Omega - Die Andockbuchten >>>>
Omega – Die Straßen von Omega
Irgendwie muss ich das flicken.. Noé tastete vorsichtig an ihrem Kopf herum und zischte ein schmerzvolles „Jesch..“, als sie mit einem Finger etwas zu schnell vorging und dadurch wohl genau auf die Wunde drückte, die sich irgendwo unter ihren trockenen Haaren verbarg. Wir müssen ne Menge flicken.. so ein Mist… in LA gab es diese Kliniken, wo jeder Penner sich versorgen lassen konnte, aber hier.. hier gibt´s nur den Gnadenschuss.. Scheiße man, kaum ist keiner da, der Gel oder ein Wunder bereit hält, kratzte ich ab… ich will nicht verrecken…
Die Kriminelle machte eine kurze Verschnaufpause und lehnte sich gegen eine dunkelgraue Wand, die jedoch in recht guter Verfassung war und in Sachen Sauberkeit alles übertraf, was sich der 19 jährigen bisher so auf der Raumstation präsentierte, zumindest wenn sie darauf achten würde. Irgendwie ist mir komisch… Sie betrachtete verunsichert ihren Arm und die gelblich unterlaufenen Schwellungen, die langsam eine kaum übersehbare Form angenommen hatten. Was ist denn das…? Das ist so heiß.. und wieso ist das gelb? Auh… Vorsichtig näherte sie sich mit dem Zeigefinger der anderen Hand ihrem verletzten Unterarm, bis sie diesen mit dem Fingernagel antippte. Auha! Das tut weh.. und ist eklig, es soll weg, Noé.. Langsam legte sie ihren gesunden Arm um sich selbst, so als würde sie frieren oder sich einfach zusammenkauern, anschließend schloss sie die Augen und atmete mehrere Male langsam durch.
Kalt.. mir ist kalt.. und schwindelig.. ganz ruhig.. einfach chillen.. mir ist so verdammt schlecht.. was soll das..? Das sind Löcher in meinem Arm.. wieso ist mir so… urgh.. Noé ließ sich langsam an der Wand herab gleiten, bis sie in komplett in die Hocke gegangen war, den Kopf legte sie, mit noch immer geschlossenen Augen, nach vorne. Hab ich etwa..? Aus irgendeinem Grund hatte sich die Jugendliche eher unbewusst die linke Hand an die Stirn gehalten und für einen kurzen Augenblick war die kalte Hand auf ihrer heißen Stirn das schönste Gefühl, dass sie je in ihrem Leben hatte.
Bin ich.. krank..? Mir ist so mies…ich war noch nie krank.. ich dachte Menschen können nicht mehr krank werden.. Krank ist doof.. ich will das nicht, dass soll weggehen.. wieso ist das gelb..? – Noé blickte bei dem Gedanken auf ihren Arm, der immer wieder einen heißen, pulsierenden Schmerz aussandte – Es soll aufhören gelb zu sein.. es soll weggehen.. wäre Jojo bloß hier.. oder Mason… oder Vanessa…
Ich will zu ihr… Die Jugendliche zog einmal mehr Luft ein und jammerte dann leise mit unverständlichen Lauten über das Elendsgefühl, dass sie überall in ihrem Körper breit machte, begleitet von einem überraschendem Kälteanfall, weshalb sie sich letztendlich ganz auf den Boden sinken ließ, die Beine anzog und sich so dicht sie konnte zusammenkauerte. … wir wissen aber nicht, wo die Behemoth ist… Noé bemerkte in ihren, von Kopfschmerzen begleiteten, Überlegungsversuchen nicht, wie am Straßenrand kaum ein paar Meter vor ihr ein dunkelroter Wagen hielt, aus dem dann kurz darauf auch jemand ausstieg, dessen Schritte sich ihr rasch näherten.
