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  1. #31
    Let's Play-Gucker Avatar von Kimaya'Baato nar Saralesca
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    PSY Behemoth, Maschinenraum, Maschinistenquartier

    Uhrzeit: 16:47 Uhr

    Kimaya starrte das bunte Buch an, das neben teils in Plastikfolie eingewickelten, teils bereits ausgepackten Objekten in einer alten, staubigen Metallkiste lag - ein menschliches Papierwerk, Seite für Seite bespickt mit exotischen Buchstaben, die Kiba unbekannt waren. Sie streckte ihren kybernetischen Arm danach aus, klappte die ersten Seiten auf, betrachtete die ausländischen Zeichen durch glasige Augen.

    'Kate könnte das lesen. Sie könnte mir sagen, was darin steht.'

    Sie kniete auf dem Boden, krallte ihre Fingerkuppen in ihre Oberschenkel und senkte den Kopf in Verzweiflung. Es musste sich um einen Irrtum handeln, ganz gewiss. Wie konnte irgendwer denn so töricht sein und eine gigantische Weltraumstation wie Omega attackieren? Kiba ignorierte das Rufen der unbekannten Frau außerhalb des Maschinenraums, das plötzlich ertönte, wie auch die Worte ihres Artgenossen und schüttelte nur ungläubig den Kopf.

    'Verrückt...das ist doch verrückt! Muss ich...muss Omega kämpfen? Ich kann doch unmöglich in eine Schlacht ziehen! Ich bin eine Pilgerin, keine Soldatin! Was, wenn wir alle sterben? Kate, wo bist du? Wo ist Jacob? Keelah, ob es den beiden gut geht? Vielleicht sehe ich die beiden nie wieder...vielleicht sterbe ich...nein, ich sterbe ganz bestimmt!'

    Ihre Kehle fühlte sich schlagartig trocken an, ihr Hals schnürte ihr die Luft ab. Panik. Sie schluckte hart, krabbelte neben Nero, winkelte die Beine an und schlang ihre dünnen Arme darum. Ihre eigentlich ruhige Atemfrequenz explodierte, ihre Gliedmaßen fingen aus Furcht zu zittern an.

    „Keelah...was sollen wir nur tun?“

    Sie schaukelte sich selbst, um sich zu beruhigen, doch es nützte nichts.

    „Ich...ich habe Angst...was, wenn wir alle sterben?“

  2. #32
    Let's Play-Gucker Avatar von Nero'Garyn nar Medina
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    PSY Behemoth ; Unteres Deck ; Maschinenraum | Quartier des Maschinisten


    Noch während der Quarianer sich darüber den Kopf zerbrach, weshalb Vanessa ihn zwar flüchtig gegrüßt, sich aber nicht die Zeit genommen hatte, ihm für einen Moment gegenüber zu treten, bemerkte er eine Veränderung in Kimayas Verhalten. Anfangs war Nero mit seinen eigenen Gedanken so beschäftigt gewesen, dass er ihre krampfartigen Bewegungen gar nicht wahrgenommen, doch jetzt war die Aura der Furcht, die von dem Mädchen ausging, förmlich greifbar. Mit einem leichten Stechen im Magen beobachtete er, wie die Angst mehr und mehr die Kontrolle über den zierlichen Körper der Quarianerin erlangte.

    „Keelah...was sollen wir nur tun?“

    Ihre Panikattacke gipfelte schließlich darin, dass sie sich neben ihm zusammenkauerte und sich zitternd Hin und Her wiegte. Die Unruhe die von ihr ausging griff auch nach ihm, doch in so einer Situation konnte, nein, musste Nero einfach die Ruhe bewahren. Gewissermaßen fühlte er sich schon aus Prinzip ihr gegenüber verpflichtet, sie aus diesem Schlamassel zu befreien.

    „Ich...ich habe Angst...was, wenn wir alle sterben?“

    Komm schon Nero, das musst du jetzt tun. Bei Vanessa hat das doch auch funktioniert, und sie war dir wirklich dankbar dafür. Außerdem ist hier doch sonst niemand, der etwas Falsches denken könnte...

    Seine Antwort erfolgte schließlich in Form einer wortlosen, sanften, jedoch etwas unbeholfenen Umarmung. Ungeachtet der Reaktion ihrerseits zog er sie intuitiv dicht an sich heran und drückte ihren Kopf vorsichtig auf seine linke Schulter, so wie es der Mensch in dem Liebesfilm getan hat, den er vor der Ankunft auf Omega gesehen hatte.

    ...gut... und... jetzt? Was kam dann.... ich glaube...

    "Sag nichts, Kimaya."

    16:49

  3. #33
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    PSY Behemoth, Maschinenraum, Maschinistenquartier

    Kimaya senkte bedrückt den Kopf. Sie presste ihre Maske feste gegen die angewinkelten Knie, klopfte ihre Stirn dagegen, verfluchte sich dabei in Gedanken selbst.

    'Ich hätte niemals nach Omega gehen dürfen. Keelah, ich kann doch keinen Krieg ausfechten!'

    Sie schluckte hart, wollte tief Luft holen, doch ihre Brust fühlte sich so träge an. Stoff raschelte, vermutlich richtete Nero sich gerade auf, doch Kimaya fühlte stattdessen, wie sich plötzlich zwei Arme sanft um ihre schmächtigen Schultern schlossen. Nero drückte dabei fürsorglich ihren Kopf gegen seine linke Schulter und hüllte die Quarianerin damit in eine eigentlich wohlige Umarmung, die Kiba aber absolut falsch erwischte, statt ihr irgendwie zu helfen.

    Muskeln verkrampften sich, kalter Schweiß tropfte ihre Schläfe hinab. Platzangst breitete sich aus. Sie fühlte sich total überfordert.

    „Sag nichts, Kimaya.“

    'D-Doch! Lass mich los!', dachte das Mädchen panisch.

