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    FRPG-Account Avatar von Octavian Visconti
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    <<<Citadel: Zivile Andockbuchten
    >>>Citadel: C-Sec
    09:40

    Galant hielt Octavian Madeleine und ihrer Tochter Saskia die Tür auf und Saskia sprang heraus, staunte als sie sah wie die Shuttlehalle der C-Sec sich vor ihr erhob und lauter wichtige Menschen hinein- und herauskamen.

    Während die Drei den Weg von den zivilen Andockbuchten zur C-Sec durch die Tunnel hinter sich ließen, lernten sie sich kennen. So still und eingeschüchtert Madeleine auf den Streit in den zivilen Andockbuchten reagiert hatte, so offen und dankbar war sie Octavian für seine rasche, illegale Lösung für ihr Kontrollproblem. Allerdings reagierte zuerst Saskia offen und sympathisch auf Octavian. Sie zog erst Grimassen und fragte frech, wieso er einen Umhang anhatte. Octavian erwiderte, es sei schick und erkundigte sich über Terra Nova. Ob man denn dort keine Umhänge tragen würde, von Zeit zu Zeit zumindest. Es war eine langsame, aber stetige Annäherung, die im Transit Shuttle von statten ging. Madeleine und Saskia erfuhren, wieso Octavian den turianischen C-Sec Beamten zu kennen schien und Saskia lachte herzlich auf, als er seine Meinung über den Turianer kund gab, und hörte aufmerksam zu, wie Octavian ihr sein Raumschiff schilderte. Madeleine begann ebenfalls zu erzählen, zuerst noch etwas unsicher, aber da Octavian ihr vermutlich das Leben gerettet hatte, wurde sie schon bald redseliger. Laut ihren Ausführungen war ihr Mann einst ein vielgeschätzter und tüchtiger Minenarbeiter auf Terra Nova gewesen, aber in den letzten Wochen veränderte er sich zunehmend. Er kam immer wieder verwirrter zurück aus den Minenschächten, sprach wirres Zeug und fürchtete die Geth und faselte von der Niederkunft schicksalhafter Götter, warnte vor ihnen, dass es noch nicht vorbei sei. Er weigerte sich wochenlang zur Arbeit zu gehen, vegetierte dahin und verlor all seine Körperbeharrung. Wenn Madeleine meinte, er solle gehen, sprach er im Wahnsinn. Dann fing er an sie zu schlagen und die Angst, die sie vor ihm hatte, wich zurück vor der Sorge um ihr Kind. Sie verbarrikadierten sich, versuchte die Behörden zu kontaktieren, aber sie erreichte niemanden. Und eines Nachts hörte sie Schmerzensschreie, verließ den Raum mit ihrer Tochter in einer Hand und mit der Sporttasche in der anderen, lief zum Shuttle und fuhr weg ohne sich umzublicken. Später erfuhr sie, dass ihr Mann tot sei, doch mehr wollten sie ihr nicht verraten. Sie bekam halb mit, dass auch noch andere Minenarbeiterkollegen von ihm unter derselben Form von Wahnsinn litten. Die Behörden zwangen sie kein Wort zu verraten und breiteten den Mantel des Schweigens über die ganze Angelegenheit, bedrohten sie gar, wenn sie jemanden davon erzählen würde. Sie entschloss sich abzuhauen, fürchtete die Behörden gar noch mehr wie die Rückkehr zu ihrem alten Haus, nahe den Minen.
    Ihr tat es sichtlich gut über diese Zeit zu reden. Octavian hielt die Geschichte für übertrieben, aber er war ein guter Zuhörer und hackte immer wieder besorgt nach, wenn ihm etwas unklar war. Madeleine redete ruhig, verarbeitete die Sachen in dem sie darüber sprach und ihr Gesicht wurde weicher, löste sich von der Anspannung, die sie noch in den Andockbuchten umgab. Sie strich ihrer Tochter durch die lockigen Haare an der Seite und lenkte das kleine, unschuldige Mädchen dadurch von ihren Ausführungen ab, die sie aber sowieso nicht zu bekümmern schien. Stattdessen zog sie sich lieber Octavians Handschuhe an, richtete immer wieder ihre Mütze, sobald sie wegen Mutters Zärtlichkeiten verrutscht war und tat so als wäre sie ein wichtiger Befehlshaber und verkündete noch wichtigere Befehle.

    Octavian führte die beiden durch die C-Sec Flure vorbei an den Wachen und Büros der Beamten. Sie teilte ihm, sie wären das letzte Mal vor Ewigkeiten hier zu Besuch gewesen, damals als ihr Bruder frisch zur Citadel zog, besuchte sie ihn einmal. Nun konnte Madeleine ihren Bruder nicht schnell genug wiedersehen.
    Manche Beamten musterten die wundgeschundene Mutter und die Tochter mit der zu großen Mütze und den zu weiten Handschuhe mit Besorgnis. Octavian wurde dagegen von den meisten ignoriert, zogen doch Mutter und Kind, wie es häufig der Fall war, die Aufmerksamkeit auf sich. Octavian kannte dieses Gefühl und es war ihm eine willkommene Abwechslung.

    Nach einer weiteren Abbiegung gelangen sie zur Registrierung, wo sich die Besucher auf der Citadel vermerken lassen mussten. Es war eine rein formelle Sache, weshalb Octavian die Mutter auch dazu überreden konnte, hier her zu kommen. Wenn sie dies nicht gemacht hätten, wäre wohl wem die Ungereimtheit irgendwann aufgefallen und man hätte Nachforschungen angestellt. Aber wenn sie den Zoll passiert hatte und sich korrekt registrierte, dann würde ihr auch nichts mehr geschehen.

    Octavian verstand nie warum nach der Kontrolle bei den zivilen Andockbuchten noch einmal die Gepäcksstücke genauer kontrolliert wurden, stellte dies doch hauptsächlich eine weitere Zeitverzögerung dar. Es war zwar eine Sache der C-Sec wie sie die Kontrolle durchführten, aber gleichzeitig handelte es damit wie gewöhnlich um eine fast schon kafkaeske bürokratische Mühle und das zerrte teilweise an den Nerven und kostete Zeit, die sicherlich besser investiert werden konnte.

    „Guten Tag“, grüßte Octavian die Beamtin, die ihn mit einem kräftigen Wimpernschlag freundlich begrüßte. Die Asari war noch jung für ihre Rasse, das genaue Alter konnte man aber höchstens vage schätzen. Madeleine ließ ihre Sporttasche zu Boden fallen und Octavian stellte seinen Koffer ab.
    „Guten Tag, wie kann ich behilflich sein?“
    Octavian trat zur Seite und Madeleine stellte sich vor den Schreibtisch der Asari.
    „Ich bräuchte eine Aufenthaltsgenehmigung“, erwiderte Madeleine, warf Octavian einen unsicheren Blick zu.
    „Natürlich, wenn ich dann bitte den Ausweis haben könnte?“ Madeleine gab ihr den Ausweis und die Asari lud daraufhin die relevanten Dateien und Protokolle.
    „Hm“, gab die Asari nach einiger Zeit, in denen sie die Ausweismerkmale von Madeleine auf ihrem Terminal studiert hatte von sich: „Es scheint, die Behörden auf Terra Nova wären an Ihnen interessiert, aber ich vermute die nehmen wir nicht allzu ernst hier?“ Sie lächelte. „Jedenfalls bekamen Sie die Bestätigung und die Erlaubnis sich auf der Citadel uneingeschränkt aufzuhalten. Haben Sie Verwandte oder Berufsaussichten hier?“
    „Ich habe einen Bruder bei dem ich gern einige Zeit lang wohnen möchte. Reicht das nicht?“
    Die Asari nickte und folgte einem Link, der die Datei ihres Bruders aufrief. „Doch, natürlich. Warten Sie bitte gerade einen kurzen Moment, ich aktualisiere Ihren Ausweis schnell. Sie reisen mit Tochter? Und einem männlichen Begleiter, wenn ich gerade…?“
    „Oh nein, wir haben uns nur in den Andockbuchten kennen gelernt.“, fiel Madeleine der Asari ins Wort, kicherte etwas zwischen den Wörtern und fuhr dann fort: „Ich denke, er braucht sie nicht?“
    „Richtig, ich möchte vor allem nur meine Mütze gerne zurück.“, erwiderte Octavian und griff nach ihr, aber die kleine Saskia hielt die Mütze fest und gab sie nicht wieder her. „Das wird wohl noch etwas dauern.“
    Ein lang gezogenes „Verstehe“ war die Reaktion der Asari, die daraufhin etwas schroff auf die Tasten haute und das ‚glückliche Familie’ - Spielchen vor ihr angewidert ignorierte. Madeleine strahlte aufgrund der Lebendigkeit, die ihre Tochter an den Tag legte trotz der widrigen Umstände, und man sah ihr genau an, dass sie die Flucht von Terra Nova nicht bereute, so schrecklich das Geschehene auch war.
    Ein kurzes Piepen ertönte, die Asari informierte Madeleine über ihre Rechte und Pflichten auf der Citadel, was den Eindruck eines langatmigen Schulvortrags erweckte, wünschte ihr und ihrem Mädchen abfällig ‚viel Glück’ und entließ schlussendlich die Drei aus ihrer Obhut.
    Beim Verlassen des Büros, fragte Madeleine, ob Octavian denn sich nicht anmelden möchte und er erwiderte ihr, dass die Asari nur für Menschen zuständig war, die längere Zeit auf der Citadel wohnen möchten. Er hingegen würde nur ein paar Tage bleiben.

    Er begleitete die beiden noch zum Ausgang und bezahlte das Transit Shuttle, das sie zu ihrem Bruder bringen würde.

    „Vielen Dank!“, brach es aus Madeleine hervor und sie umarmte ihn innig. Als sie sich löste vom sich etwas überrumpelt fühlenden, aber angetanen Octavian, drückte sie ihm noch einen sanften, zärtlichen Kuss auf die Wange. Sie flüsterte ihm ein erneutes „danke“ zu, diesmal vermutete aber Octavian einen gewissen Hauch Sinnlichkeit im Wort oder es lag einfach daran, dass ihre Lippen seine Ohren sanft berührten. Sie löste sich von ihm und Octavian strich ihr noch über die Schulter und drückte diese dann fest. „Das wird schon werden. Jetzt sind sie auf der Citadel. Viel Glück.“ Octavians Worte waren nicht wirklich ermutigend, aber Madeleine schaffte es ihr bezauberndes Lächeln kurz zu zeigen. Er beugte sich zu Saskia hinunter. „Na, Saskia. Ich hoffe wir sehen uns mal wieder, ja?“ Saskia nickte und biss sich dabei verspielt auf die Lippen, wiederum erkannte er ihre Zahnlücke. Dann nahm er seine Mütze von ihrem Kopf und sie gab ihm die Handschuhe. Madeleine und ihre Tochter stiegen ins Transit Shuttle ein und Octavian winkte ihnen nach und Saskia winkte vom Rücksitz zurück.