„Noé?!“ – Mein Name.. nicht klauen… will ich behalten.. – „Tatsächlich, was machst du denn hier?! Ich meine, ich sehe ja was du machst, du sitzt hier im Dreck, wie ein verarmtes Straßenkind! Aber wieso sitzt du hier?! Ach, das geht mich bestimmt nichts an! Hey? Alles in Ordnung?“ – Mit einem Mal war die fremde Person, dessen Stimme Noé allerdings als männlich erkennen konnte, wohl dicht bei ihr, denn es legte sich eine Hand auf die Schulter der Jugendlichen und rüttelte sie leicht. – „Was ist passiert? Hat irgendjemand dir das Herz gebrochen? Ah, nein, ich glaube nicht, wer wäre denn so dumm, dich wieder frei zu lassen, wenn ich dich mal ergattert hat? Da muss man ja nun wirklich ziemlich bescheuert sein! Hey, bist du denn noch da? Bist du etwa tot?“ – Sei still! Mir ist schlecht! Nach außen hin gelang es der Jugendlichen allerdings nur, wehleidig zu murren und noch während sie den Kopf anhob um den Mann, der sie zulaberte, erkennen zu können, plapperte dieser weiter.
„Du bewegst dich, also bist du nicht tot! Find ich wirklich gut, es wäre ziemlich schade gewesen, weißt du? Aber da du dich bewegst, lebst du eindeutig, außer du bist untot. Du weißt schon, wie in diesen klassischen Horrorfilmen, Zombies und Geister und solches Zeug, aber ich schätze das gibt es in Wirklichkeit alles nicht, oder was denkst du?“ Vanessa.. Hilfe..
Noé hatte es endlich geschafft, den Kopf angehoben und blickte nun zu einem jungen Mann herauf, der wiederum neben ihr hockte und den Blick sofort erwiderte, jedoch nicht ohne ihr ein charismatisches Lächeln gratis dazu zu schenken. „Na Noé? Doch alles fit?“ „Nein.. hau ab.. was willst du..?“ Das ist… Dings… na der..
„Immer noch das selbe scharfe Mundwerk wie vor zwei Tagen! Das find ich klasse! Und wie´s aussieht auch noch hart im nehmen! Du bist wirklich eine sexy, hübsche, kluge, Sinn für´s Geschäft habende Frau, die auch noch einiges wegstecken und austeilen kann! Frankreich kann wirklich Stolz sein, einem Mädchen wie dir einen Namen gegeben zu haben!“ – Pär.. der… komische Typ da.. Die 19 jährige ließ den Kopf erneut hängen und schloss die Augen, als die Kopfschmerzen erneut einen Schub erhielten und ihr ein weiteres Mal die Kälte bewusst wurde. „Pär.. hau ab.. oder hol mich hier raus…“
Die erste Auswahl, die Noé dem Schweden gab, schien ihm nicht sonderlich zu gefallen, denn er verzog kurz irritiert das Gesicht, allerdings erhellte sich seine Miene direkt wieder, als die Jugendliche ihm als zweites anbot, sie raus zu holen. „Aber klar! Denkst doch nicht echt, dass ich dich hier liegen lassen, oder? Dafür bist du doch viel zu Schade, du hast besseres verdient, wo wir grad bei verdienen sind, da fällt mir wieder ein, dass ich mich noch um ein Geldgeschäft kümmern muss. Naja, dass kann wohl noch warten, immerhin liegt hier eine Noé Chambers auf der Straße und braucht meine Hilfe.“ Man Pär… mach..
Die 19 jährige hatte unbewusst entschlossen, sich nun selbst dabei zu helfen, dass Pär ihr half und griff daher mit der gesunden Hand nach seiner Schulter, als sie sich dann jedoch hochziehen wollte, machte sich nicht nur ein Schwindelgefühl in ihrem Kopf breit, sondern jeder ihrer Muskeln fühlte sich einfach nur schwach und leer an. Das Ergebnis war, dass sie mit einem Stöhnen zurück auf den Boden sackte, wobei es sich dabei eh nur um ein paar wenige Zentimeter handelte.