    Nero mochte zwar sehr nett und fürsorglich sein, wohlgemerkt trotz des quarianischen Blutes, das durch seine Adern floss, doch diese schlagartige Umarmung ging Kimaya dann doch ein wenig zu weit. Sie legte ihre Hände auf Neros Brust und drückte ihren Artgenossen daraufhin zögerlich weg.

    „Es...äh...schon okay. Mir geht es gut, wirklich. Wir äh...“, Kimaya fühlte sich schlecht, schluckte erneut, „sollten vielleicht gehen, wegen des Briefings, meine ich.“

    Sie richtete sich hastig auf, merkte dabei, wie ihre wackeligen Puddingbeine einknicken wollten und stützte sich deshalb am Bett ab.

    „A-Aber danke...dass du mich aufmuntern wolltest.“

    Uhrzeit: 16:51 Uhr

  4. #34
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    PSY Behemoth ; Unteres Deck ; Maschinenraum |Quartier des Maschinisten



    Obwohl er tief in seinem Innersten bereits mit einer solchen Reaktion gerechnet hatte, traf sie ihn wie ein unerwarteter Faustschlag in die Magengrube. Noch während sie sich von ihm abstieß und eine wenig überzeugende Erklärung dahin stotterte, kam er sich mächtig schlecht vor.

    Vielleicht war das mit der Umarmung auch eher so ein Menschending. Woher soll ich so etwas denn wissen? Ich habe noch nie selbst gesehen, wie sich zwei Quarianer umarmen, geschweige denn, dass mich jemals einer...

    „A-Aber danke...dass du mich aufmuntern wolltest.“

    Für einen Augenblick verharrte er noch in der abgewiesenen Position und beobachtete, wie das Mädchen sich Stück für Stück von ihrer Panikattacke zu erholen schien. Dann stand auch er endlich auf und schüttelte, mit einem tiefen Seufzer, leicht den Kopf.

    "Schon in Ordnung."

    Nein, nichts ist in Ordnung. Ich gerate in eine ominöse Schlacht gegen mir unbekannte Feinde - und werde dabei von einem Mädchen begleitet, dass auf emotionaler Basis irgendwo zwischen 'Du bist so ein netter Kerl!' und 'Bitte stirb doch endlich, du Nadas!' schwankt. Fragt sich nur, was davon die größere Bedrohung für mich darstellt.

    Lustlos versetzte er der Kiste mit den seltsamen Gegenständen einen leichten Tritt, so dass sie wieder unter sein schmuckloses Bett schlitterte. Dann ging er, nachdem er seinen Mantel zurechtgerückt hatte, auf den Maschinenraum zu. Ohne Kimaya direkt anzusehen, nickte er ihr entschlossen zu.

    "Na dann, lassen wir die anderen nicht warten."


    16:53
    _______________


    Auf dem Weg zum Briefingraum hatte sich Nero letztendlich noch einmal dazu entschlossen, dem Hangar einen Besuch abzustatten. Er ließ Kimaya im Unklaren über den genauen Grund, bat sie jedoch um Verständis. Und auch diesmal ereilte ihn die Enttäuschung, obwohl er sich bereits auf das Ergebnis eingestellt hatte: Es war niemand dort. Keine Noé, keine Vanessa. Im Grunde war es auch ganz logisch, zumal sich die beiden wohl nur ungern voneinander trennten. Durch die vergangenen Ereignisse und den pausenlosen Stress hatten sie gewiss einiges, was sie in dieser kurzen Ruhepause wohl nachholen wollten. Nero seufzte und zuckte, als er an Kimaya wieder nach draußen vorbeilief, mit den Schultern.

    "Hat sich auch erledigt."

    Ohne weitere Umschweife steuerte der Quarianer nun den Briefingraum an, obwohl sie definitiv zu früh dran waren.

    Lieber zu früh als zu spät.

    Nachdem sie den langen Korridor mit den zum Teil defekten Lichtern durchquert hatten, und wieder dort standen, wo sie erst vor kurzem Noé begegnet sind, blieb der Pilgerreisende plötzlich stehen. Mit einer ernsten Miene, die Kimaya hinter seiner dunklen Glasscheibe nur erahnen konnte, richtete er noch einmal das Wort an sie.

    "Ich bitte dich, in Anwesenheit des Captains in diesem Raum nur dann zu sprechen, wenn dich jemand direkt anspricht. Wenn du gebeten wirst, dich allen offiziell vorzustellen, dann tu' das. Falls nicht, dann warte bis nach dem Briefing mit deiner Vorstellung. Ansonsten könnte es einen schlechten Start für dich bedeuten, denn der erste Eindruck wiegt auch bei anderen Rassen schwer."

    Hoffentlich klang das jetzt nicht allzu unfreundlich... ich bin nicht Kimaya, ich brauch nicht zickig zu werden!

    17:14

    >>>> PSY Behemoth ; Oberes Deck ; Briefingraum
    Geändert von Nero'Garyn nar Medina (17.03.2010 um 19:12 Uhr)

  5. #35
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    PSY Behemoth, Briefingraum >>>> PSY Behemoth, Maschinenraum, Maschinistenquartier

    Kiba folgte Nero die Stufen auf das untere Deck hinab, das die Mannschaftsquartiere beherbergte, die teilweise bereits belegt, teilweise auch bis an die Decke von alten, kaputten Möbelstücken zugestopft waren. Sie bogen in den Korridor ab, an den die Arrestzelle, die schiffseigene Kombüse und hauptsächlich freie Quartiere grenzten, und überprüften die Kabinen nach einer schlaftauglichen Matratze, die sich nach einigen erfolglosen Versuchen auch tatsächlich fand.

    „Okay, ich denke, dass ich die hier benutzen kann“, bemerkte Kimaya zufrieden und wühlte sich durch den Kabinenschrank, wo ein frisches, gefaltetes Bettlaken und ein Kissenbezug verstaut lagen, „das sieht sauber und gewaschen aus.“

    Sie stolperte über einen Haufen alter Papierbücher, schnappte sich das Kissen, das zwischen Schreibtisch und Stuhl lag, und wechselte rasch den Bezug. Sie klemmte sich das flauschige Kissen unter den Arm, bückte sich nach der Matratze und bedeutete Nero, die andere Seite zu greifen, damit die beiden Quarianer das sperrige Objekt gemeinsam tragen konnten. Unbeholfen hievten die beiden das Matratzenstück hinaus in den Gang, schleppten es zurück in das Maschinistenquartier und legten es neben das Bett auf den Boden. Kiba platzierte das Kissen auf eine Seite und setzte sich.

