Omega, Die Andockbuchten
Uhrzeit: 13:48 Uhr
Kiba registrierte erst ziemlich spät, was da gerade passierte.
Sie hörte, wie die Kapuzengestalt ein aggressives „Verschwinde!“ in Neros verspiegeltes Visier spuckte; erblickte die opaken Rauchwolken, die ganz plötzlich durch das Geschäft qualmten. Sie konnte nur noch schemenhafte Umrisse erkennen und fühlte sich plötzlich schutzlos ausgeliefert und hilflos.
'W-Was soll das...?', fragte sich die Maschinistin, die wie angewurzelt zwischen den Regalen stehen blieb, merklich verwirrt, 'was soll ich jetzt machen? Bleiben? Laufen?'
Es näherten sich kaum hörbare Schritte, die scheinbar in Richtung des Verkaufstresens marschierten. Dort brüllte auch schon der verschollene Verkäufer erste wutentbrannte Schreie durch den Laden, die Kiba vor Schreck kurz zusammenzucken ließen.
'Ich muss ruhig bleiben – einfach nur ruhig bleiben, dann passiert mir schon nichts.'
Sie spürte, wie eine salzige Perle zuerst ihre Schläfe, dann ihre Wange hinab rollte, und schleckte den Tropfen wie mechanisch ab, als er ihre trockenen Lippen erreichte.
Es folgte ein hitziges Wortgefecht zwischen Nero und der Kapuzengestalt, die drohte, alle Beteiligten für ein merkwürdiges Menschendingsbums zu beseitigen, vermutlich für den flauschigen, schwarzfarbigen Schal, sollte sich der schlaksige Nero weiterhin wehren. Offensichtlich dachte Nero überhaupt nicht daran, den Dieb kampflos ziehen zu lassen, denn nur wenige Augenblicke danach fielen zwei Schüsse. Der Unbekannte gurgelte kurz, dann sackte seine Leiche schlaff in sich zusammen und stürzte zu Boden.
'Was zum...?!'
Kiba zuckte erschrocken zusammen und wäre beinahe gegen die Regale gestolpert, da brauste Nero auch schon einfach an ihr vorbei, schnappte sich dabei ihre Hand und schleifte die völlig perplexe Maschinistin einfach hinaus in die Gasse. Die rauchigen Wolken qualmten hinaus in die Passantenmenge, begleitet von den wüsten Beschimpfungen des Verkäufers, doch die beiden Flüchtlinge huschten sofort in Richtung der nächsten Seitengasse, die dreckig, schattig und verlassen kein neues Gemälde von Omega malte.
'Verflucht, was passiert hier gerade?'
Kiba, völlig überrumpelt und überfordert, stolperte Nero einfach blindlings hinterher. Ihr Blick ruhte dabei auf Neros dünnen Fingern, die sich fest, aber doch irgendwie sanft um ihre eigenen gewickelt hatten und sich ziemlich merkwürdig anfühlten – vielleicht lag dies auch einfach nur daran, dass Kiba schon seit Ewigkeiten keine fremde Hand mehr gehalten hatte. Sie verspürte plötzlich den panischen Drang, sich von Neros Griff zu befreien, fühlte sich eingeengt und unbehaglich, doch ihr Artgenosse ließ ruckartig von selbst von ihr ab, noch ehe die Seitengasse richtig erreicht war.
„Was fällt dir ein?!“, fauchte Kiba nur wenige Sekunden später und fuchtelte dabei mit ihrer kybernetischen Armprothese umher, die doch tatsächlich noch immer den PDA festhielt, 'das darf doch nicht wahr sein...' „verflucht! Deinetwegen habe ich das hier geklaut!“
'Bei den Ahnen...womit habe ich das verdient?!'
Ehe Nero sich rechtfertigen konnte, drückte Kiba sich gegen die feuchten Gassenwände, rutschte daran hinab und kauerte sich resigniert auf den Boden. Sie seufzte erschöpft.
„Warum musstest du mich auch hinauszerren?“, nuschelte die Quarianerin vorwurfsvoll und blickte hinauf zu Nero, der dummen, quarianischen Wurzel allen Übels.
Uhrzeit: 13:59 Uhr