    In erneut voller Montur durchquerte er die Flure der C-Sec, holte sich auf halbem Weg einen Früchtetee aus einem Automaten, der ihm viel zu verzuckert war. Er passierte eine Gruppe von Söldnern, die festgenommen wurde und rummaulte. Er bog um eine Ecke und blickte noch mal zurück und er erkannte eine der Wachen wieder von den Andockbuchten. Dann betrat er das Büro von Arglos Tryznov. Es gab sicherlich schnellere Wege seinen Aufenthalt auf der Citadel offiziell eintragen zu lassen, wenn auch keinen angenehmeren, aber Octavian war es vor allem wichtig, dass Madeleine in Zukunft nicht mehr von der C-Sec bedrängt wurde. Octavian scherte sich nicht um Sejan, der konnte ruhig noch etwas warten.

    „Arglos?“ fragte er die Person, die hinter dem Rechner versteckt war und man nahm allzu deutlich war, dass jemand hastig arbeitete. Dann schaute ein Kopf hervor und ein lautes, bellendes Lachen ertönte. Der Turianer sprang auf und donnerte förmlich auf Octavian zu, der hastig seinen Tee auf eine Metallkommode stellte. Erneut gab es eine Umarmung für Octavian, die noch heftiger und stürmischer war als jene von Madeleine (an diesem Tag würde es noch mehr von dieser Sorte für ihn geben und er durfte sie alle genießen – freu dich, Octavian!). Er flog fast um, denn der Turianer war kräftig gebaut und überragte ihn um fast zwei Köpfe. Zusätzlich kam es, dass Arglos seit Jahren an schwachen Augen litt und deshalb lieber immer sehr nahe stand. Sein übergroßer Monitor war übrigens auch zurückzuführen auf seine Sehschwäche.
    „Wie geht es dir?“ stöhnte der alte Turianer. Er war zwar kräftig gebaut, aber er hatte deshalb auch mit schweren Atmenschwierigkeiten zu kämpfen. Eine Verletzung aus dem Erstkontaktkrieg wie er Octavian einst erzählte.
    „Ach, es geht.“, erwiderte Octavian bedrückt, weil er sich unweigerlich die Erinnerung an Vater ins Gedächtnis rief.
    Arglos musterte Octavian und überlegte kurz und dann erwiderte er mit wenig Mitgefühl, aber das nahm ihm Octavian nicht übel: „Achja, genau. Dein Vater! Oh, mein Beileid natürlich.“ Der Turianer ging wieder zurück zu seinem Platz und hockte sich in seinen bequemen, gepolsterten Stuhl, er deutete Octavian sich zu setzen. Er nahm den Tee von der Kommode, nahm einen Schluck, während er die Auszeichnungen an der Wand begutachtete. „Die ist neu, nicht? Und die auch?“
    Der Turianer nickte eifrig und stolz: „Ganz genau!“, platzte es aus ihm hervor: „Die ist für…ähm, ach...moment. Ich hab’s vergessen, aber Orden, wer braucht sie schon? Ich hab die hier nur rumhängen, dass ich diesen Grünschnäbeln zeige, dass ich trotz allem, und mein Rücken tut mir derzeit wirklich höllisch weh, noch gut genug für den Job bin. Besser als die, möchte ich sogar meinen.“
    Octavian ging näher ran an die Auszeichnungen. Er nahm einen weiteren Schluck vom Tee und fuhr sich mit den Zähnen über die Zunge um den süßlichen Geschmack runter zu bekommen, aber dann nahm er auch schon einen weiteren Schluck. ‚50 Jahre Dienst’. ‚Rettung von Zivilisten trotz widrigster Umstände’. ‚Verletzung im Kampf’. ‚Erfolgreiche Erfüllung seiner Pflichten’. Wenig Trara für ganz schön viel was der Alte durchgemacht hat, dachte sich Octavian. „Die hätten dir lieber mal eine ordentliche Gehaltserhöhung geben sollen, nicht?“
    „Ha!“, erwiderte der Turianer: „Lieber alle paar Jahre eine. So wird man nicht zu verschwenderisch, glaub mir das. Und überhaupt, macht das doch ganz schön was her, hm? Schau dir erst mal die andere Wand an, da sind die wirklichen Heldentaten von mir. Aber irgendwie lesen die Leute immer nur die Wand, ich sollte das mal ändern.“
    „Du könntest immer noch bei mir anfangen, das weißt du? Deinen Instinkt hat kaum einer.“ Octavian hockte sich auf den ihn angebotenen Eisen-Stuhl. Bei weitem nicht so angenehm wie Arglos Sessel, aber das war schließlich überall so. Die Diskrepanz zwischen Kunde und Verkäufer, zwischen jemanden, der etwas will und jemanden, der etwas hat, zwischen Polizist und Gefangenem. Diese Regel herrschte überall, auch in seinem eigenen Büro. Er stellte den Tee auf Arglos Tisch.
    „Ach, danke fürs Angebot. Aber es ist dieselbe Antwort wie letztes Jahr oder wie vorheriges Jahr und das Jahr zuvor. Ich bin bei der Sec recht zufrieden.“
    „Kannst du mir eigentlich sagen, was in den Andockbuchten heute los war? Ich bin gerade noch durch die Kontrolle gekommen und dann gab es eine ziemliche Schlägerei. Eure Beamten dort unten sind nicht gerade die kompetentesten, oder?“
    „Ohja“, murrte der Turianer und kratzte sich hinterm Nacken: „Bernus hatte heute die Aufsicht. So ein junger turianischer Schwerenöter, dem fehlt das gewisse Taktgefühl. Unter seiner Wache kommt es öfter mal zu Schwierigkeiten. Ich schätze mal, der stichelt unsere Beamten immer schön auf, dass sie ja unsympathisch zu allen sind. Er meint, die Sec müsste für Ordnung sorgen, aber wenn alles geordnet ist, dann kann man als Polizist schon mal dumm rumgaffen, nicht, und sich nutzlos fühlen? Ist jedenfalls nichts Neues und irgendwie scheint es niemanden zu stören. Ein paar Söldner gibt es ja immer, die durch solche Sticheleien, Verzögerungen und Provokationen genervt eine Schlägerei anfangen. Weißt du, das ist eigentlich recht clever von Bernus. Er lässt seine Leute an die Türen der Raumschiffe klopfen und fordert sie auf, rauszukommen. Und dann, tja – kommen die Leute und alles was sie tun dürfen, ist dumm rum zu stehen. Und durch so etwas will er eben die Unruhestifter gleich von der Citadel schicken bevor sie was anderes, schlimmeres tun können. So dumm ist das eigentlich gar nicht, muss ich sagen. Vielleicht nicht clever, aber sicher nicht dumm.“

    Octavian hörte den Ausführungen interessiert zu und inspizierte dabei etwas Arglos unaufgeräumten Schreibtisch, der vor Papieren und Akten überzuquellen drohte. Er war immer noch der selbe Haudegen wie früher. Octavian war sichtlich froh darum, dass Arglos nicht bei Corefield Design arbeitete, auch wenn er ihm jährlich ein Angebot unterbreiteste. Er schätzte Gründlichkeit bei seinen Mitarbeitern. Aber andererseits - dieser Instinkt! Arglos Erfolgsquote war beängstigend und seine Verhörmethoden effektiv wie kaum einem anderen. Octavian war sich sicher, Arglos würde auch heute noch mit seinen Fähigkeiten prahlen.

    „Interessante Taktik“, erwiderte Octavian schlussendlich: „Er hat meine Batarianer auch aufs Korn genommen, die ließen sich zwar etwas hänseln, aber sonst ist nichts passiert.“
    „Hängst du immer noch mit denen rum. Verdammt, vor denen musst du dich in Acht nehmen. Gerade letzte Woche hat so ein Schuft ne arme Asari verprügelt, ein hübsches Kind, auch wenn sie garantiert viel älter ist als ich, aber der hat sie verprügelt das war nicht mehr schön. Und natürlich im Verhör“, (und da war es - die Prahlerei!) „hat er alles abgestritten. Ich wollte dem am liebsten alle vier Glubscher ausstechen, aber der hat dann doch noch gestanden. He. Hab ich gut gemacht, muss ich sagen. So richtig schön ausgequetscht, da hat mein Grünschnabel, den ich als Partner habe, so ein Mensch – nichts für ungut - ganz schön dumm geguckt und das obwohl er sich davor für einen ziemlich harten Burschen gehalten hat, der Grünschnabel.“ Arglos richtete sich mühsam auf und schlenderte zu einer Kommode. „Ich hab leider nichts für Menschen da, außer… nein, hab nichts da.“ Er überlegte kurz ob er sich einen Schluck genehmigen sollte, schloss dann aber die Kommode wieder.
    „Kannst du mir einen Gefallen tun?“
    „Klar.“ Der Turianer ließ sich in den Sessel plumpsen und ein übertriebenes ‚Ah!’ kam aus ihm raus.
    „Sorg bitte dafür, dass Madeleine Rohmer keine Schwierigkeiten mit Bernus bekommt, ja?“
    „Nichts leichter als das.“ Arglos notierte den Namen. Octavian nickte zufrieden und richtete sich dann auf, erklärte dem Turianer, er müsse jetzt zur Einäscherung seines Vaters. Er griff mit der Hand nach dem Tee, ließ ihn dann aber stehen. „Ich lass den Tee da, damit du mal etwas Gesundes trinkst. Auch wenn viel zu viel Zucker drin ist.“ Er zwinktere dem Turianer zu. Trinken würde er ihn nicht, aber Octavian hatte keine Lust sich jetzt auf die Suche nach einem Mülleimer begeben.
    „So sind wir bei der Sec halt. Zuckersüß.“ Der Turianer stand wieder auf und schüttelte seinem Gegenüber die Hand. „Pass auf dich, Octavian.“ Dann nahm er den Tee, schwenkte etwas die Brühe im Uhrzeigersinn, lächelte dann und warf den noch halb gefüllten Tee in eine Zimmerpflanze
    Beim Hinausgehen meinte Octavian, Arglos sollte doch bitte alle weiteren Formalitäten bezüglich seiner Ankunft regeln, und der Turianer winkte ihm hinter her und brummte ihn sich hinein „so wie immer halt“ ehe er die Akte von Octavian aufrief. Normalerweise hätte er wohl den Ausweis gebraucht für eine solche Registrierungsmaßnahme, aber Arglos hatte immer einen Ordner für seine Freunde und ein gutes Gespräch war eine bessere Art sich auf der Citadel einzutragen als das herzlose Austauschen einer Identifikationskarte.
    Geändert von Octavian Visconti (17.08.2010 um 22:48 Uhr)

  2. #112
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    10:15

    Die Fahrstuhlmusik lag Octavian im Ohr, während er vor der C-Sec stand und geduldig darauf wartete, dass Sejan endlich eintraf oder wieder zurückkam – ihm war unklar, wo sich Sejan aufhielt. Es gab keine Antworten auf seine PDA Nachrichten, nur die vage Abmachung, dass Sejan ihn abholen würde. Vielleicht hat ihn etwas aufgehalten, vielleicht hatte Sejan keine Lust. Bei ihm konnte man nie wirklich genau sicher sein, was jetzt genau der Wahrheit entsprach. Den Koffer hatte er neben sich gestellt und er wartete geduldig darauf, dass das Shuttle auftauchte. Er hatte gerade eben erst versucht ihn über das Comm zu erreichen, aber auch dies war erfolglos. Scheinbar war es mal wieder Zeit ihm die Leviten zu lesen, ihn daran zu erinnern, welche Rollenverteilung herrschte. Octavian als Chef und Sejan war der Bedienstete der Familie. Klare Regeln, einfach und leicht zu merken. Er holte eine Zigarette heraus und zündete sie sich an. In jedem Moment, in dem Octavian nicht die Straße beobachtete, befürchtete er Sejan sei samt dem Shuttle gerade an ihm vorbeigedüst – das wäre typisch für ihn.