    „Puh, das wäre geschafft“, seufzte die quarianische Maschinistin zufrieden, „jetzt können wir uns den Film anschauen. Was gibt es im Angebot?“

    Eigentlich interessierte es Kiba einen feuchten Dreck, was für Filme zur Verfügung standen. Sie brauchte nur Ablenkung, irgendwas, das ihre Gedanken an die Schlacht und die damit verknüpften, schrecklichen Horrorszenarien verdrängte – da reichte selbst die langweilige Dokumentation 'Lächeln eines Elcors', das die komplexe, aber sehr subtile Mimik der Elcorspezies beleuchtete, schon aus.

    Uhrzeit: 17:41 Uhr

  6. #36
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    <<<< PSY Behemoth ; Oberes Deck ; Briefingraum
    >>>> PSY Behemoth ; Unteres Deck ; Quartier des Maschinisten


    Wieder einmal froh darüber, dass der klimatisierte Anzug ihn davor bewahrt hatte, in seinem eigenen Schweiß zu ertrinken, ließ er sich zufrieden auf sein Bett sinken. Kimaya, die sich ihrerseits auf ihrer Matratze niedergelassen hatte, fragte ihn derweil, was für Filme denn zur Auswahl stehen würden.

    Auf jedenfall seltsame Liebesfilme, in denen die Protagonisten widersprüchliche Aussagen von sich geben und es ständig zu regnen scheint... naja, wer weiß, vielleicht mag sie sowas? Sie mag wahrscheinlich das, was alle Mädchen mögen... Antriebe, Sternenkunde und turianisches Püree.

    "Lass uns einfach mal nachsehen. Die Holodisks sind zwar fein beschriftet, aber in der menschlichen Sprache, ergo ziemlich nutzlos. Also gibt es nur eine vernünftige Möglichkeit: einstecken und hoffen, dass man etwas Interessantes erwischt hat."

    Mit diesen Worten sprang er wieder auf die Füße und zerrte die Metallkiste mit den besagten Disketten unter seinem Bett hervor. Da er breits die passende Software vor der Landung auf Omega auf seinem Omni-Tool installiert hatte, bedurfte es nun keinerlei Vorbereitungen mehr, so dass er willkürlich in die Kiste greifen und eine der schmalen Holodisks in den dafür vorhergesehenen Leseschlitz stecken konnte.

    "Mal sehen" murmelte er, während er sein Omni-Tool über das orangene Benutzerinterface so einstellte, dass es die Videodatei auf die gegenüberliegende Wand projezierte. Nach einer gefühlten Ewigkeit erschienen zuerst verschiedene weiße und rote Texte, die auf schwarzem Hintergrund - vermutlich - irgendwelche Warnungen verkündeten. Nach dem dritten Disclaimer drückte der Quarianer genervt auf die Vorspultaste.

    "Bei den Ahnen, wir wollen hier einen Film schauen, keine Geschichte lesen!"

    In dem Moment, als das erste farbige Bild ohne Text zu sehen war, verlangsamte er die Abspielgeschwindigkeit wieder auf Normaltempo. Ein sehr merkwürdiges, aber auch irgendwie interessant aussehendes Gebäude war zu sehen. Es hatte erstaunlich wenig Fenster, dafür eine strahlend weiße Wand. Das Dach des Hauses war, wie Nero zu seiner persönlichen Belustigung feststellte, nicht flach sondern spitz zulaufend.

    Sehen die Behausungen auf der Erde etwa so aus? Wer verbricht denn solche architektonischen Unfälle? Wo kommt das Licht her, was soll dieses Dach bewirken? Naja... wenigstens haben sie noch Häuser...

    Im nächsten Moment war das Haus verschwunden, stattdessen war ein Mann in einem dunklen Raum zu sehen, der in Sachen Gesichtsbehaarung René Vanek in nichts nachstand. Er zog ein ernstes Gesicht, wühlte aufgeregt in irgendwelchen Schubladen herum und warf dabei immer wieder einen gehetzten Blick über die Schulter.

    Gerade als Nero daran dachte, Kimaya zu fragen ob sie vielleicht lieber etwas anderes sehen wöllte, passierte etwas: mit einem lauten Knall, der trotz der miesen Tonqualität dazu führte, dass der Quarianer erschrocken zusammenzuckte, flog die Tür hinter dem Mann auf. Im Rahmen erschienen drei Gestalten, die zuerst nur als schwarze Schemen erschienen: zwei große Personen, und eine deutlich kleinere, die vor den beiden stand. Unterstrichen von dramatischen Klängen fuhr der bärtige Mann herum und hob beide Hände über den Kopf. Die schwarzen Gestalten traten aus dem Schatten hervor.

    "Sieh einer an, wenn das nicht unser lieber Herr Doktor ist. Guten Abend, Herr Doktor."

    Die Sprecherin dieser Zeile war eine Menschenfrau, die Vanessa erschreckend ähnlich sah. Doch im Gegensatz zu ihr hatte sie blonde Haare, die zum Teil von einer schwarzen Mütze verdeckt wurden. Die zwei großen Männer hinter ihr trugen beide Gewehre im Anschlag, die verglichen mit den gängigen Modellen zwar etwas merkwürdig aussahen, aber wahrscheinlich nicht minder tödlich waren. Alle drei waren in schwarze, geschlossene Mäntel gehüllt, die ihnen ein bedrohliches Aussehen verliehen. Der als "Doktor" bezeichnete Mann begann zu zittern.

    "Es ist nicht so, wie es aussieht..."

    "Natürlich, verstehe. Nichts ist so, wie es scheint, stimmt's?"

