jim wollte sich übergeben. Doch er konnte es gut überspielen. Mittlerweile hatten die Techniker, dank der Notfallkraftfelder, die Decks wieder unter Druck setzten können. Er wollte gerade das Datenpad mit dem Schadensbericht entgegennehmen, als sich der dazugehörige Techniker begann aufzulösen. Schwarze Fetzen stiegen in die Luft empor. Alles wurde dunkel. Nur das blaue Leuchten des Pads war zu vernehmen. Jim drehte sich um. Das Datenpad zeigte die letzten Meldungen bevor der Kontakt zur Dakota verloren ging. Raynolds reichte ihm einen Kaffee und nahm wieder am Besprechungstisch platz:
    „Also, Admiral? Hast du schon eine Idee, wie wir das angehen sollen?“
    „Nicht wirklich.“, entgegnete er ihr verärgert. Er warf das Pad auf den Tisch und genehmigte sich erst einmal einen guten Schluck. Er war nun seit ungefähr sechzig Stunden wach. Die Augenringe verrieten ihn.
    „Wir können nicht stürmen, weil sie die Schotts vermint haben. Wir können nicht feuern, weil wir dadurch die Geiseln in Gefahr bringen. Wir können nur abwarten, bis sie sich wieder melden. Mir geht das gegen den Strich, Sir. Ein Träger gegen einen Frachter. Einige tausend Mann gegen wie viele? Fünfzig, sechzig Terroristen?“, melde sich Reschke zu Wort.
    „Nein, so ist das nicht.“, korrigierte Jim den Lieutenant Commander: „Es ist ein Flüchtlingsschiff, dass entführt wurde. Wir haben also eine Handvoll Kidnapper und mehrere Dutzend Opfer.“
    „Ja, aber diese Pattsituation dauert jetzt schon fast drei Tage an, Sir und Sie sehen auch aus, als könnten sie etwas Schlaf gebrauchen.“
    „Ich geh erst schlafen, wenn die Situation geklärt ist!“, wies er ihn zurecht.
    „Jim, Nachricht von Black Arrow Eins. Hier, hör zu.“, Karen stellte den Funk laut.
    „Wiederhole: haben visuellen Kontakt. Bugfenster. Oh mein Gott! Erschossen. Wiederhole: Wir haben mindestens ein Todesopfer.“
    Jim biss sich vor Wut auf die Unterlippe. Er schlug mit der flachen Hand auf den Tisch.
    „Verdammt noch eins!“ Sein Kaffee schwappte über und verbrühte ihm die Hand. Den Schmerz ignorierend blickte er zum Statusbildschirm.
    „Galilei, die Dakota fährt ihre Antriebe hoch. Erbitte Befehle.“
    „Geleiten.“, befahl er erzürnt: „Was sind unsere Optionen, Leute?“
    Er blickte in die Gesichter der Anwesenden. Keiner antwortete, bis Karen die stille durchbrach: „Jim, die Dakota hält Kurs auf Gemini-Sigma Eins.“
    Seine Augen verengten sich. Die Statusanzeige zoomte heraus und blendete den berechneten Kurs ein.
    „Sieben Minuten bis Kollision.“, begann die Schiffs-VI emotionslos den Countdown.
    „Kommt schon, Leute. Optionen!“ Es ratterte in seinem Kopf. Er wusste, dass jeder die gleiche Idee hatte, doch keiner traute sich sie auszusprechen. Niemand außer Karen Raynolds. Sein XO. Sie war eine bemerkenswerte Offizierin. Captain vom Rang und eine gute Freundin von Jim.
    „Neutralisierung, Sir. Wir haben in der Kolonie mehrere hundert Menschen. Ein Frachter mit einigen Flüchtlingen scheint mir da der geringere Preis zu sein.“, ihr schienen die Worte nicht leicht über die Lippen zu gehen. Jim erging er genau so. Er nickte nur bedächtig, ehe er die Kommandostruktur wieder einhielt:
    „Geschwader Black Arrow: Bereitmachen zur Neutralisierung des Zielobjektes auf meinen Befehl hin.“
    „Hier Black Arrow Eins. Verstanden.“
    Der Computer verfolgte weiter emotionslos die Flugbahn des Frachters: „Kritische Wegmarke in weniger als zwei Minuten überschritten.“
    Das würde bedeuten, dass immer noch Trümmer auf die Kolonie einschlagen könnten, sollte sie die Gefahr bis dahin nicht neutralisiert haben. Jim blickte auf den Bildschirm. Er haderte mit sich selbst. Aber er wusste, das alle anderen Optionen nicht mehr funktionieren würden. Es war die letzte noch verbleibende Möglichkeit, wenigstens noch die Kolonie zu retten.
    „Eine Minute bis kritische Wegmarke.“, zählte der Computer gnadenlos weiter.
    „Hier spricht Admiral James Herlock. An das Geschwader Black Arrow. Neutralisierung des Zielobjektes. Angriff!“ Bevor er das letzte Wort aussprach, musste er schwer schlucken, denn er hatte in diesem Moment den Tod mehrerer dutzend Unschuldiger befohlen, um hunderte zu retten. Ein hartes Los aber Jim musste damit leben.
    „Hier Black Arrow Eins. Erbitte Bestätigung.“
    Karen schaute Jim in die Augen. Sie sah seine Entschlossenheit aber auch sein Missfallen dieses Befehls. Dennoch war auch ihr klar, dass es jetzt keinen anderen Weg mehr gab, um alle zu retten.
    Reschke nickte nur mit ernsthaft bedauernder Mimik.
