Kathleen fühlte sich fast abwesend als sie ihren Blick ruhig fast zentrisch in der Mitte aller Bewegungen ruhen ließ. Sie musterte nichts und realisierte doch die meisten Handlungen und Aktionen die die Menschen um sie herum unternahmen. Im Unterbewusstsein passte ihr es gar nicht das ein paar Mitarbeiter der C-Sec keine Menschen waren - oder zumindest keine Turianer, die hatten schließlich die Technik mit entwickelte auf der die Midway basierte. Die Geheimdienstlerin in ihr war davon wenig angetan. Aber sie ignorierte es. Sie konnte es im Moment weder verhindern, noch beurteilen ob es gerechtfertigt war. Oder nicht so gar besser. Sie versuchte sich also keinen Kopf zu machen.
Während der kurzzeitige Captain seine kurze, offensichtlich sehr emotionale, Ansprache hielt und Sarah ihm kurz auf folgte. Ließ Kathleen ihren Blick über die Gesichter der Männer und Frauen gleiten. Sie beobachtete ruhig die Leute und ihre Gesichtszüge. Die Gestik und Mimik der Leute. Wie sie auf die Nachrichten reagierten und sie verarbeiteten, oder sie auch in irgendeiner anderen Art aufnahmen. Es schien ihr keine Besonderheiten zu geben. Aber später würde sie ihre Gedanken und Erinnerungen durchforsten, wenn sie mehr Zeit hatte. Die kleinen Ansprachen waren der übliche Zirkus um Pflicht, Vorfreude, Begeisterung und Komplimenten. Typisches Militärgewäsch für das Neska noch nie viel übrig gehabt hatte. Sie bevorzugte eine direktere Kommunikation, eine etwas ehrlichere. Wenn auch die gesagten Worte alle ehrlich gemeint war. So war es doch trotzdem auch nie die ganze Wahrheit, es würde immer Abweichungen in den Ankündigungen und in den gesagten Phrasen geben, denn nie galt alles für alle.
Neska seufzte und griff nach ihrem Com. Wählte die Nummer von Angela und wartete einen Moment bis die Verbindung mehrfach verschlüsselt und abgeschirmt war.
"Boss?"
"Ich brauche Dossiers über die Besatzung der Midway."
"Ehm. Chef?"
"Ja, ich weiß Geheimhaltungsgewäsch."
"Ja."
"Die stehen alle vor mir, Himmelarschundwolkenbruch."
"An mir soll's ja nicht liegen.. Aber."
"Okay, okay. Verstanden. Schau was du machen kannst. Aber dann sag mir wer unser Mann auf dem Schiff war."
"Du meinst wir hatten da jemand drauf?"
Kathleen schwieg einen Moment und seufzte. Fuhr sich mit der Hand flach über das Gesicht und atmete tief ein und dann wieder aus. Nach solchen Spielchen stand ihr gar nicht der Kopf.
"Ja." Sie hörte etwas tippen im Hintergrund, ein paar Unterbrechungen. Ein paar gepiepte Antworten des Terminals und dann schließlich ein leises Rattern, als die Ausgabe des Ergebnisses erfolgte. Angela hustete.
"Ein gewisser John Weber, kennst du ihn?"
"Nein." Kathleen musste nicht überlegen. Sie kannte den Mann nicht. Und würde das jetzt schnell ändern. Sofern er noch unter den Lebenden war.
"Beschreibung?"
"Einsachtzig, sechsundsiebzig Kilo, brauen Haare, grüne Augen, trainierte Kerl, 32 Jahre. Deutscher. Sieht gar nicht so schlecht aus. Hilft dir das?"
Nein tat es nicht richtig. Persönliche Bemerkungen waren selten Hilfreich wenn man genau Daten brauchte. Aber immerhin, hatte Kathleen eine Vorstellung davon was Angela gefiel.
"Danke." Kathleen legte auf und ließ den Blick wandern. Sie brauchte nicht lange um den Agenten zu entdecken. Er schien fast einen Hauch gelangweilt zwischen den Anderen. Da Kathleen es aber durchaus besser wusste, sortierte sie seine Haltung, seine Wortlosigkeit in der Menge der anderen Crewmitglieder und seinen Gesichtsausdruck als eine ruhige Professionalität ein. Sie nahm sich einen Moment und zündete sich eine letzte Zigarette an. Ab jetzt würde sie für eine Weile keine Mehr bekommen. Kathleen wog einige Momente ihre Optionen ab und beschloss dann das es vollkommen unmöglich war sich Weber zu greifen ohne Aufsehen zu erregen.
Neska war nicht Rebekka mit ihren beneidenswerten Fähigkeiten sich selbst durch die größte Menge unsichtbar zu bewegen. Sicher, sie hatte auch ausreichend Erfahrung und Möglichkeiten. Aber ihr Fachgebiet war einfach ein anderes.
Also setzte sie sich in Bewegung. Glitt durch die Leute der Crew und arbeitete sich Schritt für Schritt auf Weber zu. Aus dem Augenwinkel verfolgte sie wie eine junge Dame auf Richter zuhielt. Sie wechselte ein paar Worte mit ihm. Und dem anfänglichen Gesichtsausdruck der ziemlich dramatisch einen gänzlich anderen Ausdruck annahm im Gesicht des C-Sec Officers, war Neska klar, dass er so etwas - wie das was ihm gerade gesagt worden war - nicht hatte hören wollen. Kathleen fluchte innerlich, ohne es sich ansehen zu lassen. Was auch immer ihm gesagt worden war, würde, wenn es mit der Midway zu tuen hat, auch hoffentlich sie bald wissen. Wenn nicht, war es vorerst nicht von Interesse, denn auf der Geschichte mit Rebekka hatte Kathleen noch die Hand drauf.
Sie erreichte die kleine Gruppe von Menschen die sich um Weber versammelt hatte. Trat ohne zu Zögern an den Kreis hinzu und lächelte freundlich. Fand irgendwo in sich die unerschöpfliche Menge an Höflichkeit und Charme.
"Guten Morgen." begrüßte sie alle bevor sie sich and Weber wandte.
"Mr. Weber, ich bin Kathleen Benedict, und ich hätte Sie gerne mal gesprochen." bedeutete sie ihm und signalisierte ihm mit einem Winken des Zeigefingers dann ihr zu folgen. Sie hatte sich eine kleine Nische zwischen ein paar Ladungsboxen ausgesucht.
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