    Mit einem gelassenen Gesichtsausdruck verschränkte die Frau die Hände hinter dem Rücken.

    "Ge...genau, so ist es."

    "Ihr Sohn, Marius - wissen Sie denn, wo er sich gerade befindet?"

    Sie bewegte sich einen Schritt in den Raum, ihre beiden Begleiter folgten ihr automatisch.

    "M-Marius? Er ist daheim, er ... er lernt für sein Examen..."

    "Richtig. Er ist zuhause."

    Sie machte einen weiteren Schritt nach vorn.

    "Was ist mit ihm? Wie kommen sie jetzt überhaupt darauf? Was soll das Ganze?"

    "Während wir hier miteinander plaudern, stattet die Polizei gerade ihrem Sohn einen kleinen Besuch ab. Ich hoffe inständig, dass er die Freundlichkeit besitzt ihnen etwas Tee zu bereiten."

    "Was? Die Polizei? Das kann nicht sein! Marius ist ein guter Junge!"

    "Nichts ist so, wie es scheint, Herr Doktor."

    Als sie sich wieder um einen Schritt näherte, begann Nero im Kopf auszurechnen, wie viele Dialogzeilen sie wohl noch sprechen müsste, um die restliche Entfernung zu überbrücken. Immer wieder warf einen flüchtigen Blick zu Kimaya, die unten auf ihrer Matratze saß.

    "Nein, sie... sie denken doch nicht etwas Falsches von uns? Wir sind ehrliche Menschen!"

    "Ehrlich, ja? Ehrliche Menschen? Schnüffeln ehrliche Menschen wie Einbrecher in fremden Zimmern, in fremden Akten herum? Drücken sich ehrliche Menschen mit vorgegaukelten Krankheiten vor dem Krieg? Fieber, ja? Sollte so jemand nicht lieber im Bett liegen, statt zu lernen?"

    "Es ist doch etwas anderes ob jemand für eine Prüfung lernt, oder ob er in eine Schlacht ziehen muss! Eine Schlacht! Ma'am, denken sie an die Gefahr, an all die Toten und Verletzten, an das Grauen und... - "

    Weiter kam der Doktor nicht, denn mit einem Mal verschwanden sowohl das Bild als auch der Ton aus dem Raum. Neros Finger, der für den plötzlichen Abbruch des Films verantwortlich war, zuckte leicht. Mit einem betont abfälligen Tonfall kommentierte er die Lage, während er die Holodisc aus dem Omni-Tool zog.

    "Was für ein langweiliger, dummer Film! Das tun wir uns besser keine weitere Minute mehr an. Lass uns lieber etwas anderes anschauen."

    Er zog eine Diskette hervor deren Ettikett in einem auffällig schlechten Zustand war, da sie voller fettiger Flecken und die Schrift kaum noch erkennbar war. Der Pilgerreisende zog daraus die logische Schlussfolgerung, dass es sich um einen besonders guten Film handeln musste, und wedelte damit in Kimayas Richtung herum.

    "Der ist sicher klasse!" meinte er zuversichtlich, und legte das Speichermedium ein.

    Die Datei war weitaus kleiner als die der zwei Filme, die er zuvor geöffnet hatte, aber davon ließ er sich nicht beirren. Er hatte sich ja sowieso nicht gemerkt, in welchem Format die Sachen gespeichert waren, demnach war ein direkter Vergleich auch nicht möglich. Mit dem Gedanken, dass es hoffentlich ein Film ohne die Wörter 'Schlacht' und 'Tod' war, startete er das Video.

    Zu seiner großen Überraschung fing der Streifen ohne Warnungen und ohne größeres Tam-Tam direkt an.

    Gut so, da wurde ja ausnahmsweise genau an der richtigen Stelle gekürzt!

    Das Szenario war diesmal auf den ersten Blick ziemlich unspannend: ein blondes Menschenmädchen in sommerlich-knapper Bekleidung lag auf ihrem Bett und hämmerte mit einer Miene, die nicht desinteressierter hätte sein können, auf einem schwarzen, flachen 'Terminal' herum, das vor ihr lag. Es dauerte jedoch keine fünf Sekunden, bis jemand plötzlich an ihrer Tür klopfte. Ihr Gesichtsausdruck hellte sich schlagartig auf, mit liebreizender Stimme flötete sie ein "Herein!" und wandte dann wieder ihre Aufmerksamkeit auf das Gerät.

    Ob Vanessa auf der Erde genauso herumlaufen würde?

    Ein weiteres Mädchen, das dem Äußeren nach dem ersten Mädchen gar nicht so unähnlich sah, betrat den Raum und stolzierte, noch eine Stufe knapper bekleidet als ihre scheinbare Freundin, zum Bett hinüber. Mit einem entzückten Lächeln ließ sie sich neben der anderen nieder.

    "Was machstn' da?" fragte sie auf eine Art, die Nero direkt an Noé erinnerte.

    "Ich mach' was für die Schule. Biologie." hieß die prompte Antwort, die durch demonstratives Tastengehämmer unterstrichen wurde.

    "Achso."

    "Ja."

    "Sexualkunde?"

    "Genau."

    "Soll ich dir vielleicht ...helfen? Du weißt doch, Biologie ist meine Stärke."

    "Das wäre echt toll."

    Als hätte sie nur auf dieses Stichwort gewartet, krabbelte das dazugekommene Mädchen über den Rücken ihrer Freundin und begann damit, ihre Schultern zu massieren. Das tat sie allerdings für höchstens fünfzehn Sekunden, da sie bald schon dazu überging, in erstaunlicher Geschwindigkeit die sowieso schon ziemlich knappe Bekleidung ihrer blonden Freundin auszuziehen. Diese hämmerte weiterhin ziemlich unbeeindruckt auf dem schwarzen Gerät herum.

    Sekunde, Sekunde.... das ist.... das ist ja...