    „Captain Raynolds hier. Bestätige Angriffsbefehl. Möge Gott ihren und unseren Seelen gnädig sein.“
    „Black Arrow Eins, verstanden!“
    Kurz bevor das Signal des Frachters verschwand ging noch ein letzter Funkspruch ein. Eine Videobotschaft. Ein letztes Wort des Anführers der Entführer. Es war Li-Ann. Jim wurde kreidebleich.
    „Nieder mit der Allianz!“, brüllte sie voller Inbrunst: „Nieder mit dir Dad! Du bist Schuld, dass Mom sterben musste. Du bist Schuld, dass man mich entführte. Du bist Schuld, dass etliche Unschuldige den Tod fanden und noch mehr den Tod finden werden.“
    Ein letztes Echo auf dem Bildschirm war alles, was von der Dakota übrig geblieben war.


    „Nein!“, schrie er voller Angst.
    Schweißgebadet schreckte er auf. Es war nur ein Alptraum. Aber es fühlte sich so real an. Er konnte in diesem Moment nicht unterscheiden, was Realität und was Phantasie war. Er sah seine ausgestreckte Rechte vor sich. Als würde er versuchen, jemanden festzuhalten, der gerade an einer Klippe hing und um sein Leben fürchtete.
    Er schlug die Decke zur Seite, setzte sich aufrecht hin und legte sein Gesicht in seine Hände. Er gab sich selbst links und rechts eine Ohrfeige, wollte sichergehen, dass er wach war. Zu seiner Enttäuschung war es. Seine Situation hatte sich nicht geändert. Seine über alles geliebte Sharon war noch immer tot und Li-Ann, seine nicht minder geliebte Tochter, entführt. Seine Situation hatte sich also nicht geändert, nur die Umstände waren andere.
    Er versuchte aufzustehen. Doch als er sich abstützte, merkte er erst wie aufgeregt er war. Er zitterte am ganzen Körper. Seine vibrierende Hand betrachtend fand er schließlich dennoch den Weg in einen sicheren Stand. Er ballte die Faust einige Male, um wieder die Kontrolle über seinen Körper zu erlangen.

    Jim stand da. Er wusste nicht, was er als nächstes machen sollte. Er ging zum Schreibtisch und nahm das Foto seiner Frau in die Hand. Ihr langes braunes Haar harmonierte perfekt mit ihren haselnussbraunen Augen. Mit dem Zeigefinger fuhr er ihre Gesichtszüge ab, ehe er das Bild samt Amulett auf sein Kissen im Bett drapierte. Anschließend wandte er sich zurück an den Tisch. Mehrfach schlug er mit bloßen Händen auf die Tischplatte ein und räumte im Nachgang den kompletten Tisch ab. Stifte, Notizblöcke und Kleinteile flogen durch das gesamte Schlafzimmer. Er schrie voller Wut. Holte immer wieder aus und schlug auf den Tisch ein. Solange, bis er selbst nicht mehr konnte. Er hasste es, wenn ihm die Kontrolle über eine Situation entglitt, sie nicht mehr fassen konnte. Ihr einfach wehrlos ergeben war.
    Er wankte zur Tür, öffnete sie. Hinter ihr war das Sicherheitsschott geschlossen. Jim suchte das holographische Interface. Vergebens. Diese Tür wurde noch durch ein einfaches Touchpanel in der Zarge geöffnet. Allein diese Kleinigkeit brachte ihn wieder zum kochen. Er schrie die Tür an: „Du verdammtes Scheißteil! Ich brech' dir die Beine!“
    Voller Angst vor dem kurz bevorstehenden Kampf, gab die Tür schließlich nach und den Weg frei.
    Im Salon, saßen Mike, Linnéa und zu Jims erstaunen auch Marshall. Sie unterhielten sich über etwas, dessen Inhalt Jim nicht fassen konnte. Sie lachten.
    „Das ist alles?“, fragte er fassungslos: „Ihr sitzt hier 'rum, erzählt euch Geschichten und trinkt euch einen Kaffee?“, er ging zum Tisch und griff nach einer Tasse. Voller Wut warf er sie gegen die Wand. Sie zersprang in tausend kleine Einzelteile. Ähnlich wie Jims Herz, als er von der Entführung seiner Tochter erfuhr. Sich Mike und Marshall zugewandt brüllte er sie an: „Warum seid ihr nicht da draußen und sucht meine Lilly? Wollt ihr mich verarschen?“
    Er deutete mit der Linken auf die Luftschleuse. Die drei verstummten augenblicklich und ihre Gesichter wurden wieder ernst. Momentan hatte Jim eine Schlappe nach der anderen einzustecken.
    „Jim, hier will dich niemand verarschen. Julia, Randy und Co sind bereits damit beschäftigt und suchen nach Hinweisen“, es war Mike, der das Wort ergriff: „Ich bin hier, um nach dir zu sehen, Jim und Detectiv Dixon aus beruflichen Gründen.“
    „Ja, so ist es, Sir.“, schaltete sich Dixon ein.
    „Hast du dich um diesen Job etwa auch gerissen, Dix?“, fuhr er ihn verärgert an.
    „Nein, Sir. Dieser Fall wurde mir zugeteilt. Man nahm an, dass mein Hintergrund hilfreich sein könnte... für dieses Problem, Sir.“
    Marshall stand auf, baute sich vor Jim auf und sah ihn mit ernster Mine in die Augen. Jim war außer sich vor Wut. Sein Blick huschte von einer Ecke des Raums über das Gesicht seines ehemaligen XOs hinüber zur entgegengesetzten Raumecke. Solange, bis er endlich den stechenden Blick des Mittfünfzigers erfasste. Es schien ihm ernst zu sein. Er wollte helfen und allein sein Blick half dabei Jim zu beruhigen.
    „Wo ist Callhan?“, fragte er noch immer erbost in die Runde.