„Nana, ganz ruhig, du siehst wirklich mies aus, also wegen deinem Zustand, meine ich, so siehst du natürlich fabelhaft aus!“ – Der Schwede betonte seine Aussagen in diesem Moment damit, dass er wild mit den Armen gestikulierte, gleichzeitig erkannte er wohl selbst, wie viel er Laberte und wie wenig davon Noé wirklich mitbekam. – „Ich schaff dich jetzt erstmal hier weg, dann sehen wir mal weiter.“ Schon im nächsten Augenblick - welchen die 19 jährige damit verbrachte Kopfschmerzen und Übelkeit zu haben – setzte Pär sein Versprechen in die Tat um und hob die vergleichsweise leichte Jugendliche mit beiden Armen hoch.
Die schnelle Bewegung nach oben dröhnte zwar in ihrem Schädel, allerdings sorgten die gleichzeitig aufkeimenden Gefühle von Scham, Hoffnung und Verachtung dafür, dass diese Schmerzen plötzlich viel undramatischer waren, als noch vor ein paar Sekunden.
Ich hab so versagt… wieso grad Pär… wieso nicht irgendwer.. wieso nicht Vanessa…? … Das ist genauso schlecht… von Vanessa retten lassen… Noé beobachtete zwar kurz ihr Blickfeld, wirklich sehen konnte sie allerdings nur eine Mischung aus dunklen, schmutzigen Farben, die in Omega wohl eine Art ‚Himmel’ hätten darstellen können. Diese Farbmischung wich dann einem schwarzen Nichts, als sie ihre Augen schloss und somit nur noch spürte, wie sie getragen wurde. .. überhaupt retten lassen.. Noé du bist so schlecht.. und wertlos.. wertlos und schwach… immer müssen Fremde mir den Arsch retten… es wäre echt besser wenn ich einfach endlich verrecke… dann kann ich nie mehr zu Van zurück… Der Hass auf sich selbst wich bei der letzten gedanklichen Feststellung deutlich zurück und machte zeitgleich Platz für etwas ganz anderes: Trauer.
Ich will aber zu Van zurück.. also nicht sterben… das heißt jemand muss mich retten.. und Pär rettet mich…das ist Glück! … ganz viel Glück… Noé realisierte, wie sie auf einen recht weichen Sitz gesetzt wurde, auf welchem sich ihr Oberkörper automatisch entspannt und bequem zurücklehnte, anschließend wurde eine Tür direkt neben ihr geschlossen. Was.. wo.. schon da…?
Als sie die Augen erneut öffnete, blickte sie direkt auf eine leere Straßenspur vor sich, die allerdings durch eine Frontscheibe und eine Motorhaube von ihr getrennt war. Auto.. Während Noé noch damit beschäftigt war, zu realisieren, dass sie wirklich in einem Wagen saß, schwang sich ihr schwedischer Retter von der anderen Seite aus auf den Fahrersitz und schlug die Tür zu. „Toller Wagen, nicht wahr? Hab ich eben erst erstanden, frag lieber nicht wie!“ – Erneut lächelte der Mann sie charismatisch an – „Aber im Vergleich zu deinem Erlebnis ist das sicher nichts wildes, nur keine Sorge, hier bist du sicher, relativ sicher zumindest, sicherer als auf der Straße jedenfalls..“ „Fahr los man!“
Die 19 jährige bereute schnell, dass sie ihre Kraftreserven dazu verwendet hatte, den Schweden mehr oder weniger anzubrüllen, denn direkt danach sackte sie wieder in den Sitzt zurück und schloss erneut die Augen. Kurz sah sie die Dunkelheit, die ihre eigenen Augelieder erzeugten, fühlte noch mal den Schweißfilm auf ihrer Haut und die Kleidung, die dadurch begann an ihr zu kleben, dann wurde jedoch wirklich alles Dunkel und sie verlor das Bewusstsein.
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