    Etwas dümmlich kichernd hielt sie die Unterwäsche der Beschäftigten in die Höhe und warf sie, nachdem sie einen letzten, anzüglichen Blick darauf geworfen hatte, achtlos in die nächste Ecke. Langsam, in einer fast raubtierhaften Bewegung, fuhr sie mit den Nägeln über den nackten Rücken der Blondine und leckte sich dabei über die glänzenden Lippen. Gerade als sie damit begonnen hatte, sich selbst ihrer überflüssigen Kleidung zu entledigen ... wurde das Bild schwarz.

    "Ach, ehh, weißt du, das, äh... ich denke es wäre besser... ja, viel besser wenn du dir einfach selbst einen ... einen guten Film aussuchst. Du findest sicher etwas Passenderes..."

    Mit einer hölzernen Bewegung entfernte er die Holodisc und warf sie in einer schnellen, fast schon zu eiligen Bewegung zurück in die Kiste.

    Ich sollte sie vernichten, damit Kimaya diesen bescheuerten Eindruck von mir los wird... oder... ich könnte sie Vanessa geben... die findet das vermutlich sogar interessant...

    18:09

  7. #37
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    PSY Behemoth, Maschinenraum, Maschinistenquartier

    Uhrzeit: 18:09


    Nero schaltete den menschlichen Lesbenporno ab, ehe sich die zweite Menschenfrau die restliche Kleidung vom Leibe reißen konnte, zog die Filmdiskette heraus und pfefferte das schmuddelige Video zurück in die Kiste. Ordentlich ins Fettnäpfchen getreten. Er versuchte, die peinliche Situation durch unbeholfenes Stottern zu überspielen und bat Kiba dabei, den nächsten Film selbst auszuwählen, doch die quarianische Maschinistin brach stattdessen in ein lautstarkes, herzhaftes Lachen aus, bis ihr Lachtränen in die Augen schossen.

    „Nero...“, drang es erstickt zwischen Lachkrämpfen durch, „du bist so knuffig...ah, Keelah...Luft...ich ersticke...“

    Sie warf sich auf den Rücken, ihr Bauch schmerzte tierisch, doch das Kichern wollte erst nach einigen Sekunden aufhören.

    Stille kehrte ein.

    Kiba starrte die Kabinendecke an, hielt sich dabei den Bauch. Sie fühlte, wie sich die heitere Stimmung innerlich schlagartig verdüsterte, bis ihr aufrichtiges Lächeln erstarb und ihre Gesichtszüge erstarrten.

    'Wo ist mein wahres Ich hin?', dachte die Siebzehnjährige melancholisch, „ich hasse Quarianer“, folgte es laut, sodass Nero es hören konnte, „ich hasse unsere Artgenossen.“

    Sie schluckte hart, winkelte ihre Beine an, drehte ihren Kopf in seine Richtung, starrte Nero für einen Augenblick lang nur stumm an.

    „Wieso mag ich dich dann? Wieso bist du so anders? Wieso steht alles auf dem Kopf?“

    Omega, nein, ihre Pilgerreise, die heute erst anfing, stülpte Kibas bekannte Weltvorstellung von außen nach innen, tötete Rhyn, schenkte ihr die ersten freundschaftlichen Beziehungen, offenbarte einen Quarianer, der Kiba freundlich behandelte, sich zwar tollpatschig, aber liebenswürdig tollpatschig verhielt und ihr das Gefühl gab, eine existenzwürdige Person zu sein.

    Wieso fühlte sich die Außenwelt nur so wohlig und die vertraute Heimat so hässlich und abscheulich an?

    Kiba seufzte resigniert, drehte sich auf den Bauch und vergrub die blutrote Maske in ihren Armen. Sie fühlte sich so...verloren.

  8. #38
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    PSY Behemoth ; Unteres Deck ; Quartier des Maschinisten


    "Ich hasse Quarianer."

    Dieser Satz hallte immer wieder durch die Stille in seinem Kopf, die mit dem abrupten Ende ihres gut gelaunten Gekichers eingekehrt war.

    "Ich hasse unsere Artgenossen."

    Wortlos starrte sie ihn dann plötzlich an, seine eigene, dunkle Gestalt spiegelte sich auf ihrem blutroten Visier. Die bedrückende Atmosphäre, die nun auf einmal herrschte, gefiel ihm gar nicht. Am liebsten hätte er einfach spontan losgeschrien, einfach nur, damit jemand dieses furchtbare Schweigen durchbrach.

    Bitte schau mich nicht so an, nicht so. Sag was, sag mir verdammt nochmal, wo dein Problem mit dieser Welt liegt!

    „Wieso mag ich dich dann? Wieso bist du so anders? Wieso steht alles auf dem Kopf?“

    Nero versuchte den harten Kloß in seinem Hals herunterzuschlucken, doch irgendwie wollte es ihm nicht so recht gelingen. Ihre Worte waren wie gesalzene Süßspeise - im Grunde wundervoll... aber irgendwie ungenießbar. Sie mochte ihn. Aber dass sie ihn als 'anders' bezeichnete, implizierte dass noch eine andere Art von Quarianer für sie existierte. Eine Art, die wohl ihr bisheriges Leben bestimmt hatte.

    "Ich hasse Quarianer."

    Gerade als er dazu ansetzen wollte, sie nach dem Hintergrund dieser seltsamen Aussage zu fragen, drehte sie sich auf den Bauch und schottete sich mit den Armen von der Welt außerhalb ihres Anzugs ab. Zumindest sah es so aus, als ob das ihre Absicht wäre. Auf jeden Fall machte sie einen zutiefst deprimierten Eindruck, als würde allein dieser Raum dazu führen, dass sie sich jedes Mal unheimlich schlecht fühlte. Zögernd erhob sich Nero von seinem Bett.

    "Ja... wieso magst du mich? Warum hasst du die anderen?" ... warum, warum kann ich sie das nicht einfach fragen? Warum klebt mir das verdammte Maul zu, wie einem Kind, das mit widerlicher Paste gefüttert wird?