    In diesen untätigen Minuten, die er so mürrisch vor der C-Sec verbrachte, überkam ihn die Müdigkeit etwas. Er rief sich kurz die vergangenen Stunden ins Gedächtnis um wieder etwas wacher zu werden. Der Flug zur Citadel, der im Nachhinein den Eindruck einer (vermutlich trügerischen) Katharsis erweckte, die Stunden eingepfercht im Quartier und mit sich selbst ringend, unfähig Schlaf zu finden und den aussichtslosen Kampf um Antworten führend. Ihm wurden die Lider schwer und er stützte sich am Koffer ab, versuchte sich an zu lehnen, aber jener lehnte sich weg, denn selbst der Koffer war der Last auf Octavians Schultern überdrüssig.

    An ihm gingen wahre Kolonnen vorbei, manchmal spürte er ein fragwürdiges Stechen in seinem Nacken, so als musterte gerade jemand ihn. Eine Bombe im Koffer vielleicht? Sprengstoff unter dem Umhang? Ein Obdachloser auf der Suche nach ein paar Credits? Doch es blieb nur bei solch einem Stechen, kein ‚Hey Octavian!’ oder ein viel zu kumpelhaftes, und damit unpassendes, Schulterklopfen von Sejan.

    Er holte sein PDA heraus und musste feststellen, dass keine weiteren Nachrichten sich auf dem Gerät befanden. Er fragte sich, ob ihn die Familie eigentlich brauchte, ob jemand daran gedacht hatte sich um ihn zu kümmern, Sejan Bescheid zu geben. Heute stand die Einäscherung seines Vaters bevor und jeder vergaß den jüngsten Bruder abzuholen. Der würde dann letztendlich noch am selben Tag an Übermüdung sterben und zur Beerdigung kam auch niemand, weil niemand sie arrangierte, niemand trauerte und keiner die Zeit aufbringen wollte das Essen für den Leichenschmaus zu organisieren.
    Er verfluchte Sejan, diesen Mistkerl, dass nun er, Octavian, auf ihn warten musste, war das doch eigentlich Sejans Aufgabe gewesen, artig und geduldig ausharren, bis der Herr Visconti die Muse verspürte ihn zu begrüßen.

    Die Zigarette wurde noch einmal richtig schön gezogen, ehe sie meterweit die Stiegen der C-Sec zur Straße hinunter gespeckt wurde. Er rieb sich die Schläfen, blies den Rauch aus und fing sie dann an zu massieren, holte sich mit der anderen Hand das Comm heraus und wählte Sejans Nummer. Aber der Mistkerl hieb erneut nicht ab, vermutlich waren sie schon alle bei der Einäscherung und jeder hatte es abgeschalten. Aber Octavian war nicht wirklich wütend, weder auf die Familie noch auf Sejan, er war vor allem nur müde. Wie viele Stunden waren es jetzt die er wach war? Während er so da stand und darüber grübelte und immer wieder vom neuen anfing zu zählen, beobachtete er nicht die Straße, womit ihm entging das Sejan endlich vor der C-Sec parkte.

    Sejan war jünger als Octavian, vielleicht um die 30 oder 35 Jahre alt, Octavian konnte es sich nicht recht merken, hatte es doch für ihn keine Bedeutung. Er war schon schmächtiger Statur, hatte aber sicherlich den Willen eines Löwen und wäre damit ein nicht zu unterschätzender Gegner in einem Boxkampf. Seine Haare waren meist zersaust und dünn, bald würde Sejan eine Glatze haben. Sein Gesicht war länglich, faltig und markant. Er wirkte etwas wie eine Ratte, aber dafür bestach sein Lächeln, das manchmal etwas falsch wirkte, aber dann auch oftmals eine sehr liebevolle Ader offenbarte. Wenn aber Octavian etwas Angst machte an Sejan, dann waren es die grauen Augen. Sie hatten etwas Hypnotisches an sich, etwas Manipulatives. Und sie wirkten stets so als könnte Sejan im nächsten Augenblick in Tränen ausbrechen. Doch Octavian befürchtete nichts von Sejan, denn dieser kannte um sein wahres Potenzial nicht. Er war ein Bediensteter, wusste (die meiste Zeit) wo sein Platz war und offenbarte sich nur wirklich in Einzelgesprächen, zumindest bei Octavian.

    Sejan sprang die Stufen hinauf und ergriff sofort den Koffer. Octavian registrierte ihn erst gar nicht, waren doch seine Augen so verschlafen. Und Octavian lächelte Sejan zu in einer unschuldigen Weise, einfach nur froh, dass er nun doch rechtzeitig zur Einäscherung käme.

    „Herr“, fing Sejan an: „Es tut mir Leid, aufrichtig Leid, aber – ich dachte, Sie würden mich nicht mehr brauchen, dass Sie sich ein Shuttle oder ähnliches nehmen würden. Aber ich habe natürlich falsch gedacht, es tut mir Leid. Ich bin dann“, die beiden fingen an die Stufen hinunter zu gehen, nachdem Sejan den Koffer in beide Arme nahm: „so schnell wie möglich hier her gedüst. Ich habe dann auch nicht auf ihre Comm-Anrufe geantwortet, wir wollen ja schließlich keine Strafzettel oder ähnliches.“ Sejans Lächeln bat um Entschuldigung, wäre Octavian aufmerksamer gewesen, hätte er Hintergedanken bei diesem Lächeln entwickelt.
    „Schon in Ordnung, Sejan. Allzu lange musste ich ja nicht auf dich warten, ich war nur müde.“
    „Es war ein langer Flug, nicht? Und auf Elysium war es bestimmt auch nicht gerade angenehm?“
    Octavian antwortete nicht auf die Fragen von Sejan. Wenn man zu viel mit ihm redete, dann würde er nur mehr Fragen stellen und irgendwann, in der Regel nach ein paar Schlücken Alkohol, driftete er stets in philosophisch-nihilistische Ausführungen ab, die keinen wirklichen Sinn ergaben, aber für ihn schlüssig waren. Sejan hatte Potenzial, aber es war eben nur ungenutztes Potenzial, das sich nie entfaltet hatte, nie in den Kontakt mit Bildung, Literatur und den zahlreichen Wissenschaften kam. Sein Potenzial lag brach, entwickelte sich nicht weiter und Sejan atmete und fabulierte als gehöre ihm bald die Welt.
    Octavian stieg in das Shuttle ein, Sejan verstaute den Koffer.
    „Ihr Vater hat mich einst auf Elysium mitgenommen. Ich fand es nicht schön dort, direkt widerlich. Die Stadt – wie hieß sie doch gleich? – war voll von Kolonialisten, die sich in ihrer Einfachheit wälzten und stolz auf das geleistete war, aber ich fragte Ihren Herrn Vater auf was denn die Kolonialisten stolz seien und er antwortete, ‚sieh es dir an, Sejan.’ Aber ich sah nichts auf das man stolz hätte sein können.“ Er startete den Motor, fuhr aber noch nicht los, stattdessen legte er seinen Arm um den Sitz nach hinten und sah in Octavians mitgenommenes Gesicht.
    „Und ich sagte zu Eurem Vater – und ich sah ihm an wie es ihn beeindruckte, dass Elysium keine Schönheit in sich trage, sondern nur reine Zweckmäßigkeit. Alles wurde erbaut, weil es nötig war und ich fragte ihn, für was es nötig wäre? Er fing dann an nachzusticheln, warum ich eigentlich bei ihm wäre, versuchte meine Argumentationen auf ein persönliches Niveau zu bringen, er sagte: ‚Sejan, warum arbeitest du für mich?’ und ich antwortete ihm, ich arbeite nicht für ihn, ich helfe ihm, aus verschiedenen Gründen, die jetzt aber nicht weiter erläutern möchte.“ Sejan zeigte seine Zähne, sie waren nicht weiß, eher gelblich verfärbt, aber auch nicht ungesund. Dann fuhr er los.
    „Hat es deshalb so lange gedauert bis Ihr hier wart? Habt Ihr davor keine Lust verspürt früher los zu fahren oder wie genau würdet Ihr dies interpretieren?“
    „Aber nein, Herr, ich verspüre immer Lust mit euch zu reden. Ihr seid doch gebildeter als eure Brüder und immer wenn ich mit euch rede, dann lerne ich etwas Neues dazu. Und glaubt mir, ich höre euch zu, jedes Wort merke ich mir.“ Sejan verzog sein Gesicht durch das Lächeln etwas und durch die zusätzliche Verzerrung durch den Rückspiegel, erschauderte Octavian, da er glaubte eine Ratte im Spiegel zu sehen.
    „Nun Sejan“, Octavian richtete sich mühselig auf und knöpfte den Umhang auf: „Ich hoffe Ihr verzeiht mir, wenn ich Euch heute nicht zu hören kann. Ich bin sehr…“ Octavian rieb durchs Gesicht.
    „Erschöpft? Ja, Ihr seid wohl erschöpft. Aber heute ist letzte Stunde eures Vaters. Der letzte Moment, in dem er die Fühler nach euch ausstreckt, nicht? Und Ihr euch dann von ihm lossagt, so wie Ihr es stets betont habt.“
    „Ich habe nie so etwas gesagt.“
    Sejan verzog den Kopf, gab ein Geräusch von sich das wie ein pervertiertes Schmatzen klang und fuhr sich mit der Zunge elegant über die schmalen, blassen Lippen.
    „Vielleicht nicht. Oder ihr habt es für heute verdrängt. Aber ruft Energie frei, heute ist doch ein wichtiger Tag für euch? Heute, und in den kommenden Tagen, wird sich entscheiden, wie sich Corefield Design weiter entwickelt. Ist das nicht aufregend in gewisser Art und Weise, weckt es ihn euch nicht einen gewissen Trieb nach dem Erbe des Vaters zu greifen?“
    „Vater hat ein Testament und das werden wir wohl befolgen.“
    „Oh, da muss ich euch enttäuschen. Die Anwälte zerfleischen sich gerade, ob es denn überhaupt ein Testament ist. Kurz vor seinem Tod hatte er nämlich auf eine Serviette, ja ganz genau auf eine Serviette, geschrieben, dass alles verbrannt gehöre. Ihr müsst wissen, die letzten Wochen war euer Vater nicht ganz bei sich. Ich ging einmal mit ihm zu Pater Andreus und er bat den Pater um Verzeihung, schikanierte aber Lepidus vor den Augen seiner neuen Freundin. Ich glaube euer Vater war von ihr äußerst angetan und das missfiel Lepidus natürlich.“ Aufgrund von Sejans Erzählungen kam Octavian wieder zu Kräften. Er glättete den Umhang, den er etwas unbedacht auf den Beifahrersitz deponierte, und griff nach der eingebauten Mini-Bar im Personen-Shuttle. Er durchforstete rasch die spärliche Auswahl und holte dann ein Mineralwasser hervor.
    „Typisch Vater. Er hat es bis jetzt auf jede unserer Frauen abgesehen.“
    „Nur diesmal schien er Erfolg zu haben, oder zumindest war er nahe dran anscheinend. Ich hörte wie Claudia Lepidus zu verlassen drohte. Aber das könnt Ihr sie dann ja selbst fragen, nicht?“ Er zwinkerte Octavian durch den Rückspiegel zu und das Zischen des Mineralwassers war kaum zu hören, da der Motor schon am Limit war. Claudia war sehr attraktiv, aber das waren irgendwie alle Frauen, in die sich einer der Brüder Visconti verliebte. Vielleicht waren sie alle Drei oberflächliche Bastarde, aber es brauchte wahrlich nicht viel um einen Visconti zu bezirzen. Octavian war wohl der standhafteste von den Dreien und jener mit den wenigsten Beziehungen, dafür aber auch der Einzige, der je verheiratet war. Er verlangte auch am meisten von einer Frau, vielleicht fand er deshalb auch nie wirklich Gefallen an Claudia, die außer ihrer Schönheit ihm kaum etwas bieten konnte. Sie hatte ein vulgäres Lachen, das stets die paar Sekunden zu lange andauerte; kaum Kenntnis über die Galaxis, das sie durch einfache Verallgemeinerungen und Vorurteile zur Schau stellte; uninteressante Hobbys, zu denen sie Lepidus stets zwang und der ihr meistens, eigentlich immer, nachgab und vor allem passte sie Octavians Ansicht nach viel zu gut in diese Familie, beherbergte sie doch Attribute, die für den klassischen, erfolgsorientierten Citadel-Menschen sprachen, und das waren die Viscontis. Unter ‚Citadel-Menschen’ verstand man, oder zumindest Octavian, im Grunde genommen jene Art, die es geschafft hatten sich perfekt zu integrieren und nun im Fahrtwasser der Allianz oder von menschlichen Firmen an Ansehen, Macht und Credits hinzugewannen. Vielleicht war es die neue Bürgerklasse, vielleicht nur eine Ansammlung von Glückspilzen, deren Aufwärtsspirale nur kurz währen würde.
    „Ich kenne Claudia kaum“, log Octavian.
    „Oh, ich könnte euch einiges über die werte Dame erzählen, aber es ist wohl kaum der richtige Zeitpunkt. Es sei allerdings erwähnt, ich halte nicht sonderlich viel von ihr. Sie treibt Lepidus noch in die Askese, oder in den Irrsinn. Also eigentlich wäre sie mir unter anderen Umständen vielleicht sogar sympathisch. Wollen wir es abwarten, nicht?“
    Sejan fuhr das Shuttle weiterhin bei möglicher Maximalgeschwindigkeit durch die Bezirke der Citadel, warf immer wieder Gesten den anderen Fahrern zu, die er für die riskante Fahrt verantwortlich machte, die durch sein Gequassel selbst verursachte.