    Linnéa hatte in der Zwischenzeit für Kleidung gesorgt und sie Jim überreicht. Er zog sich nur widerwillig um. So adrett und gepflegt wie sonst sah er jetzt nicht mehr aus. Unrasiert, zerzaustes Haar, das Hemd hing aus der Hose und tiefe Augenränder zeugten von einer schwierigen Nacht.
    „Agent Callhan ist draußen und koordiniert mit Detectiv Caecilius die Sicherheit vor Ort.“, erklärte Linnéa.
    „Ich will sie hier haben. Sie ist momentan meine Verbindung zur Allianz. Julia und die anderen, bekommen das auch gut ohne sie hin.“
    „Und da ist auch der Knackpunkt, Sir.“, schaltete sich Dixon wieder ein: „Die Allianz, hat mit der Vorstellung von Gestern, nach dem Anschlag auf die Botschaften vor kurzem, ein weiteres Debakel zu bewältigen. Auf der Party, waren mehrere hochrangige und wichtige Allianzpersönlichkeiten und dutzende Wirtschaftsmagnaten. Das hätte nicht passieren dürfen. Ich frage mich, wie die Allianz das bereinigen will.“
    Mike lachte nur hämisch: „Stimmt. Das hätte nicht passieren dürfen, aber es ist passiert und jetzt müssen wir eine Lösung finden. Also, Jim? Schon mal darüber nachgedacht, wer dir was böses will?“
    „Da fallen mir zig Leute ein.“, er nahm auf der Couch platz und vergrub sein Gesicht in seine Hände: „Aber einer käme hierfür sehr wohl infrage. Sagt euch der Dakota-Zwischenfall noch was?“
    „Dakota...“, raunte der Detectiv. Mike war schon einen Schritt weiter: „Ja, kenne ich noch. Ich war damals mit im Enterkommando...“
    „...Sergej Grezkowczic.“, warf Marshall ein: „Ich hab davon gehört. Das war nach meiner Zeit.“
    Mike musste anerkennend nicken: „Hätte nicht gedacht, dass sie sich für das Stück Niemandsland interessieren, Detectiv.“
    „Natürlich. Gemini-Sigma ist mein Zuhause geworden, Major. Ich will halt wissen, was dort geschieht.“
    Jim hob die Hand. Sie hatten wichtigeres zu besprechen.
    „Grezkowczic ist tot. Genau so wie vierundfünfzig unschuldige Zivilisten und acht weitere Entführer. Nein, ich rede von seinem Sohn: Tomasz. Der junge Mann hatte damals Rache geschworen, nachdem wir die Dakota zerstört hatten. Sein Motiv, scheint mir momentan das plausibelste zu sein.“
    „Das klingt mir ein wenig zu weit hergeholt, Jim. Was ist mit diesem Söldner? Ronald Hug oder so ähnlich? Hat dir der fette Sack nicht gesagt, dass du deine Entscheidung noch bereuen wirst?“
    „Hm...“, war alles, was Jim dazu äußerte. Mike hatte einen Punkt angesprochen, der nicht von der Hand zu weisen war. Nur weil er davon geträumt hatte, hatte das nicht zu bedeuten, dass dem auch so war. Das wäre ein wirklich großer Zufall gewesen. Sie waren auf der Citadel, Hug wollte seine Yacht, die Party stand bevor und Jims Tochter war anwesend. Diese Erklärung schien wesentlich plausibler zu sein, als die wilde Annahme, dass sich der Sohn eines verrückten Entführers hinter diesem ehrlosen Komplott verbarg.
    Es zischte. Die Luftschleuse wurde demnach betätigt. Callhan und Caecilius betraten das Schiff.
    „Guten...“, wollte die Geheimagentin ihr „Paket“ begrüßen, doch dieser fiel ihr sofort ins Wort: „Status?“
    Sie schaute ihn vorwurfsvoll an, als ob sie ihn zurechtweisen wollte. Jim kannte diesen Blick. Manchmal konnte er halt ein Arschloch sein. Es war ihm aber egal. Er wollte wissen, wo seine Tochter ist und ob es ihr gut ginge. Einfache Floskeln, wie guten Morgen oder Hallo, waren das letzte, wofür er sich momentan interessierte. Daina schien es aber eine halbe Sekunde später realisiert zu haben und begann ihre Statusmeldung:
    „C-Sec vor Ort. Die haben den ganzen Bereich abgesperrt. Außer acht toten Entführern gab es noch zwei Verletzte, was sich überhaupt nicht mir der Meldung der C-News deckt. Die waren wohl gut organisiert, haben aber nicht mit dieser Art von Widerstand gerechnet. Die Allianz ist informiert und hat bereits Truppen mobilisiert. Einen der Angreifer konnten wir gefangen nehmen.“
    „Was!?“, schallte es durch den Raum: „Wo?“
    Jim sprang auf. Seine Augen funkelten. War es nun Hoffnung, Wut oder eine Mischung aus Angst, Hass und Selbstmitleid, das konnte niemand mit Bestimmtheit sagen. Nicht einmal James selbst. „Draußen im Fahrzeug Delta Zwölf.“, antwortete Daina ohne zu zögern und deutete mit der Hand über die Schulter. Jim stürmte los. Mike und Marshall hinter her.
    „Hey, Jim. Bleib stehen. Warte gefälligst!“, pfiff ihn sein bester Freud zurück. Aber der Admiral a.D. wollte nicht hören. Marshall stellte sich Jim in den Weg und fing sich in der selben Sekunde einen linken Haken ein. Da saß eines dieser Schweine in Gewahrsam und dennoch wurden bislang keine Ermittlungserfolge verzeichnet. Jim nahm die Sache jetzt selbst in die Hand. Er rannte hinaus in die Citadel, suchte das Fahrzeug mit der Markierung „D-12“ und riss die Tür auf. Ein junger, männlicher Mensch, etwa um die Dreißig, saß gefesselt auf der Rückbank. Das Fahrzeug wurde nicht bewacht. Der Mann konnte nirgends hin. Es saß buchstäblich in einem Käfig ohne Gitter fest. Jim zog ihn hinaus und warf ihn auf den Boden. Er verlor die Fassung und schlug ihm mehrfach ins Gesicht.