    Da er offensichtlich in dieser Situation nicht die Kraft besaß, sich klar in Worten auszudrücken, taumelte er, ohne es wirklich wahrzunehmen, vorwärts auf ihre Matratze zu und ließ sich, ohne einen Laut von sich zu geben, neben ihr nieder. Auch als er ihr die Hand auf die Schulter legte, fühlte sich alles leicht surrealistisch an. Natürlich bewahrte er einen gewissen Abstand zu ihr - er hatte ihre negative Reaktion auf sein Umarmung nicht vergessen.

    "Weißt du..." begann er wie immer, wenn er sich schwer mit seinen Worten tat. "... ich habe einen jüngeren Freund, Kyyle'Jhen. Eigentlich ist er auch gewissermaßen mein Bruder, wenn auch nicht biologisch. Er ist leider der einzige noch Lebende seines Clans, also kann ihm etwas Familie nicht schaden. Ich habe mir selbst immer gesagt, dass er mich brauchen würde und ich für ihn verantwortlich wäre. Auf diese Weise habe ich mir selbst einen grundlegenen Daseinszweck herbeigeredet, und irgendwie hat es mir auch wirklich geholfen. Die Wahrheit ist allerdings, dass nicht er derjenige ist, der am meisten von dieser Freundschaft profitiert, sondern ich. Es wurde mir bewusst, als ich eines Abends noch spät auf dem unteren Deck der Medina schießen übte. 'Nicht schlecht', hatte mein alter Lehrer Sent'Nyma damals gesagt, er war der Navigator unseres Schiffes. Jedenfalls meinte er dann noch Folgendes: 'Du kannst übrigens gerne mal deine Freunde vorbeibringen. Aber nicht alle auf einmal, und schon gar nicht jeden erstbesten Dahergelaufenen, der nur deshalb vortäuscht, dein Freund zu sein.'"

    Mit einem Seufzen nahm er die Hand von Kimayas Schulter, da er sich auf beide Ellbogen nach hinten neben der Quarianerin abstützte. Gedankenverloren starrte er ins Leere.

    "Daraufhin antwortete ich ihm... gar nichts. Ich wusste nämlich nicht, was genau ich ihm sagen sollte. Natürlich wollte ich ihm sofort zustimmen und von meinen vertrauenswürdigsten Freunden erzählen... doch dann wurde mir ziemlich... schmerzlich... bewusst... naja, mir wurde eben klar, dass ich gar niemanden kannte, auf den diese Beschreibung zutreffen könnte. Also sagte ich gar nichts, da ich in diesem Moment nur eines genau sagen konnte: es war furchtbar peinlich. Kyyle hatte ich bereits mit nach unten gebracht, er hatte sogar ein paar Mal mitgeschossen... aber ich konnte ihn ja schlecht wieder erwähnen. Die Tatsache, dass mir nur Kyyles Name eingefallen war, hatte mich nächtelang nicht mehr losgelassen. Plötzlich nahm ich das Verhalten der anderen Quarianer meines Aters viel deutlicher wahr: sie mieden mich. Davor hatte ich es tatsächlich nicht bemerkt, oder vielleicht hatte ich es auch unbewusst verdrängt... aber sie mieden mich, und zwar aufgrund meines Rufs. Eine andere Erklärung konnte es nicht geben - ich war vielleicht nie wirklich technikbegeistert, aber deswegen allein wurde noch niemand aus der Gesellschaft ausgeschlossen. Und selbst meine anderen Eigenschaften... mein Aussehen... meine Stimme... ich meine, was spielt das denn bei uns für eine Rolle? Ich hatte damals wohl schon zu oft meine Meinung über die Passivität der Flotille und die Gleichgültigkeit unserer Captains preisgegeben. Wenn ich daran zurückdenke... ja, ich habe ziemlich angeeckt bei den meisten. Und mit Kyyle an meiner Seite hatte ich zumindest ein Alibi, um mir nicht selbst einzugestehen müssen, dass ich ein verdammter Außenseiter bin. Und ja, es... belastet mich. Aber irgendwie auch wieder nicht. Macht das Sinn? Ich weiß nicht."

    Da seine Ellbogen in dieser Haltung zu schmerzen begannen, ließ er sich nach hinten fallen und verschränkte die Arme hinter dem Kopf. Mit einem leicht verträumten Lächeln schloss er für einen Moment beide Augen.

    "Eins weiß ich aber sicher: du hast Recht. Ich bin ein Bosh'tet sondergleichen. Und jetzt weißt du vermutlich, warum ich so 'anders' bin. Ich hoffe, dass ich dich nicht enttäuscht habe mit meiner kleinen Anekdote."

    18:12
    Geändert von Nero'Garyn nar Medina (29.03.2010 um 17:49 Uhr)

  9. #39
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    PSY Behemoth, Maschinenraum, Maschinistenquartier

    Nero taumelte in ihre Richtung, setzte sich auf die Matratze und tätschelte fürsorglich ihre Schulter, was ihr sehr gut tat. Er verzichtete auf die Frage, wieso Kiba ihre eigene Spezies so sehr verabscheute, er machte keine albernen Kommentare oder lachte, sondern schilderte ihr stattdessen seine eigene, bittere Vergangenheit.

    Sie schluckte hart, fühlte sich elendig, fühlte sich so schäbig, dass Neros schlechte Erfahrungen ihr selbst so gut taten.

    'Egoistisches Miststück...', giftete Kiba sich selbst an, 'du bist so erbärmlich...wie kannst du nur glücklich darüber sein, dass man Nero genauso dreckig behandelt hat wie dich?'

    Es war eine berechtigte Frage, auf die ihre moralisch verzerrten Gefühle eine relativ simple Antwort erwiderten:

    'Ich bin jetzt nicht mehr so allein.'

    Kiba hob ein wenig Kopf an, legte ihn auf ihre angewinkelten Arme, starrte Nero für eine Weile nachdenklich an. Ihre Augen glitten über die obsidianschwarze Maske, zeichneten die Lichtreflexionen nach, die sich darauf spiegelten, bis sich schlagartig die Frage auftat, wie Neros verborgenes Gesicht in Wahrheit wohl aussehen musste.