    „Wisst ihr, die Citadel scheint derzeit überzuquellen vor spannenden Geschichten. Der Tod eures Vaters war nur eine kurze Schlagzeile in den Citadel-News wert. Hält man das für möglich? Ein so erfolgreicher, wortgewandter und vielgeschätzter Mann wie euer Vater bekommt nur einen kurzen Vermerk in den Todesfällen und das obwohl die C-Sec ermittelt?“
    „Es zeigt wie wenig der Tod eines einzelnen Mannes für die Masse bedeutet“, antwortete Octavian kühl, aber Trauer in sich tragend.
    „Aber Sejan, wieso ermittelt die C-Sec?“
    Der Chauffeur schaltete das Radio an. Aus den Boxen kam altmodische Musik von der Erde. FmE4rth, Octavians Lieblingssender auch wenn er kaum Radio hörte.
    „Sejan, antwortet mir. Warum ermittelt die C-Sec?“
    Mit einem zwielichtigem Ausdruck belauerte Sejan Octavian durch den Rückspiegel, überlegte sich die nächsten Worte klug und war auf Octavians Reaktion im Gesicht gespannt, noch gespannter als auf seine Worte.
    „Wisst ihr es nicht“, sprach er fälschlich überrascht: „Euer Vater wurde vor drei Tagen in seinem Büro gefunden, auf dem Schreibtisch lag überall Blut. Manche bezeichneten es als Hinrichtung, andere als einen Überfall. Es ist aber einerlei. Er wurde mit drei Schüssen aus seiner Luger erschossen. Aber das hat nichts zu bedeuten, ich denke es war Selbstmord, wobei er jemanden aufgefordert hat, dass er ihn umbringt. Er war in den letzten Tagen, vor seinem tragischen Ende, sehr verstört, wie schon erwähnt. Aber eigentlich, ist es doch auch einerlei?“
    Octavian lehnte den Kopf etwas zurück, sodass er die Decke des Shuttles ansehen konnte. Und seine Gesichtsmuskeln zuckten etwas und die Finger versteiften sich. Die Augen füllten sich mit Trägheit und die Stiefel fingen an zu schmerzen, so sehr wühlte Octavian mit seinen Füßen in ihnen. Die Brust quälte eine Lähmung, der Bauch revoltierte dagegen an. Das Herz schmerzte und das Gehirn dröhnte. Aber bis auf die Details hier und da in seinem Gesicht, war kaum etwas zu erkennen. Der Jagdmodus wurde so eben aktiviert, der Schläfer erwachte nach dem er das Codewort vernahm. Das Atmen Octavians wurde schwerer, er schnaufte. Der Präsident hatte den roten Knopf gedrückt: Atomkrieg!
    Sejan wendete sich etwas enttäuscht ab, lächelte dann aber sich hinein. Für Unterhaltung in den kommenden Tagen war gesorgt, auch wenn sie ihm ja schon alle etwas Leid taten, diese noblen Herrschaften.
    „Ermordet also“, sagte dann Octavian schlussendlich und nahm einen langen Schluck aus dem kühlen Mineralwasser.


    >>> Citadel: Die Bezirke
    Geändert von Octavian Visconti (17.08.2010 um 22:55 Uhr)

  3. #113
    Rookie Avatar von Calliope Morgan
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    >>> Die Citadel: Oberer Markt
    Die Citadel: C-Sec
    08:52 Uhr

    Mit dem Lift ging es abwärts, bis sich schließlich zischend die Türen vor Calliope Morgan und dem Rest der Gruppe auftaten, um sie in die Hallen von C-Sicherheit zu entlassen. Die Prozession verließ den Lift und folgte dem Gang, tiefer in den C-Sec-Komplex hinein.

    Büro von Officer Naima

    Nach einiger Zeit öffnete die Asari-Polizistin eine Tür und winkte die Gruppe hinein, ehe sie ihrem turianischen Kollegen sagte, dass er den Unruhestifter abführen und verhören sollte. Schließlich wandte sie sich dem Rest der Versammelten zu und ließ sich graziös auf dem Stuhl hinter dem Schreibtisch sinken, wo sie sich etwas vorlehnte und beide Menschen – Callie genau wie Galen – scharf anblickte.

    „Also“, begann sie. „Sie haben vorhin gemeint, Sie hätten nicht viel Zeit, daher werde ich versuchen, es kurz zu halten. Versprochen.“ Sie fixierte zuerst Callie, dann den Second Lieutenant, mit einem intensiven, forschenden Blick. „Also: Wie hat das alles angefangen?“

    08:55 Uhr

  4. #114
    ME-FRPG only Avatar von Galen Kent
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    Die Citadel: C-Sec
    Büro von Officer Naima

    08:55


    Da Officer Naima mit ihrem nun eher strengen Blick Galen direkt musterte, fühlte er sich angesprochen und verpflichtet die Frage der Asari so genau wie möglich zu beantworten. Mit einer aufrechten Haltung, die Füße schulterbreit gestellt und die Arme hinter dem Rücken verschränkt, fast als würde er einer Vorgesetzten in der Allianz Bericht erstatten, begann er zu erzählen.

    „Gegen 0835 kamen Staff Lieutenant Morgan und ich in die Nähe des Tex-Shops. Wir waren noch etwa vier oder fünf Schritt entfernt, als aus selbigem Shop der Geschäftsinhaber flog. Er landete hart auf dem Rücken, schien aber nicht verletzt. Aus dem Geschäft kam der Mann...“, und dabei nickte er zu dem Burschen hin, den der andere Officer noch immer fest gepackt hielt, „...und schrie wutentbrannt, dass der Händler ihn betrogen habe. Die Wahrheit dieser Aussage ließ sich nicht überprüfen, da der Kunde sofort handgreiflich wurde, bevor Staff Lieutenant Morgan oder ich eingreifen konnten. Er verletzte den salarianischen Händler mit einem Faustschlag gegen den Kopf, bevor Lieutenant Morgan ihn mit einigen gezielten Griffen unter Kontrolle bekam, er schien determiniert dem Händler noch weiteren Schaden zuzufügen.“

    Die Asari tippte wie nebenbei in ihren Laptop auf dem Tisch, ohne den Blick jedoch von Galen abzuwenden.

