Licht schien durch die zerborstene Decke, brach sich an den zahllosen Blättern des Baumes, der erst den festen Stein durch die unbändige Gewalt seines Wachstums zersprengt hatte und anschließend das Gewölbe durch sein Laubdach ersetzt hatte.
Rhaego verfolgte einen Moment lang das Spiel der Reflexionen, die die Blätter matt auf die uralten Wände des Raumes warfen. Dann stemmte er sich langsam hoch. Um ihn herum schliefen alle, Xydia nicht weit von der Wasserquelle entfernt, der andere Elf nicht weit von ihr entfernt mit dem Rücken zur Wand, Alrik ihnen gegenüber gegen eine halb zerbröckelnde Säule gestützt.
Rhaegos Schritte waren immer noch unsicher, seine Gedanken fühlten sich matt an, doch seine Erschöpfung war nichts im Vergleich zu dem Zustand, in dem er hier eingeschlafen war. Er schlurfte um die Elfe herum zu dem kleinen Wasserlauf, kniete sich langsam daneben nieder und schöpfte mit den Händen ein wenig Wasser. Beim Versuch zu trinken rann ihm ein Großteil des Wassers zwischen den Fingern hindurch und lief seine Arme hinab. Als sein Durst gestillt war, waren auch seine Ärmel völlig durchnässt. Ein letztes Mal schöpfte er Wasser und spritzte es sich ins Gesicht, über Augen und Stirn, und vertrieb durch die frische Kühle ein wenig von der Dumpfheit, die ihn umfing.
Als er wieder aufstand, bemerkte er, dass mittlerweile auch der Elf sich aufgesetzt hatte und ihn beobachtete. Rhaego hatte keine Ahnung, was hinter dessen dunklen Augen für Gedanken vorgingen.
Er blickte sich in dem Raum um. Breite Säulen, zum Teil schon eingestürzt, stützten das hohe Gewölbe der Decke. Der Raum war recht groß und durch die eingestürzte Decke großzügig von Licht erhellt. Zahlreiche Pflanzen wucherten dem Licht entgegen; ein paar kleinere Bäumchen, kleiner als Rhaego selbst, deren Wurzeln jedoch breite Spalten in die Mauern und den Steinboden sprengten, Efeu, dass sich an einigen Wänden und einigen der Säulen hochrankte, kleines Unkraut, das zwischen den einzelnen Steinplatten emporstieß...
Der Raum hatte zwei große Eingänge. Einer von ihnen war mit einem schweren, eisenbeschlagenen Tor verschlossen, soweit Rhaego das von hier erkennen konnte. Einer der sehr ähnlich aussehende Türflügel des anderen Eingang hing jedoch schief in den Angeln, verrottet und verrostet, nur noch an einigen Eisenbändern zusammengehalten, während der andere noch an beiden Angeln hing und halb offen stand.
Fasziniert nahm Rhaego die Details der alten Elfenruine in sich auf. Allein die Möglichkeit, diesen Ort zu erkunden, war einzigartig. Nie hätte er im Turm des Zirkels beim Studium der alten elfischen Schriften geglaubt, jemals eine solche Chance zu erhalten. Mittlerweile erinnerte ihn jedoch auch ein leises Grummeln in der Magengegend an weitere gute Gründe, sich die Ruine genauer anzuschauen. Seinen Rucksack hatte er irgendwann verloren und so war in diesem Raum nichts essbares zu finden.
Er wandte sich zu dem Elf zurück, der mittlerweile aufgestanden war und seinen Blick misstrauisch erwiderte. Vermutlich war es gut, dass er wach war, denn alleine hätte Rhaego die Ruine nun doch nicht erkunden wollen. Leise, um die anderen nicht aufzuwecken, fragte er den anderen: „Was haltet Ihr davon, wenn wir uns hier ein wenig umsehen?“
Der Elf zögerte einen Augenblick. Dann nickte er zustimmend und die beiden machten sich gemeinsam auf, ein wenig mehr über die Ruine herauszufinden.