    „Wo ist sie?“, schrie er ihn an. Ein weiter Schlag fand sein Ziel.
    „Wo ist meine Tochter, du Hurensohn?“
    Viel hatte der Entführer nicht entgegenzusetzen. Immerhin war er gefesselt. Es brauchte die gebündelte Kraft von Linnéa, Mike, Callhan, Caecilius und Marshall, um den wütenden Vater von dem jungen Mann loszureißen. Jim fauchte noch einiges unverständliches Zeugs, ehe er wieder einen Nervenzusammenbruch erlitt und kraftlos zusammensank.

    Dieses mal blieb der Schlaf allerdings Traumlos. Er erwachte. Mit dem Kopf im Schoß der blauvioletten Schönheit liegend. Sie blickte ihm in die Augen und strich ihm mit ihren sanften Händen über die Wangen und die Stirn.
    „Was ist passiert?“
    Jim richtete sich auf und fühlte den Schwindel, der sich in seinem Kopf breit machte. Er wollte dass alles nur ein böser Alptraum war und dass nichts davon je geschehen war. Doch dann bemerkte er die Verletzungen an seinen Handknöcheln. Verletzungen die nur von Schlägen herrühren konnten. Er faltete die Hände und etwas das Jim Ewigkeiten nicht mehr getan hatte, nahm nun wieder Einzug. Er betete. Bat den Allmächtigen darum, seine Tochter wieder heil nach Hause zu bringen. Tränen liefen ihm das Gesicht herunter. Ob sein Gebet den Herrn erreicht hatte, konnte er nicht beantworten. Ebenso wenig konnte er nur tatenlos herum sitzen. Linnéa erklärte ihm die Situation und Jim, nun mehr gefasst als in der Nacht, hörte aufmerksam zu. Mike und die anderen waren mittlerweile einigen Hinweisen hinterher, sodass das Schiff, mit Ausnahme von Linnéa, Callhan und Jim nicht besetzt war. Der junge Mann, den Jim durchgelassen hatte, wurde zur weiteren Vernehmung zur C-Sec gebracht und die Allianz kümmerte sich nun um die Sicherung der näheren Umgebung.

    Jim ging zurück ins Schlafzimmer. Das Chaos wurde in der Zwischenzeit beseitigt. Linnéa legte viel Wert auf Professionalität. Sie war es, die den Raum säuberte und dem Chaos entgegen trat. Alles war wieder an seinem Platz, als hätte sie ein photographisches Gedächtnis. Nochmals nahm er das Bild in die Hand. Er strich ihm über den Rahmen. Dann legte er es jedoch zurück und nahm sich dem Amulett an. Es war ein Speichermedium. Neben der Gravuren auf der Außenseite, konnte es Daten speichern und mit dem passenden Code auch abspielen. Technologie die begeistert. Jim hatte das Amulett seiner Frau zum zweiten Hochzeitstag geschenkt. Damit sie ihn nicht vergaß, fügte er einige Worte hinzu. Später folgten noch Fotos und weitere Worte Lillys. Es war also mehr oder weniger ein Familienalbum. Ein Tagebuch. Er öffnete seine Kette mit den Hundemarken und dem Ring, fügte das Amulett hinzu und legte das Gesamte wieder um den Hals.

    „Ich würde gern nochmal mit dem Jungen reden.“, erklärte Jim ruhig aber mit zittriger Stimme, als er wieder den Salon betrat.
    „Das geht nicht.“, lehnte Callhan die Anfrage ab. „Nach Ihrem Ausraster heute Nacht hat ihn C-Sec zur weiteren Vernehmung aufs zuständige Revier gebracht. Ist zwar nur ein paar Klicks von hier aber die lassen Sie da bestimmt nicht rein, Sir.“
    „Verstehe.“
    Linnéa stand auf. Sie war zwar noch nicht lange bei James angestellt, doch hatte sie in der kurzen Zeit schon viel gelernt. Sie bereitete die baldige Abreise vor.


  9. #39
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    James Herlock
    Verwundete Beute
    [2/2]

    „Das hindert mich dennoch nicht daran, es zu versuchen, Callhan.“
    Widerwillig stimmte sie zu. Sie schnappe sich ihre Sachen, legte das Beinhalfter an und prüfte Ihre Waffe, ehe sie alle in der vorgefahrenen Limousine platz nahmen und Richtung C-Sec fuhren.
    „Was erhoffen Sie sich daraus, Sir?“
    „Antworten.“, knurrte der alte Mann missmutig. Jim schaute zum Fenster hinaus. Die Lichter zogen nur so an ihnen vorbei. Dies wäre einer dieser Momente gewesen, an denen er sich eine Zigarre gegönnt hätte. Der Ausblick passte. Doch ihm war nicht danach. Seine ganzen Gedanken drehten sich um Li-Ann. Mehrfach vernahm man nur einen leisen Seufzer von ihm. Anstelle der vorbeiziehenden Lichter traten Bilder der Vergangenheit. Er sah Lilly auf der Schaukel im Garten oder zusammen mit Robin im Sandkasten spielen. Sah ihre Erfolge im Volleyballteam und ihr zauberhaftes Lächeln als sie die Siegertrophäe erhalten hatte. Sie war makellos. Sie war seine Tochter und Jim würde sich das niemals verzeihen, würde er nicht alles dafür geben, seine Tochter zu retten.