    „Ich versorgte die Verletzung, während Lieutenant Morgan den Mann im Polizeigriff festsetzte und gegen 0840 meldete ich den Vorfall im Allianzkommando mit der Bitte um Weiterleitung an die C-Sec, da mir die direkte Verbindung zur C-Sec noch nicht geläufig ist.“, schloss Galen seinen Bericht ab, „Vielleicht hat Lieutenant Morgan noch etwas hinzu zu fügen oder das Opfer des Angriffs selbst.“

    08:57

  5. #115
    Rookie Avatar von Calliope Morgan
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    Die Citadel: C-Sec
    Büro von Officer Naima
    08:57 Uhr


    Callie schüttelte knapp verneinend den Kopf. „Nein, Lieutenant Kent hat bereits alles gesagt, was mir aufgefallen sein könnte. Dieser Herr dort warf den Salarianer aus seinem eigenen Laden und hätte ihn wohl auseinander genommen, wenn wir nicht dazwischen gegangen wären.“

    „Ja, ja!“, plapperte der Salarianer mit einem Mal los. „Officer, ich bin unschuldig, wirklich! Hören Sie, dieser irre Mensch dachte, ich hätte ihn betrogen, aber das ist nicht wahr. Die Software, die ich ihm verkauft habe, habe ich selbst sorgfältig mehrfach überprüft! Standardprozedere. Ich stelle meine Kunden gerne zufrieden. Ist besser fürs Geschäft, wissen Sie? Jedenfalls begann er zu schreien, ich hätte ihm fehlerhafte Upgrades auf sein PDA geladen und dann ging er auch schon auf mich los. Furchtbar, ganz furchtbar. Ich dachte, ich sterbe. Ich dachte, er ruiniert mir meinen sorgfältig aufgebauten Lebensunterhalt, alles. Dabei habe ich nichts getan, jedenfalls nichts, was das rechtfertigen würde. Meine Upgrades sind tadellos, Sie können sich selbst davon überzeugen. Ich schwöre es Ihnen bei der Leber meiner Mutter, ich habe nichts getan! Ich würde doch niemals einen Kunden betrügen, ich bin doch nicht wahnsinnig! Damit mache ich mir doch alles kaputt, alles, was ich mühsam aufgebaut habe. Ich schwöre Ihnen, ich habe das nicht provoziert und auch keine fehlerhafte Software verkauft. Ich kenne die Konventionen und halte mich daran, wirklich! Niemals würde ich-“

    Officer Naima hob eine schlanke Hand. „Ist schon gut, Sie müssen nichts mehr sagen. Wir werden Ihre Aussage prüfen. Wenn Sie die Wahrheit gesagt haben, haben Sie nichts zu befürchten. Und selbst, wenn Sie gelogen haben, wird man den Mann bestrafen. Ich bräuchte aber ihren Namen…?

    „Sur’Kesh Abado Cinua-“

    „Clan und Vorname genügen völlig“, unterbrach Officer Naima ihn mit einem ruhigen, aber strengen Lächeln.

    „Äh, natürlich, verzeihen Sie, Officer! Duna Malon. Wenn Sie aber doch meinen vollen Namen wollen, meine Mutter fand ihn sehr schön, es macht mir wirklich keine Umstände, solange Sie mich nicht…“

    „Wie gesagt, es genügt völlig“, erwiderte Naima, deren Lächeln noch etwas härter wurde. Sie wandte sich nun wieder Calliope Morgan und Galen Kent zu. „Was Sie beide betrifft: Sie dürfen jetzt gehen. Rechnen Sie aber damit, dass ich Sie vielleicht noch einmal kontaktieren werde, falls Fragen auftauchen sollten.“ Sie erhob sich von ihrem Platz und reichte zuerst Callie, dann Galen, eine schlanke Hand. Eine Geste, die sie sich wahrscheinlich irgendwo abgeschaut hatte. Jedenfalls wusste Callie nichts davon, dass diese Art der Begrüßung und Verabschiedung unter Asari üblich war. Nichtsdestotrotz fand sie es sehr aufmerksam. Sie nahm die Hand daher an und drückte sie knapp. „Ich wünsche Ihnen einen schönen Tag, Lieutenant Morgan, Lieutenant Galen. Und danke, dass Sie uns den Vorfall gemeldet haben.“

    08:59 Uhr

  6. #116
    ME-FRPG only Avatar von Galen Kent
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    Die Citadel: C-Sec
    09:00


    Gemeinsam verließen Galen und Mrs. Morgan Naimas Büro und marschierten durch die Hallen der C-Sec. Der junge Offizier blickte sich aufmerksam um, betrachtete die uniformierten Officers aller Rassen und erhaschte hier und da einen Blick auf einen Kleinkriminellen oder ein Opfer eines solchen Kriminellen, die von Officers durch die Anlage geführt wurden. In der großen Halle mit den beiden Liften blieben sie stehen.

    „Es ist erst...“, Galen blickte auf sein PDA, „...0900. Wahnsinn, noch nicht mal eine Stunde, seit wir uns getroffen haben. Kam mir länger vor.“
    Galen dachte nach, was man noch mit der Zeit anstellen konnte, bevor er einen Seitenblick auf Mrs. Morgan warf.
    „Wann müssen Sie zurück, Ma'am?“, fragte er sicherheitshalber nach.
    „Ich habe noch Zeit.“, erwiderte sie.

    Galens Blick wanderte zu einer jungen Frau, die mit einem Tonaufnahmegerät vor einem turianischen Officer stand und sich mit ihm unterhielt. Offensichtlich interviewte sie ihn gerade. Der Turianer wirkte ernst, hatte eine militärisch aufrechte Haltung und schien der jungen Frau zumindest zu antworten.
    Schließlich schien sie sich zu bedanken, schaltete etwas an ihrem Aufnahmegerät herum und als sie den Kopf hob, entdeckte sie Galen und Mrs. Morgan. Ein Lächeln breitete sich auf ihren Zügen aus, als sie näher kam.

    „Ma'am, das sieht aus, als würden wir demnächst im Radio zu hören sein ...“, murmelte Galen leise, der wusste, wie schwer es war Reportern zu entkommen, wenn sie einen erst einmal ins Visier gefasst hatten, das hatte er zumindest von seinem Vater gelernt.

    09:02

  7. #117
    Rookie Avatar von Calliope Morgan
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    Die Citadel: C-Sec
    Atrium
    09:02 Uhr


    Ein leiser Seufzer, kaum hörbar, schlüpfte von Calliopes Lippen, als sie die Reporterin näher kommen sah. Das Lächeln auf den Lippen der Dame war für eine aufmerksame Beobachterin wie Callie nur allzu leicht zu deuten. Ein Hyänenlächeln, das Lächeln einer Frau, die jederzeit dazu bereit war, das Ansehen derjenigen, die ihr in die Falle gingen, in Verruf zu bringen.

    „Nun, Ihr beiden… weswegen haben die netten Officers Euch hierher genommen? Haben Sie dem Ruf der Allianz geschadet oder war es sogar noch tragischer?“

    Callies Blick zuckte zu dem Aufnahmegerät hinüber und ihr Blick verfinsterte sich. Das Interview hatte bereits begonnen, und egal, was sie sagen – oder nicht sagen – würde, der Schaden war bereits angerichtet.

    „Ich bedaure, keine Angaben machen zu können, aber seien Sie versichert, dass meine Aktivitäten dem Ansehen der Allianz nicht geschadet haben“, erwiderte Callie vorsichtig. Ihr Blick zuckte zu Lieutenant Kent hinüber. „Haben Sie dem noch etwas hinzuzufügen, Lieutenant?“

    09:02 Uhr
    >>> Die Citadel: Bezirke
    Geändert von Andauril (15.09.2010 um 14:05 Uhr)

  8. #118
    ME-FRPG only Avatar von Galen Kent
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    Die Citadel: C-Sec
    Atrium
    09:02


    Galen lächelte die Reporterin freundlich an, obwohl er am liebsten ihr Spielzeug kaputt gemacht und sie nicht allzu nett aus dem Weg geschoben hätte. Sein Vater hatte mit diesen Leuten auch ab und an Probleme gehabt und sie mit einem „Kein Kommentar“ abgeschmettert. Dem jungen Offizier brannten diverse Kommentare auf der Zunge, aber das würde ihm nicht weiter helfen.

    „Die „netten“ Officers der C-Sec stehen Ihnen sicher gerne bereit weitere Fragen dazu zu beantworten, Ma'am.“, erwiderte Galen im Wissen, dass dem garantiert nicht so war, „Wir wünschen Ihnen noch einen wunderschönen und produktiven Tag.“

    Er schenkte ihr ein Nicken zum Abschied, immer noch lächelnd, und schickte sich an mit ruhigen Schritten an ihr vorbei zu marschieren.

    „Kommen Sie schon. Nur ein Wort! Sie haben doch etwas ausgefressen!“, protestierte die Reporterin und trat in seinen Weg.
    „Ma'am, ich muss Sie bitten zur Seite zu gehen.“, meinte der junge Offizier immer noch freundlich, dann setzte er ein etwas bedauerndes Gesicht auf, „Es ist doch bereits tragisch genug, wie wenig die Höflichkeit heutzutage geschätzt wird. Gehen Sie mit gutem Beispiel voran, Ma'am, als Person öffentlichen Interesses.“
    Die Reporterin stemmte die Hände in die Hüften und sah nicht so aus, als wollte sie der Bitte Folge leisten. Sie holte Luft, um etwas zu erwidern.
    „Sehr schade, Ma'am.“, sagte Galen, bevor sie ihre Stimme heben konnte und ging um sie herum.

    Sie weiterhin ignorierend ging er weiter, langsam in normalem Schlendertempo, um nicht den Anschein einer Flucht zu machen. Diese Journalisten wollten immer aus einer Mücke einen Elefanten machen. Er war sich Mrs. Morgans Anwesenheit bewusst, die zu ihm aufgeschlossen hatte und neben ihm in ähnlichem gemächlichem Tempo her ging, schweigend.

    Im Hintergrund hörte er die Reporterin enttäuscht fluchen und er konnte sich ein Schmunzeln nicht verkneifen. Vielleicht überlegte sie, ob sie den beiden noch hinterher eilen sollte, doch da waren sie schon in den Aufzug eingestiegen, der sie in die Bezirke bringen würde.

    „Nerviges Volk, diese Journalisten...“, murmelte er.

    09:04
    -----> Die Citadel: Bezirke

  9. #119
    Rookie Avatar von Calliope Morgan
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    <<< Die Citadel: Bezirke
    Die Citadel: C-Sec
    Atrium
    09:23 Uhr


    Als der Lift endlich stoppte und Calliope in das Atrium des Komplexes von Citadel-Sicherheit entließ, krampfte sich ihr Herz erneut zusammen. Ein wenig hilflos, da sie keine Ahnung hatte, wohin sie jetzt gehen sollte, sah sie sich im Atrium und suchte nach einem Anhaltspunkt. Die böse Erkenntnis – oder vielleicht war es auch bloß eine schlichte Ahnung – dass es mehr oder weniger um Leben und Tod gehen konnte, trieb sie schließlich auf den nächstbesten C-Sec-Officer zu, der ihr über den Weg lief, einen geschäftig wirkenden Salarianer.