    'Er ist freundlich und selbstlos, also hat er bestimmt ganz sanfte Gesichtszüge...'

    Sie seufzte deprimiert.

    'Ich schätze, ich bin Nero meine eigene Geschichte schuldig...'

    Sie drehte sich zurück auf den Rücken und fühlte, wie ihr Herz heftig gegen die Brust trommelte. Sie fürchtete die bitteren Erinnerungen, die gleich aufschwappen würden, fühlte, wie sich ihre Kehle ruckartig zuschnürte, austrocknete. Sie wollte eigentlich alles für sich behalten, doch vielleicht würde Nero ihr Verhalten besser verstehen, wenn er alles über ihre Vergangenheit erfuhr.

    „Ich...ich war eigentlich schon von Geburt an ein...Schwächling“, presste Kimaya widerwillig über ihre Lippen, „ich kam als Frühchen zur Welt, musst du wissen, war häufig krank und bin körperlich ziemlich schwach – du kannst ja sehen, dass ich für quarianische Verhältnisse ein Zwerg bin.“

    Sie lächelte gequält, ihre Augen starrten glasig ins Leere.

    „Ich wurde deshalb ständig gehänselt und durfte nur bei den Spielen teilnehmen, in denen es darum ging, mich zu erniedrigen. Ich habe mich deshalb häufig selbst ausgegrenzt und mir lieber Holodisks angeschaut oder alte Papierwerke gelesen.“

    Kiba schloss für einige Sekunden lang die Augen und versuchte hartnäckig, sich den Geruch von alten Papierseiten vorzustellen.

    „Als ich elf Jahre alt war, brach eine Epidemie über die Saralesca ein. Zuerst verhängte die Admiralität eine Quarantäne über unser Schiff, danach pferchte der Captain sich selbst, die bereits erkrankten und die verdachtsinfizierten Crewmitglieder in abriegelbare Räume ein, bis alle elendig daran starben. Ich werde ihre qualvollen Schrei nie vergessen...“

    Sie schluckte hart, packte sich an ihren ausgetrockneten Hals.

    „Meine Familie gehörte zu den wenigen Quarianern, die überlebt haben.“

    Stille kehrte ein.

    Kiba erinnerte sich an die gründliche Säuberungsaktion, die danach auf der Saralesca stattgefunden hatte – restlose Leichenverbrennung, die sorgfältige Desinfektion des gesamten Schiffskorpus', zum Abschluss die pedantische Kontrolle, die die absolute Sterilität gewährleisten sollte.

    „Wir wählten die Frau unseres verstorbenen Captains zur Nachfolgerin und haben damit vermutlich den schlimmsten Fehler gemacht, den wir überhaupt machen konnten: Rhyn'Navras vas Saralesca - vielleicht kennst du ihren Namen ja, ihr Gerichtsprozess hat immerhin riesiges Aufsehen erregt “, knirschte Kiba gehässig, „ihr habe ich es zu verdanken, dass mein Vater jetzt tot ist. Sie war völlig besessen davon, einen neuen Heimatplaneten für uns zu finden, und war auch bereit, alles für ihre verrückte Vision zu opfern. Sie sammelte fast vierzig Crewmitglieder, auch meinen Vater und alles natürlich ohne Wissen des Konzils oder der Admiralität, und schickte zwei Späherschiffe aus, die einige Koordinaten überprüfen sollten. Keiner wusste, ob die Koordinaten überhaupt wirklich einem Planeten angehörten, aber Rhyn war felsenfest davon überzeugt...“, Kiba fühlte blanken Zorn in sich aufkochen, „...und schickte damit alle in den Tod.“

    Tränen brannten durch ihre Augäpfel, flossen ihre Wangen hinab.

    „Ich wollte Rhyn dafür töten, deshalb bin ich hier auf Omega. Ich wollte Rhyn aufspüren, zur Rede stellen und ihr eigenhändig ihren verräterischen Kopf wegpusten, aber das Schicksal kam mir zuvor. Rhyn ist vor einigen Tagen irgendwo auf Elysium krepiert.“

    Sie drehte sich auf die Seite, winkelte die Knie an, lag da wie ein Fötus. Zitterte am ganzen Leibe.

    Uhrzeit: 18:17 Uhr
    Geändert von Kimaya'Baato nar Saralesca (30.03.2010 um 16:59 Uhr)

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    PSY Behemoth ; Unteres Deck ; Quartier des Maschinisten



    Plötzlich fiel es ihm wie Schuppen von den Augen. Er unterdrückte den Impuls, sich mit der flachen Hand in Richtung Stirn zu schlagen, da es momentan mehr als unangemessen wäre, so eine Reaktion zu zeigen. Beunruhigt richtete er sich mit Hilfe seiner Hände wieder auf, und musterte die neben ihm liegende Quarianerin, die sich zitternd zusammengerollt hatte.

    Natürlich, nar Saralesca! Saralesca! Das verdammte Seuchenschiff... ich hatte Kyyle doch erst bei unserem letzten Gespräch daran erinnert... oder hat er es erwähnt? Egal, ich hätte es früher bemerken müssen... Saralesca... Rhyn... Rhyn'Navras? Ich kannte nicht mal ihren Namen... so hieß also der Captain, der etwas verändern wollte... und jetzt ist sie tot.

    Nero zog die Beine leicht an, so dass er seinen Kopf auf dem rechten Arm abstützen konnte. Das war nun bitter nötig, denn sein Schädel fühlte sich plötzlich so an, als ob eine ganze Elcor-Familie eine wilde Party auf ihm feiern würde.

    Und Kimaya.... ihr Vater... bei den Ahnen, sie darf nie erfahren, dass ich aus dem selben Erz geformt bin! Wobei... nein, nein, wenn ich Captain wäre, dann würde ich niemals... nein... andererseits... verdammt... Rhyn hatte das ja nicht beabsichtigt? Nein, Sent hatte es doch schon damals gesagt... Helden von morgen kämpfen heute mit Gegenwind und werden verkannt. Wenn Rhyn erfolgreich gewesen wäre, ja, dann hätten sie ihr alle plötzlich zu Füßen gelegen und ihr auf dem neuen Heimatplaneten ein Denkmal errichtet, um das sich unsere Nachfahren noch in tausend Jahren versammelt hätten... unter freiem Himmel... und...