    „Welchem Hinweis geht Delta Vier denn nach?“
    „Einer Vermutung. Nur eine wage Andeutung des Jungen, soweit ich das verstanden habe.“
    Linnéa dachte nach: „Es ging um den Auftraggeber.“
    Jim wurde hellhörig: „Was noch?“
    „Nicht viel.“, fügte Callhan hinzu: „Aber wahrscheinlich kommt dieser ominöse Auftraggeber aus dem Bankenwesen.“
    „Aus dem Bankenwesen...“, wiederholte der ehemalige Admiral: „Wozu braucht ein Banker meine Tochter?“
    „Das wissen wir nicht. Wie gesagt, es ist nur eine Vermutung, Boss.“

    Der Wagen stoppte. Beim betreten des Gebäudes, wurden die drei von einem Einsatzteam geschnitten, welches gerade einen Verdächtigen inhaftieren wollte.“
    „Lasst mich los, ihr Arschlöcher.“, fluchte der Turianer, bis er Jim und seine Begleiterinnen erspähte: „Ey, Mensch. Du siehst wichtig aus. Sag den Spinnern hier, dass sie mich gehen lassen sollen. Ich bin ein Opfer der Justiz.“
    „Und wahrscheinlich zu Recht.“, konterte Linnéa, fast unhörbar.

    Es dauerte einige Momente, ehe sie auch nur in die Nähe der zuständigen Ermittler kamen. Hitzige Diskussionen entbrannten und Jim wollte sich garantiert nicht auf die Wartebank schieben lassen.
    „Tut mir leid, Jim. Aber ich kann dich nicht zu ihm lassen. Dein Ausraster von heute Nacht hatte gereicht. Nimm es mir bitte nicht übel. Ich mache nur meinen Job.“, entschuldigte sich Dixon bei ihm. Er und Caecilius leiteten die Ermittlungen und waren leider außer Stande ihm Zugang zum Verdächtigen zu gewähren. Jim bediente sich am Kaffee, dem man ihm dargereicht hatte. Schwarz, mit wenig Zucker. So hatte er ihn mal am liebsten gehabt. Jetzt trinkt er ihn eigentlich lieber nur schwarz.
    „Es geht um meine Tochter, Marshall. Bitte, lass mich mit ihm reden. Heute Nacht sind mir die Nerven durchgegangen.“, er stellte die Tasse ab und setzte sich in einer seriösen Körperhaltung hin. Die Beine überschlagen und die Hände zusammengefaltet in den Schoß gelegt wartete er nun auf seinen Gegenpart. Er blickte ihm in die Augen. Der Verdächtige saß im angrenzenden Verhörraum. Der turianische Partner des menschlichen Ermittlers unterbrach gerade seine Befragung und gab das Datenpad mit der Akte des jungen Mannes ab. Dixon kontrollierte die jüngsten Daten, als plötzlich lauter Trubel ausbrach. Der Turianer, dem die kleine Gruppe vor kurzem begegnet war, konnte sich befreien und an eine Waffe kommen. Er schoss sich den Weg mehr oder weniger frei. Dixon, der auf solch eine Chance gewartet hatte, legte das Pad nieder und zog Caecilius hinter sich her.
    „Ich kann nicht alles bewachen, Admiral. Aber jetzt müssen wir jemanden daran hindern, das Präsidium zu verwüsten.“
    Ein Code. Eine Geste, die Jim zu schätzen wusste. Er sprang auf, griff nach dem Datenpad und überprüfte die wichtigsten Daten. Er öffnete die Tür zum Verhörraum. In dem kargen Raum, saß der Mann gefesselt am Stahltisch und wartete. Er wartete auf seine Strafe, seine Freilassung, seinen Tod. Keiner wusste worauf er wartete. Doch er wartete.
    „Theodor Thanus, 32 Jahre alt, ledig, keine Kinder. Warum?“ Jim knallte die elektronische Akte auf den Tisch. Das metallische Klingen durchschoss den Schall und traf Theos Ohren weitaus heftiger, als die des ehemaligen Admirals.
    „Warum was?“, feixte der Junge hämisch.
    „Sie haben keine Ahnung, in was für Schwierigkeiten Sie stecken, was?“, Jims Augen fixierten Ihn. Er richtete sich auf und ging ein paar Schritte durch das Zimmer, sodass er zum Schluss hinter dem Verdächtigen stand.
    „Nein habe ich nicht, Sir.“, wobei die Betonung eindeutig auf dem Sir lag. Er lachte einige Sekunden lang und fuhr dann fort: „Sie können mir drohen, mit mir Rommé spielen, meine beste Freundin sein oder mich wieder schlagen aber nichts, was auch immer Sie mir sagen, kann mich dazu bewegen, meine Auftraggeber zu verraten. Andeutungen machen da viel mehr Spaß und ich bin mir sicher, dass sie gerade Ihre ganze Feuerkraft auf diesen dämlichen Banker gerichtet haben.“
    Jim musste schlucken. Seine Leute gingen wohl gerade einer Finte nach und seine Tochter drohte damit, sich immer weiter von ihm zu entfernen.
    „Ich bin ein ehemaliger Admiral der Allianz. Und auch, wenn ich keinen direkten Einfluss auf das Prozedere hier habe, so kann ich immer noch dafür sorgen, dass Sie beim Überführungsflug zum Gefängnis, den besten Platz bekommen, Junge.“ Er stützte sich auf die Lehne des Stuhls und beugte sich vor.
    „Solch eine Luftschleuse, hat hin und wieder mal eine Fehlfunktion.“, flüsterte er ihm ins Ohr. Was Jim ihm sonst noch ins Ohr flüsterte, konnte niemand vernehmen. Doch es reichte, um den ach so tollen Macker zu brechen. Seinerseits wand er sich nun um und flüsterte ebenfalls. Wieder konnte niemand etwas verstehen.