    „Verzeihen Sie“, sprach Callie ihn an und ihr Tonfall war sehr dazu angetan, dem Salarianer die Dringlichkeit ihres Anliegens aufzuzeigen. „Mein Name ist Calliope Morgan, ich sollte zur C-Sec kommen, es geht um den Vermisstenfall von-“

    Der Salarianer blinzelte, strahlte, wackelte mit dem Kopf als hätte er gerade die Frage nach dem Sinn des Universums gelöst. „Ah, ja! Ich verstehe! Sie sind wegen der Zeugenaussage hier, sehr gut, sie sind ja schnell gekommen. Bin hier, um sie hinzubringen, dachte, sie brauchen noch etwas Zeit. Umso besser! Folgen Sie mir bitte, Miss Morgan, ihre Mutter wartet bereits auf Sie. Die strenge Dame ist doch ihre Mutter? Hm, ja… die Ähnlichkeit besteht durchaus, lässt sich bei Menschen aber schwer sagen, sehen alle sehr ähnlich aus, nicht so wie Salarianer, jeder verschieden. Fast so schlimm wie bei Turianern, lassen sich schwer auseinander halten. Jedenfalls… kommen Sie! Kommen Sie!“

    Der Salarianer war bereits nach wenigen Worten losgegangen und lief zügig einen der Korridore entlang. Callie folgte ihm dichtauf, die nagende Sorge in ihrem Inneren trieb sie zu großer Eile an. Nach einigen Metern und dem ein oder anderen Kreuzgang, den sie nehmen mussten, hielt der Salarianer vor einer Tür und öffnete diese. „Herein spaziert, Miss Morgan. Oder Lieutenant Morgan, wie es Ihnen lieber ist. Ihre Entscheidung. Habe ihr Rangabzeichen ganz übersehen, tut mir leid.“

    Büro

    „Danke“, erwiderte Callie, ohne auf die Frage, wie sie lieber angesprochen wurde, einzugehen. Mit dem Gefühl, in den Rachen eines hungrigen Ungeheuers zu klettern, betrat sie das Zimmer, welches sich – zu ihrer unterschwelligen Erleichterung – als ein adrett eingerichtetes Büro von mittlerer Größe, und nicht als zahnbewehrter, stinkender Schlund offenbarte.

    Dafür erwartete das Ungeheuer Callie jedoch in dem Büro. Lila Morgan war bei ihrem Eintreten aufgestanden, hatte sich von einem nicht ganz bequem aussehenden Stuhl – auf dem sie gesessen hatte, als sei es der Thron einer Königin – erhoben und reichte ihr jetzt mit kühlem Gesichtsausdruck die Hand. Als empfange sie eine Fremde, und nicht die eigene und einzige Tochter. Callie unterdrückte ein erneutes Seufzen und ergriff die ausgestreckte Rechte ihrer Mutter, drückte sie kurz und ließ sie dann wieder los.

    „Calliope“, grüßte Dr. Morgan kühl.
    „Mum“, erwiderte Callie, ihres Zeichens nur wenig herzlicher. Dann glitt ihr Blick bereits zu dem Officer hinter dem Schreibtisch hinüber, einem Mensch, vielleicht einige Jahre als älter als Callie, aber nicht älter als vierzig. Der Mann lächelte, durchaus freundlich. „Lieutenant Calliope Morgan, nehme ich an? Gut, dass Sie da sind. Ich bin Detective George Devon, C-Sec-Investigations. Setzen Sie sich doch bitte.“

    Callie nickte höflich, bestätigte dadurch gleichzeitig ihren Namen und setzte sich anschließend auf den zweiten Stuhl vor Detective Devons Schreibtisch. Kerzengerade, quasi in Hab-Acht-Stellung. Es war einfach eine Angewohnheit, und sie ließ sich nicht abstellen. Ihre Mutter strahlte im Sitzen beinahe hoheitsvolle Autorität aus. Callie wirkte selbst im Sitzen wie ein Soldat.

    „Nun… Sie dürften von Dr. Morgan ja bereits erfahren haben, dass Lilliane Paxton vermisst wird?“
    Callie bestätigte mit einem knappen Nicken und einem ebenso knappen, jedoch höflichem „Ja“.
    „Darf ich fragen, woher Sie die Vermisste kennen?“
    Natürlich war das keine höfliche Bitte, sondern eine höfliche Art, jede noch so winzige Information über Lillie und ihr Verhältnis zu ihr aus ihr herauszukratzen. In gewisser Hinsicht war dies hier ein Verhör. Auch wenn Calliope bezweifelte, dass sie bereits auf der Verdächtigenliste stand. Falls es eine solche überhaupt geben sollte.
    „Wir waren liiert“, erwiderte Calliope daher unumwunden und ohne viel „Bla bla“, da ihr ohnehin keine Wahl blieb und sie außerdem alles in ihrer Macht stehende tun würde, damit man Lillie bald wieder fand. Möglichst wohlbehalten und unversehrt, wohlgemerkt.

    „Dem entnehme ich, dass das jetzt nicht mehr der Fall ist. Hatten Sie noch Kontakt zu Miss Paxton?“
    „Ja. Gelegentlich“, erwiderte Callie. „Aber keinen sehr engen mehr. Unsere Trennung war nicht in jedem Detail einvernehmlich.“
    „Aha.“ Der Detective ließ seine Finger über die Tastatur seines Laptops tanzen. „Wie stehen Sie jetzt zu Miss Paxton?“
    „Wir haben uns getrennt, aber ich bin deswegen nicht wütend auf sie, wenn Sie das meinen.“ Callie zögerte. „Ich kann nicht behaupten, dass wir nach unserer Trennung die allerbesten Freunde geworden sind, aber unser Verhältnis hat sich normalisiert. Momentan hätte sie wahrscheinlich den Stellenwelt einer guten Bekanntschaft oder lockeren Freundschaft.“

    Der Detective rückte erneut seiner Tastatur zur Leibe. Callie wartete, voller innerer Anspannung, ab. Sie wusste, dass diese paar Fragen erst den Anfang des als Befragung getarnten Verhörs darstellten. Womit sie Recht behielt, denn nun fuhr Devon bereits fort: „Ah… wann hatten Sie das letzte Mal Kontakt zu Lilliane Paxton?“
    Callie furchte die Stirn. „Vor einem Monat? Drei Wochen? Ich kann es nicht mehr genau sagen.“
    „Das heißt also, sie haben Lilliane in den letzten vierundzwanzig Stunden nicht gesehen?“
    „Nein.“ Callie seufzte leise. „Ich wusste bis vor kurzem nicht einmal, dass sie sich auf der Citadel aufhält.“

    Wieder das Getippe auf der Tastatur, während dessen Callie nichts weiter als Herum Sitzen und sich sorgen konnte. Es waren solche Augenblicke, in denen Callie sich machtlos fühlte, die die 31 Jährige abgründig verabscheute. Angespannt blieb ihr Blick auf Officer Devon ruhen.

    „Nun… wissen Sie, ob sich Miss Paxton irgendwelche Feinde gemacht hat?“
    „Nein, mir wären keine bekannt. Es passt auch gar nicht zu ihr.“ Callie kämpfte gegen die klamme Furcht an, die sich ihr ausbreitete. „Warum fragen Sie?“
    Der Detective zögerte. „Nun… die momentane Beweislage lässt ein Verbrechen nicht ganz ausschließen, Lieutenant Morgan. In dem Hotelzimmer, welches sich ihre Exfreundin gemietet hatte, wurden einige… Spuren entdeckt, die auf eine Entführung oder etwas Ähnliches schließen lassen.“
    Callie schluckte. „Sind Sie sich sicher?“ Es war eine rein rhetorische Frage. Natürlich war C-Sec sich dessen sicher, sonst hätte der Detective es ihr auch nicht gesagt. Callie hoffte dennoch, wider jede Logik und Vernunft, dass Devon die Frage verneinte.
    „Ja.“ Der Detective beugte sich etwas vor. „Können Sie sich irgendeinen Grund denken, weswegen irgendjemand Interesse daran zeigen sollte, Lilliane Paxton zu entführen?“
    „Spontan fällt mir keiner ein. Sie hat als Musikerin ganz gut verdient, aber nicht so gut, dass sich eine Entführung lohnen würde. Jedenfalls nach meinem Wissenstand. Sie hatte keine Feinde… höchstens Neider, vielleicht.“
    „Neider? Könnte einer davon Interesse daran haben, Miss Paxton aus dem Weg zu räumen?“
    Callie zuckte die Achseln. „Ich weiß es nicht. Möglicherweise. Ganz lässt sich so etwas ja niemals ausschließen.“
    „Hat sie mit Ihnen über Probleme gesprochen, die sie vielleicht hatte? Finanzielle Probleme vielleicht? Schulden?“
    „Nein“, Callie schüttelte knapp den Kopf. „Nicht einmal, selbst während unserer Beziehung nicht. Sie hatte keine Geldprobleme. Sie war vielleicht nicht reich, aber sie konnte von ihrem Einkommen gut leben.“

    Wieder malträtierten die Finger des Detective die Tastatur des Laptops, als dieser sich eifrig Notizen auf selbigem machte. Callie kam die folgende Zeit wie ein einziger Albtraum vor, sie beantwortete Fragen und fühlte sich insgesamt aber völlig machtlos der Situation gegenüber. Sie arbeitete nicht bei C-Sec und konnte daher zur Aufklärung des Falls nicht mehr beitragen, als sie gerade ohnehin tut. Ihre gesamte militärische und Offiziersausbildung half ihr in diesem Falle gar nichts.

    Nach einer ihr endlos erscheinenden Zeit klappte Detective Devon seinen Laptop zu. „So, das wäre alles, Lieutenant Morgan. Wenn Sie uns sagen, wie wir sie erreichen können, halten wir Sie auf dem Laufenden.“ Er zögerte. „Sie gehören der Allianz an, daher denke ich, dass ich die Vorschriften etwas… biegen kann. Sie sind kein Zivilist, daher wird es wohl möglich sein, dass sie im gewissen Sinne mithelfen können, wenn Sie das wünschen. Nur bitten wir darum, dass Sie nicht eigenmächtig kritische Handlungen begehen. Es wird sie aber niemand daran hindern, selbstständig ein wenig nachzuforschen. Mit Gefahr dürften sie als Soldat ja umgehen können…“ Devon furchte die Stirn. „Falls Sie etwas Wichtiges herausfinden sollten, melden Sie es uns bitte sofort. Gegebenenfalls lässt sich wohl etwas drehen, wie… Ich denke, Sie wissen, was ich sagen will.“

    Der Detective reichte Calliope die Hand und drückte sie fest. „Behalten Sie das aber besser für sich. Ich möchte nicht Ärger mit meinem Vorgesetzen bekommen… jedenfalls nicht eher als nötig.“

    Callie nickte. Normalerweise käme so etwas für sie zwar gar nicht in Frage, andernfalls war diese Situation auch alles andere als normal. Und wenn sie irgendetwas tun konnte, um Lillie zu helfen, würde sie es tun.

    Sie gab dem Detective ihre Kontaktdaten und verabschiedete sich dann von ihm.

    Korridore

    Vor dem Büro wandte sich Lila Morgan ihr unvermittelt zu. Sie wirkte immer noch wie eine Eiskönigin, unpersönlich, kalt. Callie gab sich Mühe, es zu ignorieren.