    "... ohne.... Schutzanzug."

    Die letzten zwei Worte hatten zwar seinen Kopf durch den Mund verlassen, allerdings so leise, dass es nicht mehr als ein undeutliches Wispern war. Der Arm, auf dem sein Kopf gestützt war, begann unter der Last zu zittern, die der Rücken nicht mehr tragen wollte. Immernoch ruhte der Blick des Pilgerreisenden auf dem verbitterten Mädchen, immernoch fühlte er eine kalte Hand, die sein Herz brutal zu quetschen schien. Nein, er konnte es ihr wirklich nicht sagen. Nicht hier, nicht jetzt. Das Letzte was sie wohl jetzt hören wollte war, dass der Quarianer, der sie so viel besser behandelte als alle anderen es taten, genau so ein überzeugter Veränderer war wie ihr verhasster Captain.

    Ich sollte einfach das Thema meiden. Es wird leichter sein es einfach zu verschweigen, statt sie geradeheraus anzulügen. Bin doch sowieso ein schlechter Lügner...

    "Um ehrlich zu sein..." waren die ersten Worte, die ironischerweise die lange Stille schließlich durchbrachen. "... finde ich nicht, dass du zu klein bist. Meiner Meinung nach... hast du genau die richtige Größe!... Also... nur so, nur so! Ich, ich hab' nichts Schmutziges im Sinn, ich... ich mein's ehrlich! D-d-du bist vielleicht etwas kleiner als die meisten anderen Quarianerinnen, aber ... das ist doch toll! Sieh sie dir an, wie sie sich alle Kerben ins Metall ritzen, buntes Zeug an ihre Gelenke kleben, ihre Anzüge mit Schnörkel überhäufen. Und das nur, weil sie um ihre äußerliche Individualität kämpfen! Dieses Theater hast du nicht nötig. Manchmal muss man einfach auch das Positive sehen können, weißt du?"

    Um seine letzten Worte zu unterstreichen, stubste er ihren Rücken leicht mit dem Zeigefinger an und zeigte auf sich selbst.

    "Du denkst jetzt vielleicht:" - er holte tief Luft und sprach in einem übertrieben piepsigen Tonfall weiter - "'Was faselt der Bosh'tet von Theater, wenn er doch selbst mit diesem unsäglichen Stofffetzen herumrennt?' Das wäre ein berechtigter Einwand! Schließlich bin ich - körperlich - der Inbegriff des typischen Durchschnitts-Quarianers, wirklich, manchmal bin ich froh, dass niemand mein langweiliges Gesicht ertragen muss. Und ich mit meinem Mantel, und seit kurzem auch diesem... diesem...äh... Schi... Schi... Scho... - ach das hier halt! - "

    Bedeutungsvoll tippte er gegen den schwarzen Seidenschal, der um seinen Hals hing.

    "... veranstalte wohl das größte Theater von allen. Eigentlich geht es mir aber gar nicht darum... aufzufallen. Das ist nur ein Nebeneffekt. Ich bin wohl vermutlich etwas eigen, was Geschenke angeht. Den Mantel habe ich von Sent'Nyma, genauso wie mein Präzisionsgewehr. Beides hatte er wiederum damals von seiner eigenen Pilgerreise mitgebracht, nicht für den Captain, sondern für sich selbst, als Andenken. Die Waffe war angeblich das Beste, was er je in den Händen halten durfte, er bezeichnete sie stets als 'turianisches Meisterwerk'. Aber der Mantel... der Mantel! Wirklich, manchmal kam es mir so vor, als wäre er ihm sogar heiliger als so mancher Ahn gewesen! Die dazugehörige Geschichte durfte ich mir auch vermutlich hundert... ne, bestimmt tausend Mal!... anhören. Jedenfalls hat er ihn angeblich von einem Menschen geschenkt bekommen, nachdem er diesem das Leben gerettet hatte. Das passierte damals zu der Zeit, als die Menschen gerade erst ihre komischen Füße auf fremde Planeten gesetzt hatten, unmittelbar nach dem Erstkontakt-Krieg, also bevor wir geboren wurden. Kannst du dir das vorstellen? Dieses Ding ist älter als wir! Älter als dieses Schiff! Naja..."

    Etwas verlegen tippte er sich leicht mit der flachen Hand wiederholt gegen die rechte Seite seines Helms, eine Bewegung, die in gewisser Weise das Äquivalent zum typischen Kopfkratzen darstellte.

    "... wenn ich jetzt so daran denke... Vanessa hat mir diesen Schal... - ja Schal, das wars! - ... äh.. wie jetzt... ah, Vanessa, Vanessa hat mir diesen Schal ja auch geschenkt, weil ich ihr zuvor das Leben... naja... okay, so dramatisch war es dann doch nicht. Aber du hast es ja vorhin selbst von ihr gehört, sie war mir für die Hilfe sehr dankbar. Jedenfalls... das ist doch irgendwie wie bei dem alten Navigator, oder nicht? Hey, vielleicht lerne ich ja nach meiner Pilgerreise auch irgendwann einen jungen Quarianer kennen, dem ich den Schal mit auf die Pilgerreise geben kann."

    Noch besser wäre es natürlich... wenn die Pilgerreise dann längst nicht mehr nötig wäre, weil sich nach meiner Rückkehr alles geändert hat...

    In dem Wissen, dass er solche Sätze gegenüber Kimaya vermutlich nie wieder aussprechen sollte, stieß er einen leisen Seufzer aus. Und schenkte ihr dann ein vergnügtes Lächeln, das jedoch nie bei ihr ankommen sollte.

    "Ich bin eine furchtbare Laberbacke. Schlimm."

    18:22
    Geändert von Nero'Garyn nar Medina (02.04.2010 um 01:17 Uhr)

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