    „Ich hoffe deine Tochter verreckt, du Arschloch.“ warf er ihm noch hinterher, ehe Jim den Raum verließ. Doch das konnte er nicht auf sich sitzen lassen. Jim drehte sich um und holte aus. Die Lippen des Mannes platzten auf und das Blut spritze nur so durch den Raum, als die Faust des Ex-Admirals das Gesicht des Verdächtigen begrüßte.
    „Und? Was hat es gegeben?“, erkundigte sich die Geheimdienstagentin. Jim stürmte an Ihr vorbei in Richtung Ausgang. Den irren Turianer, schienen die Leute wieder eingefangen zu haben. Jim nickte Dixon zu: „Danke für die Hilfe, alter Freund und versorge mal bitte den Verdächtigen: Er ist vom Stuhl gefallen und hat sich die Lippen aufgeschlagen.“
    Als Jim Dixon passierte deutete er noch kurz mit der Hand an, seine Ergebnisse notiert zu haben, ehe er Linnéa um ihr Funkgerät bat.
    „Delta Vier. Hier spricht der Captain. Sofort zurück zum Schiff. Höchste Dringlichkeitsstufe.“
    Geändert von James Herlock (05.08.2012 um 23:54 Uhr)


  10. #40
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    James Herlock
    Panik


    Er hörte nur noch seinen Atem. Die letzten sechshundert Meter musste die kleine Gruppe laufen, da man den Wagen nicht bis zum Schiff durchließ. Jeder Schritt war eine Qual. Mit jedem Tritt musste Jim daran denken, was seine Tochter wohl gerade durchmachen musste. Er wollte nicht daran denken, es ging aber nicht anders. Seine Atmung beschleunigte. Die Atemzüge wurden flacher. Das Herz pumpte, aber schließlich erreichten sie das Schiff. Noch vor Michael und den anderen.
    „Was ist los?“, legte sein bester Freund los.
    „Der Banker? Ihr seid einer Finte hinterher. Die wollten, dass wir uns vom Schiff entfernen, damit sie irgendwas damit machen können.“
    Jim musste mehrmals tief einatmen. Eigenartig für einen Mann seines Fitnesslevels aber er schob das auf den kürzlich erlitten Nervenzusammenbruch. Mike und sein Trupp gingen in Angriffsstellung. Sie mussten mehrere Teams bilden um das Schiff zu stürmen. Es konnten immer nur zwei bis drei Leute gleichzeitig das Schiff betreten. Ein Nachteil den dieses alte Modell mit sich brachte. Die Luftschleuse war einfach zu klein und das bereute Jim jetzt. Die Warterei ging ihm gehörig auf die Nerven. Sekunden wurden zu Minuten, Minuten zu Stunden und Stunden zu einer Ewigkeit. Das erfahrene Enterkommando war zwar trotz dieser Behinderung blitzschnell bei der Säuberung des Schiffes. Dennoch bedeutete die vergangene Zeit, dass sie Li-Ann nicht helfen konnten und das war der eigentliche Grund, warum es Jim gegen den Strich ging. Er machte sich Sorgen.

    Das Husten ließ nicht nach. Sharon saß auf der Bettkante und wischte ihrer Tochter den Schweiß von der Stirn. Man sah ihr die Anstrengung an. Li-Ann litt an einer heftigen Grippe. Jedes Husten schlug ihr auch gleich auf den Kopf. Sie musste wohl heftigste Schmerzen haben. Leise drang ihr wimmern an die Ohren von Jim, der im Türrahmen stand und das Geschehen nur beobachten konnte. Das Schlimmste hatten sie wohl überstanden erklärte Sharon ihrem Ehegatten, als sie weiter mit dem Waschlappen die feuchte Stirn des kleinen Mädchen trocknete.
    „Morgen geht es dir wieder besser, Schätzchen.“, versicherte ihr Jim mit beruhigender Stimme.
    Sharon entkleidete die Patientin und begann ihren Rücken und ihre Brust mit einer Eukalyptussalbe einzureiben. Sie sollte ihre Atemwege reinigen und ihr zu einem halbwegs guten Schlaf verhelfen.
    Die Lichter gingen aus und Sharon fand auch ihren Weg ins Bett. Sie küsste Jim sanft auf den Mund, der sie sogleich von sich weg stieß. Verdutzt war noch harmlos ausgedrückt. Sharon war geschockt.
    „Was soll das? Bist du noch ganz bei Trost?“
    Jim lachte.: „Ja bin ich und du hast den ganzen Tag mit unserer kranken Tochter verbracht. Du hast dich wahrscheinlich angesteckt und will mich nicht auch noch anstecken. Ich bin bloß vorsichtig.“
    „Das ist aber noch immer kein Grund, so mit mir umzugehen. Außerdem bist du ja nie da.“
    Da war er wieder. Der Vorwurf. Sie hatte ja recht. Im Gegensatz zu seiner Frau, konnte Jim nicht von zu Hause aus arbeiten. Dieser Luxus war ihm nie vergönnt. Er hatte sich dieses Leben ausgesucht, also musste er auch mit diesen Konsequenzen leben. Jim hasste es wenn es böses Blut zwischen ihm und Sharon gab. Nicht immer konnte er ihr folgen.
    Eine knappe halbe Stunde verging und Jim lag noch immer mit offenen Augen da. Er fand keine Ruhe, konnte nicht Schlafen. Woran es lag, wusste er nicht. Plötzlich vernahm er ein unbekanntes Geräusch aus dem Kinderzimmer. Anfangs dachte er, er hätte sich verhört. Doch als das Geräusch immer wieder auftrat, wurde er panisch. Er schlug die Decke zur Seite und sprang auf. Fast stieß er sich seine Schulter wieder am Türrahmen. Er rannte den Flur hinter. Li-Ann lag verkrampft in ihrem Bettchen. Verzweifelt rang sie nach Luft.