    „Ich hoffe, Calliope, das du keine Dummheiten begehen wirst“, erklärte Lila ihr in einem todernsten Tonfall, als nehme sie tatsächlich an, ihre erwachsene Tochter würde zu Unbesonnenheiten neigen. „Das Angebot des Detectives war keine Einladung, dein Leben aufs Spiel zu setzen.“
    „Ich weiß. Und ich habe es auch nicht vor“, erwiderte Callie ruhig. „Ich werde mich bestimmt nicht sinnlos in Gefahr begeben.“
    Dr. Morgan war anzusehen, dass sie diese Aussage für eine blanke Lüge hielt. Es überraschte Calliope nicht. Für ihre Mutter war alles, was Callie in den letzten elf Jahren getan hatte, ein versuchter Selbstmord.
    „Ich wäre nicht mehr am Leben, wenn ich nicht auf mich selbst aufpassen könnte“, erinnerte Callie ihre Mutter an das Offensichtliche – das Lila sich allerdings noch immer beharrlich zu erkennen weigerte. „Ich bin Soldat. Ich kann Gefahren sehr gut einschätzen und auch mit ihnen umgehen.“
    „Wie du meinst.“ Der Tonfall, in dem Lila dies sagte, ließ eher an „Das glaube ich kaum“ denken. Callie unterdrückte ihren gefühlt hundertfünfzigsten Seufzer an diesem Tag. Lia würde es wohl nie lernen.
    „Wir sehen uns, Calliope“, fügte Dr. Morgan schließlich noch in entsprechend kühlem Tonfall an, und es klang eher nach „Ich hoffe, wir sehen uns nicht wieder.“ Auch das keine Überraschung für den Staff Lieutenant.
    „Auf Wiedersehen, Mum“, erwiderte Callie, doch Lila hatte sich bereits abgewandt und spazierte den Korridor hinunter, nicht einen Blick über die Schulter zurück werfend. Als sei Callie eine Fremde für sie, keinen weiteren Blick wert.

    Callie ließ es geschehen – ändern konnte sie daran ohnehin nichts mehr – und zog ihren PDA, einmal, um heraus zu finden, wie spät es eigentlich war, aber auch, weil sie jetzt gerne wüsste, ob das Allianzkommando ihr weitere Neuigkeiten hatte zukommen lassen.

    Es war fast elf Uhr – Callie hätte sich am liebsten selbst dafür georfeigt, nicht auf die Zeit geachtet zu haben – und eine knappe Nachricht war eingegangen, allerdings vor bereits einer halben Stunde.

    Sehr geehrter Staff Lieutanant Morgan,

    Ankunft der SR-2 SSV Midway: ca. 11:05
    Anschließendes Briefing im Allianzkommando: 11:30
    Anwesenheit ist Pflicht

    Mit freundlichen Grüßen,
    Admiral Belikov, Allianzoberkommando
    Callie steckte ihr PDA eilig ein und machte sich auf den Weg zu den Lifts und damit zur Allianzandockbucht. Sie würde es sich niemals verzeihen, wenn sie die Ankunft der SSV Midway versäumte.

    10:58 Uhr
    >>> Die Citadel: Allianzandockbucht
    Geändert von Andauril (22.09.2010 um 15:19 Uhr) Grund: Absätze wegen besserer Lesbarkeit zusammengezogen

  10. #120
    FRPG-Account Avatar von Octavian Visconti
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    <<< Citadel: Bezirke
    >>> Citadel: C-Sec

    23:10

    Auf seinen weißen Handschuhen klebte nun das violette Blut von Vulvia Terasy, getrocknet und als ein Mahnmal bleibend und bestehend, tief drinnen hatte es sich eingenistet. Vulvias Flüssigkeit hatte sich durch die Handschuhe gefressen, sich dort verbreitet, den Stoff verfälscht und beeinflusst. In gewissem Sinne konnte Octavian diese Handschuhe nicht mehr als seine bezeichnen, und er hatte große Lust sie abzustreifen und aus dem Shuttle zu schmeißen, aber die Handschellen hinderten ihn daran; diese nagenden Erinnerungsfetzen seines eben stattfindenden Wutanfalls abzulegen, war wohl gerade zu viel verlangt; jener, der ihn in eine wohl überlegte Falle einer ehrgeizigen und leider verliebten Journalistin brachte. In Retrospektive musste er sich eingestehen, dass er übereilt gehandelt hatte; mit seinem jetzigen Wissen wäre er es anders angegangen, aber das war im Grunde nur eine billige Ausrede, sprach er sich zu, die er nicht mit dem Rest teilen wollte. Wenn er aus dem Fehler lernen sollte, dann sei es ihm gestattet, und falls er keine Lust drauf hatte, konnte sich der Rest der Galaxie darüber ärgern. Um ehrlich zu sein: Octavian war es gerade recht egal, ob Vulvia nun tot auf dem Sofa lag und es voll blutete, oder triumphierend und lachend ihr Weinglas genoss. Es galt wohl diese Lektion zu lernen, und dieses Mal war es nicht möglich den Franzosen die Schuld unterzujubeln. Er machte ein Zugeständnis an Vulvia und den Turianer, der seelenruhig kein Wort sprach, seit er Octavian ins Shuttle bugsierte. Sie hatten ihn rangekriegt - und das durch eine Kleinigkeit. Vielleicht kam es dazu, dass er sich nicht mit dem Großen beschäftigen wollte und stattdessen auf diese infantile Hetzkampagne gegen Corefield Design einstieg und somit nun den unweigerlichen Preis zahlen musste. Im schlimmsten Fall würde er ein paar Jahre hinter Gittern verbringen, im wahrscheinlichsten wäre er morgen wieder frei. Trotzdem die Schande die er verspürte, nämlich verhaftet zu werden, schlug dennoch auf sein Gemüt. Er hätte jetzt gern eine Zigarette in seinem Handschuh gehalten, aber stattdessen klebte nur das Blut Vulvias dran. Und hätte er eine Stimme der Vernunft jetzt gerade gehabt, hätte nicht einmal der Teufel selbst gewusst was sie ihm sagen würde – in diesem zweifellos teuflischen Spiel, in das Octavian scheinbar reinschlitterte, denn es schien als würde die ganze Welt gegen ihn arbeiten gerade; wahre oder falsche Götter, es war einerlei. Und kein Kreuz, das ihm in diesem einzelnen Augenblick Kraft spenden konnte. Der Blick raus gerichtet auf die nächtliche Citadel, das Fenster mehr den Himmel zeigend als die leuchtenden Gebäude und am deutlichsten sah man es an Octavians eigenem, zerschmetterten Selbstbild, das nun von den Geistern gejagt wurde, die sein Vater ihm hinterlassen hatte. Die glasigen Augen, zum einen wegen deutlicher Müdigkeit und Alkoholkonsum, zum anderen wegen dem eigenen, selbstausgelösten Kummer, den Octavian heimsuchte, als er sich selbst betrachtete, zeigten ihm, dass es an der Zeit wahr Stellung zu beziehen. Der Serpent Nebula über ihm, während das Shuttle immer höher flog, ehe es hinunterstürzen würde zur C-Sec, drang verschleiernd um seine Gedanken und er dachte sich, als er zaghaft versuchte die Handschellen von sich zu lösen, dass er heute Abend in eine Sackgasse seiner Gedanken geschlittert sei, die ihm kein Entkommen verraten und kein Resultat offenbaren würden. Kein leichter Weg raus, nicht einmal ein schwerer. Ein Kreis von Gedanken, der sich gegenseitig beschleunigte und antrieb, kleine Gedanken aufaß, nur umso größere auszuspucken. Nicht um zu sagen, Octavian hätte aufgegeben, an diesen Punkt war er noch lange nicht angekommen, aber er verspürte gerade keine Kraft mehr, und zu allem zu was er im Stande war, war schwach und kaum merklich atmend aus dem Fenster von der Rückbank des Shuttles hinaus zu starren, während das Shuttle drohte ein Teil des Himmels für Passanten weit unten zu werden.

    „Ja?“ Der Turianer bekam einen Anruf auf seinem Com, er reagierte prompt darauf. Octavian hatte gute Lust dazu gehabt seinen Störsender zu aktivieren um damit die Kommunikation abzubrechen, aber auf solche nervenzerrende Spielereien fehlte ihm dann doch irgendwie die Kraft.
    „Ich befinde mich derzeit auf dem Rückweg zur C-Sec, es war ein verdammt langer Tag – Was meinst du?“ Der Turianer wirkte überrascht, schüttelte aber sofort den Kopf. „Ganz sicher nicht.“ Octavian erhaschte für einen Moment einen Funken Hoffnung heute Nacht doch zuhause schlafen zu können. „Ich liefere jetzt diesen Visconti ab; der wird heute Nacht keinen Schlaf finden“, er warf über den Spiegel Octavian ein amüsiertes Augenzwinkern zu – arroganter Bastard, dachte sich Octavian. „Vielleicht komm‘ ich später… ok, ich komme später. Sagen wir in einer Stunde?“ Der Tag ist scheinbar ebenso lang für den Turianer als auch für Octavian. „Auch wenn ich denke, dass du definitiv auf der falschen Fährte bist... ach, nur so eine Ahnung, ich erzähle es dir dann.“ Damit legte der Turianer auf und lenkte seine ganze Konzentration wieder auf das Steuern des Shuttles. Octavian seufzte kurz, musste etwas schmunzeln und beobachte mit hämischer, gar kindlicher Freude den Turianer auf der Vorderbank. Die rot-grüne Hautmischung verpasste ihm in gewisser Maße etwas teuflisches, und dieser Eindruck konnte nur durch die ungewöhnlichen langen Hörner verstärkt werden. Seine länglichen Gesichtszüge und die Ohren fasst schon auf elfischem Niveau formten ein äußerst schmales und, man kann fast schon sagen, aerodynamisches Gesicht. Dennoch war sein Gesicht weit weg von einer „Schwächlings“-Version des turianisches Idealbildes, denn unter seiner Haut ragten teils die Schädelknochen hervor, die besonders beim Sprechen zum Vorschein kamen. Vielleicht konnte man sich täuschen, aber der Turianer hatte definitiv schon einiges mitgemacht, wovon der Erstkontaktkrieg möglicherweise sogar Bestandteil war; Turianer auf ihr Alter schätzen, konnte Octavian noch nie, was durchaus ein Hindernis darstellte, wenn man Turianer als Sicherheitskräfte rekrutieren wollte. Dies gesagt, funkelten die Augen des Turianers schwarz und verbreiteten dennoch arg seltsamen milchigen Charme, die durch die ziervollen Tätowierungen ein generell prestigeträchtiges, wenn auch nicht unbedingt charismatisches Auftreten dem Detective versicherte. Sein Körper schien unter der Rüstung außerordentlich gut gebaut zu sein, was die Nutzung einer Schrotflinte weiter suggerierte. Octavians neuer Freund war sicherlich kein Waschlappen, sondern eher ein verdammt zäher Hund, der, wenn er erst einmal sich woran festgebissen hatte es nicht mehr losließ. Stereotyp so mancher Polizeigeschichte, Idealtyp in Form einer problemlösenden C-Sec, vielleicht ein Mann, der es einmal weitbringen würde, sofern keine Stolpersteine ihm in den Weg gelegt werden, die sein karrieretechnisches Fortschreiten verhindern. Octavian, das musste er sich selbst eingestehen und das wusste wohl auch der Turianer, konnte ein solcher Stolperstein sein; umso bemerkenswerter war es, dass der C-Sec Offizier so persistent beim Anwesen der Viscontis verweilte, die Annäherungen von Claudia ertrug, nur um ein Beispiel zu nennen, und dann Octavian folgte. Entweder wurde er tatsächlich von Vulvia bezahlt, wobei Octavian daran mittlerweile zweifelte, oder aber er sah im jüngsten Visconti tatsächlich den Mörder seines eigenen Vaters – beides nicht gerade wünschenswert für den unfreiwilligen Fahrgast des Turianers. Und beides zeigte Octavian in seltsam eindrucksvoller Weise, dass er eben doch nicht immun vor dem Gesetz war. Umso schöner, mehr konnte man auch nicht verlangen; im selben Augenblick erhaschte der Turianer durch den Rückspiegel wie Octavian ihn musterte. Vermutlich war es Zeit für ein Gespräch, inoffiziell und vertraulich – hoffte zumindest Octavian und spekulierte auf die üblichen Bestechungskosten für C-Sec Beamte. Der Turianer senkte das Shuttle etwas, die höchsten Gebäude der Citadel waren immer noch mehrere hundert Meter unter ihnen, irgendwo am Rande schimmerte das Gebäude der C-Sec im Dunkel der Nacht, und von hier oben lag selbst das Ende der kolossalen Citadel vor Octavins ehrfürchtigem Anblick. Es war offensichtlich, dass der Turianer es nicht für dringend befand Octavian abzuliefern und stattdessen eine kostenlose Touristen-Rundfahrt dem Österreicher anbot, die dieser natürlich nicht zu schätzen wusste – undankbarer Bastard, dieser Octavian, dachte sich wohl der Turianer; trotzdem senkte er sein modifiziertes Polizei-Shuttle und steuerte auf ein hohes Gebäude zu, das in der Dunkelheit und dem Licht der Scheinwerfer mehr einer Festung glich.

