Kopfschüttelnd beobachtete der Dieb das Verhalten der Kindergruppe. Menschen... einfach nur lächerlich. Allen voran die Kriegerin, die krampfhaft versuchte, Autorität auszustrahlen. Nun ja, sie versuchte es zwar, aber ihre Übermüdung konnte sie nicht verbergen. Aber nein, sie ließ es sich natürlich nicht nehmen, trotzdem den Oberbefehlshaber zu spielen und unbedingt Wache halten zu wollen. „Isch übernehme die erste Wache.“ ...und weigere mich zu akzeptieren, dass ich genauso fertig bin wie ihr anderen. Bitte. Rowen gab ihr noch höchstens eine Stunde, bis sie sich ins Reich der Träume verabschiedete. Aber das war nicht sein Problem.
Zu diesem Schluss schien sie auch selbst zu kommen. Sie wandte sich an ihn, offensichtlich dem einzigen hier, der nicht wie ein schlafwandelnder Untoter durch die Gegend stakste und kaum noch die Augen offen halten konnte. „Ihr se`t noch ziemlisch frisch aus.“ Ach nee.... „Warum schließt ihr eusch mir nischt an…und nennt euren Namen?“
Rowen legte den Kopf leicht schief und starrte sie an. Wahrscheinlich war es sowieso zu dunkel, als dass die Menschen hier noch etwas erkennen konnten...
„Hm... meinetwegen...“ gab er in gedämpften Ton zurück, zuckte die Schultern und richtete seinen Blick auf den Waldrand. Er war geduldig und hatte kein Problem zu warten... und wenn es eine Gelegenheit zu Verschwinden gab, würde er bereit sein. „Rowen.... ist mein Name, übrigens.“ Danach hüllte er sich wieder in Schweigen.
Es überraschte ihn nicht, dass sie ihn nicht aus den Augen lassen wollte, er kannte ja selbst genug Berufskollegen, die irgendwelche Leute im Schlaf abmurksten und dann ausraubten. Rowen gehörte allerdings nicht dazu... es war einfach... unnötig... seiner Auffassung nach brauchte ein guter Dieb sowas nicht. Das nahm allem die Herausforderung... Stattdessen übte er sich in Geduld, beobachtete die finstere Nacht, lauschte den Geräuschen der Ferne und spähte hin und wieder verstohlen zu seiner Aufpasserin hinüber.
Je länger er wartete, desto länger und häufiger schien sie zu blinzeln. Auch der letzte, mühsam aufrecht gehaltene Ausdruck von Autorität verschwand allmählich. Na komm schon. Ich will nicht hier sein, bis es hell wird.
Schließlich sank sie doch noch in sich zusammen. Na endlich. Sogleich kam Bewegung in den Elfen. Vollkommen lautlos erhob er sich, behielt seine unfreiwilligen Kumpanen im Auge. Keiner rührte sich. Viel Spaß noch... Dann schlich er in leicht geduckter Haltung auf Zehenspitzen hinaus in die Nacht, weg von dem provisorischen Lager, hin in Richtung Straße. Ein schwarzer, stiller Schatten war er, nicht mehr. Aus Gewohnheit zog der Elf sein schwarzes Halstuch über sein Gesicht, sodass nur noch seine Augen hervorschauten. Die wussten zwar sowieso alle wie er aussah, aber es brachte noch ein bisschen mehr Tarnung im finsteren Wald, und das kam ihm gerade recht.
Äußerst aufmerksam setzte er seine Schritte. Bloß nicht auf einen Ast treten und die ganze Bande wieder aufscheuchen. Ob er nochmal einen Blick in den Karren werfen sollte? Nur... aus Interesse...? Bei dem Gedanken juckten ihm unweigerlich die Finger. Ach, die haben doch da eh nur Müll... das hast du doch vorhin schon gesehen... Und war da nicht immernoch dieser weiße Riesenbär in der Nähe? Trotzdem blieb Rowen kurz stehen und sein Blick ging in die fragliche Richtung. Du bist heute schon mal fast draufgegangen. Lass es. Treib es nicht auf die Spitze.