    „Sharon!“, rief er zurück ins Schlafzimmer. In der Hoffnung, seine Frau hat seine Ruf erhört, kniete sich Jim nieder und leistete die erste Behandlung. Alle Anzeichen deuteten auf einen anaphylaktischen Schock hin. Irgendwas löste eine Allergie aus. Ihre Zunge war angeschwollen und verschloss so die Atemwege. Da die Nase ebenfalls zu saß, war das Risiko ungemein größer, dass sei den Erstickungstod starb. Jim erinnerte sich an seine Ausbildung. Er griff ihr in den Mund und zog die Zunge heraus. Dann drückte er sie mit zwei Fingern leicht zusammen, sodass wenigstens etwas Luft in die Lunge strömen konnte. Mehrfach hustete sie. Er versuchte das Mädchen zu beruhigen.
    „Keine Panik, Kleines. Ich bin bei dir. Dir wird nichts passieren.“
    Sharon stand mittlerweile geschockt in der Tür.
    „Schnell, ruf einen Arzt. Sie reagiert allergisch.“, befahl er ihr. Doch als sie nach zwei Sekunden noch immer keine Reaktion zeigte, schrie er sie an, damit sie sich endlich aus der Schockstarre löste.
    „Los, verdammt!“
    Sharon zuckte zusammen, ehe sie sich schlussendlich doch auf den Weg zum Telefon machte. Jim richtete Li-Ann auf, sodass ihr Speichel aus dem Mund heraus läuft und nicht noch in die Luftröhre träufelte. Er spürte ihren hektischen Atem auf den Fingern. Jim hasste sich. Er hasste es ihr falsche Versprechungen gemacht zu haben, als er ihr sagte, dass sie sich am Folgetag wieder besser fühlen würde.
    Es verging eine gefühlte Ewigkeit, bis der Notarzt eintraf. Seine Finger steckten noch immer im Mund der Kleinen.
    „Mein Name ist Doctor Chem. Können sie mir sagen, was los ist, Captain?“, stellte sich der Arzt vor. Er war Asiate. Nicht viel älter als Jim, aber bestimmt weitaus höher qualifiziert. Jim erklärte ihm den Sachverhalt, sodass der Doc die weitere Notversorgung angehen konnte. Jim wurde angehalten doch bitte aus dem Weg zu gehen, so suchte er die Nähe seiner Frau. Er küsste sie intensiv. Ein Zeichen dafür, dass es ihm doch egal war, ob er sich ansteckte oder nicht. Sie waren seine Familie und er war ihr dankbar dafür.
    „Ich nehme sie mit ins Krankenhaus, Captain. Sie haben Glück gehabt. Hätten sie ihr nicht die Atemwege freigeräumt, wäre sie qualvoll erstickt. Die Art mit den Fingern. Navy, richtig?“
    In der Zwischenzeit kamen auch die Rettungssanitäter. Ein halbes Krankenhaus wurde in dem Kinderzimmer aufgestellt.
    „Ja, wieso.“
    „Ach.“, scherzte der Asiate: „Armyveteranen hätten sofort einen Luftröhrenschnitt versucht.“
    Dann schob der Mann noch seinen linken Ärmel hoch und auf dem Bizeps konnte man eindeutig den Anker und den Weißkopfseeadler erkennen. Jim lächelte.
    „Können wir mitkommen?“
    „Klar.“


    Das Schiff war sicher. Niemand war an Board und nichts fehlte. Hatte sich der Admiral a. D. getäuscht? War das Schiff doch nicht das Ziel? Alles stand an seinem Platz. Weder hin oder her gerückt, noch sah irgendwas ungewöhnlich aus. Jim öffnete jede einzelne Schublade seines Arbeitsplatzes. Er schaute unter das Bett, in den Safe. Er untersuchte sogar die Dusche. Nichts. Alles war da, wo es hingehört und nichts fehlte. Jim begann an sich zu zweifeln. Plötzlich wurde er in den Salon gerufen. Linnéa entdeckte auf dem Tisch ein Comgerät. Es war aktiv.
    „Wenn du daran gehst, wird das nicht gut enden, Jim.“, führte Mike an und schaute seinem Freund in die Augen. Jim atmete tief durch.
    „Ich weiß. Mir bleibt aber nichts anderes übrig.“
    Er nahm das Gespräch an. Es war eine Audiomitteilung.
    „Herlock.“
    Eine männliche Stimme erklang. Dem Klang nach ein Mann etwa Mitte vierzig.
    „Ah, Admiral Herlock außer Dienst. Wie geht es Ihnen, mein Freund?“
    „Sparen sie sich die Floskeln. Was wollen Sie?“, fuhr Jim ihn an. Mike schaltete die C-sec zu, sodass Dixon mithören und das Gespräch zurückverfolgen konnte. Alle in dem Raum hielten die Luft an.
    „Warum denn so genervt, Admiral? Haben sie was verloren?“
    Jim sagte nichts.
    „Na gut, dann halt nicht. Wie sie ja inzwischen bemerkt haben dürften, wurde ihre Tochter vorübergehend meinem gutem Willen unterstellt. Ich verspreche Ihnen, dass sie die ganze Aktion hier überleben wird, sofern sie meinen Forderungen folge leisten. Ich bin ja kein Mörder.“, er stockte kurz. Jim konnte sein Lächeln förmlich sehen.