    Er landete das Shuttle auf dem Citadel-Gebäude von Hahne-Kedar, dem Hauptlieferanten von Allianz-Equipment; eine Firma, die Octavian vertraut war, aber als neutraler Boden für das Gespräch bezeichnet werden musste. Eine fragwürdige Entscheidung für einen Turianer, aber vermutlich wählte der Turianer dieses Gebäude mittels Zufallsverfahren aus. Die Motoren kamen zum Stillstand, die Scheinwerfer ausgeknipst; nur das innere des Autos war noch hell beleuchtet, wodurch Octavian keinen Blick nach außen erhaschen konnte. Der Serpent Nebula war schwer zu erkennen.
    „Deaktivieren Sie mal eben bitte den Universalübersetzer“, forderte der Turianer von Octavian. „Ich möchte gern ihre turianischen Sprachfähigkeiten überprüfen, die ich über Sie so nachgelesen habe. Pure Wissbegierigkeit.“ Octavian tat wie ihm vorgeschlagen wurde, auch wenn die Nachfrage reichlich merkwürdig schien.
    “Zigarette?“, sprach der Turianer und drehte sich um, hielt dabei die Packung von Octavian in seinen Händen. Er zwinkerte Octavian zu und hielt den Gegenstand nach dem sich Octavian die ganze Fahrt über sehnte in seinen Händen – wie eine Art Friedenspfeife. Octavian griff dankend zu, dabei aber ein kühles Gesicht bewahrend, mit dem Feuerzeug des Gefangenen bot ihm der Turianer Feuer an. Octavian inhalierte den Rauch; Balsam für seine Seele.
    „Irgendwie ironisch ihr Shuttle hier zu landen, Detective“, kam aus Octavian endlich seine Antwort heraus, während er synchron dem Turianer den Rauch ins Gesicht blies.
    “Sie sprechen also turianisch, richtig? Man musste beeindruckt sein von den Recherchefähigkeiten des Turianers. “Natürlich tun sie das, wenn auch nur bruchstückhaft. Und Sie fragen sich natürlich, warum ich dieses wundervolle Werkzeug der Verständigung abgedreht habe?“
    “Das weiß ich bereits, Detective.“ Der Turianer schmunzelte. Eine merkwürdige Farce, die hier gespielt wurde, zwei Männer kommunizierten mittels ihrer eigenen internationalen Sprache nur durch den dankenswerten gegenseitigen Respekt gegenüber der anderen Rasse – oder der Abscheu.
    “Sie genießen die Zigarette?“
    „Eine normale Zigarette, nichts weiter.“
    “Sie denken wirklich so, vielleicht ist es die letzte ihres Lebens?“
    „Und wieso denken Sie das jetzt?
    “Schwere Körperverletzung kann schon ein paar Jahre bringen, versuchter Mord noch mehr.“
    „Darüber reden wir dann, wenn es so weit ist.” Octavian bewegte seine Zigarette wieder zum Mund, etwas umständlich durch die Handschellen, aber es gelang ihm erneut. Diesmal entließ er den Rauch gen Decke. „Frage: Wieso sind Sie aufgetaucht?”
    “Mein Spürsinn. Ich bevorzuge Verbrechen zu verhindern anstatt sie aufzuklären.“
    „Hat nicht wirklich mit meinem Vater funktioniert, was?”
    ”War das nicht die Aufgabe ihrer Batarianer?” Der Rauch der Zigarette blies dem Turianer mitten ins Gesicht, Octavian überlegte sich die Chance zu nutzen und die Handschellen an die Gurgel des Batarianers zu preschen, über die Rückbank zu klettern und ihm ein paar Manieren bei zu bringen. Stattdessen war die einzige Bewegung im Shuttle der Rauch, der sich seinen Weg bahnte und ein unmerkliches Zucken auf der Haut der Turianers; Octavian blieb still, er mochte es nicht wenn er auf seine zwangsläufigen Fehler als Sicherheitschef aufmerksam gemacht wurde.
    „Deine Brüder sind dir ziemlich wichtig, hm?“ Der Turianer schnalzte mit der Zunge, die Wetten liefen, wann er den mit dem Auge zwinkern würde, aber es kam keines. Und noch ehe Octavian die Zigarette aus seinem Mund umständlich entfernte, setzte der Turianer schon zum nächsten Schlag aus: “Ich bin mir sicher, dass einer von euch Söhnen etwas mit dem Mord zu tun hat. Jetzt gilt es nur noch die Nadel in die richtige Ader zu rammen, und der Schuldige wird schreien – entschuldigen Sie, ein turianisches Sprichwort. Jedenfalls sind Sie derzeit mein Hauptverdächtiger, ehrenwerter Octavian Visconti.“
    „Und Ihnen ist schon bewusst, dass ich auf Elysium war?“
    ”Natürlich, und ihre Brüder waren auf Ilium und Bekenstein.“
    „Trotzdem verdächtigen sie uns, auch wenn unsere Alibis uns von aller Schuld frei sprechen sollten.”
    ”Ich bitte Sie, ihr verwöhnten Bastarde habt doch zig Verbündete, Frauen und Männer und Aliens einerlei unter euch, alle zur Verfügung stehend nur um euren Wünsche zu gehorchen. Da ist Vatermord für eure Schleimer doch nur eine Gelegenheit um euch die Loyalität zu beweisen.“
    „Eine ganz schöne Abneigung gegenüber uns, höre ich hier raus, Detective.”
    ”Sagen wir so, die Nachforschungen haben nicht allzu positives ergeben. Und das Blut von Mördern habt ihr ja, das hat eure… Dynastie schon oft genug bewiesen. Seltsamerweise habt ihr auch das Blut von Anwälten in euch, oder eher das Geld. Deshalb weiß ich auch dass ihr morgen schon wieder frei sein werdet, aber das ist mir egal. Ich will schließlich den Jagdinstinkt in mir erwecken.“
    „Und endlich kommen wir zum Kern diese ganzen Charade? Sie sehen das Spiel. Vielleicht sind Sie eine Art gescheiterter Kriegsheld, der jetzt für die C-Sec sich abrackert, die Fehler im Erstnkontaktkrieg bitter bereuend, und auf der Suche nach Erlösung, indem Sie sich auf Menschen wie mich konzentrieren? Also nur eine andere, wohl getarnte Form von Rache. Traurig.” Octavians Hypothese war ins Blaue geraten, aber vielleicht half es.
    ”Ha, ich war nicht im Erstkontaktkrieg; wäre ich es gewesen, hättet ihr ihn verloren. Damals waren Stümper am Werke, wir waren euch überlegen und mussten mit höheren Verlusten diesen lächerlichen… Waffenstillstand eingehen. Aber das tut alles nichts zur Sache, denn Rasse interessiert mich nicht wenn es um Mord geht, also sparen Sie sich ihre schwachen Vermutungen bezüglich meiner Vergangenheit, damit kriegen Sie mich nicht ran.“
    „Und das sagen alle, merkwürdigerweise kurz bevor der Punkt erreicht wird an dem sie durchdrehen und man sich offenbart. Ich frage mich nur wie es bei ihnen sein wird.“
    ”Sie haben zu viele Romane gelesen oder Vids geschaut, was?”
    „Hm, nein, das Leben hat es mir gezeigt.”
    ”Hat es? Interessant.” Der Turianer drehte sich wieder um, legte seine Hände ordnungskorrekt aufs Steuer, startete den Motor. “Wir werden sehen inwiefern -“, er schaltete den Universalübersetzter wieder an, „das Endresultat aussieht.“
    „Werden wir, ja.“ Und auch Octavian aktivierte ihn wieder, womit die Unterhaltung wohl offiziell zu Ende war. Der Mensch ließ die Zigarette zu Boden fallen, trat sie aus und wischte sich anschließend den Schweiß ab, der sich leicht auf seiner Stirn gebildet hatte. Die eindringlichen Blicke, die Art unbequeme Andeutungen zu machen und hinterlistige Fragen zu stellen, das gar dämonische Aussehen des Turianers, der stets ein Funkeln in den Augen trug, das kennzeichnete das jederzeit alles passieren konnte, forderte den Geschäftsmann heraus. Es mochte an den Handschellen liegen, aber er fühlte sich in die Bredouille gedrängt. Der Turianer hatte ihn intensiver befragt als in einem offiziellen Verhör, zumindest kam es Octavian so vor und das lag – so war seine Meinung – vor allem an der ungewöhnlichen Herangehensweise des Turianers. Ein Cop, so hatte er von seinen Batarianern gehört, hielt auf dem Weg zur C-Sec nur an um dem Verhafteten eine Tracht Prügel zu verabreichen. Schlussendlich befanden sich nun aber wieder auf dem korrekten Weg zur C-Sec und atmete Octavian noch ruhig, so stieß er innerlich einen tiefen Seufzer aus. Ein persönlicher Wachhund, der ihn zerfleischen wollte – wie nett, dachte sich Octavian und die Scheinwerfer deuteten auf das Hauptquartier der C-Sec.

    23:58
    Geändert von Octavian Visconti (24.01.2011 um 23:08 Uhr)

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