    „Inzwischen sollten sie ja auch eine Verbindung mit der C-Sec hergestellt haben. Soweit ich weiß, ermittelt doch ihr ehemaliger XO, richtig? Marshall Dixon?“
    James ballte die Fäuste.
    „Keine Angst, Dixon hat vor mir nichts zu befürchten. Anders sähe die Geschichte aus, wenn Captain Raynolds anwesend wäre. Moment! Sie ist ja kein Captain mehr. Sie ist ja jetzt auch ein Admiral. Ich habe gehört, dass sie in nächster Zeit ihr Kommando auf der SSV Robert Koch antritt. Die Trägergruppe soll zum Tharkad verlegt werden, richtig? Sie hat es weit gebracht, nicht wahr, Admiral Herlock?“
    Der ehemalige Admiral konnte nicht anders als zustimmen. Er hatte auch von ihrer Beförderung und die damit verbundene Versetzung gehört. Es war nun an Karen sich zu beweisen.
    „Wer sind Sie?“, entgegnete er dem unbekannten Entführer.
    „Jetzt enttäuschen Sie mich aber, Admiral. Das hätte ich nicht von ihnen erwartet.“
    Stille. Doch irgendwie kam Jim dieses Gespräch bekannt vor. Fast so, als hätte er es schon einmal geführt. Es ratterte in seinem Kopf. Doch dann klickte es. Es war tatsächlich ein Schatten der Vergangenheit. Die Art, wie er sprach, die Art, wie er Karen erwähnte, die bei dem Vorfall vor einigen Jahren noch Captain war. Alle Hinweise sprachen dafür.
    „Segej Grezkowczic. Sie sind sein Sohn Tomasz, richtig?“
    Ein amüsiertes Lachen durchdrang den Raum.
    „Stimmt. Sie haben ihn also nicht vergessen, Admiral. Ich habe Ihnen doch gesagt, dass der Tag kommen wird, an dem wir uns wiedersehen. Wissen Sie, Admiral. Ich habe es damals zu schätzen gewusst, dass sie am Grab meines Vaters standen. Das zeugte von Respekt vor dem Feind. Hören Sie, ich weiß, dass diese Geschichte hier nicht gut für einen von uns beiden ausgehen wird. Daher wünsche ich mir, dass sie auch an meinem Grab stehen, sollten sie mich zu erst erwischen, denn ich werde garantiert an dem Ihrigen stehen, wenn es soweit ist.“
    Jim musste kräftig schlucken. Seine Worte klangen ernst. Aber er hatte nicht recht mit seiner Behauptung. Jim stand nicht am Grab seines Vaters aus Respekt. Er stand an seinem Grab aus Hass und Mitleid. Er hasste ihn und sich dafür, dass er mehr als fünfzig Unschuldige tötete. Jim hatte sie getötet. Er gab den Befehl. Die Jäger waren in dem Fall nur sein Werkzeug. Jim war es, der jedem einzelnen Individuum auf dem Schiff, das Leben aushauchte und Grezkowczic war der Grund dafür.
    „Wo ist meine Tochter?“, wollte Jim wissen.
    Tomasz spielte eine Videodatei herüber, in der Li-Ann zusehen war. Jim konnte nicht fassen, was er sah. Sie saß gefesselt auf einem Stuhl. Nackt und von blauen Flecken übersät. Der Zeitstempel verriet aber, dass die Bilder live waren. Sie bewegte sich langsam, schien bewusstlos zu sein. Sie lebte.
    „Wo bleibt denn da der Spaß, Admiral? Wie sie sehen, lebt sie und ich habe ihnen versprochen, dass sie auch überleben wird, sofern sie mir gehorchen.“
    Jetzt zeigte sich der Mann auch. Es war ein großer russisch-stämmiger Mann Ende dreißig. Er stellte sich hinter Li-Ann. Seine Hände umfuhren ihr Gesicht. Er begann an ihrem Haar zu riechen.
    „Sie ist wunderschön.“
    Lassen Sie ihre dreckigen Pfoten von meiner Tochter!“, schrie Jim ihn an. Er lächelte nur dreckig.
    “Kommen sie in das Café Calypso am Präsidium. Sie kennen das ja. Alleine und unbewaffnet.“
    Doch ehe Jim nochmal reagieren konnte, ergriff er abermals das Wort:
    „Ach so, bevor ich es vergesse. Stecken sie das Com ein. Die C-Sec wird wahrscheinlich schon herausgefunden haben, dass es nicht zurückverfolgt werden kann. Schönen Abend noch, Sir.“
    Der Entführer schob noch eine letzte Textmeldung mit der Adresse und der Uhrzeit herüber und salutierte kurz, ehe das Signal verloren ging. Jim schlug verzweifelt auf die Tischplatte. Ein Riss entstand und Blut rann seine Knöchel entlang. Er wusste nicht was er tun sollte. Wusste nicht wie er reagieren sollte. Er war einfach nur wütend. Wütend auf sich, dass er nicht besser auf seine Lilly acht gegeben hatte. Wütend auf alle Beteiligten, dass sie Lilly noch nicht gefunden hatten. Wütend auf einfach jeden. Er wollte Li-Ann um alles in der Welt daraus haben. Vor allem nachdem er die Bilder sah und jetzt musste er noch so lange warten. Tränen liefen seine Wangen entlang. Mehrfach schrie er auf, doch er ging er nicht zu Boden. Er behauptete sich. Sein Puls raste. Seine Atmung ging schwer. Mit jedem Male, in dem ausatmete, konnte man seine Wut hören. Ein wildes, furchterregenderes Knurren. Stapfend ging er Richtung Loft.
    „Holt sie da raus! Holt sie einfach nur da raus!“
    „Und Grezkowczic?“, fragte Randy.
    Ich bin nicht böse drum, wenn er das Stürmen nicht überlebt.


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